Holocaust-Gedenktag in Dortmund: Mit der Gedenkbahn Erinnerung in den Alltag der Menschen bringen

Eine besondere Bahn für einen besonderen Tag fuhr zwischen Dorstfeld und Marten. Fotos: Karten Wickern
Eine besondere Bahn für einen besonderen Tag fuhr zwischen Dorstfeld und Marten. Fotos: Karten Wickern

 

Eine neue Form des Gedenkens ist das, was am Sonntagmittag in Dortmund-Dorstfeld startete. Eine mit Bannern beklebte Stadtbahn der DSW21, die als Gedenkbahn zwischen Dorstfeld und Wambel fuhr. In der Bahn – kreative Gedenkbeiträge und Musik. Initiiert wurde die Aktion vom Dortmunder Jugendring anlässlich des Holocaust-Gedenktages. Mehr als 200 Menschen nahmen an der Gedenkveranstaltung teil.

Bahn-Gedenkaktion stößt auf großes Interesse: über 200 TeilnehmerInnen

Halt in Dortmund-Dorstfeld

Am 27. Januar 1945 befreiten sowjetische Soldaten das Vernichtungslager Auschwitz im besetzten Polen. Der 27. Januar wurde später zum zentralen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Auch in Dortmund wurde am Sonntag mit Gedenkaktionen an die Opfer gedacht. 

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Unter dem Motto „Gedenken Unterwegs“ fuhr eine Sonderbahn auf der Stadtbahnlinie U43. Und brachte das Gedenken so in den Alltag der DortmunderInnen. An den Haltestellen Wittener Straße, Kampstraße, Funkenburg und Pothecke konnten TeilnehmerInnen zusteigen. In der Bahn sorgte ein gemischtes Programm mit Lesungen, Berichten von Jugendlichen zur Erinnerungsarbeit und Musik für ein aktives Gedenken. 

Mit 50 TeilnehmerInnen ging die Fahrt in Dorstfeld los. Bei der Eröffnungsveranstaltung in Wambel stieg die Zahl dann auf über 200 TeilnehmerInnen an. Die Gedenkbahn – voll besetzt.

Neue Art des Erinnerns: Jugendlichen einen Impuls zum Erinnern geben

Die Art des Gedenkens lässt erkennen, dass die „Botschafterinnen der Erinnerung“ (BdE) und ihre Kooperationspartner hinter der Aktion stecken. Die BdE sind eine Gruppe von Jugendlichen im Jugendring. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, die Erinnerung an die Opfer der Nationalsozialisten wach zu halten. Gedenkaktionen wie diese, sollen das erreichen. 

„Wir Botschafter und Botschafterinnen der Erinnerung erinnern immer auf eine etwas andere Art und Weise. Wir machen spezielle Veranstaltung und gehen weg von Redebeiträgen. Wir wollen hin zum lebendigen Erinnern und möchten den Opfern ein Gesicht geben“, erklärt Fabian Karstens von den BdE.

Junge Leute kennten in der schnelllebigen Zeit oft nicht mehr den Moment des Innehalten. Gedenkveranstaltungen wie diese gäben einen Impuls zum Erinnern und brächten Jugendliche zum Gedenken, meint Karstens. Und das sei wichtig. „Es ist wichtig, weil wir die Verantwortung  dafür tragen, dass so etwas nie wieder passiert“, sagt er.

Mit der Bahn wollen die Organisatoren auch zum nachdenken anregen. „Über die Gesellschaft, in der wir leben wollen.“ Es sei wichtig, zu handeln und sich für Demokratie und Menschenrechte einzusetzen.

Lange: Auch heute wachsam bleiben – siehe Nationalismus, Rechtspopulismus, Rechtsextremismus

Auch der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange fuhr mit der Gedenkbahn. Die Gesellschaft sei in der Verantwortung, dabei mitzuhelfen, dass die Grundwerte unserer Verfassung eingehalten würden. „Nie wieder dürfen Menschen in unserem Land diskriminiert werden, weil sie z.B. eine bestimmte Religion haben, einer bestimmten ethnischen Minderheit angehören, oder weil sie homosexuell sind, oder weil sie eine körperliche oder geistige Behinderung haben“, so Lange.

Deshalb sei die Veranstaltung des Dortmunder Jugendrings ein wichtiger Beitrag. „Unsere gemeinsame Fahrt in der Gedenkbahn mit jungen Menschen und Künstlern ist ein öffentlich sichtbares Zeichen, dass wir zusammen für unsere weltoffene Demokratie und gegen Hass und Ausgrenzung, gegen Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus eintreten.“

Dass es darauf ankomme, auch heute wachsam zu bleiben, zeige ein auch in Deutschland wieder aufkeimender Nationalismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Die Dortmunder Rechtsextremisten seien eine kleine, aber gefährliche Minderheit, die die Verbrechen des Nationalsozialismus nicht nur leugnete, sondern den NS-Staat sogar glorifiziere. Dagegen müssten Staat und Gesellschaft gemeinsam vorgehen.

Seit dem Jahr 2015 gibt es bei der Dortmunder Polizei ein Erinnerungsprojekt. Dabei treffen sich junge PolizeibeamtInnen oft auch mit Jugendlichen der BdE. Gemeinsam haben sie auch schon Gedenkstätten wie die Wewelsburg besucht.

Am Rande der Veranstaltung zeigten Rechtsextreme ein antisemitisches Banner und riefen Parolen. Sie erhielten Platzverweise. Die Polizei erstellte Anzeigen und stellte das Banner sicher.

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Reaktionen

  1. Bündnis Dortmund gegen Rechts

    „Sage nie Du gehst den letzten Weg“
    Unter dieses Motto hatten das Bündnis Dortmund gegen Rechts und die VVN/BdA ihr diesjähriges Gedenken an die Befreiung des KZ und Vernichtungslagers Auschwitz/Birkenau durch die Rote Armee gestellt und luden zu einem antifaschistischen Gang auf dem jüdischen Teil des Ostfriedhofs ein.
    Die Kapelle auf dem Ostfriedhof fasste kaum die über 100 Besucher/innen, die dort mit Liedern aus dem jüdischen Widerstand und einleitenden Worten von Ula Richter empfangen wurden. Das ungeheure, fabrikmäßig betriebene Morden, das Ausbeuten der letzten Arbeitskraft der Geschundenen durch die Großkonzerne, die ihre Arbeitslager rund um Auschwitz angesiedelt hatten, aber auch der Widerstand in der Nacht des Faschismus und die Befreiung durch die Rote Armee, deren Land die Niederringung des Faschismus mit über 20 Millionen Toten bezahlen mussten, wurde angesprochen.
    In der Birkenallee, die auf das Mahnmal der jüdischen Gemeinde für die Dortmunder Opfer der Shoa führt, wies Helmut Manz darauf hin, dass dieser alte jüdische Friedhofsteil so gut in Hecken und Gehölzen versteckt war, dass er der Zerstörungswut der Nazis entging.
    Am Mahnmal erklangen in großer Stille die „Todesfuge“ von Paul Celan, gesprochen von Andreas Weißert, und das Totengebet, vorgetragen vom Kantor der Jüdischen Kultusgemeinde.
    Tief beeindruckt wurden Rosen am Mahnmal abgelegt, bevor es zum musikalischen und kulturellen Abschluss zurück in die Kapelle ging. Ergreifend die jiddischen Lieder, vorgetragen von Eva Weber und Peter Sturm, und aufrüttelnd die Rede von Schauspieler Andreas Weißert.

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