„Niemand ist ein Zigeuner!“ – Das Wort ist eine Zuschreibung, angehängt mit vielen Vorurteilen, die der Autor und Professor Wolfgang Wippermann in seinem Vortrag im Theater im Depot den 150 Gästen widerlegte.
Roma in Deutschland und Europa leiden unter Intoleranz und Diskriminierung
Zu Beginn der Veranstaltung, die von Bastian Pütter moderiert wurde, betonte der Gast aus Berlin sein Unverständnis über die Intoleranz und Diskriminierung der Roma in Deutschland und Europa.
Tief sitzen die Vorurteile gegen die Menschen, die man früher »Zigeuner« nannte. Nicht nur in Deutschland, in ganz Europa würden Sinti und Roma ausgegrenzt.
Der Historiker Wolfgang Wippermann forderte daher immer wieder Gerechtigkeit und gesellschaftliche Anerkennung für die große Minderheit in Europa.
Armutszuwanderung belebte das Schreck- und Sehnsuchtsbild der „Zigeuner“
Lange waren Sinti und Roma aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit weitgehend verschwunden: Eine Mischung aus Bettelei und Folklore, das war alles, was von dem einstigen Schreck- und Sehnsuchtsbild der »Zigeuner« übrig geblieben war.
Erst die Armutszuwanderung aus Südosteuropa hat Sinti und Roma wieder ins Blickfeld gerückt – und das alte Feindbild wiederbelebt.
Unterschiedliche Motive für Antiziganismus – sie sind politisch gewollt
Wolfgang Wippermann ging in seinem Vortrag den Vorurteilen auf den Grund und differenzierte religiöse, soziale, romantisierende und rassistische Motive. Zusammen bilden sie, so erklärte er, eine eigenständige Ideologie: den Antiziganismus.
Der entstehe nicht etwa im Bodensatz der Gesellschaft oder sei historisch erledigt. Diese Ideologie sei nach wie vor politisch gewollt: Sie diene der Abgrenzung vom vermeintlich Fremden und der Legitimation von Herrschaft, so Wippermann. Doch sie verletze den europäischen Wertekanon und müsse genauso geächtet werden, wie es der Antisemitismus werde.
Immer wieder betonte der Professor, dass die Roma in Westeuropa diskriminiert und in Osteuropa verfolgt werden. Er regte sich über die Flüchtlingspolitik der deutschen Regierung auf, die die Balkanländer zu sicheren Herkunftsländern deklarieren wolle. Im Grunde wolle die deutsche Regierung, so Wippermann, die Roma nicht in Deutschland haben und diese schnellstmöglich abschieben.
Viel Lob aus Berlin für die Dortmunder Initiativen für Roma
Ein Lichtblick, eine kleine Hoffnung gegen diese diskriminierende Politik gegenüber den Roma seien in Deutschland u.a. die Vereine und Träger sowie die Stadt Dortmund, die sich gegen die Diskriminierung der Roma und für mehr Toleranz und Miteinander einsetzen.
Erfreut war der Gast aus Berlin beim Anblick der Dachleinwand des Dortmunder U-Turms – die Roma-Flagge wehte dort digital über der Stadt. Ein wichtiges Zeichen für das Miteinander, welches die Gäste – Roma und Nicht-Roma – sichtlich beeindruckte.
Wolfgang Wippermann ist Professor für Neuere Geschichte an der FU Berlin. Er studierte in Göttingen und Marburg, war Gastprofessor in den USA, Österreich und China und lehrt seit 1978 an der FU Berlin.
Er arbeitet schwerpunktmäßig zum Faschismus, zu Nationalsozialismus, Rassismus und religiösem Fundamentalismus.
Die Veranstaltung des Planerladen e.V. war eine Kooperation mit der Alevitischen Gemeinde Dortmund, und dem bodo e.V. im Rahmen des Djelem Djelem-Festivals.
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