Von Alexander Völkel
„Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört“, sagte einst der frühere Bundeskanzler Willy Brandt mit Blick auf die sich anbahnende Deutsche Einheit. Ganz soweit würden die Aktiven der IG Metall in Dortmund und der IGM Bochum-Herne nicht gehen. Doch zusammenpassen würden die beiden Geschäftsstellen schon sehr gut: „Strukturen, Mentalität und Menschen passen zusammen“, findet Ulrike Kletezka, 2. Bevollmächtigte in Dortmund.
Hans Jürgen Meier: „Es ist keine Fusion von zweien, denen es schlecht geht“
Gemeinsam mit ihren KollegInnen arbeitet sie seit zwei Jahren mit an der Zusammenarbeit der beiden Geschäftsstellen. Für beide Seiten ist klar, dass eine Kooperation und auch später eine Fusion keine Notlösung ist.
„Wir müssten es nicht. Aber wir wissen, dass es in zehn bis zwölf Jahren für jeden allein schwieriger würde“, erklärt Eva Kerkemeier, 1. Bevollmächtigte der IGM Bochum-Herne. „Es ist keine Fusion von zweien, denen es schlecht geht“, ergänzt ihr Dortmunder Gegenüber, Hans Jürgen Meier.
Beide Geschäftsstellen sind finanziell solide ausgestattet. Durch das vorhandene Vermögen wäre es zum jetzigen Zeitpunkt nicht zwingend notwendig, eine Kooperation oder Fusion voranzutreiben. Trotzdem halten es beide Ortsvorstände für sinnvoll, jetzt schon eine Kooperation zu beginnen.
„In einer finanziell noch starken Situation kann man sich den Kooperationspartner aussuchen und sich ausreichend Zeit für die Gestaltung des Kooperationsweges nehmen“, so Kerkemeier. Dies erschien den handelnden KollegInnen sinnvoller zu sein, damit die Gestaltung der Kooperation weder unter Handlungs- noch unter Zeitdruck geplant und durchgeführt werden muss.
Volker Strehl: „Wir haben fast identische Strukturen. Und die Chemie zwischen uns stimmt“
Nun finden zwei Geschäftsstellen frühzeitig und freiwillig zusammen, um sich noch besser aufzustellen: „Wir haben fast identische Strukturen – beim industriellen Raum, der Mitgliederentwicklung und der Demographie“, zeigt Volker Strehl, bisher zweiter Mann in Bochum-Herne, auf.
Selbst die Altersstruktur in den beiden Geschäftsstellen – bei den politischen SekretärInnen wie auch im Verwaltungsbereich – passt gut zusammen. Bochum-Herne ist jünger bei den SekretärInnen, Dortmund bei der Verwaltung. „Und die Chemie zwischen uns stimmt“, betont Strehl.
„Wir sind gut aufgestellt, werden aber perspektivisch weniger“, sagt Meier. Er ist einer derjenigen, „die weniger werden“. Im kommenden Sommer wird Hans Jürgen Meier in die Passivphase seiner Altersteilzeit gehen. Keine Überraschung für die Mitglieder: Bereits bei der Organisationswahl 2016 hatte er angekündigt, in der Mitte der Amtszeit auszuscheiden. Dann soll die Kooperation, die bisher mehr auf einer inoffiziellen Ebene stattfindet, formal „scharf gestellt“ werden.
Geplant ist eine „Überkreuz-Geschäftsführung“: Ulrike Kletezka soll dann Meiers Aufgabe in Dortmund übernehmen. Die bisherigen 2. Bevollmächtigten sollen sich gegenseitig vertreten bzw. ergänzen. Volker Strehl aus Bochum könnte dann in Dortmund 2. Bevollmächtigter werden – im Gegenzug dazu Kletezka in Bochum-Herne Vize. Sie wäre zudem Kassiererin in Dortmund. Strehl, bisher Vize in Bochum-Herne, wäre dann dort „nur noch“ Kassierer. Dieser Personalvorschlag der Ortsvorstände soll den beiden Delegiertenversammlungen dann vorgelegt werden.
Eva Kerkemeier: „Das ist keine Stresssituation und auch nicht alternativlos“
„Hier schieben sich passende Bausteine zusammen. Das ist keine Stresssituation und auch nicht alternativlos“, erklärt Eva Kerkemeier. Im Jahr 2020 – dann stehen ohnehin Organisationswahlen an – soll die Fusion folgen. So sieht es der Fahrplan vor.
Bereits jetzt unterstützen sich die beiden Geschäftsstellen. „Die praktische Arbeit läuft auch jetzt schon ohne formal geregelte Zusammenarbeit“, sagt Meier. So hat Dortmund mit Ulrich Stadtler einen Volljuristen als Rechtsberater unter den Sekretären, der schon jetzt auch den KollegInnen in Bochum mit juristischem Rat beisteht. „Beim Rechtsschutz ist Dortmund gut organisiert. Das guckt sich Bochum gerade an und ab. Für Bochum ist das ein echter Vorteil“, gesteht Strehl.
Im Gegenzug ist Jugendsekretär Tim Wißen nicht nur in Bochum und Herne, sondern bereits auch in und für Dortmund aktiv. Denn dort gibt es bereits seit anderthalb Jahren keinen Jugendsekretär mehr. Nach dessen Ausscheiden wurde die Stelle nicht mehr besetzt. Wegen der sinkenden Mitgliederzahlen sind bei beiden Verwaltungsstellen auch die Zahlen der Hauptamtlichen rückläufig.
Ulrike Kletezka: „Das stärkt uns insgesamt und wir können mehr Dinge abdecken“
Die Dortmunder Kollegen, die einen Schwerpunkt auf die Neugründung von Betriebsräten gesetzt haben, bringen nun ihre Expertise auch bei den Nachbarn in Bochum-Herne ein. Der Prozess der Kooperation wirkt sich positiv aus: „Wir reflektieren jetzt unsere eigene Arbeit viel stärker und machen auch Stärken-Schwächen-Analysen“, plaudert Ulrike Kletezka aus dem Nähkästchen.
Dabei arbeiten beide Seiten mit offenem Visier und sehr transparent: Sie versuchen, die ehrenamtlichen Vorstände einzubeziehen und auch die mögliche Kritik abzuarbeiten. „Aber es gibt erschreckend wenig Kritik“, sagt Kletezka schmunzelnd. Wohl auch deshalb, weil die Vorteile gesehen werden: „Das stärkt uns insgesamt, und wir können mehr Dinge abdecken. Daher werden die Pläne positiv gesehen“, fasst Meier die bisherigen Treffen und Planungen zusammen.
Denn die Metaller machen das, was sie von den Kommunen und politischen Verantwortungsträgern immer eingefordert haben: „Wir arbeiten über Kirchturmspitzen hinweg. In der Politik stirbt Jeder für sich alleine. Das hemmt die Kreativität und das gemeinsame größere Denken“, kritisiert Kerkemeier. „Wir wollen zu viel mehr in der Lage sein als dem alltäglichen Klein-Klein. Wir wollen besser sein als die Politik. Und auch vernünftiger.“
Namenssuche läuft: „Wir heißen weiter IG Metall. Das ist die Heimat und das Bindeglied“
Nur eine offene Flanke gibt es noch: Es gibt noch keinen neuen Namen für das gemeinsame Gebilde. Doch dabei sei es nebensächlich, ob die Ortsnamen Dortmund, Bochum und Herne darin noch vertreten sind.
Einen Identitätsverlust bedeute das nicht: „Wir heißen weiter IG Metall. Das ist die Heimat und das Bindeglied. Die Heimat ist nicht mit Namen oder Stadt verbunden“, findet Strehl.
Zudem – und das ist ein Zugeständnis an die Mitglieder – wird es in allen drei Städten weiter Anlaufstellen geben. Dies ist ein Ergebnis des früheren Diskussionsprozesses bei der Fusion zwischen Bochum und Herne.
„Wir machen die Kooperation ja, um die Identität zu behalten. Wir machen unser Ding, mit eigenen Stärken und Schwächen. Selbstbestimmt, nicht ferngesteuert“, betont Kerkemeier. „Wir wollen so die Zukunft gestalten, uns rechtzeitig aufstellen – und das auch nicht fremdbestimmt.“
„Wir haben die Diskussion relativ früh begonnen. Daher sehen wir das ganz entspannt und sind nicht durch die Not getrieben“, so Kletezka. Das erklärte Ziel ist einfach: „Gemeinsam stärker werden!“
Ausblick: Was sagen die Ehrenamtlichen der IG Metall zur Kooperation und Fusion? Das gibt es im zweiten Teil.