Innenminister Reul mit CDU-Bundestagskandidat Depenbrock am Phoenix-See zu Sicherheit und Katastrophenschutz

Ankunft von Herbert Reul am Phoenix-See. Fotos (7): Thomas Engel

Die letzten Wochen – vor allem mit dem fürchterlichen Hochwasser im Ahrtal – haben es auf erschreckende Weise gezeigt: Wir sind vor Naturkatastrophen nicht gefeit, müssen angesichts des Klimawandels mit weiteren rechnen. Wie können wir uns in Zukunft besser schützen? Wie ist es überhaupt um innere Sicherheit bestellt, Stichwort: Raser, Clan-Kriminalität und mehr? NRW-Innenminister Herbert Reul war Ende vergangener Woche auf Einladung der Dortmunder CDU und deren Bundestagskandidat Michael Depenbrock am Phoenix-See in Dortmund-Hörde, „informierte“ sich und sprach vor allem über Strategien des Bundeslandes, um auch bei Bürger*innen ein Sicherheitsgefühl herzustellen.

CDU-Dortmund: Nichts geht mit AfD-Kandidat Helferich im Bundestagswahlkampf

Es ist zwar Sommerpause, in NRW reichen die großen Ferien bis Mitte August. Doch Politik kann nicht stillstehen, weil Ende September die Bundestagswahlen stattfinden. Parteien formieren, positionieren sich, setzen Akzente. So die Dortmunder CDU. Sie hat letzten Freitag Parteifreund und NRW-Innenminister Herbert Reul an den Phoenix-See nach Hörde geladen. ___STEADY_PAYWALL___

Mit Helferich wird nicht diskutiert: Sascha Mader (CDU) am Phoenix-See

Der gab sich betont bescheiden („Ich weiß auch nicht auf alles Antworten“; „Ich glaub‘ nicht, dass Politiker alles können und alles wissen“). Doch bleibt hart in der Sache. Verteidigt, begründet, was in NRW seit der Übernahme von Regierungsverantwortung durch Schwarz-Gelb in seinem Ressort seit Mitte 2017 beobachtbar war.

Zuvor gab es tagesaktuell, noch bevor der Herr Minister in Dortmund erschien, ein klare Ansage aus der kommunalen Unionsspitze: An keiner Veranstaltung würden sie im Wahlkampf teilnehmen, wo auch Matthias Helferich von der AfD eingeladen sei, lässt Sascha Mader keine Zweifel.

Dessen Blut-und-Boden-Denkweise kenne er aus dem Stadtrat zur Genüge. Ergo: Nein zu jedwedem Gespräch mit dem rechtspopulistischen Bundestagskandidaten, der wegen seiner Ausfälle seitens der Parteispitze bereits eigens nach Berlin beordert wurde (wir berichteten) und dessen Parteiämter gegenwärtig gehörig wackeln. Das war also schon einmal geklärt.

„Sicherheit“ als zentrales Wahlkampfthema hier, als basal-menschliches Bedürfnis dort

Dann aber kommt der Star des Tages, NRW-Innenminister Herbert Reul, ehemaliger Lehrer (Studium der Sozial- und Erziehungswissenschaften in Köln) und in steter Sorge, dass er zu viel redet, es aber trotzdem nicht lassen kann. Also ein richtiger Politiker. Und ein Mann, der sich um die Sicherheit der Bürger*innen sorgt. Deswegen ist er hier.

Denn „Sicherheit“, das ist ein Problemfeld, das viele Menschen im Lande umtreibt. Weiß er, wissen seine Freunde aus der Union – und haben es zum wichtigen Wahlkampfthema gemacht. Zudem es kürzlich einen Einschlag ins kollektive Gedächtnis gab, im Ahrtal und anderswo. Es ging um Wasser, in dem so viele Menschen starben, ihr Heim verloren.

Daher ist der CDU-Politiker nicht einfach in Dortmund, sondern wird in Hörde am Phoenix-See herumgeführt. Der gleichwohl an diesem frühen Nachmittag zum Wochenausgang einfach nur freundlich-beschaulich in der hochsommerlichen Sonne liegt. Keinerlei akute Gefahr, alles gut. Doch das Thema „Sicherheit“ ist virulent, hat zahlreiche Facetten, an deren Basis sich ein menschliches Schlüsselmotiv in Wählerstimmen übersetzen lässt: Angst.

Warum haben Menschen Angst, obwohl es immer weniger Straftaten gibt?

Jetzt wird es schwierig. Michael Depenbrock, CDU-Bundestagskandidat für den Dortmunder Wahlkreis II, muss beim abschließenden Interview nach dem Rundgang mit dem Innenminister am See einen Spagat wagen. Einerseits die erfolgreiche Politik von Schwarz-Gelb zur Befriedung im Inneren verteidigen, anderseits erklären, weshalb die Leute trotzdem ein Problem haben. Weil sie sich nicht sicher fühlen. Und deshalb die Christdemokrat*innen wählen sollten.

Die insinuierte Zauberformel lautet: Wir sind nach den Versäumnissen der Sozialdemokratie im Lande auf einem guten Weg, aber es braucht Zeit. Thema ist das erstaunliche Verhältnis von subjektiver und objektiver Sicherheit. Michael Depenbrock stellt fest: Rückgang von Straftaten in Dortmund seit 2014 von 30 Prozent. Ergo: Was Angst macht, davon gibt es weniger. Dennoch: die Menschen fühlen was anderes. Wie das? Was stimmt da nicht?

„Eine der schwierigsten Fragen“, konzediert der Innenminister. Trotz deutlicher Rückgänge bei den meisten Straftatbereichen – scheint dies bei vielen Menschen nicht wirklich anzukommen. Vielleicht läuft da was schief bei der Vermittlung sozialer Wirklichkeit, gleichsam im gesellschaftlichen Informationssystem? Stichwort: Rechtspopulismus, Soziale Medien, Fakenews?

„Weil ich gar nicht genug davon haben kann“ – Forderung nach mehr Polizei in NRW

„Objektiv ist die Sicherheit viel besser geworden“, resümiert der ehemalige EU-Parlamentarier sowie Frontmann der deutschen Unionsabgeordneten in Brüssel. Und trotzdem sei da ein Gefühl von: „Man kann nicht über die Straße gehen, es ist nicht sicher.“ Dagegen helfen seiner Meinung nach nicht viele Reden, sondern der Schlüssel sei das „eigene Erleben“ vom Gegenteil: „Wir müssen beweisen, dass das so ist.“

Daher sei polizeiliche Präsenz auf der Straße so wichtig. Deshalb braucht es auch mehr Beamt*innen. „Weil ich gar nicht genug davon haben kann“, antwortet er auf die Frage vom Parteifreund Depenbrock, warum er denn empfehle, den Beruf des Polizisten zu ergreifen.

Da hat sich in NRW inzwischen was getan: 2.600 Neueinstellungen, die jetzt eine dreijährige Ausbildung absolvieren würden. Von einer massiven Erhöhung der Zahlen ist die Rede: etwa 10.000 Leute mehr seien es, die aufs Ganze in die Ausbildung gebracht worden seien. Bei ungefähr 11.000 Bewerbungen jährlich. Reul ist stolz.

Herbert Reul: „Es wird nie so etwas geben wie 100 Prozent Sicherheit“

Sein zentraler Punkt zum Fehlen von Sicherheit in den Augen der Bürger*innen: es braucht Zeit. Das Gefühl, das sei gewachsen, „weil es die Lage ja gab“, steuert er zielsicher auf die erwünschte Wahrnehmbarkeit von Pluspunkten seiner vierjährigen Regentschaft in NRW zu. „Wenn man das in der Sache verändert hat oder Stück für Stück verbessert, dann braucht es auch ’ne Zeit, bis die Leute auch das Gefühl übernehmen und sagen: „Ja, ist ok‘.“

Doch schränkt gleich ein: „Es wird nie so etwas geben wie 100 Prozent Sicherheit.“ Eine Bombe hier bei der Veranstaltung – und das war’s, sagt er umgeben von Sicherheitsbeamten, die ihm zwischenzeitlich beim Imbiss bis in die Fritten-Bude am Phoenix-See gefolgt waren, um ihn vor grausigen Eventualitäten zu schützen.

Da ist ein Polit-Profi am Werk, der vordergründige Plausibilitäten in politische Forderungen zu übersetzen vermag: Da sei eben auch Vorfeldarbeit vonnöten, so Reul: Verfassungsschutz, Informationsgewinnung, wer was plant – so eben. Wohinter Fragen des Abbaus von Grundrechten locker verschwinden können. Zusammengefasst: In Deutschland, in NRW, da gäbe es „noch verdammt viele Baustellen, wo die Sicherheit nicht so gut ist, wie sie sein müsste“, betont er.

Und es ward Licht: Vom Zusammenhang zwischen Kriminalität und Beleuchtung

Herbert Reul mit CDU-Bundestagskandidat Michael Depenbrock in der „Frittenküche“

Ob er seine Töchter (nicht seine Enkelkinder) abends allein auf die Straße gehen lassen würde? – Jeder erfahrene Vater weiß, was jetzt kommt: „Die Frage brauch‘ ich gar nicht zu beantworten: Die fragen mich nicht!“ Lacht: „Die machen’s, ist auch gut so.“

„Düster und dunkel“ gefällt ihm jedenfalls nicht; „Lampen und Licht, ist wichtig“, als Beitrag zu Sicherheit, obwohl Energieverschwendung ein Thema sei. „Dunkel ist immer bedrohlich.“ Sollte man dann nicht eigentlich auch gleich „B“ sagen und alles mit Kameras überwachen? Zumindest auf der Münsterstraße in der Dortmunder Nordstadt polarisieren die Dinger gerade (wir berichteten). Weil Menschen dadurch ihre Freiheit eingeschränkt sehen. Ist aber hier nicht Gegenstand der Diskussion.

Eher schon die Sache mit der Sauberkeit – für Reul ein „starkes Argument“. Zitiert eine Umfrage: Sicherheitsgefühle machten „die Leute nicht fest an Mord und Totschlag“. Sondern „an Unordnung und Dreck, an Unübersichtlichkeit, an solchen Kriterien.“ Weiß daher: „Eine Stadt, die sauber ist, die strahlt auch Sicherheit aus.“ Ergo: Ordnung, Sauberkeit bedingt ein Sicherheitsgefühl. Woraus folgte: Wo sich Menschen unsicher fühlen, ist so was wie Dreck. Aha.

Präferenz eines weiterhin bestehenden dezentralen Systems von Katastrophenschutz

Neben diesen eher ideologisch geprägten Narrativen gibt es den Blick auf eine bittere Realität: die Bilder von den jüngsten Katastrophen. Die Frage steht im Raum, abgesehen davon, dass hier ein schreckliches Unglück passiert ist: Was hätte verhindert, besser gemacht werden können?

Reul, nicht selbst für den Hochwasserschutz zuständig, gibt grundsätzlich zu erkennen: „Ich glaube, wir haben gelernt, dass wir sorgfältiger planen müssen, wo wir bauen, wie wir bauen, wie wir Flüsse laufen lassen.“

Im Falle einer Katastrophe, da ginge es einerseits darum, rechtzeitig zu warnen, andererseits um Hilfe zur Schadensvermeidung. Würden Warnungen des deutschen Wetterdienstes ausgesprochen, dann müsste jede Stadt, jeder Kreis darüber entscheiden, ob gewarnt wird oder nicht. „Das ist auch klug so.“ Denn Kenntnisse über die neuralgischen Punkte, die gäbe es eben vor Ort. „Ich bin immer noch Anhänger des dezentralen Systems von Katastrophenschutz.“

Alle, einschließlich der Politiker*innen, hätten die Gefahr von Katastrophen nicht mehr ernst genommen. „Wir haben immer geglaubt, das passiert woanders“, getreu dem Kölner Motto: „Et hätt noch immer jot jejange“. Spricht von einer Verdrängungshaltung. Gefahren müssten demgegenüber ernster genommen, realistischer eingeschätzt werden, mahnt Reul.

Hochwasser- und Katastrophenschutz in NRW, oder: ver(w)irrte Omas im Keller

Der gebürtige Rheinländer vergisst seine eigene Leistung freilich nicht: 2018 habe er wieder angefangen, Sirenen aufzubauen, einen Warntag eingeführt. Sieht darin eine der sichersten Methoden, um Leute zu erreichen. Klar die nerven, sind laut. Das Problem: „Weiß noch jeder, was der jeweilige Ton bedeutet?“ Müsste es nicht ein neues Signal für Hochwasser geben?

Eine Metapher, die Reul an diesem Tag in Dortmund-Hörde mehrfach strapaziert: die der Oma, die beim Klang der Sirene in den Keller geht – ein bei Hochwasser ersichtlich ungünstiges Verhalten.

Es bräuchte Investitionen in Sirenen, denn davon gäbe es nicht genug; in manchen Städten gar keine. Da müsste auch geübt werden. Könnte sich auch vorstellen, Kindern und Jugendlichen in Schulen zu vermitteln: „Was ist das für ein Ton?“

Die Chancen in der Katastrophe: vom potentiellen Wachsen in Krisenzeiten

„Krisen sind fürchterlich, Katastrophen sind fürchterlich, aber Krisen bieten einem auch Chancen. Sie bieten immer Chancen, was Neues, was Besseres zu machen“, das ist die andere Seite der Medaille für Herbert Reul. Und wurde überrascht: von einer Kultur des Helfens in Deutschland.

„Sensationell“, wiederholt er mehrfach. Das müsse bewahrt werden. Allein aus den Bereichen Katastrophenschutz, Feuerwehr, Rotes Kreuz, Johanniter etc. seien in NRW jeden Tag 22.000 Leute nach der Flut im Einsatz gewesen. Hinzu seien die vielen freiwilligen Helfer gekommen. All diese Dinge könnten nicht zentral organisiert werden.

Parallel müsse der Staat helfen – und das hätte der getan: eine Soforthilfe, wie ein Handgeld, unbürokratisch, eine Meldeadresse in einem betroffenen Gebiet reicht. Eben für das Allernötigste. Zweiter Punkt: systematische Finanzierung von Aufbauhilfen, weil viele Leute nicht versichert gewesen seien. Hier wolle Berlin, die EU helfen; gegenwärtig seien sie dabei, das Volumen in Euro zu eruieren.

Raser und Poser in Dortmund: Kontrolldruck, Verdrängung und ein langer Atem

Druck auf die einschlägige Szene in Dortmund, Januar diesen Jahres. Foto: Karsten Wickern

Parteifreund Depenbrock hat noch Dortmunder Themen im Ärmel. Ein wiederholt diskutiertes Problem, nicht zuletzt rund um den Phoenix-See – die Poser- und zusätzlich am Wall: die Raser-Szene. Ja, es gibt einen verschärften Kontrolldruck, stellt er fest. Aber: Im Grunde führe das immer nur zu Verdrängungseffekten. „Wie kriegen wir das Problem vielleicht in Gesamt-Nordrhein-Westfalen in den Griff?“

Herbert Reul möchte kein Blatt vor den Mund nehmen: „Alle Probleme, die ich kennengelernt habe zum Thema ,Innere Sicherheit‘, die kann man nicht mit einem Schlag lösen. Das ist Quatsch. Wer das sagt, der lügt, das geht gar nicht, viel zu kompliziert.“ Was in Dortmund die Polizei mache, in Sachen Raser- und Poserszene, das findet er gut.

Seine verallgemeinerte Strategie: „Kontrollieren, Ärger machen, Aufpassen“. Knöllchen, Knipsen, mal was Stilllegen – dann ließe „die Lust ein wenig nach“. „Ich glaube, die beste Methode bei Regelverstößen ist, permanent zeigen, dass man das nicht zulässt, Punkt, Aus!“ Sodann: Alle rechtlichen Mittel nutzen, „die man hat – und die sind gar nicht so knapp“. Und wenn es zur Verdrängung käme, dann müsse man dort eben auch hin. „Wenn einer ’ne bessere Lösung hat: sagen. Den stell‘ ich sofort ein“, lobt er eine potentielle Stelle für Kreative aus.

Clan-Kriminalität: „Ich kann Ihnen aus der Szene berichten: die sind richtig stinkesauer“

Entsprechendes Vorgehen in einem anderen Brennpunkt, nicht ohne dass parteipolitische Spitzen fehlten: „Das Clan-Problem“ hat sich 30 Jahre lang entwickelt“, stellt er fest. Aber 2017 – also mit der schwarz-gelben Koalition in NRW – habe man im Grunde erst damit angefangen, ihm zu begegnen.

Da könne niemand erwarten, dies sich dies von heute auf morgen erledigen könne. Da seien eigene Strukturen entstanden, die Politik hatte eben „nicht den Arsch in der Hose gehabt – Entschuldigung –, dagegen vorzugehen“. Wegen der Sorge, in Diskriminierungsverdacht zu geraten. Damit ist jetzt Schluss. Also: langer Atem, Nadelstiche, Razzien, das ganze Programm. „Ich kann Ihnen aus der Szene berichten, die sind richtig stinkesauer.“

Das Zweite sei dann: Langfristig ermitteln: Wo das Geld hinflösse, gewaschen würde etc. Jetzt ginge es an die Großen, nicht alle sofort, aber es ginge voran. „Man darf nur nicht aufhören.“

Und dann gäbe es eine dritte Säule: Ausstiegsmodelle, insbesondere gerichtet an junge Leute, Frauen. Um „Alternativen aufzubauen, wie sie Karriere machen können“. Etwas mickrig noch: 26 seien es in solchen Programmen gegenwärtig im ganzen Ruhrgebiet. „Das ist natürlich nix, aber mehr als keine“: Besser einen Fuß in der Tür als vor der Tür. Zu glauben, es könne mal eben alles weggeräumt werden, hält er für „dummes Gequatsche“.

Klare Ansage: Regeln gelten für alle – „das ist das Unangenehme“

Irgendwann ist da der Law and Order-Minister. „Regelverstöße“ – die gehen gar nicht. Gleich, ob beim Falsch-Parken oder dubiosen Geschäften. Was als Gesetz gilt, das gälte eben für alle, jeden Einzelnen. Oder gar nicht. Und nun beginnen durchaus hinterfragbare Analogismen.

Demonstration in der Dortmunder City gegen die Abholzung des Hambacher Forst. Foto: Klaus Hartmann

Als die Rechten durch Dortmund marschierten, die Polizei einschritt, sagt Reul: „Die Presse hat gejubelt“. Doch beim Hambacher Forst – „Regelverstoß“, Polizei: „Da habe ich plötzlich Protestbriefe gekriegt“. Da ginge es doch um was Gutes. Hat er aber aus seiner legalistischen Sicht leider kein Verständnis für.

Regeln: die „machen gewählte Volksvertreter, die können sie jedes Mal abwählen“. Doch, solange es sie gibt, gälten sie eben für alle. „Und das ist das Unangenehme.“ Mahnt an, nicht zu lästern, ist jemand selbst betroffen, um die Rückendeckung für die Polizei in der Gesellschaft zu sichern. „Entweder, oder“.

Ob Hambacher Forst oder sonst was. Von wegen Polizisten mit Steinen bewerfen, fremdes Gelände besetzen, macht Reul die Grenzen seines gutmütigen Verständnisses klar. Immerhin gäbe es in diesem Staat „genug Möglichkeiten, für seine Interessen friedlich zu arbeiten und zu werben“.

Staat, Bürgerwehr und Anarchie: Ein Innenminister sägt nicht am Ast, auf dem er sitzt

Frage aus dem Publikum: „Bürgerwehr“, dass Bürger sich selbst organisieren – ? Ne, will er nicht, klar, weil’s sofort in äußerst trübes Fahrwasser führt, nämlich in das selbsternannter Ordnungshüter – von Rechtsaußen bis zur Scharia-Polizei –, die ihre privaten Vorstellungen von „Sicherheit“ der Allgemeinheit ungefragt und ggf. massiv antragen. Das käme in seinen Augen selbstverständlich einer Bankrotterklärung des Staates gleich.

„Begreifen kann ich das, aber es ist falsch.“ Es müsse ernst genommen werden, „weil es zeigt, dass wir ein Defizit haben“. „Darf nicht sein“, „eigentlich ein Armutszeugnis für den Staat“ – der sich darum kümmern müsse, „dass das nicht nötig ist“. Dafür müsse es genug Polizei geben, „die an den Brennpunkten ist“.

Der Minister untermauert seine Haltung mit einem kleinen staatsphilosophischen Exkurs: Warum überhaupt Staat? Die klassische Antwort: Homo homini lupus est – Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Meint: Lass uns ohne Gewaltmonopol von der Leine und es geht zur Sache. Es braucht schon ein bisserl rechtsförmige Strukturierungsmacht des sozialen Lebens, sonst wird das nichts, weil Menschen am Ende egoistisch, nicht altruistisch sind.

In seinen eigenen Worten sagt Herbert Reul: „Der Staat ist mal erfunden worden, weil die Bürger mal kapiert haben, wir brauchen da irgendjemanden, der uns gegen Feinde von Innen und Außen schützt, alleine schaffen wir es nicht. Wir brauchen einen, der dafür sorgt, dass es hier Regeln gibt, dass das Zusammenleben funktioniert. Weil, wenn jeder macht, was er will, gibt es Chaos.“

Kinderpornographie: Wenn es richtig widerlich wird – was tun?

Unstrittig jedenfalls: Pädophilie ist mit allen legalen Mitteln zu bekämpfen. Kinderpornographie hat sich in Dortmund vervierfacht, bei einer Aufklärungsquote von 95 Prozent. „Da sieht man, was da im Netz passiert und kriegt erstmal richtig ein Gefühl dafür, dass in einem modernen Industrieland wie Deutschland, Nordrhein-Westfalen oder von mir aus der westlichen Welt solche Schweinereien passieren, die Du Dir gar nicht vorstellen kannst.“

Nach Lüchte, das sei die Entscheidung gewesen: „Entweder kleinreden oder ran.“ Die Polizei in diesem Bereich sei verstärkt und in die digitale Infrastruktur investiert worden. Und das Mehr der Zahlen: erschreckend, aber auch ein Beweis, dass die beteiligten Polizist*innen einen „Super-Job“ machen, häufig junge Frauen. Ungeheure Hochachtung, „eine Kraftanstrengung“, „für das moralische Selbstbewusstsein der Gesellschaft von höchster Bedeutung“. Klare Worte.

„Das fängt an mit: Nicht mehr Weggucken.“ Und das habe nichts mit Denunziantentum zu tun. „Das ist Bürgerpflicht, das ist Verantwortung für die kleinen Kinder.“ Da ist Unfassbarkeit: „Man glaubt es nicht, dass das überhaupt geht, dass das Menschen überhaupt machen.“

Erschreckend: Es sind keine Einzelfälle, sondern ein „Riesenmarkt“. Und das Internet, eine an sich „wunderbare Einrichtung“ sei in diesem Bereich (als Medium) eben ein „Teufelszeug“, wo sich alles verstecken könne. Da gäbe es noch „ein paar Baustellen, die wir auch rechtlich ändern müssen“.

Also etwa am besten ein weiterer Ausbau der Vorratsdatenspeicherung? Sensible Themen aus dem Bereich der Schwerstkriminalität waren seit jeher Einfallstore für eine Politik der Salamitaktik beim Rückbau von Grundrechten. Hat auch was mit Populismus zu tun. Allein: Wahlen stehen an.

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  1. Land NRW begrenzt Hochwasserhilfe auf schwer betroffene Regionen (PM)

    Land NRW begrenzt Hochwasserhilfe auf schwer betroffene Regionen

    Das Land Nordrhein-Westfalen hat am 22.Juli 2021 verschiedene Soforthilfen für Bürger*innen und Wirtschaftsunternehmen sowie für besonders betroffene Kommunen in Höhe von 200 Millionen Euro beschlossen. Auch sollen Bundesleistungen in gleicher Höhe über die Länder bereitgestellt werden.

    Die entsprechenden Richtlinien auf Grundlage der einschlägigen Regelungen in der Landeshaushaltsordnung sehen Geldleistungen vor zur Milderung der entstandenen Schäden. Die Soforthilfe für Bürger*innen wird als Starthilfe gewährt, um bei akuten Notlagen (Zerstörung von Hab und Gut) eine erste finanzielle Überbrückung zu ermöglichen. Es geht dabei um existenzielle Notlagen, denen die betroffenen Menschen bei der Unterkunft oder in der Lebensführung ausgesetzt sind. Das Land hat klargestellt, dass es sich vorliegend um „Billigkeitsleistungen“ handelt, auf die kein Anspruch besteht und die im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel erbracht werden.

    Die Hilfe können Menschen erhalten, die ihren Wohnsitz in einer der betroffenen Regionen in den Regierungsbezirken Arnsberg, Düsseldorf oder Köln haben und durch das Unwetter Schäden erlitten haben. Um welche Kommunen es sich handelt ergibt sich aus der Anlage zwei zur Richtlinie über die Gewährung der Hilfsleistung. Dortmund zählt nicht zu den Kommunen, d. h., die in Rede stehenden finanziellen Nothilfen können von Dortmund Bürger*innen nicht beantragt bzw. können ihnen nicht bewilligt werden. Ebenfalls gibt es keinen Anspruch betroffener Bürger*innen oder Unternehmen gegen die Stadt Dortmund.

    Wenn Menschen nur über geringe Einkünfte verfügen oder bereits Sozialleistungen, beispielsweise Grundsicherung oder Sozialhilfe beziehen, besteht die Möglichkeit, sich an das Jobcenter Dortmund oder ans Sozialamt Dortmund zu wenden. Dort wird geprüft, ob eine Hilfe – etwa für einmalige Leistungen für Hausrat oder Bekleidung – möglich ist. Grundlage dieser möglichen Leistungen sind die Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs II. Buch bzw. des Sozialgesetzbuchs XII. Buch. Mögliche Leistungen sind natürlich abhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen.

    Wenn eine Beratung zu den Hilfsmöglichkeiten durch das Jobcenter Dortmund für erwerbstätige Haushalte oder Leistungsbeziehende gewünscht ist, ist dies unter der Rufnummer 0231 842 1177 möglich. Wenn ein persönlicher Ansprechpartner gewünscht wird, kann die Kontaktaufnahme auch über die Internetseite http://www.jobcenterdortmund.de erfolgen.

    Wird eine Beratung zu Hilfsmöglichkeiten über die Sozialhilfe gewünscht, erfolgt die Kontaktaufnahme unter der Rufnummer 0231 50-25203. Es kann auch eine E-Mail an sozialamt502@stadtdo.de geschickt werden.

    Die Antragsteller der bisher eingegangenen rund 30 Anträge, welche mit dem Antragsvordruck des Landes an das Sozialamt geschickt wurden, werden in Kürze eine leider negative Antwort erhalten. In den Fällen von Sozialleistungsbezug sind die entsprechenden Einzelfallprüfungen bereits eingeleitet bzw. bearbeitet.

    Die Stadt Dortmund bittet um Verständnis dafür, dass jenseits der beschriebenen Möglichkeiten keine Landessoforthilfe bewilligt werden kann.

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