Hobbyfotograf kletterte bei EM-Spiel auf das Dach des Westfalenstadions

Nachgefragt: Wieso dauerte die Festnahme so lange? Und wie konnte es so weit kommen?

Dem Unwetter zum Trotz: Durch die Dachstreben des Westfalenstadions ist ein 21-Jähriger aus Osnabrück während des Länderspiels Deutschland gegen Dänemark geklettert. Screenshot: ZDF-Sportstudio

Beim Länderspiel Deutschland gegen Dänemark vergangenen Samstag (29. Juni 2024) ist ein 21-Jähriger aus Osnabrück mitsamt seinem Rucksack auf die Dachkonstruktion des Westfalenstadions geklettert. Über eine Stunde ließ ihn die Polizei gewähren, später wurde er von SEK-Kräften festgenommen. Warum ließ sich die Polizei so viel Zeit? Und wie konnte es überhaupt so weit kommen? Wir haben nachgefragt.

SEK-Beamt:innen aufgrund der besonderen Einsatzsituation hinzugezogen

Ein abgebrochenes Public Viewing, Wasserfälle im Westfalenstadion und eine lange Spielunterbrechung – die Achtelfinalpartie zwischen Deutschland und Dänemark hatte einige Überraschungen parat. Neben dem schlechten Wetter sorgte aber auch ein Kletterer in den Dachstreben des Stadions für Diskussionsstoff.

Polizeipressesprecher Torsten Sziesze. Foto: Lina Khyat

„Nach ersten Erkenntnissen wollte der 21-Jährige, wie bereits an anderen Orten in Deutschland, auf dem Dach des Stadions Fotos aufnehmen. Dafür führte er in einem Rucksack eine Kameraausstattung mit sich“, erklärt die Dortmunder Polizei in einer Pressemeldung.

Die Polizei setzte Beamt:innen des Sondereinsatzkommandos (kurz: SEK) ein: „Aufgrund der Höhe im Stadion und der besondere Einsatzsituation haben wir die speziell dafür geschulte Einsatzkräfte eingesetzt“, so Torsten Sziesze, Pressesprecher der Dortmunder Polizei.

Muss der Hobbyfotograf für den Polizeieinsatz selbst zahlen?

Wie sich der junge Mann Zugang zur Dachkonstruktion verschaffen konnte, bleibt weiterhin unklar. Die Polizei verweist auf die UEFA. Auf Anfrage von Nordstadtblogger.de ging das Unternehmen aber nicht auf unsere Fragen ein, sondern schickte lediglich eine allgemeine Erklärung.

In der Dachkonstruktion hielt sich der 21-Jährige auf – im Visier von Spezialkräften und zeitweise auch durch eine Hubschrauber-Besatzung. Screenshot: ZDF-Sportstudio

„Das sehr professionelle Vorgehen von Polizei und Spezialkräften und die hervorragende Zusammenarbeit zwischen DFB, EURO 2024 GmbH und Behördenvertretern vor Ort waren ausschlaggebend für die erfolgreiche Bewältigung des Vorfalls, bei dem niemand zu Schaden kam, sowie für die erfolgreiche Durchführung des Spiels“, kommentiert die UEFA.

Ob der 21-Jährige die Kosten für den Polizeieinsatz selbst tragen muss, bleibt weiter offen. „Eine Kostenpflichtigkeit in Bezug auf den Polizeieinsatz wird derzeit durch das Polizeipräsidium Dortmund geprüft“, heißt es aus der Pressestelle. Durch die umfangreichen Maßnahmen der Behörde kann das sehr teuer werden.

Durchgehende Beobachtung – Keine Gefahr

Erst nach rund anderthalb Stunden nach Bekanntwerden der Situation wurde der Beschuldigte festgenommen. Warum erst so spät? Wir haben nachgebohrt – und auch hier wieder eine eher allgemeine Antwort erhalten.

Deutschlands neuster Wasserfall: Die Menschen im Stadion hatten das Dach im Blick, nicht nur wegen der Sturzbäche, sondern später auch wegen des Polizeieinsatzes. Screenshot: ZDF-Sportstudio

„Nachdem die Person auf dem Dach der Polizei um 22.11 Uhr bekannt wurde, hat die Polizei daraufhin Spezialeinsatzkräfte sowie Drohnen und einen Polizeihubschrauber in Stellung gebracht und damit eine lückenlose Beobachtung und Lageeinschätzung  gewährleistet.

Der Mann folgte schließlich den Anweisungen der Polizei und kehrte um 23.44 Uhr auf einen Steg unter dem Dach zurück. Kräfte einer Spezialeinheit nahmen ihn dort fest, fesselten und durchsuchten ihn. Gefährliche Gegenstände führte der Mann nicht mit sich“, erklärt Sziesze.

Eine Gefahr sei von dem Hobbyfotografen nicht ausgegangen: „Bis zur vorläufigen Festnahme des Mannes haben wir lückenlos seinen Standort, seine Bewegungen und seine Handlungen beobachtet, geprüft und auf dieser Grundlage eine fortlaufende Gefährdungsbewertung vorgenommen.“

Weder Insider-Informationen noch Stadionübernachtung

Die Gerüchteküche brodelte in den Tagen nach dem Vorfall. Spekulationen über eine mögliche vorherige Übernachtung im Stadion oder die Versorgung mit Insider-Informationen machten die Runde.

Laut Polizeisprecher Torsten Sziesze ist das aber nicht der Fall: „Hierzu haben wir keine Erkenntnisse.“


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