
Mehmet Kubaşık wurde am 4. April 2006 durch Mitglieder des rechtsterroristischen NSU in seinem Kiosk in der Mallinckrodtstraße 190 in Dortmund ermordet. Das Bündnis „Tag der Solidarität – Kein Schlussstrich“ ruft am 4. April 2025 um 17 Uhr zu einer Demonstration in Gedenken an Mehmet Kubaşık auf. Die Demo beginnt am ehemaligen Tatort an der Mallinckrodtstraße 190 und endet am Mahnmal für die Opfer des NSU am Nordausgang des Hauptbahnhofs. Dort wird seine Tochter Gamze Kubaşık bei einer anschließenden Kundgebung sprechen.
Noch immer sind Unterstützungsstrukturen des NSU nicht vollständig aufgeklärt
Seit dem Mord an Mehmet Kubaşık fordert seine Familie Aufklärung. Jahrelang konfrontierten Ermittler die Angehörigen mit rassistischen Vorurteilen und gesellschaftlicher Empathielosigkeit.

Erst nach der Selbstenttarnung des NSU entstanden solidarische Netzwerke. Zum Gedenken an Mehmet Kubaşık werden zahlreiche Betroffene, Überlebende und Angehörige von Opfern rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt nach Dortmund kommen und bei der Kundgebung sprechen. Gemeinsam mit der Familie Kubaşık fordern sie Aufklärung, Anerkennung, Gerechtigkeit und Konsequenzen.
Noch immer sind die Unterstützungsstrukturen des NSU in Dortmund und anderen Städten nicht vollständig aufgeklärt. Viele Akten bleiben verschlossen, und zentrale Fragen sind offen. Zahlreiche rechte Anschläge und Morde in Nordrhein-Westfalen und anderen Teilen Deutschlands sind trotz vieler Hinweise nicht offiziell als solche anerkannt.
„Es braucht Orte, um die Geschehnisse aufzuarbeiten“
Die Eröffnung eines NSU-Dokumentationszentrums, das die Bundesregierung versprochen hat, verläuft schleppend. Gamze Kubaşık und Semiya Şimşek, Tochter des am 9. September 2000 in Nürnberg vom NSU ermordeten Enver Şimşek, forderten im Januar 2025: „Wir brauchen ein Dokumentationszentrum, weil der NSU-Komplex nicht vollständig aufgeklärt ist. Es braucht Orte, um die Geschehnisse aufzuarbeiten, wissenschaftlich zu erforschen und den Austausch zu fördern.“

„Gerechtigkeit kann nur entstehen, wenn wir Räume zum Erinnern schaffen. Wir müssen hinterfragen und reflektieren, was geschehen ist, an die Taten des NSU und das Versagen des Staates erinnern, um unser Land davor zu bewahren, erneut empfänglich für solche Schreckenstaten zu werden“, heißt es in der Erklärung.
Und weiter: „In Zeiten, in denen rassistische und antisemitische Politiken Aufwind erfahren, setzen wir eine solidarische Perspektive einer vielfältigen Gesellschaft entgegen. Wir erinnern und kämpfen.“ Ob und wann es zur Gründung kommen wird, ist derzeit offen. Der neue Bundestag und die neue Bundesregierung müssen sich neu mit dem Thema befassen.
Engagement gegen das Vergessen und die Ignoranz
Bereits am Vorabend des Jahrestages, am 3. April um 19 Uhr, findet eine Diskussionsveranstaltung in der Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48 in Dortmund statt: „Erinnern heißt Kämpfen – Rassistische Gewalt und unsere Solidarität“. lautet das Thema. Referentinnen sind unter anderem Emiş Gürbüz und Gamze Kubaşık.

Seit Jahrzehnten engagieren sich Überlebende und Angehörige von Opfern rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt gegen das Vergessen und die Ignoranz gegenüber rechten Gewaltverbrechen in Deutschland. Ihr Engagement umfasst Gedenken, Solidarität, Forderungen nach Aufklärung und Konsequenzen. Sie berichten, wie nach Anschlägen die Opfer und Betroffenen wie Beschuldigte behandelt wurden.
Sie gründeten sich als Reaktion auf passive staatliche Behörden und aktive Vertuschungsversuche und schaffen Raum für Selbstermächtigung, unter anderem seit 2022 im bundesweiten Solidaritätsnetzwerk der Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Gamze Kubaşık und Emiş Gürbüz sind aktiv im Solidaritätsnetzwerk.
Betroffene rechter Gewalt kämpfen für eine lückenlose Aufklärung
Gamze Kubaşık verlor durch die Mordserie des NSU ihren Vater Mehmet; Emiş Gürbüz ihren Sohn Sedat am 19. Februar 2020 durch den rassistisch motivierten Anschlag in Hanau.

Am 4. April 2006 ermordete der NSU Mehmet Kubaşık in seinem Kiosk in Dortmund. Am 19. Februar 2020 verübte ein Rechtsterrorist einen rassistisch motivierten Anschlag in Hanau.
Neun junge Menschen starben: Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar, Gökhan Gültekin, Hamza Kenan Kurtović, Kaloyan Velkov, Mercedes Kierpacz, Said Nesar Hashemi, Sedat Gürbüz und Vili Viorel Păun. Sie wurden wegen ihrer (vermeintlichen) Migrationsgeschichte gezielt angegriffen.
Der NSU ermorderte Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, Ismail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter.
Die Betroffenen rechter Gewalt kämpfen gemeinsam für eine lückenlose Aufklärung rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, Gerechtigkeit und politische Konsequenzen. Sie fordern eine Erinnerung, die den Opfern gerecht wird, und eine Gesellschaft ohne Rassismus, Antiziganismus, Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus, in der niemand in Angst leben muss.
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