Von Abgesängen wollte OB Thomas Westphal nie etwas hören oder sie gar selbst anstimmen, wenn es um die Zukunft des Einzelhandels in der Dortmunder City ging. Zumindest die Frequenzzahlen auf dem Westenhellweg geben Anlass zur Hoffnung. Denn gegen den Trend hat zumindest in Dortmund die Zahl der Gäste erneut zugenommen – sowohl im Dezember als auch mit Blick auf das Gesamtjahr 2023. Nun droht es aber einen Dämpfer zu geben: Die Zukunft eines wichtigen Frequenzbringers – Galeria Karstadt Kaufhof – ist erneut ungewiss.
Sorgen im Karstadt-Stammhaus und bei „Sport Scheck“
Der größte deutsche Warenhauskonzern steht binnen von vier Jahren zum dritten Mal vor der Pleite. Das Unternehmen hatte am Dienstag (9. Januar) beim Essener Amtgericht einen Insolvenzantrag gestellt. Der Unterschied: Anders als die ersten beiden Male ist es keine Insolvenz in Eigenregie. Daher bleibt abzuwarten, ob es – wie bei den ersten beiden Malen – ein Befreiungsschlag oder doch eher der letzte Akt ist. ___STEADY_PAYWALL___
In den vergangenen vier Jahren gab es bereits zwei weitere Insolvenzverfahren. Zunächst sollten alle Häuser in Dortmund schließen. Am Ende war es „nur“ der alte Kaufhof. Sowohl das Karstadt-Haupthaus als auch das Sporthaus blieben erhalten. Doch beim Sporthaus – mittlerweile unter der Regie von „Sport Scheck“, kriselt es ebenfalls. Jetzt ist auch die Zukunft des Karstadt-Stammhauses wieder ungewiss.
„Wir werden sehen, was das im Konkreten heißt. Es ist anders als in Eigenregie unter einem Rettungsschirm. Jetzt ist es ein externer Insolvenzverwalter. Da wird es in erster Linie um Gläubigerschutz gehen“, zeigte sich OB Thomas Westphal besorgt. Doch Aufgeben ist keine Option: „Wir machen das wie bisher: Wir sind so unterwegs, alle aufzufordern, alles zu tun, den Standort zu erhalten. Daran hat sich nichts verändert“, so Westphal.
Der Dortmunder Betriebsrat hofft auf eine Fortführung des Hauses
„Keine gute Zeit, keine schöne Geschichte“, kommentiert Joffrey Kallweit, Betriebsratsvorsitzender des Dortmunder Kaufhauses, die aktuellen Entwicklungen. „Das kam aber nicht überraschend. Als Signa ins Wanken kam, war es absehbar, dass es durchschlägt. Die alten Hasen haben damit gerechnet“, spielt er darauf an, dass es für ältere Beschäftigte die vierte Insolvenz ist.
2004 gab es die ersten Sparprogramme, 2009 den ersten Insolvenzantrag. „Wir könnten 20 Jahre Gehaltsverzicht feiern“, sagt er mit einer gewissen Portion Zynismus – aber nicht resigniert: „Wir müssen gucken, was daraus wird. Wir stecken den Kopf nicht in den Sand“, sagte er mit Blick darauf, dass der Verkauf regulär weiter geht – auch die Lieferanten liefern weiter Waren an.
„Wir hoffen, dass wir weitermachen können“, betont der Betriebsrat. 120 Stammbeschäftigte bei Galeria Karstadt Kaufhof, knapp 50 weitere in der Galeria-Markthalle, dann noch die Beschäftigten im Restaurant, beim Frisör und der Bäckerei sowie die beauftragte Gebäudereinigung wären von der Schließung betroffen. Doch die Arbeit geht vorerst ganz normal weiter: „Unsere Leute sind gefasst und wollen weiter einen guten Job machen“, betont Betriebsrat Thomas Bader.
„Die Verkaufszahlen bei Karstadt stimmten – das ist ein funktionsfähiger Standort“
Was eine Schließung im Fall der Fälle für die City heißt, darüber will die Stadtspitze nicht spekulieren. Damit war die Stadt auch in den vergangenen Jahren gut gefahren, während einzelne Fraktionen schon über die Zukunft der Immobilien diskutieren wollte, bevor diese überhaupt geschlossen wurden. „Wir werden wieder die Gespräche suchen. Die Verkaufszahlen bei Karstadt in Dortmund stimmten – nach wie vor ist das ein funktionsfähiger Standort“, so Westphal.
Von den aktuellen Sorgen um Galeria Karstadt Kaufhof will sich die Stadt jetzt auch nicht die Frequenzzahlen für die City trüben lassen – wohlwissend das die auch was mit Karstadt zu tun haben. „Das Jahr ist sehr sehr gut verlaufen“, zieht die städtische Wirtschaftsförderin Heike Marzen eine positive Bilanz. „Wir hatten 2023 ein großes Frequenzplus. Und das Vorjahr hatte schon eine Steigerung zum Vor-Corona-Jahr 2019.“
Auf dem Westenhellweg hatte das Zählsystem im Jahr 2023 mehr als 16 Millionen Passant:innen gezählt. 2022 waren es 15,7 Millionen. Und im Jahr 2019 – also vor den Corona-Lockdowns und Einschränkungen – waren es 14,2 Millionen. Die Zahlen in Dortmund haben sich damit entgegen den Trends anderer Großstädte positiv entwickelt. „Wir wissen, dass Frequenz nicht gleich Umsatz ist. Aber das ist die Währung, in der die Lagen bemessen werden“, so Marzen.
Trotz des vielen Regens waren die Dezember-Zahlen rekordverdächtig
Auch der Dezember 2023 schnitt besser ab als noch 2022. Dabei war das Wetter deutlich schlechter und zwei Verkaufstage weniger: „Der Dezember hatte schwierige Voraussetzungen für den Einzelhandel. Weihnachten fiel auf den 4. Advent, es fehlten zwei Verkaufstage und es war einer der nassesten Monate überhaupt. Dennoch ist es sehr sehr gut verlaufen.“
Ein wichtiger Faktor dabei war auch die Dortmunder Weihnachtsstadt, die ebenfalls überraschend gute Besuchszahlen präsentieren konnte. „Die Weihnachtsstadt ist natürlich ein großes Pfund. Trotz des Wetters hatte sie einen guten Zulauf von außen. Das hat sich nach Corona jetzt erst wieder verstärkt, das hatten wir im Jahr 2022 noch nicht“, sagte die Wirtschaftsfördererin mit Blick auf das touristische Treiben und die zahlreichen Reisebusse.
Insgesamt zeigt sich die Stadtspitze zuversichtlich, dass die City eine gute Zukunft habe: „Es gibt keine Anzeichen, dass sie an Attraktivität verloren hat. Es gibt zwar ein anderes Konsumverhalten. Aber die Frequenz stimmt, wir sind auf einem guten Niveau und wollen noch besser werden“, so Westphal.
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