Die SPD-Politiker Marco Bülow und Volkan Baran fordern: „Dortmund braucht einen sozialen Arbeitsmarkt“

Volkan Baran, SPD-Fraktionsvize im Dortmunder Rat und der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow. Foto: J.v.Brocke
Volkan Baran, SPD-Fraktionsvize im Rat und der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow. Foto: J.v. Brocke

Von Joachim vom Brocke

Ein Umdenken des Bundes bei der Arbeitsmarktpolitik fordern der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow und Volkan Baran, SPD-Fraktionsvize im Dortmunder Rat. Beide wollen sich umgehend in den jeweils zuständigen politischen Gremien dafür  einsetzen. Vor allem im Fokus: die hohe Zahl der Langzeit- und Jugendarbeitslosen.

Neue Perspektiven für Langzeitarbeitslose

Darin sind diejenigen erfasst, die über zwölf Monate ohne Beschäftigung sind. Während diese Zahl im Bundesgebiet leicht abgenommen hat (aktuell bei 37,7 %), ist sie in Dortmund und im Ruhrgebiet insgesamt wie festgefroren. 16 275 Menschen waren in der Stadt 2015 seit langer Zeit ohne Job, das sind 45 % aller Arbeitslosen.

Marco Bülow und Volkan Baran bezeichnen es als „dringend notwendig eine aktive Arbeitsmarktpolitik im Bund zu gestalten und mehr Mittel im Haushalt zur Verfügung zu stellen, damit Langzeitarbeitslose wieder eine Perspektive haben“. Unterstützt werde ebenso das Konzept des Rates der Stadt „Neue Ökonomie für Dortmund“.

Soziale Schere darf nicht weiter auseinanderklaffen

Die Flüchtlingsdebatte bezeichnete Bülow als „dominant und wichtig“, doch sie dürfe nicht dazu führen, andere Herausforderungen vor Ort zu vernachlässigen.

„Der soziale Friede kann nur dann gewahrt werden, wenn die soziale Schere zwischen den verschiedenen Einkommensschichten und den verschiedenen Regionen nicht noch weiter auseinander klafft“, so der SPD-Bundestagsabgeordnete.

Er warnte davor, Flüchtlinge und Arbeitslose gegeneinander auszuspielen; soziale Not dürfe nicht als Begründung für Ressentiments herhalten.

Mindestlohn von 8,50 Euro ist zu niedrig

Wichtig für einen sozialen Arbeitsmarkt sei es nach Auffassung von Volkan Baran, „Beschäftigungsfelder zu erschließen, die bislang nicht vom Markt bedient werden oder nur ehrenamtlich bearbeitet werden“. Den vor Jahren eingeführten Mindestlohn von 8,50 Euro hält Baran für zu niedrig: „Heute ist mehr notwendig“.

Die Arbeitsmarktpolitik, so ergänzte Marco Bülow, dürfe „nicht nach dem Gießkannenprinzip verfahren“. Sie müsse regionale Besonderheiten berücksichtigen und zielgerichtete Programme entwickeln.

Seine weitere Forderung: den Missbrauch von Werksverträgen beenden und Missbrauch verhindern:  „Tätigkeiten, die vorher die Stammbelegschaft erledigt hat, dürfen nicht ausgelagert werden“. Arbeitgeber müssten begründen, dass es sich nicht um einen Scheinwerkvertrag handelt

Über die dringende Notwendigkeit von Änderungen möchte Marco Bülow zunächst seine Politikerkollegen aus dem Ruhrgebiet überzeugen, einschließlich der CDU. Schon im nächsten Monat, so hofft er, könne mit den Diskussionen begonnen werden. Sein angestrebtes Ziel: möglichst schon bis Ende Mai weiter zu sein.

Die konkreten Forderungen (Wortlaut):

  • Die Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Hartz IV-Beziehern sind menschenrechtlich fragwürdig und verschärfen soziale Ausgrenzung. Das Grundrecht auf ein soziokulturelles Existenzminimum darf nicht beschnitten werden. Sanktionen führen zunehmend in existenzgefährdende Armut und Wohnungslosigkeit. Zudem gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg für positive Effekte von Sanktionen auf Leistungsberechtigten.
  • Mit dem Ziel neue Beschäftigungsperspektiven zu schaffen, wurde die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen geschaffen. Es zeigt sich jedoch, dass die erhofften Beschäftigungseffekte nicht erreicht werden. Sie führen vielmehr dazu, dass Beschäftigte keine Chance haben, sich eine halbwegs sichere Perspektive für Beruf, Familie und Kinder aufzubauen. Das gilt sogar für den Wohnort, denn an weiß nie, wo man als nächstes landet.
  • Bei der Berechnung der Regelsätze von Hartz IV sollten die so genannte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, und dabei unter anderem konsequent die regelsatzspezifische Preisentwicklung berücksichtigt werden. Die Pauschalen für die Übernahme der Kosten von Haushaltsstrom und Verkehr sowie für einmalige Leistungen, etwa für Möbel und Hausrat, müssen dem tatsächlichen Bedarf angepasst werde. Dem entsprechenden Bundesverfassungsurteil von 2014 muss Rechnung getragen werden.
  • Eine Diskussion über die Zeiten der Anwartschaft für den Bezug von Arbeitslosengeld. Denkbar wäre ein gestaffelter Anspruch von 3, 4, bzw. 5 Monaten ALG I, wenn in der Rahmenfrist 6, 8 bzw. 10 Monaten arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt. Eine weitere Maßnahme wäre die Bezugsverlängerung von Arbeitslosengeld.
  • Die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitnehmer muss langfristig durch lebenslanges Lernen und Weiterbildung gesichert werde. Hartz-IV-Empfänger die einen erfolgreichen Abschluss bei einer Weiterbildung erreichen, könnten eine Erfolgsprämie erhalten.

Reaktionen

  1. Linke & Piraten

    Linke und Piraten unterstützen SPD-Politiker

    Die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN begrüßt grundsätzlich die Forderung des Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordneten Marco Bülow sowie des SPD-Ratsmitglieds Volkan Baran, angesichts der hohen Zahl an Langzeit- und Jugendarbeitslosen endlich eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu verfolgen.

    „Im Jahr 2013 hatten wir schon eine umfassende Studie für Dortmund vorgelegt. Damals hatte sich die SPD im Rat noch geweigert, diese auch nur zu diskutieren“, so Carsten Klink, der finanzpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN.
     
    Die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN begrüßt auch die aus ihrer Sicht neue Erkenntnis der Dortmunder SPD, dass ein Mindestlohn von 8,50 Euro zu niedrig sei. „Wir fordern schon seit Jahren einen Mindestlohn von 10 Euro, damit wenigstens die Rente nicht auf Grundsicherungsniveau endet“, so Ratsmitglied Klink.
     
    Dass die SPD nun auch den Missbrauch von Werksverträgen beenden und Missbrauch verhindern will, wertet Klink als komplette Rolle rückwärts, da die rechtlichen Voraussetzungen für eben jenen Missstand ausgerechnet von der SPD mit der „Agenda 2010“ erst geschaffen wurden. „Die Richtung stimmt. Nur muss die SPD nun ihr Grundproblem lösen und den Worten Taten folgen lassen“, erklärt Klink.
     

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