Der Plan von NRW-Umweltminister Johannes Remmel, „unvermeidliche“ Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge einzuführen, wenn die Bundesregierung nicht innerhalb eines Jahres eine Lösung für die erhöhte Stickstoffdioxid-Belastung auf dem Tisch habe, ist beim Dortmunder Handwerk auf Kopfschütteln gestoßen.
Kritik: Handwerker haben bereits 2013 wegen der Pflicht der grünen Plakette investiert
„Einerseits verkündet Herr Remmel wählerfreundlich, er sei gegen Fahrverbote“, so Kreishandwerksmeister Dipl.-Ing. Christian Sprenger, „ andererseits konfrontiert er alle Beteiligten mit völlig undurchführbaren Forderungen und setzt ein Ultimatum von einem Jahr.“ Der von Remmel geforderte Ausgleichsfonds der Autohersteller in Höhe von 15 Milliarden Euro sei bis dahin ebenso utopisch wie Durchfahrverbote auf stadtnahen Autobahnen oder die Umrüstung kompletter Firmen-Fuhrparke.
Das Handwerk in Dortmund habe bereits 2013 mit Einführung der grünen Plakette investiert und viele Diesel-Fahrzeuge neu angeschafft. „Die waren damals umweltfreundlich und sparsam und sind heute noch nicht einmal aus dem Leasing oder der Abschreibung“, so Sprenger.
Für erneute Neuanschaffungen gebe es weder das Geld noch eine technische Alternative an geeigneten Fahrzeugen. Und eine Nachrüstung bestehender Dieselfahrzeuge belaste gerade kleine und mittlere Handwerksbetriebe. Sie sei ohne Investitionshilfen unzumutbar. Andernfalls könnte die Last am Ende der Verbraucher tragen, denn die Betriebe müssten ihre Belastungen wirtschaftlich weiterreichen.
„Praktisch umsetzbare Lösungen im Wahlkampf statt populistischer Maximalforderungen“
Und selbst dann, so Sprenger, gebe es berechtigte Zweifel, dass die Umrüstung aller privaten und gewerblichen Dieselfahrzeuge vom Kfz-Handwerk in annehmbarer Zeit realisierbar sei. „Wir brauchen Lösungen mit Augenmaß – Fahrverbote für Diesel sind auch in einem Jahr noch nicht umsetzbar“, so der Kreishandwerksmeister.
„Wenn das Fahrverbot kommt, brauchen wir Übergangsregelungen für Handwerks-Fahrzeuge. Stellen Sie sich vor, wie die Versorgung der Innenstädte funktionieren soll, wenn unsere Fahrzeuge dort nicht mehr hineinfahren dürfen. Selbst Fahrverbote auf stadtnahen Autobahnen sind bei uns im Ruhrgebiet undenkbar.“
Christian Sprenger macht aber auch deutlich, dass das Handwerk umweltfreundlichen Lösungen nicht im Wege steht. „Wir sind Vorreiter bei der Nutzung und Umsetzung umweltfreundlicher Technologien – auch im Sinne unserer Kunden“, versichert er.
„Was wir brauchen sind auch im Wahlkampf praktisch umsetzbare Lösungen und keine populistischen Maximalforderungen. Aus unserer Sicht kann nur ein Gesamtpaket mit besserer Verkehrslenkung, ÖPNV-Ausbau, Schadstoffreduzierung an allen Emissionsquellen und guten Rahmenbedingungen für die Modernisierung der Fahrzeugflotten mittelfristig zur Einhaltung der Grenzwerte beitragen.“
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Philipp Matern
Die Handwerkskammer hat das falsch verstanden: Die Landesregierung warnt vor gerichtlich angeordneten Fahrverboten für Dieselfahrzeuge, die sie dann umsetzen wird müssen auch ohne es zu wollen. Diese könnten kurzfristig kommen. Dagegen werden Maßnahmen vorgeschlagen. Herr Remmel setzt also niemandem ein Ultimatum, es ist eher das Gegenteil der Fall, er versucht sich an den hier geforderten, pragmatischen Lösungen.
Kreishandwerkerschaft
Offenes Ohr für die Anliegen des Handwerks
Themen der Landes- und Bundespolitik standen im Mittelpunkt eines offenen Gedankenaustauschs zu dem die Kreishandwerkerschaft Dortmund und Lünen den handwerkspolitischen Sprecher der FDP-Landtagsfraktion Ralph Bombis MdL eingeladen hatte. Kreishandwerksmeister Dipl.-Ing. Christian Sprenger und Hauptgeschäftsführer Ass. Joachim Susewind begrüßten den Gast sehr herzlich in den Räumen der Kreishandwerkerschaft an der Langen Reihe in Dortmund-Körne.
Vor Innungsgeschäftsführern und Obermeistern stellte Ralph Bombis anschließend in einem Impuls-Referat die Arbeit der Enquetekommission VI des Landtags NRW „Zukunft von Handwerk und Mittelstand in Nordrhein-Westfalen gestalten“ vor, die im März die Ergebnisse ihrer knapp zweijährigen Arbeit präsentiert hatte. Als ehemaliger Vorsitzender der Enquetekommission erläuterte Bombis die wichtigsten Schwerpunkte der insgesamt 171 Handlungsempfehlungen der Kommission: Digitalisierung und Infrastruktur, Wettbewerbsbedingungen und Bürokratie sowie Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung.
„Ich glaube, dass die Arbeit jetzt erst anfängt“, so der FDP-Politiker. Es müsse ein neues Bewusstsein für das Handwerk als Grundlage oder Alternative einer akademischen Karriere geschaffen werden, um den künftigen Fachkräfte- und Nachfolgebedarf im Handwerk abdecken zu können. „Der Meister als Kernkompetenz ist dafür eine wichtige Voraussetzung“, so Bombis. „Die Enquetekommission hat sich fraktionsübergreifend klar zum Meisterbrief bekannt.“
Einen Stab für das Handwerk brach der Politiker auch bei der Digitalisierung. Es müsse in den politischen Diskussionen in NRW nicht nur um „Industrie 4.0“, sondern auch um „Handwerk 4.0“ gehen. Bestehende Lücken bei der Digitalisierung müssten, gerade auch im Vergleich zum Ausland, dringend geschlossen werden. In Bezug auf die Aus- und Weiterbildung bekannte sich Bombis klar zum Dualen System. Es müsse eine stärkere – auch finanzielle – Gleichbehandlung der Bildungseinrichtungen des Handwerks geben, um die berufliche Ausbildung zu stärken.
Bei der anschließenden Diskussion zeigte sich Ralph Bombis als Mitglied des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk offen für die drängenden Anliegen des Handwerks. So plädierte er dafür, das Tariftreue- und Vergabegesetz ebenso abzuschaffen wie das Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz (sog. „Hygiene-Ampel“), da beide keinerlei positive Wirkung hätten und das Handwerk massiv belasteten.
Die aktuelle Diskussion um Dieselfahrverbote, die von den anwesenden Zuhörern sehr emotional vorgetragen wurde, halte er – so Bombis – für eine „Gespenster-Diskussion“, die versachlicht werden müsse: „Die Diesel-Auseinandersetzung muss in den Gesamtkontext eingebunden werden – ich werde mich dafür einsetzen, dass es Ausnahmeregelungen für handwerklich genutzte Fahrzeuge gibt.“
Anliegen auch im Gepäck für Berlin
In Bezug auf die von den anwesenden Obermeistern beklagte ausufernde Bürokratie sprach Bombis sich für die Schaffung eines Normenkontrollgesetzes auf Landesebene aus. „Das Maß der Erträglichkeit ist erreicht“, so der FDP-Sprecher. Gleichzeitig forderte er die anwesenden Vertreter des Handwerks auf, sich selbst für die Empfehlungen der Enquetekommission stark zu machen und den Druck auf Politiker zu erhöhen, um die Empfehlungen zur Umsetzung zu bringen. In Richtung Landtags- und Bundestagswahl versprach er abschließend: „Wenn ich erneut in den Landtag gewählt werde, dann werde ich mich für die Umsetzung der Kommissions-Empfehlungen im Sinne des Handwerks einsetzen und ich weiß, dass auch Christian Lindner die Empfehlungen mit in den Bundestags-Wahlkampf nach Berlin nimmt.“
Kreishandwerkerschaft
Kreishandwerkerschaften erinnern gemeinsam an Wahlversprechen
Kreishandwerkerschaft Dortmund und Lünen schreibt neu gewählten Politikern gemeinsam mit der Kreishandwerkerschaft Hagen wichtige Themen ins Aufgabenheft / Erinnerung an die Wahlversprechen vor den jetzt anstehenden Sondierungsgesprächen
Vor dem Hintergrund der jetzt anstehenden Sondierungsgespräche zur Regierungsbildung in Düsseldorf erinnert die Kreishandwerkerschaft Dortmund und Lünen gemeinsam mit der Kreishandwerkerschaft Hagen die Politiker der Region daran, die im Wahlkampf gegebenen Versprechen nicht aus den Augen zu verlieren. „Das Handwerk setzt darauf, dass die von den Parteien gemachten Aussagen jetzt auch eingehalten werden“, so der Dortmunder Kreishandwerksmeister Dipl.-Ing. Christian Sprenger.
„Wir haben im Wahlkampf von allen demokratischen Parteien deutlich positive Signale `pro Handwerk´ bekommen bis zu Zusagen für Gesetzesänderungen.“ „Es ist nur konsequent, wenn die konkrete Umsetzung der angekündigten Initiativen jetzt auch auf die Tagesordnung der Sondierungsgespräche kommt“, ergänzt Hagens Kreishandwerksmeister Joachim Beinhold. „Wer viel zusagt, muss auch viel liefern.“ Beide Kreishandwerkerschaften hatten bei einem Meinungsaustausch Anfang der Woche die Ergebnisse der Wahlen erörtert und ihre Erwartungen nochmals deutlich formuliert.
Vier wichtige Anliegen des Handwerks
Im Vordergrund stehen für die Kreishandwerkerschaften vier Anliegen: der Abbau der Bürokratie, die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, der Ausbau schneller Internetverbindungen und die Stärkung des Meisterbriefs. Besonders am Herzen liegt beiden Handwerksorganisationen der Abbau bürokratischer Hürden. „Hohe Auflagen bei den Dokumentationspflichten nach dem Mindestlohngesetz machen den Betrieben das Leben ebenso schwer wie überzogene Umweltauflagen, die Gewerbeabfallversorgungsverordnung und Hygiene-Prüfungen“, so Christian Sprenger. „Die sogenannte `Hygieneampel´, das umstrittene `Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz´ des grünen Umweltministers Johannes Remmel kann so nicht bleiben“, erinnert Joachim Beinhold. „In ihrem Wahlprogramm hatten sich sowohl CDU als auch FDP für schnellere Genehmigungsverfahren und den Abbau von bürokratischen Hürden wie der `Hygieneampel´ und dem Tariftreue- und Vergabegesetz ausgesprochen. Das muss jetzt auf die Tagesordnung.“
Handwerkskammer Do
„E-Mobility sollte nicht im Hau-Ruck-Verfahren erzwungen werden“: Vize-Präsidentin Kerstin Feix für geringere Anschaffungskosten, größere Reichweiten und flächendeckende Schnelllade-Infrastruktur
„Elektromobilität ist noch nicht wirklich alltagstauglich. Die Anschaffungspreise für E-Autos sind deutlich höher als die für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren. Auch ist die Reichweite zu gering. Und es fehlt an einer flächendeckenden Schnelllade-Infrastruktur. Da bringen Anreize zum Kauf kaum den gewünschten Effekt – jedenfalls nicht, wenn die Förderung das Mehr an Kosten nicht ausgleicht.“ Vize- Präsidentin Kerstin Feix von der Handwerkskammer (HWK) Dortmund sieht darin die drei Hauptgründe für die schleppende Nachfrage nach der E-Auto-Prämie.
Bis Ende Juni wurden laut Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) deutschlandweit nur 23 024 Anträge auf den Zuschuss gestellt – für insgesamt 300.000 wären aber Fördergelder da gewesen. Feix: „Ein grundlegender Umschwung sollte nicht im Hau- Ruck-Verfahren erzwungen werden. Um eine echte Alternative zu sein, brauchen die neuen Technologien ein solides Fundament. Und Zeit.“
Die 50-jährige Unternehmerin aus Bochum, Inhaberin des Autohauses Feix mit Standorten in Bochum und Witten und ca. 100 Mitarbeitern, plädierte für einen behutsamen Übergang zu alternativen Antrieben anstelle eines aufgezwungenen Schnellwandels. „Ein schneller Wandel bei gleichzeitiger Demontage der Diesel-Fahrzeuge kann für die KFZ- Branche nicht gewollt sein.“