Die DGB-Vorsitzende kämpfte für Demokratie und Teilhabe von allen

Jutta Reiter ist verstorben: Eine Streiterin für die Menschen und gegen Ungerechtigkeit

Archivfoto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Von Susanne Schulte

Jutta Reiter ist tot. Die langjährige Dortmunder DGB-Vorsitzende und Geschäftsführerin der DGB-Region Dortmund-Hellweg starb jetzt im Alter von 59 Jahren. Die geborene Mülheimerin war stets zu hören, wenn es um bessere Arbeitsbedingungen ging und um den Klimaschutz, sie setzte sich permanent für den Frieden und gegen Rechtsradikale ein, erhob ihre Stimme, um für die Rechte und das Auskommen von Menschen ohne Obdach, von Kindern, von Auszubildenden und Rentner*innen einzutreten. Im Stadtgeschehen war sie stets sehr präsent. Nicht nur beim 1. Mai, auch auf vielen Demos gegen Rechts sowie bei Diskussionen zur Demokratie und Gleichheit. Dementsprechend erschütternd fallen die Nachrufe aus.

Thomas Westphal: „Wir haben einen herausragenden Menschen verloren“

Oberbürgermeister Thomas Westphal schreibt: „Die Nachricht vom Tode unserer DGB-Vorsitzenden Jutta Reiter hat mich sehr getroffen. Jutta war eine Kämpferin, eine Frau, deren Leben daraus bestand, für andere zu streiten, das Beste für alle zu erreichen. Das Wohl der Menschen, die nicht auf Rosen gebettet leben, das war für Jutta immer das Wichtigste. Dahinter stand alles zurück. Wir haben einen herausragenden Menschen verloren.“ Jutta Reiter sei eine Persönlichkeit gewesen, „die stets den Dialog suchte und ein offenes Ohr für die Anliegen der Menschen hatte“. Sie habe sich nie gescheut, zu schwierigen Themen Stellung zu beziehen. „Für ihre Arbeit und ihr Engagement gebühren ihr Anerkennung, Respekt und aufrichtiger Dank.“

Archivfoto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Ihren beruflichen Weg in der Gewerkschaft begann sie 1992 als Jugendreferentin im DGB-Kreis Dortmund. Weitere Stationen führten sie in den DGB-Bundesvorstand. Dort übernahm sie die Frauenpolitik. Seit 2009 führte Jutta Reiter als Vorsitzende den DGB-Regionsverband Dortmund-Hellweg. Sie engagierte sich in vielen Gremien, so im Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus.

Friedrich Stiller: „Das Zurückdrängen der Nazi-Szene ist auch ihr Verdienst“

Deren Co-Vorsitzender Pfarrer Friedrich Stiller schreibt so auch: „Die Stadt Dortmund verliert eine aufrechte und engagierte Demokratin, die furchtlos den Kampf gegen den Rechtsextremismus und alle Angriffe auf die Menschenwürde geführt hat. Das Zurückdrängen der Nazi-Szene in Dortmund ist auch ihr Verdienst.“ Er würdigt sie als eine „liebenswerte und menschlich hoch geschätzte Kollegin und Weggefährtin, die uns mit ihrer freundlichen und zugleich offenen und klaren Art viel gegeben hat“.

Friedrich Stiller und Jutta Reiter bildeten die Doppelspitze des Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus. Archivfoto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Jutta Reiter war 15 Jahre lang Co-Vorsitzende des Arbeitskreises gegen Rechtsextremismus. Sie habe „furchtlos, pragmatisch und mit klarem Urteilsvermögen“ gearbeitet „angesichts der rechtsextremen Umtriebe in der Stadt. Ungezählte Veranstaltungen und Demonstrationen hat sie für und mit dem Arbeitskreis durchgeführt, die alle dem Zweck dienten, das demokratische Dortmund zu stärken.“

Koordinierungsstelle: „Eine der längsten Konstanten im Kampf gegen Rechtsextremismus“

Genauso erlebte auch die Koordinierungsstelle für Vielfalt, Toleranz und Demokratie die studierte Diplom-Pädagogin. In dem von Friedhelm Evermann, Michael Plackert, Andrea Ullrich, Yannick Sandberg, Volkan Ugur und Kim Wollnik unterzeichnetem Nachruf heißt es: „Jutta Reiter war mit ihrem Engagement eine der längsten Konstanten im Kampf gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit.“ Sie habe maßgeblich zur „Sichtbarkeit des Engagements gegen Rechtsextremismus in unserer Stadt beigetragen“. Ihr Engagement gegen die extreme Rechte sei nicht nur „Teil ihres Lebens, sondern eine Herzensangelegenheit“ für sie gewesen. „Jutta war eine Frau, die nicht nur Worte sprach, sondern auch Taten folgen ließ. Sie glaubte fest daran, dass jeder Einzelne einen Unterschied machen kann, und ermutigte viele, sich aktiv für eine offene und respektvolle Gesellschaft einzusetzen. Ihr unerschütterliches Engagement und ihre Fähigkeit, Brücken zu bauen, werden uns allen fehlen.“

Bündnis 90/Die Grünen: „Eine kraftvolle Streiterin für eine solidarische Stadt“

„Ihr Tod ist ein großer Verlust nicht nur für den DGB, sondern weit darüberhinaus für die ganze Stadt Dortmund“, würdigen für die Ratsfraktion und den Kreisverband Bündnis90/Die Grünen Katrin Lögering, Dr. Christoph Neumann, Hannah Rosenbaum und Marek Kirschniok. „Mit Jutta Reiter verlieren wir eine unermüdliche Stimme für die Rechte von Arbeitnehmer*innen, für mehr Mitbestimmung und bessere Teilhabe. In Zeiten von zunehmender sozialer Ungerechtigkeit war sie eine kraftvolle Streiterin für eine solidarische Stadt und Gesellschaft.“

Beim Neujahrsempfang 2024 Archivfoto: Alex Völkel für Nordstadtblogger.de

Ihre zugewandte und menschenfreundliche Art, „die sie auch bei allen politischen Auseinandersetzungen auszeichnete, werde man vermissen. Jutta Reiter werde nicht nur in Erinnerung bleiben, „sondern auch als Verpflichtung“.

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Reaktionen

  1. Nachruf der Arbeitsgemeinschaft der Dortmunder Frauenverbände auf Jutta Reiter (PM)

    Mit großer Bestürzung und tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Jutta Reiter, einer herausragenden Persönlichkeit, die Dortmund und darüber hinaus nachhaltig geprägt hat. Sie war langjährige Geschäftsführerin des DGB Dortmund Hellweg und eine enge, geschätzte Kooperationspartnerin der Arbeitsgemeinschaft der Dortmunder Frauenverbände, des Dortmunder Forums Frau & Wirtschaft e.V. sowie des Gleichstellungsbüros der Stadt Dortmund.

    Jutta Reiter war eine leidenschaftliche Kämpferin für Demokratie, Frauenrechte und soziale Gerechtigkeit. Mit ihrem unermüdlichen Engagement setzte sie sich gegen Rechtspopulismus ein und war eine treibende Kraft hinter zahlreichen Initiativen, die Menschen ermutigten, für Menschlichkeit und Gleichberechtigung einzustehen. Sie verstand es, Menschen mitzunehmen, einzubinden und zu begeistern – mit ihrem Optimismus, ihrer Herzlichkeit und ihrem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.

    Ihre Stimme war unverzichtbar, wenn es darum ging, zentrale gesellschaftliche Themen nach vorne zu bringen: die Gleichstellung der Geschlechter, die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, Lohngerechtigkeit und die Stärkung von Frauen in der Wirtschaft. Jutta Reiter war eine zentrale Figur im Dortmunder Bündnis zum Equal Pay Day und stand unermüdlich auf Podien und in Demonstrationszügen, um für ihre Überzeugungen einzutreten. Mit ihrer klaren Haltung und ihrer Tatkraft war sie eine unverzichtbare Stimme in der Stadt.

    Doch über ihr enormes politisches und gesellschaftliches Engagement hinaus verlieren wir mit ihr vor allem einen Menschen, der tief berührte. Ihre Offenheit, ihr Humor und ihre warmherzige Art machten jede Begegnung mit ihr zu etwas Besonderem. Sie hatte die Gabe, Menschen zu stärken, ihnen Wertschätzung entgegenzubringen und Mut zu machen. Ihr Rat, ihre Ideen und ihre Fähigkeit, Wege aufzuzeigen, werden schmerzlich fehlen.

    Eine besonders eindrucksvolle Erinnerung bleibt die Veranstaltung „Dortmunderinnen stellen sich vor“, in der Jutta Reiter als inspirierende Persönlichkeit gewürdigt wurde. Sie erzählte von ihren persönlichen und beruflichen Weggabelungen, ihren Werten und ihrem Antrieb – und hinterließ ein Publikum, das gleichermaßen bewegt und beeindruckt war. Diese Veranstaltung zeigte einmal mehr, was für eine außergewöhnliche Frau sie war.

    Ihr Engagement für Dortmund war tief verwurzelt und bewusst gewählt. In einem Portrait in den „FrauenTermineDortmund“ schrieb sie 2021 über sich selbst: „Als ich 2008 gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könne, als Regionsvorsitzende wieder nach Dortmund zu gehen, konnte ich dies sofort bejahen. Hatte ich doch Dortmund schon 1992 bewusst gewählt! Hier leben engagierte, offene Menschen, die etwas gestalten wollen, das hat mich damals begeistert und heute immer noch.“ Diese Worte verdeutlichen, wie sehr sie Dortmund als einen Ort des Wandels und der Mitgestaltung sah – und wie sehr sie selbst dazu beigetragen hat, diesen Wandel aktiv mitzugestalten.

    Zudem war sie im Frühjahr 2024 auf unserer gemeinsamen Kundgebung „Dortmund: Feministisch. Gegen Rechts!“ präsent und sagte dort: „Wir lassen es nicht zu, dass rechtspopulistische und rechtsextremistische Protagonisten gegen zentrale Errungenschaften der Frauenbewegung mobil machen. Wir als Gesellschaft sind gefordert, deren antifeministischen Forderungen ein klares ‚Nicht mit uns!‘ zuzurufen!“ Dieser Satz steht sinnbildlich für ihren unerschütterlichen Einsatz für Gleichstellung, Demokratie und soziale Gerechtigkeit.

    Dortmund verliert mit Jutta Reiter eine zentrale Stimme für Demokratie, Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit. Gerade in einer Zeit, in der viele Errungenschaften in der Gleichstellungsarbeit bedroht sind, hinterlässt ihr Verlust eine große Lücke.

    Ihr viel zu früher Tod reißt sie mitten aus einem Leben voller Tatendrang und Engagement. Sie hätte noch so viel bewirken können, hatte noch so viele Pläne, die sie mit ihrer Kraft und Entschlossenheit sicher umgesetzt hätte. Ihr Fehlen wird uns in Zukunft schmerzlich bewusst werden, besonders in diesen herausfordernden Zeiten, in denen ihre Stimme mehr denn je gebraucht worden wäre.

    Wir trauern um eine engagierte Kämpferin, eine verlässliche Mitstreiterin und eine wundervolle Freundin.

    In tiefem Dank und großer Trauer,

    Arbeitsgemeinschaft der Dortmunder Frauenverbände

    Dortmunder Forum Frau & Wirtschaft e.V.

    Gleichstellungsbüro der Stadt Dortmund

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