Von Claudia Behlau
Kunden sehen sich im Second-Hand-Verkauf die preisgünstigen T-Shirts und Hosen an, die auf Kleiderständern hängen. Und gleich nebenan wird in der Möbelaufarbeitung liebevoll eine alte Kommode wieder auf Vordermann gebracht. Es herrscht eine entspannte Arbeitsatmosphäre hier an der Braunschweiger Straße 20, direkt hinterm Nordmarkt. „Unsere Leute arbeiten gerne hier“, sagt Eva Jekel, Straßensozialarbeiterin bei „Passgenau“, einer Einrichtung des Diakonischen Werkes Dortmund und Lünen gGmbH.
Arbeit gibt es bei „Passgenau“ genug
Das Besondere: Die Menschen, die bei „Passgenau“ in verschiedenen Gewerken arbeiten, sind Langzeitarbeitslose oder Menschen mit besonderen Einschränkungen. Und selbst einige der Angestellten sind übers Jobcenter vermittelt worden. Sie waren selbst arbeitslos und sind mit Hilfe einer Förderung zu ihrer neuen verantwortungsvollen Aufgabe gekommen.
Arbeit gibt es bei „Passgenau“ genug. Alleine 21 Personen arbeiten in der Kleidersortierung. Hinzu kommen die Möbelaufarbeitung oder die Schreinerei an der Braunschweiger Straße.
Am Fredenbaumpark wird auch ein Bootsverleih angeboten. Für Menschen mit Behinderung werden Arbeitsplätze im Bereich „Entrümpelung und Transport“, in der Gartenpflege sowie im Serviceteam angeboten, das kleinere Hausmeisterarbeiten anbietet.
Zuverdienst, Tagesstruktur und soziale Kontakte als Eckpfeiler
Insgesamt bietet Passgenau 52 Arbeitsgelegenheiten für sogenannte AGH-Kräfte – Menschen, die sich zu ihrem Hartz-4-Bezug noch bis zu 30 Stunden in der Woche ein kleines Zubrot hinzuverdienen dürfen.
„Diesen Menschen geht es nicht ausschließlich um den Zuverdienst“, sagt Eva Jekel. Wichtig seien für sie auch die sozialen Kontakte und eine geregelte Tagesstruktur.
20 feste Ansprechpartner betreuen die AGH-Kräfte und kümmern sich um Verwaltungsangelegenheiten. Dazu zählen die Kollegen, die selbst über das Jobcenter zu ihrer neuen Aufgabe gekommen sind.
Einer von ihnen ist Manfred Neumann. Er ist Ansprechpartner am Kommunikationsort des Nordmarkt-Kiosk, der ebenfalls „Passgenau“ angegliedert ist. Zusammen mit fünf AGH-Kräften gibt er Kaffee und Kakao (keinen Alkohol, keine Zigaretten) aus und ist Ansprechpartner für die Menschen, die sich auf dem Nordmarkt aufhalten – ärztliche Betreuung durch den Medizinischen Dienst inklusive.
Nordmarkt-Kiosk: Bindeglied zwischen Straßensozialarbeit und Nutzer des Platzes
Oder Andreas Dräger, Fachanleiter der Sozialhelfer Nordmarkt. Er gehört zum festen „Passgenau“-Team und kümmert sich mit acht AGH-Kräften um die Pflege des Nordmarktes.
„In erster Linie aber sind sie unser Bindeglied zwischen der Straßensozialarbeit und den Nutzern des Nordmarkts “, sagte Eva Jekel, die als Straßensozialarbeiterin auch immer selbst vor Ort ist und Gespräche sucht, etwa mit Menschen, die ein Suchtproblem haben. Dann bietet Eva Jekel individuelle Hilfe an. Denn ein Schwerpunkt der Arbeit von „Passgenau“ ist die Straßensozialarbeit auf dem Nordmarkt.
„Uns geht es um mehrere Dinge. Zum einen wollen wir den bedürftigen Menschen am Nordmarkt eine niedrigschwellige Unterstützung, zum Beispiel durch unsere Kleiderecke, zukommen lassen. Zum anderen wollen wir möglichst vielen Menschen eine Arbeitsgelegenheit und einen geregelten Arbeitsablauf anbieten. Aber wir leisten auch Hilfe im Alltag, direkt vor Ort, auf dem Nordmarkt“, sagt Eva Jekel. Alles gehöre zusammen. Und jeder einzelne Baustein wirke sich positiv auf das Zusammenleben auf dem Nordmarkt aus.
HINWEIS:
– Der Artikel von Claudia Behlau ist ein Beitrag aus dem Buch „Wir: Echt Nordstadt“. Das Buch mit 106 Gruppenportraits ist kostenlos beim Quartiersmanagement Nordstadt, Mallinckrodtstraße 56, 44147 Dortmund, erhältlich. (Mail: info@nordstadt-qm.de)
– Eine große Ausstellung mit Bildern und Texten zu „Wir: Echt Nordstadt“ ist bis Ende September 2015 am Big Tipi im Fredenbaumpark zu sehen.