Von Susanne Schulte
Dortmund ist immer gut für eine Geschichte, und die Nordstadt allemal. So reiste ein komplettes Filmteam für fast zwei Wochen an, um unter der Regie von Mo Jäger einen besonderen Abend im Leben einer Mädchenclique zu erzählen, die nach sechs Monaten zum ersten Mal wieder komplett ist.
Viel Arbeit, viel Begeisterung und keine Gage
Eine der vier Freundinnen saß ein halbes Jahr im Knast und wurde entlassen. Grund genug, richtig einen drauf zu machen und die Zeit Revue passieren zu lassen. Die Uraufführung des gut 30-minütigen Werks mit dem Arbeitstitel „Mädchengäng“ ist für Januar geplant – in Dortmund.
Wer den Film dann sehen will, muss wohl diese Gelegenheit nutzen. Ansonsten wird er wohl nur auf speziellen Kurzfilmfestivals gezeigt und auch mal spät abends im WDR.
Aber der große Erfolg beim großen Kinopublikum ist erst einmal nicht das, was die Regisseurin, die Schauspielerinnen und Schauspieler sowie der Rest des Teams anstreben.
Für Mo Jäger geht es um den Abschluss ihres Studiums an der Kunsthochschule für Medien in Köln, für die vier Hauptdarstellerinnen – das sind Yasemin Cetinkaya, Laura Maria Heid, Judith Neumann und Amelie Plaas-Link – geht es „um die interessante Story, das schöne Team und die tolle Arbeitsatmosphäre“.
Eine Gage gibt’s nicht, die Unterkunft zahlen alle aus dem privaten Portemonnaie. Dafür reicht das Geld, das die Filmstiftung NRW dazu tut, nicht. Aber ein wenig Ruhm bleibt immer hängen. So steigt die brancheninterne Bekanntheit. „Die Festivals werden sehr geschätzt“, sagen die Frauen.
Zwei der Schauspielerinnen sind gute Dortmund-Stadtführerinnen
Dass Dortmund, und hier die Nordstadt, zum Drehort wurde, freut besonders Yasemin Cetinkaya und Amelie Plaas-Link.
Beide sind hier geboren, beide haben Verwandte in der Stadt, beide zeigen ihren Kolleginnen begeistert die Plätze ihrer Kindheit und Jugend.
Dazu gehört auch der Nordmarkt, auf dem sich die fünf Frauen mit den Nordstadtbloggern treffen und den Kaffee, gekocht im rosaroten Kiosk, aus Plastikbechern schlürfen.
Auf der Bank in der Sonne erzählen sie vom Film von den Dreharbeiten und von sich.
Die Wahl auf Dortmund fiel in einem Zug
Der Groschen für die Filmgeschichte und die Wahl auf Dortmund fiel in einem Zug. Mo Jäger saß in einer Regionalbahn, im selben Wagen wie eine Mädchenclique.
Nach einer Schlägerei mit einer anderen Clique, unterhielten sich die jungen Frauen über den Streit und die Probleme, die sonst noch beschäftigten: über das zu fett sein und abgebrochene Fingernägel und Männer.
Mo Jäger schrieb fasziniert mit. Die Clique stieg in Dortmund aus, wurde am Bahnhof schon von Polizeibeamten erwartet. Freiheit, Freundschaft und Familienzugehörigkeit, die Wünsche, die das Erwachsenwerden bestimmen, bestimmen auch den Film.
Alle fühlen sich wie auf einer „Klassenfahrt mit Arbeit“
Und auch den Arbeitsalltag im Team. Die gesamt Crew, mehr als 20 Leute, wohnt noch bis zum Wochenende in der Pension an der Reinoldistraße in Zimmern mit Kochgelegenheit auf dem Flur.
Zentraler Treffpunkt ist auf der Treppe. Es habe was, und das finden sie alle gut „von einer Klassenfahrt mit Arbeit“.
Auch ein Grund, warum die Berufsschauspielerinnen, die alle Engagements an Theatern oder beim Fernsehen oder als Synchronsprecherin haben oder hatten, immer bereit sind, für Filme von Hochschulabsolventinnen unentgeltlich vor der Kamera zu stehen.
Zudem sind sie untereinander zum Teil seit Jahren befreundet oder mit FreundInnen der anderen befreundet.
Private Geschäftsleute fördern den Film mit Brot- und Kaffeespenden
Gedreht wurde auch in Bochum, Essen, Duisburg und vor der Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen.
Doch zwei Drittel der Arbeit konzentrierte sich auf Dortmund, auf die Stadt, die auch die, die sie nicht kannten, jetzt mögen.
Vor allem die Hilfsbereitschaft und Unterstützung von privaten Geschäftsleuten machte sie platt. An der Theke der Bäckerei Vielhaber im Karstadt-Haus hat das Filmteam freie und kostenlose Auswahl von Brot, Brötchen und Teilchen.
Die Kaffeerösterei Schirmer spendiert die nötigen Pakete Kaffee und der „Türkische Kulturverein, Herr Yildirim, hat uns wahnsinnig unterstützt mit seinen Kontakten“, würdigt Mo Jäger dessen Einsatz.