In der Einzelausstellung der Künstlerin Nadja Abt „Obsessionen” reflektiert sie kritisch Leidenschaften, die oft als eine der Voraussetzungen zum Kunstschaffen gelten und zugleich gewinnbringend vermarktet werden. Zu sehen ist die Ausstellung beim Kunstverein Dortmund (Rheinische Straße 1 in Dortmund) – ab der Eröffnung am heutigen Samstag (23. September) um 18 Uhr bis zum 3. Dezember 2023.
Die Kunst als Zeit im Raum festgehalten
Von draußen auf der Rheinischen Straße 1 offenbart der Blick in den verglasten Ausstellungsraum des Dortmunder Kunstvereins lediglich einen holzfarbenen Balken auf Augenhöhe, der die Menschen innen auf ihre Unterkörper reduziert. Betritt man die Ausstellung, sieht man außen ebenso nur bewegte Beine. Oben genannter holzfarbener Balken ist von innen dunkelblau bemalt und behangen mit 83 bunt gestalteten Tagebucheinträgen.
Jene repräsentieren eine Art Timeline, die einen autofiktionalen Blick auf die Entstehung des Kunstwerks und gleichzeitig auf das Kunstwerk selbst geben. Der Begriff der Autofiktionalität gibt in der Kunst Anklang zu reflektieren wie die Ich-Perspektive ein Werk bereichern kann. Hinzuzudenken ist, wie verschieden Ich-Perspektiven in der Realität sein können.
Die „Timeline“ ist mit schmalen Abständen eingeteilt in Zeitabschnitte, die die Künstlerin etwa als einen Kurzurlaub oder ein eintägiges Erlebnis erfahren hat. Die Kuratorin Rebekka Seubert erklärt in Verbindung zu dem Tagebuch, das die Zeit der Ich-Perspektive im Ausstellungsort festhält: „Die Ausstellung ist Zeit im Raum festgehalten“. Die Ausstellung entstand eigens für den Ort des Kunstvereins. Verweise darauf finden aufmerksame Beobachter:innen auch in den Texten der Ausstellung.
Performance, Literatur und Malerei
In Najda Abts Kunstwerk finden sich drei Werkgruppen wieder. So gibt es bei der Eröffnung am 23. September zur Museumsnacht eine Tanzperformance, die in Zusammenarbeit mit dem Folkwang Tanzstudio entstanden ist. Die Musik für die Performance wurde von Wibke Tiarks komponiert und die Choreographie ist von Esther Murdock.
Die Malerei von Nadja Abt ist auf den Tagebucheinträgen festgehalten. Sie sind teilweise ein Mittel der Korrektur, aber auch eine Verbindung zu den Beobachter:innen durch die ausgewählten Farben.
„Unmittelbar und lebensnah wird die Energie des Augenblicks festgehalten“, beschreibt Kuratorin Rebekka Seubert. Die Texte wurden vor dem Ausdrucken kein zweites Mal überarbeitet. Stattdessen sind alle Bilder zeitlich versetzt mittags nach dem morgendlichen Schreiben mit Pastell und Lack bemalt worden.
So kann man sich sowohl zeitlich, als auch räumlich in die Arbeit von Nadja Abt hineinversetzen, welche unter anderem zur Zeit der Brände in Kanada entstanden ist. Diese Tagebucheinträge kennzeichnen sich etwa als leuchtend orange. Künstlerin Nadja Abt stellte die Ausstellung zudem in New York zusammen, sodass einige Einflüsse des Großstadtlebens in den Tagebucheinträgen zu finden sind.
Nähe und Distanz als künstlerisches Mittel
Das Thema von Nähe und Distanz zieht sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Distanz wird unter anderem durch die englische Sprache geschaffen, in der die Tagebucheinträge verfasst wurden, die nicht Abts Muttersprache ist. Für die Ausstellung werden diese auch nochmal ins Deutsche übersetzt.
Nähe entsteht durch die Verletzlichkeit und wenig gedankliche Entfernung zur Künstlerin. Humorvoll, gefühlvoll und feministisch bekommen Betrachter:innen einen ganz persönlichen Blick auf ihre Zeit in New York.
Interessant ist außerdem, dass in der Ausstellung „keine Primärfarben zu sehen sind, sondern hauptsächlich gemischte Farben und viele Zwischentöne“, berichtet Rebekka Seubert.
Nadja Abts sagt über ihren Prozess des Malens, er fände größtenteils auf zwei Untertassen statt. Diese werden immer wieder verwendet, um auf alten Farben neue zu mischen. „Daher ergibt sich niemals ein Ton zweimal.“
Eine Stunde Lesen, Denken, Schauen, Deuten
In den Räumlichkeiten des Dortmunder Kunstvereins führt eine Wendeltreppe nach oben zu einer Ausstellung Nadja Abts vom letzten Jahr. Die Besucher:innen können vom Balkon auf die „Timeline“ blicken, die etwa eine Stunde Lesezeit beansprucht. Thematisch beschäftigt sich auch die obere Austellung mit Obsessionen von Najda Abt. So lassen Motive wie der Fächer erneuten Deutungsspielraum für Besucher:innen.