Alle an Bord hören auf sein Kommando: Als Steuermann muss FH-Student Florian Koch Ruderboote nicht nur räumlich auf Kurs halten, sondern seine Teams mit taktischen Ansagen auch auf die Erfolgsspur bringen – wie aktuell bei den Hochschul-Weltmeisterschaften 2024 in Rotterdam.
Der 23-Jährige studiert Informatik an der FH Dortmund. Zugleich ist er seit 2019 als Steuermann im U23-Bereich der Deutschen Nationalmannschaft für den Rudersport im Einsatz. Auch bei den World University Championships (WUC) in Rotterdam ist er vom 4. bis 6. Juli 2024 am Start: mit einem Frauen-Achter, den er steuert, und einem Frauen-Vierer, den er trainiert. Offiziell nominiert hat ihn der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverbandes (adh).
Auf studentischer Ebene gelten die WUC als herausragende Wettbewerbe mit hohem internationalen Niveau: Bei diesen Top-Events, die alle zwei Jahre stattfinden, messen sich Spitzenathlet*innen, die maximal 25 Jahre alt sind und an Hochschulen in den vertretenen Ländern studieren. „Das Ziel ist natürlich, Deutschland bestmöglich zu repräsentieren, uns in den Rennen fürs Finale zu qualifizieren und im Optimalfall eine Medaille zu holen“, sagt Florian Koch.
„Mein Weg zum Rudersport war damals eher Zufall – denn es war nur ein kurzer Weg zu einem Ruderclub in meinem Heimatort Ingolstadt an der Donau in Oberbayern“, erzählt der junge Athlet von seinen Anfängen im Jahr 2012, als er sich erstmals mit den richtigen Bewegungsabläufen beim Rudern vertraut machte. Seitdem hat er mit großer Begeisterung an seiner sportlichen Karriere gearbeitet, als Steuermann und Trainer Kompetenzen aufgebaut. Zahlreiche Erfolge konnte er schon feiern, zu besonderen Highlights gehörte 2020, als er mit seinem Team Europameister wurde, und 2023, als sie Bronze bei der Weltmeisterschaft erreichten.
1,67 Meter ist Florian Koch groß und 50 Kilogramm schwer. „Am Wettkampftag liegt das Limit pro Person bei 55 Kilogramm. Wenn jemand weniger wiegt, wird das an Bord mit Sand ausgeglichen, damit alle Boote mit dem gleichen Gesamtgewicht unterwegs sind“, erklärt er. Als Steuermann sitzt er hinten im Boot, hat dabei das Ruderteam im Blick und zwei Seile für ein kleines Steuerblatt in den Händen, greift also auch selber sehr aktiv ins Geschehen ein. „Gewissermaßen bin ich als Steuermann der verlängerte Arm des Trainers. Ich übernehme die Renntaktik, schaue, wie wir im Rennen liegen, achte auf den Rhythmus, gebe technische Hinweise. Was der Trainer von außen an Ansagen ans Team reinwerfen würde, was wegen der Distanz und der Lautstärke nicht geht, das übernehme ich.“
Für den sportlichen Erfolg sind harte Vorbereitungen erforderlich. Die erhebliche zeitliche Belastung durch die Kombination von Studium, mehrstündigen Trainings auf dem Dortmund-Ems-Kanal und der Teilnahme an Wettkämpfen managt Florian Koch souverän. Dabei weiß er das unterstützende Umfeld mit den Rahmenbedingungen an der Fachhochschule zu schätzen: „Klar, ein bisschen stressig ist es mit der Organisation schon, aber damit lernt man umzugehen – und ich kann mit den Lehrenden an meinem Fachbereich Informatik immer sehr flexibel Vereinbarungen treffen, wenn es terminlich eng wird.“
Neben Trainings und Wettkämpfen bereitet Florian Koch aktuell bei Prof. Dr. Frank Künemund seine Bachelor-Arbeit vor, die thematisch sehr naheliegend ist: Er entwickelt ein Messsystem mit einem Beschleunigungssensor für Ruderboote. Es gibt bereits einen Prototyp mit einem Mikrocontroller, der Beschleunigungsdaten aufzeichnen und dann eine grafische Auswertung ermöglichen soll. Mit der Bachelor-Arbeit beschäftigt er sich auch jetzt zwischen den Trainingseinheiten direkt am Dortmunder Ruder-Stützpunkt, im Ruderleistungszentrum am Kanal.
Mit seinem praxisorientierten Ansatz will er eine Lücke schließen: „Beschleunigung ist im Gegensatz zu Geschwindigkeit schwieriger zu erfassen. Es gibt zwar schon Messsysteme, die aber extrem teuer und in der Bedienung aufwändig sind. Mir geht es darum, das deutlich zu vereinfachen, damit es für einzelne Trainer*innen handhabbar wird. Nach dem Motto: Ich brauche heute Messdaten, also schnappe ich mir das System und packe das mit ins Boot.“ Hin und wieder ist sein Prototyp auch bei ihm während der Trainings an Bord.
Zuversichtlich sei er, dass sein System tatsächlich bald praxistauglich wird. Das könnte dann vielleicht auch beschleunigend für seine begleitende Informatiker-Karriere sein. Sportlich gesehen bleibt perspektivisch sein Traum, als Steuermann des Deutschland-Achters bei einer Olympia-Teilnahme 2028 die Kommandos zu geben.
Forscher der TU Dortmund und der Universität Lausanne haben ein seltenes, aber wichtiges Phänomen in der Unternehmenswelt untersucht: „Multi-CEOs“, also CEOs, die mehrere unabhängige Unternehmen gleichzeitig leiten. Das Team unter Leitung von Prof. Lorenz Graf-Vlachy von der Fakultät Wirtschaftswissenschaften hat die Karrieren von prominenten aktuellen und ehemaligen Multi-CEOs analysiert: Elon Musk (Tesla und SpaceX), Carlos Ghosn (Renault und Nissan), Jack Dorsey (Twitter und Square) und Steve Jobs (Apple und Pixar).
Multi-CEOs dürfte es eigentlich kaum geben: In Anbetracht der zahlreichen Aufgaben von CEOs und der Tatsache, dass sie die Gesamtverantwortung für den Erfolg eines Unternehmens tragen, ist es schwer denkbar, dass sie den Anforderungen mehrerer Unternehmen gleichzeitig gerecht werden können. Die Untersuchung von Prof. Graf-Vlachy und seinem Team zeigt, wie Multi-CEOs und verbündete Akteure wie Aufsichtsräte auf verschiedene Weise versuchen, die Legitimität dieses Arrangements zu erhöhen.
So geben sie beispielsweise häufig öffentlich zu, dass ein Multi-CEO-Arrangement nicht wünschenswert ist, suggerieren aber gleichzeitig, dass es in ihrer spezifischen Situation unvermeidlich sei. Die Unternehmen führen häufig einen vollständigen CEO-Suchprozess durch und diskutieren diesen öffentlich, was dem Endergebnis eines Multi-CEO-Arrangements Legitimität verleiht. „Multi-CEOs sprechen auch oft darüber, wie viel Arbeit es sei, zwei Unternehmen zu führen, was den Stakeholdern das gute Gefühl gibt, dass ihre Bedenken ernst genommen werden“, sagt Prof. Graf-Vlachy. „Gleichzeitig behaupten sie aber, dass ihre Aufgabe durchaus erfüllbar sei, zum Beispiel, weil sie hervorragende Teams hätten, die sie unterstützten. Insbesondere haben sie oft Chief Operating Officers, die ihnen Arbeitslast abnehmen. Ein Beispiel ist Gwynne Shotwell, die SpaceX quasi für Elon Musk leitet.“
Außerdem schließen Multi-CEOs oft symbolische Vergütungsvereinbarungen ab: „Steve Jobs bekam von Apple nur ein Gehalt von einem Dollar. Aber er besaß viele Aktien, was den Investor*innen die Gewissheit gab, dass er nur dann Geld verdient, wenn sie das auch tun.“ Multi-CEOs teilen auch bewusst ihre Zeit zwischen den Firmensitzen auf, sei es, dass sie täglich zwischen ihnen hin- und herlaufen, wie Dorsey zwischen Twitter (heute X) und Square in San Francisco, oder dass sie ihre Wochen zwischen Paris und Tokio verbringen, wie Carlos Ghosn es für Renault und Nissan tat. Multi-CEOs versuchen darüber hinaus, den Eindruck von Interessenkonflikten zu zerstreuen, indem sie beispielsweise behaupten, sich bei Entscheidungen, die ihre beiden Unternehmen betreffen könnten, zurückzuziehen, oder indem sie explizite Entscheidungsregeln artikulieren.
„Die Studie verbessert unser Verständnis dafür, wie Multi-CEOs in ihre Positionen kommen und wie sie damit durchkommen“, resümiert Prof. Lorenz Graf-Vlachy. Die Studie ist kürzlich im Journal Academy of Management Discoveries erschienen.
Link zur Originalstudie: https://doi.org/10.5465/amd.2023.0090
Auf dem Bild zusehen: Prof. Lorenz Graf-Vlachy ist Professor für Unternehmensführung an der Technischen Universität Dortmund. Foto: TU Dortmund / Aliona Kardash