
Beim feministischen Talk „Feel the Weibz* – der feministische Talk für alle“ im Dietrich-Keuning-Haus drehte sich alles um die Frage: „Welche Erfahrungen machen Migrantinnen mit ihren feministischen Kampf?“ Moderatorin Deniz Grescher diskutierte mit Meltem Kulaçatan, Professorin für soziale Arbeit, und der Autorin und Moderatorin Gün Tank über den Widerstand migrantischer Frauen und ihren feministischen Arbeitskampf.
Zwischen Wut, Angst und Hoffnung – Reflexionen über das Wahlergebnis
Die Moderatorin Deniz Greschner eröffnet das Gespräch mit der Aussage, dass sie sich nach Hoffnung sehnen würde. Gerade weil das Wahlergebnis „kein schönes und konstruktives Ergebnis“ sei, und allen Frauen, Migrant:innen und geflüchteten Menschen betreffe, sei es wichtig, über Widerstand zu sprechen – und über Menschen, die bereits viel in diesem Land bewegt haben, so Greschner. ___STEADY_PAYWALL___

„Ich hatte schon im Zug überlegt, wer von den Mitfahrenden Menschen die AfD gewählt hat, und wer mir persönlich gefährlich sein kann. Ich spüre, dass ich mich zwischen Wut, Traurigkeit und Ängsten bewege“, erzählt Gün Tank.
„Gleichzeitig lasse ich mir meinen Optimismus nicht nehmen, denn es war schon immer klar, dass wir eine bestimmte Anzahl von Menschen haben, die nicht unbedingt demokratisch denken“, berichtet sie.
Meltem Kulaçatan verdeutlicht im Gespräch, dass man versuchen sollte, die Kinder und Jugendlichen „unabhängig vom Wahlergebnis“ vor Diskriminierung und Rassismus zu schützen. Das Wahlergebnis bezeichnet sie als „logische Konsequenz“ von früheren Zeiten. Denn viele Menschen hätten sich schon vor vielen Jahren nicht deutlich positioniert und die politische Lage stets nur beobachtet gehabt.
Solidarität und Empowerment in feministischen Kämpfen
Die Stärkung und Aufklärung von Kinder, Jugendlichen, aber auch Frauen seien wichtige Aspekte für Widerstandsbewegungen. „Wir müssen aber auch Strukturen stärken und gucken, dass Initiativen sich gegenseitig stärken und zusammenhalten“, macht Tank im Gespräch deutlich. Zudem solle man sich bewusst machen, in was die Gesellschaft investiere sowie Bildung und Kultur mehr fördern. „Auch müssen wir das, was wir haben, schützen, und sei es auch durch illegale Wege.“

Man könne anhand der wilden Streiks in den 70er-Jahren, welche von Gastarbeiter:innen angeführt wurden, erkennen, dass Zusammenhalt wichtig sei und etwas bewegen könne, so die Moderatorin Greschner. Auch ohne Unterstützung einer Gewerkschaft hätten sich viele Frauen angeschlossen und für ihre Rechte gekämpft.
„Eine bedingungslose Solidarisierung trotz der strukturellen Hindernisse und Widersprüche“, erklärt Kulaçatan, sei eine Grundlage, um eine bessere Zukunft zu entwickeln.
„Während immer erzählt wurde und immer noch erzählt wird, dass unsere Mütter, Großmütter und Tanten unterdrückt wurden, schwach und abhängig waren, wissen und kennen wir, dass sie stark waren, auf eigenen Beinen standen und gekämpft haben. Währenddessen herrschte hier in Deutschland in den 60er-Jahren eine andere Erwerbsstruktur von Frauen“ betont Deniz Greschner. In den 60er Jahren, erklärt Frau Kulaçatan für das Publikum, durften deutsche Frauen „nur mit Zustimmung ihres Partners arbeiten“, während Gastarbeiterinnen gearbeitet und ihre Familie versorgt hatten.
„Die Optimistinnen“- Erinnerungen an den Kampf der Gastarbeiterinnen
Das Buch der Autorin und Moderatorin Gün Tank mit dem Titel „Die Optimistinnen – Roman unserer Mütter“ thematisiert ebenfalls das Thema Feminismus und den Kampf von Gastarbeiterinnen in den 70er-Jahren. Die Autorin las während und am Ende der Diskussion aus ihrem Werk.

Vor dem Schreiben ihres Buches führte die Autorin zahlreiche Interviews mit migrantischen Frauen. Dabei habe sie festgestellt, dass die Gründe für ihre Einreise nach Deutschland unterschiedlich waren: Einige kamen ausschließlich zum Arbeiten, während andere hier ein neues Leben aufbauen wollten. Diese Gespräche dienten ihr als Vorlage, um daraus eine neue Geschichte zu entwickeln.
„Ich glaube, dass sie Schwierigkeiten hatten, ihre Erlebnisse sprachlich wiederzugeben. Sie neigen dazu zu erzählen, was hier in Deutschland passierte.“ Sie habe den Eindruck gewonnen, dass viele positive Erinnerungen geblieben sind- etwa die enge Dorfgemeinschaft und der starke Zusammenhalt untereinander. Damit bezieht sie sich auf das Leben und Miteinander der Migrant:innen, die nach Deutschland kamen und hier arbeiteten.
„Was auch sehr deutlich war, ist, dass sie bestimmte Begrifflichkeiten erst jetzt im Nachhinein nutzen, um etwas zu beschreiben. Wenn es um unterschiedliche Lohnzahlung geht, benutzen sie erst heute den Begriff Rassismus. Damals hatten sie zwar gespürt, dass etwas falsch und ungerecht war, hatten es jedoch nicht mit dem Begriff Rassismus bezeichnet“ ergänzt Tank.
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