Der Europäische Forschungsrat (ERC) fördert die gemeinsame Forschung von Prof. Hannes Mutschler von der Fakultät für Chemie und Chemische Biologie der TU Dortmund und Prof. Dieter Braun von der Ludwig-Maximilians-Universität München mit rund sechs Millionen Euro über sechs Jahre. Aus rund 550 eingereichten Anträgen wurde das Forschungsvorhaben „BubbleLife“ für einen ERC Synergy Grant ausgewählt. Im Projekt geht es um den Ursprung des Lebens auf der Erde: Das interdisziplinäre Team wird experimentell untersuchen, unter welchen Bedingungen sich die Schlüsselmoleküle organischen Lebens bilden konnten und den Beginn der biologischen Evolution einläuteten. Die Entstehung des Lebens ist eines der größten Rätsel der Menschheit, auf das es keine eindeutigen wissenschaftlichen Antworten gibt. Im Projekt „From RNA-peptide coevolution to cellular life at heated air bubbles“ , mit dem Akronym „BubbleLife“, möchte sich das interdisziplinäre Team aus Chemie, Physik und Biochemie den Antworten auf diese grundlegende Frage nähern. Bisherige Experimente haben gezeigt, dass einseitig erwärmte Gasbläschen, wie sie etwa in porösem Vulkangestein vorkommen, eine entscheidende Rolle in der frühen Entwicklung des Lebens gespielt haben könnten: An ihrer Oberfläche verdunstet Wasser und saugt Moleküle an. Diese Bedingungen sind optimal, um chemische, physikalische und evolutionäre Prozesse zu ermöglichen, die bis hin zu zellähnlichen Strukturen führen.
Die beiden Forscher und ihre Arbeitsgruppen wollen in dieser Umgebung nun verschiedene Hypothesen zusammenführen und experimentell überprüfen. Dabei verfolgt das Team den Weg der Bildung und Evolution von RNA und Peptiden bis hin zur Entstehung der ersten „Protozellen“. So könnten sich aus einzelnen RNA-Bausteinen selbsterhaltende Replikationsnetzwerke gebildet haben. Gleichzeitig könnten Aminosäuren zu komplexeren Peptiden verbunden worden sein, während Lipide Membranbläschen gebildet und diese Netzwerke eingekapselt haben könnten. „BubbleLife verbindet erstmals die Co-Evolution der Schlüsselmoleküle des heutigen Lebens mit ihrer Verkapselung in einer plausiblen präbiotischen Umgebung“, sagt Hannes Mutschler, der an der TU Dortmund die Professur für Biomimetische Chemie innehat. Am Ende der Arbeiten sollen an der Oberfläche experimentell erzeugter Gasbläschen „Protozell-Generatoren“ entstehen, die sowohl primitive RNA-Replikatoren und Peptide als auch moderne Transkriptions- und Translationssysteme versorgen und einkapseln.
Über den ERC Synergy Grant
Der Europäische Forschungsrat unterstützt mit den ERC Synergy Grants Gruppen von zwei bis vier Spitzenforscher*innen, die Fähigkeiten und Ressourcen zusammenzuführen und gemeinsam Forschungsfragen angehen. In der aktuellen Ausschreibungsrunde stellt der ERC insgesamt 571 Millionen Euro zur Verfügung; zehn Prozent der rund 550 Anträge aus ganz Europa wurden zur Förderung ausgewählt.
Die Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen der Technischen Universität Dortmund feierte ihr 50-jähriges Bestehen. In der Stadtkirche St. Petri boten ein Festakt und ein wissenschaftliches Symposium den Rahmen, um auf die Geschichte des „Dortmunder Modells Bauwesen“ zurückzublicken. Geladen waren rund 300 Gäste aus Politik, Wissenschaft und Praxis, darunter auch NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach. Die Fakultät wurde 1974 als letzte der elf Fakultäten der damals noch jungen Universität Dortmund gegründet. Ihr einzigartiges Konzept, das „Dortmunder Modell Bauwesen“, wurde von den Professoren Stefan Polónyi, Harald Deilmann, Josef Paul Kleihues und Herrmann Bauer entwickelt. Mit Unterstützung des damaligen NRW-Wissenschaftsministers Johannes Rau, der für sein Engagement 2004 die Ehrendoktorwürde der Fakultät erhielt, entstand eine Ausbildungsphilosophie, die bis heute einzigartig in Deutschland ist: Architekt*innen und Ingenieur*innen werden in interdisziplinärer Zusammenarbeit gemeinsam ausgebildet. In der Lehre steht nicht nur die eigene fachspezifische Kompetenz im Vordergrund, sondern auch das Verständnis für die Anforderungen der jeweils anderen Disziplin.
Dieses Konzept – mit den Prinzipien Interdisziplinarität, Praxisnähe und Projektarbeit in Lehre und Forschung – sei angesichts der Herausforderungen wie Klimawandel und Ressourcenknappheit aktueller denn je, sagte der Dekan der Fakultät, Prof. Mike Gralla, in seiner Begrüßung. In ihren Grußworten betonten die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, Ina Scharrenbach, und der Dezernent für Umwelt, Planen und Wohnen der Stadt Dortmund, Stefan Szuggat, die Innovationskraft der Fakultät, die über Jahrzehnte Impulse für die Baukunst und das Bauingenieurwesen gegeben habe. Heute zählt die Fakultät rund 2.000 Studierende: Sie sind in die beiden Bachelorstudiengänge „Architektur und Städtebau“ sowie „Bauingenieurwesen“ und in die vier spezialisierten Masterstudiengänge eingeschrieben. Dazu gehört auch der neue englischsprachige Master „Mechanics of Sustainable Materials and Structures“, der Studierenden einen Mehrfachabschluss mit Partnerhochschulen in Europa ermöglicht. Schon seit 2013 vernetzen sich Studierende der Fakultät jährlich im Rahmen der Internationalen Frühjahrsakademie mit Teilnehmenden aus verschiedenen Ländern, mit denen sie in Teams neue städtebauliche Konzepte für die Stadt Dortmund entwickeln. Ein weiteres Beispiel für ein aktuelles studentisches Projekt ist der Bau eines Tiny Houses auf dem Campus Süd, das nachhaltiges Bauen erlebbar macht.
Nicht nur in Lehre und Forschung, auch im öffentlichen Raum hat die Fakultät über die Jahrzehnte Spuren hinterlassen. So stammt der markante Pylon an der U-Bahn-Haltestelle Reinoldikirche in Dortmund aus der Feder von Prof. Stefan Polónyi und Kollegen. Mit der Eröffnung des Baukunstarchivs NRW 2018, das unter der wissenschaftlichen Leitung der TU Dortmund steht, hat die Stadt außerdem ein bedeutendes Zentrum für die Dokumentation und Erforschung von Architektur und Ingenieurbaukunst erhalten. Auch das 2008 gegründete An-Institut „Deutsches Institut für Stadtbaukunst“ setzt Maßstäbe – etwa mit der jährlich stattfindenden „Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt“. Innovative Impulse wie die vom Bund geförderte Ausgründung „Building Information Cloud“, die eine neuartige Analysesoftware für die Bauplanung entwickelt, oder die Gründung der Dortmunder Opus Engineering GmbH, die Bauprodukte prüft, zählen zu den Transfererfolgen der Fakultät. Das Jubiläum bot mit einem wissenschaftlichen Symposium nicht nur Anlass zur Rückschau, sondern auch zur Diskussion über die Zukunft des Bauens. In Impulsvorträgen wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, wie sich ästhetische und funktionale Ansprüche in Zeiten von Nachhaltigkeit und Digitalisierung vereinen lassen. Einigkeit herrschte darüber, dass das Dortmunder Modell durch interdisziplinäre Zusammenarbeit und praxisorientierte Forschung gerade für die Zukunft Impulse setzen wird. Als Schwerpunkte wurden die Bedeutung des Bauens im Bestand, die Kreislaufwirtschaft und die Stärkung der gesellschaftlichen Akzeptanz nachhaltiger Ansätze identifiziert.
Beim Festakt zum 50. Geburtstag der Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen (v.l.n.r.): Stefan Szuggat, Dezernent der Stadt Dortmund, Ernst Uhing, Präsident der Architektenkammer NRW, Prof. Christoph Gengnagel von der Universität der Künste Berlin, Dekan Prof. Mike Gralla, Prodekan Forschung Prof. Christian Hartz, NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach, Prorektorin Studium Prof. Wiebke Möhring, Dr. Matthias Jacob vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, Prof. Heike Hanada und Prof. Wolfgang Sonne.