Am 4. Juni wird es keinen Neonaziaufmarsch durch die Nordstadt geben. „Weder in der Nordstadt noch in der Dortmunder City sollen Rechtsextremisten am 4. Juni auf sich aufmerksam machen können“, betont Polizeipräsident Gregor Lange. Die Demo wird in Außenbereiche der Stadt verlagert.
Bezirksvertretung Innenstadt-Nord hatte sich einstimmig gegen Aufmarsch positioniert
Die Neonazis, darunter die Parteien „Die Rechte“, NPD und „Der III. Weg“ haben mit parteifreien Rechtsextremen zum sogenannten „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) mobilisiert.
Sie wollten durch die Nordstadt ziehen, weil es hier den höchsten Ausländeranteil gibt. Dagegen hatte sich die Bezirksvertretung der Nordstadt einstimmig (!) ausgesprochen.
„Wir sehen die Nazis und deren Ziele nicht nur als direkte Bedrohung für die in der Nordstadt lebenden Menschen, sondern auch als Bedrohung für unsere Demokratie“, hieß es in der von David Grade (Linke und Piraten) verfassten Resolution.
„Aufgrund des besonderen Charakters der Nordstadt als Integrationsmotor Dortmunds und dem hohen Anteil von Menschen mit Wurzeln in vielen Kulturen, die wir direkt und indirekt durch die Nazis und deren Aufmarsch bedroht sehen, fordern wir die Polizei dazu auf, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um einen Demonstrationszug von Nazis durch die Nordstadt zu verhindern“, beschloss das Gremium am Mittwoch über alle Parteigrenzen hinweg.
Neonazi-Aufmarsch wird in die Außenbereiche von Dortmund verlagert
Diese Einschätzung teilt der Polizeipräsident: „Mit Blick auf konkrete polizeiliche Gefahrenprognosen hat die Dortmunder Polizei in den rechtlich vorgeschriebenen Kooperationsgesprächen mit dem Anmelder durchgesetzt, dass die Veranstaltung in Außenbereiche der Stadt verlagert wird.“
Gregor Lange betont: „Wir stehen zur Zeit mit demokratischen Versammlungsanmeldern im Dialog, um polizeilich einen wirkungsvollen friedlichen und gewaltfreien demokratischen Protest gegen rechte, ausländerfeindliche und rassistische Verfassungsfeinde zu ermöglichen und zu schützen“, so Lange. „Mir ist außerdem besonders wichtig, dass die Gesundheit von Polizeibeamten nicht aufs Spiel gesetzt wird.“
„Es ist für mich ein wichtiges Ergebnis, dass wir die an diesem Tag veranstaltungsreiche City aus der rechtsextremistischen Versammlungslage heraushalten können und den vielen mit uns in der Nordstadt lebenden Migranten eine Konfrontation mit ausländerfeindlichem Hass ersparen“, kommentiert Lange seine Entscheidung.
Polizei erkennt erhebliche Radikalisierungsprozesse in der rechten Szene
„Wir erkennen zurzeit erhebliche Radikalisierungsprozesse in der rechtsextremistischen bundesweiten Szene. Das gilt aber leider auch für gewaltbereite Linksautonome, die voraussichtlich in großer Zahl nach Dortmund kommen werden“, gibt Lange zu bedenken.
Polizeiliche Maxime sei in dem Zusammenhang, dass ein Aufeinandertreffen von gewaltbereiten Rechts- und gewaltbereiten Linksautonomen konsequent verhindert werde.
Der Polizeipräsident appelliert an die am 4. Juni in Dortmund demonstrierenden Gruppen, ihre Versammlungen friedlich und gewaltfrei durchzuführen. Nur mit demokratischen Mitteln könne man undemokratischen Verfassungsfeinden überzeugend und glaubwürdig gegenübertreten.
Antifa-Arbeitskreis „NoTddZ“ sieht die Entscheidung als ersten Erfolg
Der Antifa-Arbeitskreis „NoTddZ“ sieht in dieser Entscheidung einen ersten Erfolg im Widerstand gegen die rechte Demonstration und wird seine Planungen entsprechend anpassen.
„Diese Einsicht ist ein wichtiger Erfolg für die vielen Menschen, die sich in der Nordstadt gegen Rassismus und Neonazis einsetzen“, erklärt Tobias Schmidt, Pressesprecher des Arbeitskreises.
Mit Plakaten auf deutsch und türkisch machen AntifaschistInnen seit Wochen gegen den Aufmarsch im Viertel mobil.
Das Bündnis „NoTddZ“ geht jedoch weiterhin davon aus, dass der Aufmarsch durch ein migrantisch geprägtes Viertel laufen wird. „Die Neonazis richten sich in ihrem Aufruf vor allem gegen Menschen mit Migrationshintergrund“, erläutert Schmidt.
„Die Demonstrationsziele der Nazis sind nur in einem migrantisch gesprägten Viertel umsetzbar. Wir gehen davon aus, dass sich Polizei und Nazis darüber einig geworden
sind, dass der Aufmarsch in einem anderen migrantisch geprägten Stadtteil in Dortmunds Norden stattfinden wird. Andernfalls hätten die Nazis gegen die Verlegung Klage eingelegt.“
„Daher empfehlen wir den BewohnerInnen anderer migrantischer Stadtteile, wie in der Nordstadt gegen den Aufmarsch aktiv zu werden“, sagt Schmidt.
Verbot des Aufmarschs kommt für die Polizei nicht in Betracht
Ein Verbot des Aufmarschs zieht die Polizei nicht in Betracht: „Wir haben wie in den letzten Jahren auch jetzt intensiv ein Verbot der rechtsextremen Versammlungen geprüft“, so Lange.
„Wir verstehen den Wunsch, Neonazi-Aufmärsche in unserer Stadt zu verbieten.“ Allerdings lasse die geltende Rechtsprechung ein Verbot nicht zu.
Der rechtsextremistischen Demo solle durch ein zwangsläufig positives Gerichtsurteil kein zusätzlicher Rückenwind verschafft werden. Stattdessen sei die Demo in Außenbezirke der Stadt verlegt und mit strengen Auflagen belegt worden.
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VKK
Christen gegen Rechtsextremismus: Infoveranstaltung zum Naziaufmarsch
Polizeipräsident Gregor Lange und DGB-Vorsitzende Jutta Reiter sind Gäste bei der Info- und Diskussionsveranstaltung der „Christen gegen Rechtsextremismus“ am Dienstag, 24. Mai um 19 Uhr im Reinoldinum, Schwanenwall 34.
Dabei geht es um den geplanten Nazi-Aufmarsch am 4. Juni. Jutta Reiter vom „Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus“ berichtet, was das größte Bürgerbündnis der Stadt und andere bürgerschaftliche Akteure an dem Tag planen. Gregor Lange wird die Sicht der Polizei und ihre Vorbereitungen darstellen. Der Journalist Rainer Zunder analysiert die Ziele der Neonazis bei deren Aufmarsch. Es moderiert Pfarrer Friedrich Stiller, Sprecher des Arbeitskreises „Christen gegen Rechtsextremismus“.
Ausgeschlossen von der Veranstaltung sind Personen, die rechtsextremen Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige Menschen verachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind. Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und diesen Personen den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser zu verweisen.
dkp Dortmund
„Antifaschistische Strategie heute“ – Diskussionsveranstaltung im „Z“ mit Jürgen Lloyd
Im Rahmen der Reihe „Diskussion im Z“ geht es diesmal um das Thema „Antifaschistische Strategie heute“. Kommunistinnen und Kommunisten sind überzeugt: „Wer die Welt verändern will, muss sie erkennen“. Wer antifaschistisch wirken will, benötigt ein zutreffendes Verständnis davon, ob und woher die Gefahr von Faschismus droht.
Wie können wir also auf marxistischer Grundlage eine Einschätzung erarbeiten zu dem, was wir „Rechtsentwicklung“ nennen? Und welche Schlüsse müssen wir aus dieser Einschätzung für unseren Beitrag zum antifaschistischen Kampf ziehen? Es referiert und diskutiert Jürgen Lloyd, Leiter der Karl-Liebknecht-Schule und der Antifa-Kommission des Parteivorstands der DKP. Der Eintritt ist frei.
Wann und wo? Am Mittwoch, 25. Mai, um 19 Uhr im „Z“ (Zentrum für Kultur und Politik), Oesterholzstrasse 27 (Nähe Borsigplatz)
Bündnis NoTddZ
Kritik: Polizei versucht Protest gegen den Naziaufmarsch schon im Vorfeld zu
kriminalisieren
Wie der WDR vergangene Woche meldete, prüft die Polizei Dortmund den Aufruf des Antifaschistischen Arbeitskreises „NoTddZ Dortmund“ auf mögliche strafbare Inhalte.
Im Aufruf des Bündnisses heißt es: „Wir hierarchisieren nicht zwischen der sprichwörtlichen ‚brennenden Mülltonne‘ und zivilem Ungehorsam in Form von Blockaden. Wir sind mit allen solidarisch, die mit sinnvollen und zielgerichteten Mitteln gegen den Naziaufmarsch agieren.“
Daraus strickt die Polizei Dortmund nun offenbar einen Aufruf zu Straftaten. Angemessen ist das aus Sicht des Zusammenschlusses nicht. „Bei Naziaufmärschen gibt es in Dortmund die unrühmliche Tradition,
dessen Route geheimzuhalten und Gegenprotest mit Gewalt niederzuschlagen. Diese polizeiliche Gewalt bleibt außerdem oft ohne Folgen, was nicht nur von vermeintlichen ‚Linksautonomen‘, sondern auch von Rechtsanwältinnenen, Journalisten und selbst kritischen Polizisten kritisiert wird“, sagt Tobias Schmidt von NoTddZ.
Der Arbeitskreis NoTddZ hat kein Interesse an einer Eskalation am 4. Juni. Wenn Menschen aber keine anderen Möglichkeiten als brennende Mülltonnen sehen, um den Aufmarsch zu verhindern, dann habe man dafür auch Verständnis.
Wenn die Polizei nun mögliche strafbare Inhalte im Aufruf des Arbeitskreises prüft, geht es vor allem darum, einen hochgerüsteten Polizeieinsatz am 4. Juni vorab zu legitimieren. Es ist davon auszugehen, dass der Naziaufmarsch durch einen migrantisch geprägten Teil Dortmunds führen wird. „Faktisch bedeutet das, dass diese Menschen am 4. Juni nicht nur rechte Hetze, sondern auch noch einen hermetisch abgeriegelten Stadtteil werden ertragen müssen, in dem sie sich nicht frei bewegen können“, so Schmidt. „Die Bewegungsfreiheit vieler Menschen wird am 4. Juni massiv eingeschränkt“, kritisiert der Sprecher.
Die Polizei Dortmund setzt in ihrer Informationspolitik weiter auf Abschottung. Auch 10 Tage vor dem Aufzug weigert sich Polizeipräsident Gregor Lange, weiter, die Nazi-Route bekannt zu geben. Bei einer Podiumsveranstaltung des Arbeitskreises „Christen gegen Rechtsextremismus“ am 24.05., bei der er die Polizeistrategie zum 4. Juni erläutern sollte, blieb er wichtige Informationen schuldig. Die Polizei Dortmund verhindert damit aktiv, dass sich unliebsamer Protest und Widerstand organisieren können, und spielt den Nazis direkt in die Hände.
„Dass es auch anders geht, zeigt gerade die Polizei Hamm“, so Tobias Schmidt weiter. „In der Nachbarstadt hat die Polizei keine Probleme damit, Detailinformationen über die Route des Naziaufmarschs zu
veröffentlichen.“
Am kommenden Samstag soll ein Naziaufmarsch in Hamm für den „Tag der deutschen Zukunft“ am darauffolgenden Wochenende in Dortmund werben.