Trotz steigender Infektionszahlen soll nun Geld eingespart werden

Kürzungen bei NRW-Fördermitteln in Dortmund: Ein folgenschwerer Rückschritt für die Aidshilfe

Denkraum: Namen und Steine Die Deutsche AIDS-Stiftung hat zusammen mit dem Künstler Tom Fecht ein Erinnerungsprojekt ins Leben gerufen – "Denkraum: Namen und Steine". Es ist dem Andenken an Menschen gewidmet, die an den Folgen von AIDS starben. Ihre Namen sind in Pflastersteine eingeschrieben. Namen von unbekannten Menschen ebenso wie Namen, mit denen man eine bekannte Persönlichkeit verbindet. An sie alle erinnern die Steine, die jeweils zu einer Installation im öffentlichen Raum gruppiert sind. Die erste Installation fand 1992 anlässlich der documenta IX in Kassel statt. Seitdem wurden in über 26 Städten in Deutschland und im europäischen Ausland Gedenkinstallationen mit mehr als 2.300 Namenssteinen realisiert. Wie geplant lief das Projekt im Jahre 2000 aus. Die bestehenden Dauerinstallationen wurden lokalen Institutionen zur weiteren Betreuung übergeben. So werden noch heute vom Künstler beschriftete Pflastersteine in die bestehenden Kunstwerke integriert – zum Beispiel am Christopher-Street-Day oder am Welt-AIDS-Tag.
Die Deutsche AIDS-Stiftung hat zusammen mit dem Künstler Tom Fecht ein Erinnerungsprojekt ins Leben gerufen – den „Denkraum: Namen und Steine“. Es ist dem Andenken an Menschen gewidmet, die an den Folgen von AIDS starben. Ihre Namen sind im Dortmunder Stadtgarten  in Pflastersteine eingeschrieben. Foto. Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Das Land NRW will nun die Aids-Fördermittel um rund 35 Prozent kürzen. Was für den Landeshaushalt einen geringen Anteil ausmacht, bringt jedoch schwerwiegende Folgen mit sich: Ab 2025 fehlen der Dortmunder Aidshilfe zwischen 100.000 und 140.000€ jährlich. Ein prekärer Eingriff für die Präventionsarbeit und für betroffene Personen.

HIV und die Gefahren der Unwissenheit in NRW

Das  Humane Immundefizienz-Virus, kurz HIV, gehört zu den weltweit verbreitetsten, unheilbaren Viruserkrankungen. Ihre weltweite Ausbreitung nahm besonders in den 1980er Jahren ihren Lauf. Eine Infektion geschieht meistens durch den Austausch von infizierten Körperflüssigkeiten, etwa durch ungeschützten Geschlechtsverkehr,  kontaminiertes Drogenbesteck, Kontakt mit infiziertem Blut oder durch eine Übertragung innerhalb der Schwangerschaft.

Wird HIV frühzeitig erkannt, lassen sich mithilfe von HIV-Therapien die Viren soweit eindämmen, dass der Ausbruch von Aids verhindert werden kann. Grafik: Pexels

Bleibt eine HIV-Infektion unbehandelt, führt es nach einer langjährigen, symptomfreien Phase zu AIDS, was in den meisten Fällen tödlich endet.

Laut dem Robert-Koch-Institut sind in Nordrhein-Westfalen insgesamt rund 22.100 Menschen mit HIV infiziert, 1.700 davon unwissentlich. Besorgniserregend ist dabei der von der WHO bestätigte Rückgang des Kondomgebrauchs unter sexuell aktiven Jugendlichen.

Durch den Verzicht des Verhütungsmittels, welcher potenziellen Schutz vor Krankheiten bietet, sind die Infektionszahlen von, neben HIV, Hepatitis C oder Syphilis, beachtlich gestiegen.

Die Auswirkungen auf die Präventionsarbeit in Dortmund

Willehad Rensmann, Geschäftsführer der Aidshilfe Dortmund, hebt hervor, dass die Kürzungen besonders fatal für die Präventionsangebote der Stadt sind. Projekte wie Youthwork, Präventionsangebote für queere Männer im Gesundheitsladen pudelwohl oder im Projekt „MISSA“ für Migrant:innen aus Afrika sind für marginalisierte Gruppen von entscheidender Bedeutung.

„Diese Menschen haben oft einen schlechteren Zugang zu Gesundheitsdiensten und sind daher doppelt betroffen“, so Rensmann. Die politischen Einsparungen gefährden nicht nur bestehende Angebote, sondern auch die Wissensvermittlung an die nachwachsenden Generationen: „Wenn Politiker mit dem Hinweis auf die Generationengerechtigkeit ‘sparen’ wollen, ist das besonders zynisch.“

Dieses Logo der BZgA gehörte zu den bekanntesten Logos überhaupt. Es ist mittlerweile Geschichte – wie auch die Vorsicht bei vielen Menschen sowie wie die Finanzierung diverser Projekte. Logo: BZgA

Auf Nachfrage bei der beiden Regierungsfraktionen des Landes erfolgte seitens der Grünen nur eine spärliche Antwort, während sich die CDU gar nicht äußerte.

„Der Haushalt stellt uns in diesem Jahr vor große Herausforderungen – geringere Steuereinnahmen als erwartet, eine angespannte Wirtschaftslage und zusätzliche Belastungen verengen den finanziellen Spielraum. Uns fehlen im Vergleich zur ursprünglichen Planung Milliardenbeträge“, erklärt Jule Wenzel, Sprecherin für Sozialpolitik der Grünen NRW,

„Das Land ist daher gezwungen, schmerzhafte Einsparungen vorzunehmen.  Wir schätzen das wichtige Angebot der Aidshilfe sehr. Wir steigen jetzt in sehr intensive parlamentarische Haushaltsberatungen ein, bei denen wir Grüne insbesondere den sozialen Bereich in den Blick nehmen“, so die Grünen-Politikerin.

Eine besorgniserregende Zukunft für Dortmund

Die Aidshilfe Dortmund ist zunehmend auf Eigenmittel angewiesen, um ihre Angebote aufrechterhalten zu können. Stagnierende öffentliche Förderungen und steigende Kosten schaffen einen angespannten finanziellen Spielraum. Rensmann warnt: „Jeder fehlende Euro wird durch Kosteneinsparungen direkt kompensiert werden müssen, und da handelt es sich zu 100% um Personalkosten – also werden wir 1:1 Personal abbauen.“

Neben der Leistungskürzung von bis zu 40 Prozent wird die fragile gesundheitliche Infrastruktur in Dortmund weitgehend gefährdet. Die Information der Planung einer Fördermittelkürzung hat nun auch betroffene Personen erreicht, die eine grundsätzliche Angst und Verunsicherung hervorruft.


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