Gefriergetrocknet nennt sich das Stück das die beiden Absolventinnen der Folkwangschule aus Essen den Besuchern präsentieren. Es geht um das Loslassen, Kämpfen und Erinnern zweier Schwestern nach dem Tod ihrer Mutter. Intensiv und körperlich geht es auf der Bühne des Theaters im Depot zur Sache. Sindy Tscherrig reißt, zieht an ihrer Partnerin Lisa Balzer, verbiegt und schleift sie quer übers Parkett, wirft die Schauspielerin auf einen Tisch. Das Publikum reagiert mit einem Raunen.
Die Essenerinnen Sindy Tscherrig und Lisa Balzer gewinnen mit „Physical Theatre“ ersten Preis
Auch am zweiten Tag der Petra-Meurer-Theatertage ist der Saal des Theaters im Depot in der Dortmunder Nordstadt gut gefüllt, nur wenige Plätze sind noch frei. „Physical Theatre“ heißt das Schauspiel-Genre. Wesentliche Ausdrucksmittel sind Körperlichkeit, Bewegung und Geste. Das beherrschen die Frauen an diesem Abend auf hohem Niveau.
Die beidenAkteurinnen sind zugleich Autorinnen, Spielerinnen und Inszenatorinnen des Stückes. 2012 wurden sie dafür mit dem Folkwang-Preis ausgezeichnet. Heute bekommen Balzer und Tscherrig den ersten Preis der Theatertage, dotiert mit 1000 Euro.
Zweite Preise für Zuckerlutsch und das Senioren-Einsatz-Kommando
Zwei zweite Preise gibt es auch: Zuckerlutsch aus Dortmund mit Stück Occupy Wulfenhövenau und das SEK, Senioren-Einsatz-Kommando aus Gelsenkirchen. Die Dortmunder präsentieren eine kommödiantische Geschichte aus dem fiktiven Wulfenhövenau als Video auf der Leinwand.
Die Senioren vom SEK hingegen stehen lebendig auf der Zuschauertribüne. Rezetieren Bruchstücke aus ihrem Leben, von den Bombennächten im Jahre 1944, dem Urlaub in Wyk auf Föhr, der Suche nach einer Wohnung mit Garten…
Das ist amüsant und witzig. Die Laienschauspiel-Gruppe des Consol-Theaters Gelsenkirchen hat Erfahrung mit der Intervention im öffentlichen Raum. Im Sommer 2013 führten das Kommando bereits Lesungen in leerstehenden Ladenlokalen in ihrem Viertel durch. Zum Thema Mobilität agierten die Alten auf dem Gelsenkirchener Hauptbahnhof. Für den zweiten Preis wurden die Gruppen mit 500 Euro belohnt.
Die „mixed-abled“-Gruppe „dorisdean“, Lena Tempich, Theresa Hahl und Temye Tesfu bekommen Förderpreis
Die Förderpreise des Festivals das an die früh verstorbene Professorin für Kulturwissenschaften der TU Dortmund erinnert gingen an: Die Tonbänder des Ignaz Euling von Theresa Hahl, Temye Tesfu, Falk Tennstedt und Mehrdad Zaeri;
I like to play/ Hypergamie der Gruppe „dorisdean“ aus Bochum und die Bochumerin Lena Tempich. Mit ihrem Stück „Rotkäppchen träumt“ Jeweils mit 300 Euro dotiert.
Was man mit 300 Euro machen erzählten „tontextur“ aus Dortmund, Förderpreisträger aus dem letzten Jahr. „Wir haben uns erst mal eine Nebelmaschine gekauft“, erzählt das Duo und gab eine Kostprobe ihre Kunst, bestehend aus Literatur und Musik. Am Ende des Aufführung kam dann auch noch die neue Nebelmaschine zu Einsatz.
Zuvor zeigte „dorisdean“ Ausschnitte aus ihrer Performance „I like to play“. Die „mixed-abled“ -Truppe spielte zum den Themen Sexualität, körperliche Behinderung, soziales Geschlecht und Gender. Zwei Rollstuhlfahrerinnen gehören zum Ensemble. Die Gruppe spielt und tanzt mit den Vorurteilen einer sexualisierten Welt. Das junge Festival richtet sich an freie Theatergruppen und -Schauspieler und will diese fördern. Zum dritten Mal fand es nun im Depot statt. War es zu Beginn eine Forum nur für Dortmunder Kulturschaffende, so hat man sich jetzt dem ganzen Ruhrgebiet geöffnet.
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Les Jeunes Bohèmes
Hallo,
vielen Dank für die schönen Bilder vom Petra-Meurer Preis! Könnten Sie uns vielleicht die Bandfotos schicken und dürften wir diese auch veröffentlichen?
Am besten an meine obengenannte Adresse.
Vielen Dank!