Von Claus-Dieter Stille
Der partei- und fraktionslose Dortmunder Bundestagsabgeordnete Marco Bülow moniert, dass wir zu einer Fassadendemokratie verkommen, die immer stärker von wenigen Profitlobbyist*innen dominiert wird. Die soziale Marktwirtschaft sei längst zu einem Mythos geworden. „Wir stehen an einem Wendepunkt“, sagt er. Während das Vertrauen in die Parteien weiter abnimmt. Bülow hat sich entschlossen – bei entsprechender Unterstützung – wieder für den nächsten Bundestag zu kandidieren. Seine Bewerbung richtet er nicht wie üblich an eine Partei, sondern an die Bevölkerung, welche sein „Chef“ sein solle. Am vergangenen Dienstag hielt Bülow im Union-Gewerbehof einen zweiteiligen Vortrag unter der Überschrift „Lobbyrepublik und die sozialökonomische Krise“.
Wir stecken in einer Multikrise, konstatierte Marco Bülow: Klima, Soziales, Demokratie u.a. sind betroffen
Seinen guten besuchten Vortrag begann der seit zwei Jahren partei- und fraktionslose, ehemalige SPD-Politiker Marco Bülow mit folgenden Fragen: „Wer glaubt, dass wir in einer guten, ausreichenden Demokratie leben?“. Relativ wenige Leute meldeten sich. „Wer glaubt, dass wir eine soziale Marktwirtschaft haben in Deutschland?“. Auch da zeigte nur eine Minderheit auf. ___STEADY_PAYWALL___
Als er einst in den Bundestag gekommen war, so Bülow, habe ihm eine Kollegin, welche bereits länger im Bundestag saß, und gemerkt hatte, dass er mit manchem nicht einverstanden war, gesagt: Entweder man akzeptiere die Spielregeln und passt sich an, oder man verlässt das Spielfeld. Er befand, es gibt noch eine weitere Möglichkeit: Man ändert die Spielregeln. Bülow habe fortan immer versucht, die Spielegeln zu ändern. Und das sei auch immer noch sein Anliegen. Ein Ausfluss dessen sei, der Vortrag, welchen er nun präsentiere.
Als Hauptthese konstatierte Marco Bülow, dass wir in einer Art Multikrise stecken. Die wichtigste und umfangreichste Krise, welche uns am meisten treffen werde, sei die Klimakrise. Hinzu käme eine Sozialkrise. Des Weiteren sei eine Demokratiekrise auszumachen. Einher mit den anderen Krisenerscheinungen ginge momentan die Corona-Krise
Ohne soziale Ausgewogenheit darf die Klimakrise nicht in Angriff genommen werden
Der Politiker zeigte sich sicher, dass wir nur aus diesen Krisen herauskämen, „wenn wir vor allem unsere Demokratie verändern, wenn ihr eine echte Demokratie schaffen“. Zu diesem Behufe müssten halt bestimmte Spielregeln verändert werden. Ansonsten seien die ganzen Krisen weder bewältigen noch zu überwinden.
Bülow wies auf die Klimakrise und auf ein massives Artensterben auf der Welt hin. Bei weitem sei das nicht alles so sichtbar. Dass größte Massensterben unserer Zeit sei zu beklagen. Die Zahl der Tiere, die auf der Roten Liste stehen, habe sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Seit 1970 seien 68 Prozent der Tierbestände „einfach weg auf diesem Planeten“. Hinzu käme ein „riesiges Insektensterben“.
Ebenfalls sprach der Politiker das Plastikmüllproblem als gravierend an. Weiter seien 2018 zwölf Millionen Hektar Regenwäldern abgeholzt – eine Fläche so groß wie England!
Marco Bülow mahnte an, das Soziale und die Klimaproblematik zusammenzudenken. Ohne soziale Ausgewogenheit dürfe die Klimakrise nicht in Angriff genommen werden.
Bülow: Wir haben keine Marktwirtschaft und erst recht keine soziale Marktwirtschaft
„Wir haben keine Marktwirtschaft und erst recht keine soziale Marktwirtschaft“, sagte der Bundestagsabgeordnete. Die sei nur noch Mythos. Ersetzt worden sei diese durch eine „feudalen Marktwirtschaft“. Bülow empörte sich, dass vor Kurzem das angeschlagene Unternehmen Lufthansa mit 9 Milliarden Euro gerettet worden sei – ein Unternehmen, dass die wenigen Steuern, die es zahlt, in Malta abführe!
Wofür wir alle zahlen. Während hier in den Städten Selbstständige, Kneipen, Kreativwirtschaft den Bach heruntergingen. Hätten wir eine Marktwirtschaft, so Bülow, ginge ein Unternehmen wie die Lufthansa pleite. „Und hätten wir eine soziale Marktwirtschaft, würde den Selbstständigen geholfen!“
Alarmierend sei: ein Prozent der Menschen in Deutschland besitzen 35 Prozent des Gesamtvermögens. 10 Prozent in unserer Gesellschaft besitzen zwei Drittel des Vermögens. Und die Hälfte der Gesellschaft – also nicht die wirklich armen Menschen – hätte nur 1,4 Prozent des Vermögens. Bülow: „Das in einem so reichen Land wie Deutschland! Ein Riesenskandal.“ Jeder zweite, der jetzt in Rente geht, müsse mit 900 Euro pro Monat auskommen. Jedes vierte Kind in Deutschland sei von Armut bedroht!
Aber wir vorausgabten 46 Milliarden Euro für Verteidigung. Der Umwelthaushalt aber betrage lediglich drei Milliarden Euro. In den letzten drei Jahren schlage eine Erhöhung des Militärhaushalts um 8 Milliarden zusätzlich zu Buche!
Krisengewinnler Jeff Bezos verdient in sechzehn Sekunden, was eine Krankenschwester im Leben verdient
Und nun käme auch noch die Nachricht, dass wir obendrein bewaffnete Drohnen kaufen, skandalisierte Bülow: „Das friedliche Land Deutschland rüstet immer weiter auf, stecke immer mehr Geld in diese Rüstungsspirale.“
Ein aufschrecken müssendes, weil krasses Beispiel für eine bedenkliche Entwicklung führte Marco Bülow an: „Jeff Bezos, einer der reichsten Menschen der Welt, verdient in sechzehn Sekunden das, was eine Krankenschwester im ganzen Leben verdient!“ Viele Reiche hätten in der Corona-Krise unfassbare Gewinne gemacht.
Bülow gab zu bedenken, dass, wenn die obersten ein Prozent nur einen kleinen Teil ihres Geldes abgeben würden, gebe es keine Armut mehr auf der Welt. Und sie wären dabei immer noch Milliardäre.
Demokratiekrise ist vor allem auch eine Krise der großen Parteien in der Bundesrepublik
Während ein gewisser Teil der Bevölkerung noch der Ansicht sei, wir hätten eine ganz ordentliche Demokratie. Wissenschaftler jedoch sprächen längst von einer „Postdemokratie“ oder auch von einer „Fassadendemokratie“. Klar, es gebe freie Wahlen, die Parlamente und freie Meinungsäußerung. Auch dürften Menschen demonstrieren. Da käme es aber schon darauf an: manche dürften eine bisschen mehr demonstrieren als andere, die Einschränkungen erlitten.
Anscheinend funktioniere unsere Demokratie noch irgendwie ganz gut. Allerdings sehe es schon ein wenig anders aus, wenn man hinter die Fassade schaue. Bülow sprach von einer Repräsentations- und Legitimationskrise: „Wir sind eine Parteiendemokratie. Wahrscheinlich haben Parteien in keinem Land der Welt so viel Macht wie in Deutschland.“
Zu beklagen sei ein ziemlicher Rückgang (ausgenommen momentan die Grünen) der Zahl der Parteimitglieder. Einhergehend mit einer starken Überalterung. Am meisten bei den beiden Volksparteien CDU und SPD.
Immer öfters sagte eine Bevölkerungsmehrheit, keine dieser Parteien stünde für sie für eine Lösung der anstehenden Probleme. Es sei eine zunehmende Entfremdung der Menschen von den Parteien zu registrieren.
Cum-Ex, der größte Steuerraub in der deutschen Geschichte. Warum sind Medien nicht voll vom Thema?
Auch den größten Steuerraub in der deutschen Geschichte, Cum-Ex, sprach Marco Bülow an. Normalerweise müssten da doch jetzt die TV-Sendungen und diversen ARD-Brennpunkte sowie Talkshows voll sein mit Cum-Ex. Müsste gefragt werden, wer hat uns beraubt? Wer profitierte davon? Wer hat da mitgeholfen? Wer hat geschwiegen? Wer hat weggesehen? „Das müsste jeden Tag das größte Thema sein“, verlangte Bülow.
Wären Linksterroristen für Cum-Ex verantwortlich, da würden Polizeieinheiten jedes Haus umkrempeln. Cum-Ex aber werde erst von der Politik verschwiegen, dann verdrängte sie es, dann habe man sich bequemt, vielleicht mal etwas zu machen. Zwar hätten Journalisten den Skandal aufgedeckt. Die Politik habe aber neue Schlupflöcher geschaffen, dass der Steuerraub weitergehen konnte.
Zudem gebe es nicht genug Ermittler und zu wenig Steuerfahnder. Nun seien die meisten Fälle verjährt. Den nicht verjährten Fall, die Warburg-Bank in Hamburg betreffend, sage der Oberbürgermeister der Hansestadt, das Geld, 54 Millionen Euro an Steuerrückzahlung, das hole man sich nicht zurück. Versagen der Exekutive, Versagen der Legislative und eigentlich auch der Judikative sei zu beklagen.
Bülow: Bei öffentlich-rechtliche Medien meist dieselben Talkgäste und Ausblendung bestimmter Themen
Apropos Talkshows: Bülow hatte vor Jahren einmal eine Untersuchung dazu betreffs der öffentlich-rechtlichen Medien gemacht. Dabei kam heraus, dass meist immer dieselben Talkgäste eingeladen und bestimmte Themen ausgeblendet und Nebelkerzen geworfen werden.
Zudem kritisierte der Politiker, dass diese Talkshows in private Produktionsfirmen, welche von Fernsehanstalten beauftragt werden, ausgelagert sind. Dort arbeiteten hochbezahlte Journalisten. Und diese Firmen hätten ganz eigene Interessen und gestalteten auch das Programm in Eigenregie.
Außerdem moderierten sie nicht selten für exorbitant hohe Gagen Konzernveranstaltungen. Das könne doch nicht im Interesse der Bevölkerung sein. Da finde manchmal wie auch im Bundestag „ein reiner Showkampf“ statt.
Erfahrung von Marco Bülow im Bundestag: Inhalte spielen in Regierungsverantwortung kaum eine Rolle
Es gehe selten um Fachpolitik und am Ende auch nicht um die Argumente. Vielleicht noch um Inhalte. Am Ende obsiege die stärkste Lobby. Schließlich gewönnen die besten Verflechtungen. Wer am lautesten schreie, habe möglicherweise noch die Chance, dass sein Thema erkannt werde.
Auch den sogenannten Drehtüreffekt kritisierte Bülow. Politiker arbeiteten scheinbar neutral, wie beispielsweise der frühere sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich in der Kohlekommission, dann gingen sie mit ihren Beziehungen in die Wirtschaft – Tillich wurde Aufsichtsratschef der MIBRAG.
Marco Bülow pflegt das zwischen Korruption und Profitlobbyismus einzuordnen. Auch die horrenden noch immer nicht vollständig transparenten Nebeneinkünfte mancher Bundestagsabgeordneter kritisierte Bülow scharf. Abgeordnete würden für ihre Arbeit gut entschädigt und hätten das gar nicht nötig. Außerdem würden sie ihre Arbeit im Wahlkreis gar nicht vernünftig machen können, wenn sie etwa in vielen Aufsichtsräten und bestimmten Gremien säßen.
Zum Beispiel habe der CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Röring „unglaubliche Verflechtungen“. Er sitze allein in fünfzehn Positionen in Unternehmen, Aufsichtsräten usw. Da könne man sich ja mal Vorstellungen machen, „was der für Entscheidungen trifft“, merkte Marco Bülow an. Und keiner nehme Anstoß daran!
Das alte Lied: Profite werden in unserem System privatisiert und Risiken vergesellschaftet
Leider sei es wohl so, stellte Bülow fest – nichts Neues: Unser System sei so aufgebaut, dass Profite privatisiert werden und Risiken vergesellschaftet. Allein beim Thema Atom werde das glasklar. Künftige Generationen müssten mit dem Atommüllproblem leben. Obgleich sie nie darüber hätten entscheiden können. Kein Atomkraftwerk hätte je ein Lagerkonzept betreffs des radioaktiven Abfalls vorlegen müssen. Alles sei ihnen geschenkt worden.
Auch seien die Meiler nicht versichert. Dafür käme keine Versicherung auf, die Steuerzahler hafteten. Bülow machte deutlich: „Jede kleine Kack-Pommesbude muss ein Entsorgungskonzept nachweisen, das sich gewaschen hat. Was kompliziert und richtig teuer ist. Und da gibt es bei Verstößen kein Erbarmen.“ Die Großen müssen das nicht fürchten. „Auch deshalb haben wir keine Marktwirtschaft.“
Entgrenzter Lobbyismus und Fraktionszwang
An sich, so Bülow habe er nichts gegen Lobbyismus. Damit müssten auch Abgeordnete leben. Er bemängelte allerdings ein Riesenungleichgewicht: Es gebe 6.000 Profitlobbyisten allein in Berlin. In der EU dürften es um die 15.000 sein. Dagegen stünden den 6.000 Profitlobbyisten – hauptamtlich und gut geschult – in Deutschland nur etwa hundert Gemeinwohllobbyisten (NGOs, Umweltverbände) gegenüber. Inzwischen sei der Lobbyismus „entgrenzt“, urteilte Bülow. Sogar säßen Lobbyisten in Ministerien und schrieben Gesetze!
Fraktionszwang, Regierungsmacht und wenig Chancen, über die Fraktionen hinweg Beschlüsse zu fassen
Ebenfalls stelle der Fraktionszwang ein großes Problem im deutschen Parlamentarismus dar. Entscheidungen über Parteigrenzen hinweg würden kaum noch getroffen, berichtete der Bundestagsabgeordnete. Es sei denn, es ging um ethische Fragen.
Die meisten Gesetze kämen von der Bundesregierung, obwohl entsprechende Vorschläge ja eigentlich aus den Fraktionen kommen sollten. Die Mehrheit winke die dann immer durch. „Wer mal dagegen schießt, wird relativ schnell kaltgestellt in der Fraktion und hat eigentlich keine Chance mehr“, weiß Bülow aus eigener Erfahrung.
Das verhindere viele Beschlüsse, wo sich eigentlich Leute über Fraktionsgrenzen einig sind. Und auch ein demokratisches Unding und nicht im Sinne des Volkes: Die Opposition könne noch so gute Vorschläge einbringen – sie würden dann von Regierungsmehrheit unisono abgebügelt.
Bülow leicht ketzerisch: „Man müsste eigentlich nur den Fraktionsvorsitzenden wählen als Abgeordneten – die andern kann man mit Beamten besetzen. Denn die hätten sowieso nichts zu sagen und nickten alles ab.“ Wir hätten kein „lebendiges Parlament“. Im Grunde könne gesagt werden: der Bundestag vertritt hauptsächlich die Interessen der oberen Klassen.
Politiker*innen kommen nicht mehr mit den sozialen Problemen im Lande in Berührung
Bülow erklärte, woher das Nichtwahrnehmen sozialer Probleme vieler Abgeordneten rühre: „84 Prozent der Bundestagsabgeordneten sind Akademiker, 16 Prozent Nichtakademiker. In der Gesellschaft ist es andersrum: Lediglich 18 Prozent der Menschen Akademiker.“
Als Bülow in den Bundestag kam, waren selbst in der SPD-Fraktion fast alle Akademiker. Doch ihre Eltern und ihr Umfeld waren es nicht. Heute sehe es anders aus. Man kenne Probleme von Kindern aus Nichtakademikerfamilien überhaupt nicht, komme ja mit ihnen nicht in Berührung.
Diese Bundestagsabgeordneten bekämen nichts von gravierenden sozialen Problemen mit. In Berlin lebe man unter der Reichstagskuppel und somit in einer Blase. Marco Bülow: „Die Journalisten, mit denen man es zu tun hat, die Lobbyisten, mit denen man zu tun hat, und die Kollegen mit denen man zu tun hat, die haben alle ein sehr gutes Auskommen und ihr Umfeld auch.“ Weshalb deren Fokus weg von den sozialen Problemen sei.
Demokratie muss immer wieder neu erkämpft werden und sich stets ändern
Im zweiten Teil des Vortrags, den wichtigeren des Abends, bestand Marco Bülow darauf, dass, obwohl auch er vor viele Wände gelaufen sei, entgegen der Meinung vieler Leute, die immer sagten, man könne doch eh nichts ändern, doch finde, dass es Möglichkeiten gebe, Veränderungen anzustoßen. Zumal, wenn man sich mit anderen zusammentue und sie einbeziehe, wofür er künftig noch vehementer arbeiten wolle.
Spielregeln müssten sich immer wieder ändern. Demokratie sei nichts, was vom Himmel falle und uns geschenkt sei. Sondern ein Zustand, der sich ständig ändern könne. Demokratie müsse immer wieder neu erkämpft werden und sich auch stets wieder ändern.
Gebraucht werde zunächst einmal mehr Transparenz in der Politik. Das müsse der transparenteste Ort überhaupt in der Gesellschaft sein. Das Gegenteil treffe auf die Privatsphäre zu. Wir bräuchten ein Weniger an Aushorchen und Durchleuchtung, postulierte der Bundestagsabgeordnete.
Bülow: „Die Bevölkerung ist unser Chef. Und wir sind ihr rechenschaftspflichtig!“
Neue Gesetze seien manchmal fehlerhaft. Deshalb ist Marco Bülow dafür, Gesetze nach Ablauf von zwei Jahren automatisch zu überprüfen. Und natürlich werde ein wirkliches Lobbyregister für den Bundestag benötigt. Sowie einen Lobbybeauftragten.
Ausdrücklich setzt sich Marco Bülow für Bürger*innenversammlungen ein. Etwa hätten die Gelbwesten in Frankreich weitreichende Statuten für Bürgerversammlungen beschlossen. Nur, so Bülow, müssten diese Versammlungen auch eine Relevanz haben. Das müsse in Gesetzesform gegossen werden. Der Bundestag sollte dann noch dagegen stimmen können, aber die Abgeordneten keinem Fraktionszwang folgen. jedoch aber Gegenvorschläge machen dürfen.
Bülow: „Wir brauchen vor allen Dingen Resonanzräume. Das ist das, was in der Gesellschaft komplett kaputtgeht.“ Es müsse danach getrachtet werden, aus seiner Blase heraus und mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen. Und, sagt Bülow als Abgeordneter: „Die Bevölkerung ist unser Chef. Ihr sind wir rechenschaftspflichtig.“
Bülow wird sich 2021 für ein Mandat für den nächsten Bundestag bewerben
Seit er vor zwei Jahren aus der SPD ausgetreten sei, habe er eigentlich gedacht, das war’s mit der Profipolitik, bekannte Marco Bülow. Dann jedoch sei etwas passiert, dass er als Politiker ohne Fraktion viel mehr Zulauf und Zuspruch bekam. Immer mehr Initiativen seien auf ihn zu gekommen. Sie hätten ihn als neutral wahrgenommen und ihm Vertrauen entgegengebracht. Er habe versucht, der Klimabewegung ein Sprachrohr zu geben und Aktivisten in den Bundestag zu von ihm organisierten Veranstaltungen eingeladen.
Er sei ermuntert worden wieder für den Bundestag zu kandidieren. Nur für wen, er ist ja parteilos? Zum anderen aber wiederum wäre ihm klar gewesen, dass er die Spielregeln ändern wolle. Als Fraktionsloser könne er an manche Dinge freier herangehen.
Sprachrohr möchte er sein, für die, die keine Lobby haben. Also entschied Marco Bülow, sich bei der Bundestagswahl 2021 für ein Mandat des Bundestags zu bewerben. Dazu benötige man 200 Unterschriften. Er wolle feststellen, ob die Leute, die zu ihm gekommen sind, eine Minderheit ist, oder ob es mehr Leute gibt in Dortmund, die ihn unterstützen und tragen möchten. Schließlich könne er das als Einzelkämpfer nicht schaffen.
Marco Bülow: „Wenn, dann ist die Zeit dafür jetzt gekommen. Denn wir sind an einem Wendepunkt. Da bin ich ganz sicher.“
Bekomme er diese Unterstützung, werde er Initiativen ansprechen, in Gruppen hereingehen und auch mit kleinen Parteien das Gespräch suchen. Er werde sich darstellen und darlegen, was er will. Bülow: „Ich bitte um diese Unterstützung.“ Sollte das geschehen, werde er Kandidat werden und auf Augenhöhe antreten, um weiterhin Bundestagsabgeordneter zu sein. Sein Credo, dass er schon in der SPD vertreten habe: „Die Bevölkerung ist mein Chef.“ Strukturen wolle er aufbrechen und etwas anderes versuchen.
Der Dortmunder Politiker findet: „Es wäre eine historische Chance, ohne Fraktion einen Wahlkreis zu gewinnen. Wir können ein starres, abgehobenes System aufbrechen. Dafür brauchen wir mehr Menschen, die auch die Parlamente verändern und sich nicht opportunistisch anpassen.“
„Ich will das System hacken“, hat sich Marco Bülow vorgenommen. „Ich will den Bundestag hacken. Sozusagen die Systeme aufbrechen. Es muss ein Miteinander in der Politik wieder geben. Es muss sozusagen der Fraktionszwang aufgebohrt werden.“
Dem zweiteiligen Vortrag von Marco Bülow schloss sich eine angeregte Diskussion an, die gleich dem Vortrag ebenfalls interessante Aspekte beleuchtete. Es handelte sich um eine Veranstaltung von Zukunfts Forum Dortmund und Plattform Pro.
Weitere Informationen:
- Es ist eine Seite freigeschaltet, worüber man Marco Bülow unterstützen kann: http://www.deine-wahl.marco-buelow.de
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Marco Bülow (PM): Julian Assange und Demokratie schützen
Julian Assange und Demokratie schützen
Am Donnerstag, den 26. November 2020, übergeben Aktivist*innen des Free Assange Committee Germany und freeAssange.eu dem deutschen Bundestag eine Petition zum Schutz der Grund- und Menschenrechte von Julian Assange. Der
Dortmunder Bundestagsabgeordnete Marco Bülow (fraktionslos, Mitglied Die PARTEI) unterstützt die Petition und erklärt dazu:
„Der Gründer von WikiLeaks wird seit dem 11. April 2019 im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh bei London festgehalten. Damit sitzt er seit fast 1,5 Jahren in Isolationshaft. Diese Haftbedingungen sind menschenverachtend und Assanges Leben akut gefährdet. Ich fordere die Bundesregierung auf, hier klar Stellung zu beziehen und das Leben von Assange zu schützen.
Wenn Whistleblower wie Julian Assange, Edward Snowden oder Chelsea Manning verfolgt werden, nur weil sie die Wahrheit herausfinden und verbreiten, müssen wir uns als Abgeordnete vor sie stellen und die Wahrheit auch gegen den Staat verteidigen.
Für den Schutz der Demokratie und der Pressefreiheit reicht es nicht, wenn Abgeordnete eine Petition in einem Ausschuss diskutieren. Ich unterstütze diese Petition vollständig, aber wir müssen mehr tun. Die Bundesregierung muss handeln, außerdem sollten wir nach dem Vorbild des australischen Parlaments eine überparteiliche Gruppe bilden. Ich fordere meine Kolleg*innen im Bundestag dazu auf, gemeinsam für den Schutz der Pressefreiheit und der Demokratie einzustehen und sich für Julian Assange einzusetzen.
Nur gemeinsam können wir Druck gegen dieses internationale Unrecht aufbauen. Wir müssen an allen Ländern und an jedem Rechtsstaat das gleiche Maß anlegen und unsere demokratische Haltung auch dem britischen Staat gegenüber durchsetzen. Freiheit für Julian Assange.“
DSW21 lässt sich ins Lobbyregister eintragen – Vorstandsvorsitzender Guntram Pehlke betont: Die freiwillige Maßnahme soll Transparenz und Vertrauen stärken (PM)
Lange hat die Politik darüber debattiert und es im März 2021, noch unter der Großen Koalition, schließlich verabschiedet: Seit dem 1. Januar 2022 ist das Lobbyregistergesetz (LobbyRG) nunmehr in Kraft. Die Dortmunder Stadtwerke AG (DSW21) hat sich jetzt eintragen lassen. Freiwillig!
Wertfrei ausgedrückt meint „Lobbyismus“ die Vertretung von Interessen gegenüber Politik und Gesellschaft. Tatsächlich aber haftet ihm der permanente Verdacht der unzulässigen Einflussnahme auf Politiker*innen und deren Entscheidungen an – nicht zuletzt aufgrund einiger Affären und Skandale in der jüngeren Vergangenheit. Die Einrichtung des öffentlich einsehbaren Lobbyregisters soll im ersten Schritt die Transparenz und im zweiten das Vertrauen der Bürger*innen in die Politik erhöhen.
„Als Aktiengesellschaft unterliegt DSW21 den ohnehin schon strengen Vorgaben des deutschen Aktienrechts“, sagt Guntram Pehlke, Vorstandsvorsitzender der Dortmunder Stadtwerke AG. „In diesem Rahmen stellen wir unsere Entscheidungswege und Geschäftsprozesse so transparent und nachvollziehbar wie möglich dar.“ Allerdings verspürt DSW21 als kommunales Unternehmen, das sich zu 100 Prozent im Besitz der Stadt Dortmund befindet, „eine ganz besondere Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern“. Dieser Verantwortung komme man selbstverständlich nach – u.a. durch strenge Compliance-Regelungen und eine interne Revision. Als vor einigen Wochen aus dem Aufsichtsrat von DSW21 heraus die Idee an den Vorstand herangetragen wurde, sich ins Lobbyregister eintragen zu lassen, zögerten die Verantwortlichen nicht lange.
Der Eintrag, das ist Guntram Pehlke wichtig, erfolgte freiwillig. Denn die Rechtsauffassung von DSW21 ist klar: Die Eintragungspflicht greift bei den Dortmunder Stadtwerken nicht, weil sie auf Bundesebene selbst keine Interessenvertretung im Sinne des LobbyRG betreiben. DSW21 lässt seine Interessen im Regelfall durch Verbände vertreten, in denen das Unternehmen Mitglied ist: so etwa durch den Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) oder den Verband Kommunaler Unternehmen (VKU). Genau solche Mitgliedschaften sind im öffentlich einsehbaren Register aufgeführt. Ebenso die Namen der DSW21-Beschäftigten, die nach außen hin die Interessen des Unternehmens wahrnehmen. Insofern funktioniert das Lobbyregister in zwei Richtungen: Nicht nur Bürger*innen können sich dort informieren. Auch die Adressaten von Lobbyarbeit, vor allem also Politiker*innen, können sich orientieren, wenn Interessen an sie herangetragen werden.
„Wir haben überhaupt nichts zu verheimlichen“, sagt Guntram Pehlke. „Ganz im Gegenteil: Es liegt in unserem eigenen Interesse, Transparenz herzustellen, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Politik zu stärken und nachvollziehbar zu machen, wo und wie Möglichkeiten der Einflussnahme bestehen.“