Neues Format im Dietrich-Keuning-Haus (DKH): Mit der Veranstaltungsreihe „West Sound Story“ kombinieren die ArchitektInnen des Events Live-Musik mit guten Gesprächen in lockerer Atmosphäre. Einmal im Quartal bittet fortan Danko Rabrenovic, radikal interkulturell ausgerichteter Journalist und Musiker, verschiedene Bands aus dem Westen der Republik zu sich auf die Bühne. – Um zusammen mit dem Publikum etwas über die ganz speziellen Geschichten der KünstlerInnen und ihrer Musik zu erfahren. Den Auftakt im DKH bilden am Freitag, den 16. Februar, Three fall & Melane.
Durch Vielfalt in allen Variationen – NRW bietet Räume für künstlerische Kreativwerkstätten
Nordrhein-Westfalen ist bunt – so bunt wie kaum ein anderes Bundesland. Hier sind die unterschiedlichsten Nationalitäten beheimatet, hier verschachtelt sich eine unübersehbare Vielfalt kultureller Strömungen. Mit ihren Ausdrucksformen, Lebensweisen, Geschichten. Da ist nichts gleich – und nur wenig vergleichbar.
So das Land, so seine KünstlerInnen. Und vermutlich die erst recht. Alle „irgendwie“ ein Kaleidoskop multipler Identitäten, Biographien, Herkünfte in je individueller Gestalt. Aber was sind die Geschichten hinter dem musikalischen Potpourri, das sie darzubieten haben? Die Konflikte, die Versöhnungen, Irrungen und Wirrungen in ihrem Verlauf? Wie konnte es dazu kommen? Der Moderator von „West Sound Story“, Danko Rabrenovic, ist so ein „Fall“.
Gerade mal 22 Jahre alt, verlässt er 1991 das damalige Jugoslawien, um nicht in den sich dort entfachenden Bürgerkrieg ziehen zu müssen. In einem Interview vor einigen Jahren erklärt er das Paradoxe jener Situation, die ihn seinerzeit dazu bewog, „vorübergehend“ den Weg zu seiner Tante nach Recklinghausen zu suchen. Er hätte sich nämlich ansonsten quasi entscheiden müssen, entweder seine Mutter, eine Kroatin, oder seinen Vater, einen Serben, umzubringen. – Es gibt offenbar bessere Alternativen.
Kosmopolitischer Moderator mit multikulturellem Programm am Ort der Vielfalt
Während er im Ruhrgebiet sitzt und in den Medien mitansehen muss, wie der einst so kosmopolitische Staat im Hass der Nationalisten untergeht, setzt er sich mit seiner, mit der Identität, dem Identitätsgefühl von MigrantInnen überhaupt auseinander.
Schreibt irgendwann ein Buch darüber („Der Balkanizer – Ein Jugo in Deutschland“), wird 2005 Moderator beim WDR, Departement Funkhaus Europa, mit der Sendung „Balkanizer“. Wirkt seit 2016 beim Nachfolgesender Radio Cosmo, wo immerhin noch in neun verschiedenen Sprachen „Global Pop“ gespielt wird.
Für Vielfalt ist also allein durch den Background bei der Aufstellung des „West Sound Story“-Programms gesorgt. Und natürlich durch die Multi-/Inter-/Trans-Kulti-Tradition am Ort des Geschehens selbst, wo bis zu 1100 Steh- und 850 Sitzplätze geboten werden. Insofern passen DKH und das ausgetüftelte Veranstaltungsformat bestens zusammen, wie Levent Arslan, kommissarischer Leiter des Kultur- und Begegnungszentrums, zufrieden bemerkt.
Und dann wären da freilich noch die eingeladenen KünstlerInnen. „Support Your local band“, sei zunächst einmal die Idee hinter Reihe gewesen, erläutert Danko Rabrenovic. Aber nicht nur was NRW musikalisch so drauf hat, soll sich an den Abenden zeigen, sondern interessierte BesucherInnen können auch etwas über die Geschichte der Bands und ihren kulturellen Hintergrund erfahren. Indem eine gewisse Bandbreite von Nationalitäten, aber vor allem viel persönliche Melange untereinander aufs Tableau gebracht wird.
Die Kombination aus Musik und Talk verspricht Einblicke der besonderen Art
„West Sound Story“ – wie die Bezeichnung schon nahelegt: Hier solle eine Plattform für bekannte und unbekannte Gruppen aus der Region, für Bands und MusikerInnen unterschiedlicher Stile mit ihren Geschichten gebildet werden, erläutert Rabrenovic. Nach welchen Kriterien er denn die Musiker ausgesucht habe? „Coole Musik“, gibt er zu Protokoll. Außerdem habe er persönliche Kontakte.
Und dazu eine professionelle Vorbereitung wie beim Radio: Besuch bei der Band, Vorgespräche über ihre Geschichte, über deren feine Verbindungslinien zur Musik.
Geplant ist an den Abenden eine Kombination aus Musik und Talk. Gespielt werden jeweils zwei Sets a 30-40 Minuten (Zugaben selbstverständlich nicht ausgeschlossen), die sich mit zwei Gesprächsblöcken über das Leben der KünstlerInnen in NRW abwechseln.
Dabei geht es natürlich vor allem um die Auseinandersetzung mit den eigenen – häufig multiethnischen – Biographien. Oder um Erfahrungen und Begegnungen im Multikultur-Land NRW. Und sicherlich auch darum, wie KünstlerInnen was davon in ihre Musik übersetzen.
Three fall & Melane – Die erste Session im DKH: die Spannung steigt!
Der Vorhang geht auf am 16. Februar: Zum Start-up-Event werden Three fall & Melane zu Gast im DKH sein. – „Three fall“, das sind drei innovative Musiker aus dem Rundfunk-Tanzorchester Ehrenfeld, das sich bekanntermaßen bei Jan Böhmermanns Magazine Royale im ZDF NEO regelmäßig die Ehre gibt.
Die Red Hot Chili Peppers-Interpretationen des Trios wurden von Chad Smith, dem Drummer der Gruppe, in den höchsten Tönen gelobt und haben fast schon Kultstatus. Auf der Bühne arbeiten sie mit Effektgeräten, so dass es klingt, als seien fünf oder sechs Musiker am performen.
Seit zwei Jahren mit dem illustren Jazz-Trio vokal und mit eigenen Texten unterwegs ist die deutsch-kongolesische Sängerin Melane. Sie stammt aus dem kleinen Städtchen Heiligenhaus im Norden des Kreises Mettmann (gelegen im Städtedreieck Düsseldorf-Essen-Wuppertal; also echt-NRW).
Als Kind war Melane an ihrer Schule dort die erste Schwarze. Und musste sich natürlich an Identitätskonflikten abarbeiten: Ist sie denn nun deutsch oder kongolesisch? Wie wurde durch die kongolesischen Wurzeln ihr Alltag geprägt, etwa was das Essen, die Musik oder Sprache betrifft?
„Ich bin ein Geschichtenerzähler, der verschiedene Betriebswege hat.“
Sicherlich nicht zufällig studiert Melane an der Uni Köln Afrikanistik und schreibt gerade ihre Masterarbeit zu dem Thema „Schwarzes Selbstbewusstsein im deutschen Hip Hop“.
Welche „Betriebswege“ für seine Geschichten Danko Rabrenovic an diesem Abend zusammen mit den Musikerinnen im Einzelnen finden wird, bleibt abzuwarten. Allein, es dürfte bunt und kreativ sein.
Seine Gitalele hat er auf der Bühne übrigens immer dabei. Nicht auszuschließen daher – gleichwohl er sich als Musiker eigentlich zurückhalten möchte – dass es zu Improvisationen oder einer Jamsession kommt.
Was einiges verheißen dürfte bei einem Menschen, für den zwar Düsseldorf gefühlt „130 Tage Sonnenfinsternis“ hat, dann aber mit einem Lächeln den Satz hinterher schiebt: „Ich habe die Sonne in Deutschland immer in der Musik gefunden.“
Weitere Informationen:
- Wo: Dietrich-Keuning-Haus in der Dortmunder Nordstadt.
- Wann: 16. Februar, 20 Uhr; Einlass ab 19 Uhr.
- Eintritt: 14 Euro (Abendkasse) bzw. 10 Euro plus Gebühr im Vorverkauf.
- Nächster Event aus der Veranstaltungsreihe „West Sound Story“: Freitag, 4. Mai – „Trio Nerses“ mit Nerses Ohanyan aus Armenien, Miroslav Nisic aus Serbien und Vladyslav Vorobel aus der Ukraine.