ENDERGEBNIS: SPD, Grüne und Linke verteidigen Mandate in Dortmund – Beide CDU-Abgeordnete verlieren ihre Sitze

„13,5 Prozent Nazis im Bundestag sind zu viel“, kommentierten die Grünen auch optisch in der Bürgerhalle. Foto: Alex Völkel
„13,5 Prozent Nazis im Bundestag sind zu viel“, plakatierten die Grünen in der Bürgerhalle. Foto: Alex Völkel

Aus dem Rathaus berichten Mira Kossakowski, Leopold Achilles, Sascha Fijneman, Marcus Arndt und Alex Völkel

Wenig Party um 18 Uhr im Rathaus in Dortmund: Außer der FDP und der AfD hatte keine Partei einen Grund zum Feiern. Linke und Grüne waren zufrieden mit ihren Ergebnissen. Zwischen Schockstarre und Fassungslosigkeit pendelte die Stimmung bei CDU und SPD wegen der eigenen Verluste – und des AfD-Ergebnisses bei der Bundestagswahl von rund 13,5 Prozent. „13,5 Prozent Nazis im Bundestag sind zu viel“, plakatierten daher die Grünen in der Bürgerhalle.

Sabine Poschmann (SPD) und Marco Bülow (SPD) haben ihre Wahlkreise mit jeweils 38,8 Prozent der Erststimmen direkt geholt. Markus Kurth (Grüne) und Ulla Jelpke (Die Linke) konnten ihre Bundestagsmandate über ihre guten Listenplätze verteidigen.

CDU weit entfernt von den Zielen – beide Dortmunder Bundestagsmandate sind weg

Steffen Kanitz und Thorsten Hoffmann waren bisher für die CDU im Bundestag. Foto: Leopold Achilles
Steffen Kanitz und Thorsten Hoffmann waren bisher für die CDU im Bundestag. Foto: Leopold Achilles

Die CDU konnte in den beiden Dortmunder Wahlkreisen rund 28,5 Prozent der Erststimmen für sich verbuchen. „Wir sind weit von dem entfernt, was wir angepeilt haben“, kommentierte der CDU-Kreisvorsitzende Steffen Kanitz die 18-Uhr-Hochrechnung auf Bundesebene.

Doch auch persönlich war für die beiden engagierten Wahlkämpfer der Wahlabend bitter – beide konnten kein Ticket mehr nach Berlin lösen. Für Hoffmann – beim letzten Mal als Nachrücker ins Parlament gekommen – keine Überraschung. Er konnte sich wegen eines schwachen Listenplatzes keine Hoffnung auf einen Wiedereinzug ins Parlament machen.

Anders sah dies im Vorfeld bei Kanitz aus. Doch wegen der Verluste der CDU und der Schwäche der SPD wurde der Abend für den CDU-Kreisvorsitzenden Steffen Kanitz zur Zitterpartie: Erst am Morgen war klar, dass Kanitz nicht erneut nach Berlin gehen kann. Die Landesliste der CDU zog nur bis Platz 4 – Kanitz stand jedoch auf Listenplatz 15.

Sabine Poschmann und Marco Bülow holen ihre Wahlkreise erneut direkt – aber mit massiven Verlusten 

Sabine Poschmann (SPD) hat ihren Wahlkreis geholt.
Sabine Poschmann (SPD) hat ihren Wahlkreis geholt.

Bitter ist das Zweitstimmenergebnis bei der SPD. Sie ist zwar nach wie vor mit Abstand stärkste Partei in Dortmund. Doch mit 31,3 Prozent ist man Lichtjahre von der einstigen Stärke in der wichtigsten SPD-Hochburg Deutschlands entfernt. Von der „Herzkammer der Sozialdemokratie“ möchte hier bei diesen Werten niemand mehr sprechen.

Einzig Sabine Poschmann und Marco Bülow konnten den SozialdemokratInnen in Dortmund im Lauf des Abends noch ein – wenn auch gequältes – Lächeln ins Gesicht zaubern, als sich die Ergebnisse der Erststimmen abzeichneten.

Beide lagen rund zehn Prozent vor ihren jeweiligen CDU-Gegenkandidaten. Doch auch sie mussten deutliche Verluste hinnehmen und erzielten bei den Erststimmen nur noch rund 38 Prozent. Für Dortmund kein überragendes Ergebnis. So hatte Bülow bei den Erststimmen 6,6 Prozentpunkte weniger, Sabine Poschmann sogar 8,0 Prozentpunkte.

Er sieht eine Hauptursache in der Großen Koalition: „Kannste so machen, dann ist es halt Kacke“ hatte Bülow vor vier Jahren im Internet gepostet, als sich die Entscheidung für die „GroKo“ abzeichnete. Bülow hatte vergeblich auf eine Sozialwende gedrängt.

Massive Kritik aus Dortmund an der Bundespartei – Oppositionsrolle begrüßt

Massive Kritik an der Bundespartei – nicht aber am Spitzenkandidaten – äußerte Bülow: „Die SPD hat mehr als die Hälfte aller Wählerinnen und Wähler von 1998 verloren. Und wir haben ganz viele Mitglieder verloren und (…) auch ein paar gewonnen. Das darf uns nicht darüber hinweg trösten, dass die SPD jetzt wirklich jetzt auf der Kante steht“, macht Bülow deutlich.

Marco Bülow (SPD) hat seinen Wahlkreis geholt.
Marco Bülow (SPD) hat seinen Wahlkreis geholt.

„Dass wir uns noch Volkspartei nennen können mit 20 Prozent? Das kann nicht sein, dass wir uns damit zufrieden geben“, schimpfte Bülow unter dem Applaus seiner GenossInnen.

Vor allem den Beraterkreis um die  „Niedersachsen-Connection“ machte er für den Misserfolg verantwortlich:  „Wenn sie jetzt nicht Verantwortung übernehmen, wird die SPD Schiffbruch erleiden. Deswegen: Auf in den Kampf – das muss die Devise heute Abend sein.“

Für beide ist klar, dass ihre Arbeit in Berlin in der Opposition weitergeht: „Das Ergebnis muss man sehen, wie es ist – es ist das schlechteste Ergebnis seit langem. Ich habe auch viele Themen, die ich wichtig fand, nicht durchbekommen“, bedauert Sabine Poschmann. „Jetzt ist klar, wir müssen in die Erneuerung gehen.“

FDP und AfD haben Grund zu feiern, aber keine eigenen Dortmunder Abgeordneten in Berlin

Wenig zur Stimmungsaufhellung trugen die Dortmunder Ergebnisse bei. Foto: Leopold Achilles
Im Rathaus konnte man die lokalen Ergebnisse live mitverfolgen. Foto: Leopold Achilles

„Alles über fünf Prozent ist zu viel für eine rechte Partei. Und das ist das erste Mal seit 1945, dass eine Partei so rechts wie die AFD im Bundestag ist – das ist eine riesige Herausforderung. Das wird kein Spaß – für die Gesellschaft und für die SPD“, so Bülow.

FDP und AfD haben zwar Grund zu Feiern: Sie haben viele Zweitstimmen eingefahren. Doch die Dortmunder AfD-Kandidaten sind nicht auf den Listen abgesichert – sie hätten für einen Einzug in den Bundestag ihr Mandat direkt holen müssen. Doch damit hatten sie von Anfang an nicht gerechnet. „Das Ergebnis zeigt, dass es ein Korrektiv in diesem Kartell gibt“, freut sich AfD-Kandidat Matthias Helferich dennoch.

„Die FDP hatte ihre schlimmste Niederlage nach dem Krieg bei der letzten Bundestagswahl“, betonte der FDP-Kreisvorsitzende Michael Kauch. „Wir haben es seitdem geschafft, die Partei zu erneuern und in vier Jahren bei den BürgerInnen neues Vertrauen aufzubauen. Jetzt müssen wir schauen, wie wir mit diesem doch sehr schwierigen Wahlergebnis insgesamt für das Land konstruktiv umgehen.“

Grüne sind mit ihrem Ergebnis sehr zufrieden – Rückenwind durch die AfD-Erfolge gespürt

Markus Kurth und Ingrid Reuter haben für die Grünen kandidiert. Foto: Alex Völkel
Markus Kurth und Ingrid Reuter haben für die Grünen kandidiert. Foto: Alex Völkel

Zufrieden sind die Dortmunder Grünen mit ihrem Ergebnis. „Wir haben innerlich gejubelt. Damit haben wir nicht so gerechnet“, sagte der Dortmunder Bundestagsabgeordnete Markus Kurth.

„Wir sind ja vor der Wahl ziemlich runtergeschrieben worden – es hat nahezu ein Grünen-Bashing stattgefunden. Eine 8 vor dem Komma wäre da schon gut – die 9,4 Prozent sind ein schönes Ergebnis.“

Das Abschneiden der AfD ist für die Grünen erwartungsgemäß kein Grund zum Feiern. Eine Partei wie diese habe nichts im Bundestag zu suchen. Sie mache „eine menschenverachtende Politik“, trete „die Demokratie mit Füßen“ und trete „vulgär“ auf.

Allerdings habe die AfD im Gegenzug dafür gesorgt, dass sich wieder mehr Grüne in den Wahlkampf eingemischt hätten. „Wir haben in Dortmund Rückenwind gespürt“, sagte Kurth, der erwartungsgemäß wieder in den Bundestag eingezogen ist.

„Die zustande gekommenen Kräfteverhältnisse im deutschen Bundestag sind eine Reifeprüfung für die Demokratie“, so Kurth. Auch er sieht schwierige und langwierige Koalitionsverhandlungen auf die Fraktion zukommen. „Wir werden mit allen in Frage kommenden Koalitionspartnern intensive Gespräche führen, wobei wir allerdings weiter unsere klare Wahlkampflinie mit den Inhalten des Wahlprogramms verfolgen werden.“

Ingrid Reuter, zweite grüne Kandidatin in Dortmund, hatte erwartungsgemäß keine Chance. „Aber es hat sich gelohnt, den Wahlkampf bis zum Schluss zu führen“, so Reuter. „Das Freudige an diesem Abend ist, dass der Wahlkampf sich auch gelohnt hat, aber das Gesamtergebnis ist katastrophal.“ Neuwahlen sind für Kurth kein Thema. Diese würden nur die AfD stärken und den Vorwurf legitimieren, die etablierten Parteien, versuchten die Ergebnisse solange in Frage zu stellen, bis sie ihnen passten.

Linke will weitermachen wie bisher – Freude über Wiedereinzug von Ulla Jelpke in den Bundestag

Celine Erlenhofer (Foto) und Ulla Jelpke haben für die Partei „Die Linke“ kandidiert. Foto: Leoplod Achilles
Celine Erlenhofer (Foto) und Ulla Jelpke haben für die Partei „Die Linke“ kandidiert. Foto: Leopold Achilles

„Das Ergebnis ist natürlich nicht optimal. Wir haben uns wesentlich mehr erhofft, das ist wohl ganz klar und offensichtlich“, kommentiert Celine Erlenhofer, zweite Dortmunder Kandidatin der Partei „Die Linke“.  „Das heißt nicht, dass wir nicht genauso weitermachen, wie wir es in der vergangenen Legislaturperiode es auch schon gemacht haben.“

Für Dortmund gebe es Grund zur Freude: „Unsere Abgeordnete Ulla Jelpke wird erneut in den Bundestag einziehen, dementsprechend haben wir erreicht, was wir wollten“, so Erlenhofer, die selbst von Anfang an keine Chance auf einen Einzug in die Bundestag hatte.

Feiern konnten die Dortmunder Linken ihre erfolgreiche Abgeordnete aber nicht – Ulla Jelpke verbrachte den Wahlabend nicht im Dortmunder Rathaus, sondern in Düsseldorf.

Ergebnisse in Wahlkreis 142 in der Übersicht

 

 

Ergebnisse in Wahlkreis 143 in der Übersicht

 

UPDATE:

Wahlkurzbericht zur Bundestagswahl 2017

Auf Basis des vorläufigen Ergebnisses der Bundestagswahl 2017 hat der Fachbereich Statistik aktuell einen Wahlkurzbericht zusammengestellt, welchen die Pressestelle gerne Ihnen als Medienvertreter zur Verfügung stellt.

Der Wahlkurzbericht stellt das Wahlgebiet und das Wahlverfahren vor, vergleicht das Wahlergebnis in Dortmund mit den bundesweiten Werten, zeigt die Wahlergebnisse in den beiden Bundestagswahlkreisen in Dortmund und den Kommunalwahlbezirken auf und stellt die Bundestagswahlergebnisse im Städtevergleich dar.

PDF zum Download: Wahlkurzbericht-Bundestagswahl_2017

Reaktionen

  1. Marco Bülow (SPD-MdB)

    Marco Bülow fordert: Die SPD erneuern!

    „Die Bundestagswahl ist ein Desaster. Hier gibt es nichts mehr schönzureden. Es ist deshalb gut, dass die Parteispitze eine große Koalition ausgeschlossen hat, denn dort haben wir stark an Vertrauen und Profil eingebüßt.

    Das kurze Aufflackern mit einem neuen Vorsitzenden, kurzfristig guten Umfragen und Parteieintritten kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich sehr viele Menschen von der SPD abgewandt haben. Ein „Weiter so“ wie nach den letzten beiden Bundestagswahlen darf es auch in der Opposition nicht geben. Vor allem der Markenkern der SPD, „die soziale Gerechtigkeit“, ist dabei häufig unter die Räder gekommen.

    Zudem wurde die SPD von oben nach unten regiert und aus einer lebendigen streitbaren Partei ist zu sehr ein Wahlverein geworden. Glaubwürdig wird ein Neuanfang nur, wenn man Verantwortung für die herbe Niederlage übernimmt. Dabei geht es nicht um den „Sündenbock“. Aber es geht sehr wohl um personelle Verantwortung, vor allem derjenigen, die schon länger unseren Kurs an den Schalthebeln der Partei, der Regierung und der Fraktion maßgeblich mitbestimmt haben.

    Die SPD muss wieder demokratischer, lebendiger und moderner werden. Wir müssen raus aus den Hinterzimmern. Es darf nicht sein, dass Fraktions- und Parteispitze wieder vorgegeben werden. In der SPD-Bundestagsfraktion und innerhalb der Partei muss umfassend über eine Neuausrichtung diskutiert werden. Das bedeutet auch, dass die Basis wieder mehr und deutlicher eingebunden werden muss. Und wir brauchen mehr Debatten und politische Auseinandersetzungen. Die SPD war immer dann am stärksten, als sie heftig um die Themen gerungen hat.“

  2. DGB Dortmund

    DGB: Soziale Sicherheit nicht leerlaufen lassen!

    „Ein Wahlergebnis für gute Arbeit und soziale Sicherheit hätte anders aussehen müssen!“, so Jutta Reiter vom DGB Dortmund. „Das was vielen Menschen am Herzen liegt, steht bei AfD, FDP, CDU und auch den Grünen nicht an erster Stelle ihrer politischen Ziele! Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden sich wohl in der Zukunft warm anziehen müssen“.

    Für die DGB-Gewerkschaften in Dortmund ist es unerträglich, dass die AfD zum Trichter aller Protestwähler geworden ist: „Keine einzige Abschiebung eines Flüchtlings aus Deutschland wird einem Niedriglöhner mehr Geld bringen, oder einer alten Frau ihre Rente erhöhen, sondern im Gegenteil, die AfD wird mit ihrer Politik an vielen Stellen die Spaltung in unserer Gesellschaft weiter vorantreiben. Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus in den europäischen Parlamenten ist die Lunte, die ein friedliches Europa zum explodieren bringen kann“, so Reiter.

  3. AWO-Bezirk Westliches Westfalen

    Stellungnahme des AWO-Bezirks Westliches Westfalen: Jetzt erst recht gegen Rechts!

    Mit der AFD ist gestern erstmals eine Partei in den Deutschen Bundestag eingezogen, die sich fremdenfeundlich und völkisch positioniert. Die rechtspopulistischen Parolen haben leider Gehör gefunden – auch hier im Ruhrgebiet, wo die AFD etwa in Gelsenkirchen 17 Prozent der Wählerstimmen bekommen hat.

    Der Einzug der AfD hat deutlich gemacht, dass die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD viel Vertrauen bei den Bürgern verloren hat. Die Unzufriedenheit im Land ist gewachsen. Als AWO bekennen wir uns zum demokratischen Diskurs mit Vertretern anderer politischer Überzeugungen. Unsere Grenze ziehen wir jedoch dort, wo Menschenrechte infrage gestellt werden. Wir wehren uns gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Vorurteilen – mit aller Kraft. Wir sagen „Nein“ zu Rassismus!

    Von den etablierten Parteien erwarten wir eine ehrliche Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Bundestagswahl. Eine Hauptaufgabe der neuen Bundesregierung muss darin liegen, Armut zu bekämpfen und sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Nur so wird es gelingen, dass Hass und Hetze nicht mehr auf fruchtbaren Boden stoßen. Mit Blick auf eine mögliche „Jamaika-Koalition“ aus Union, FDP und Grünen warnen wir davor, den Pflege- und Gesundheitsbereich weiter zu privatisieren. Privat vor Staat darf hier nicht die Devise sein!

    Das Wahlergebnis muss als Weckruf verstanden werden. Zum einen für die politisch Verantwortlichen, die nun aufgefordert sind, ein solidarisches und als gerecht empfundenenes Miteinander zu schaffen. Aber auch für uns als Gesellschaft, dass wir den Hetzern und vermeintlichen Protestlern widersprechen. Jetzt gilt es erst recht, die Stimmen gegen Rechts noch lauter zu erheben!

    Wir werden nicht zulassen, dass rechter Populismus unser Land weiter spaltet.

  4. SPD Dortmund

    Der SPD-Unterbezirksvorstand Dortmund hat in seiner gestrigen Sitzung folgende Positionsbestimmung einstimmig vorgenommen:

    Der SPD-Unterbezirksvorstand spricht sich nachdrücklich gegen eine Große Koalition aus. Der Wählerwille macht deutlich, dass eine Große Koalition nicht mehr gewollt ist. Innerhalb der Großen Koalition konnte die SPD viele ihrer Forderungen nicht umsetzen. Daher übernehmen wir als stärkste Oppositionsfraktion die Verantwortung für unser Land und die Demokratie.

  5. Marco Bülow (SPD-MdB)

    Talkshows, Berichterstattung und politische Debatte beeinflussten Wahlen sehr einseitig

    Die Fakten beweisen, dass vor allem Rechtspopulisten die mediale und öffentliche Debatte bestimmt haben. Dazu erklärt der Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow:

    Teile der großen Medien – vor allem die Redaktionen der Talkshows – und wir Politiker müssen uns bezüglich der Einseitigkeit unserer Debatten kritisch hinterfragen. Themen wie Flüchtlinge, Terror und Islam waren im letzten Jahr und im Wahlkampf mehr als überproportional in Talkshows und anderen Medien vertreten. Andere Themen, wie soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Bildung spielten dagegen kaum oder gar keine Rolle, obwohl sie den Menschen jedoch mindestens ebenso wichtig sind, wie Umfragen beweisen.

    Viel zu oft werden die Provokationen der AfD in den Talkshows breitgetreten. Viele Medien stürzen sich auf jede Äußerung, egal wie menschenverachtend oder auch unwichtig sie ist. Wir Politiker reagieren dann darauf und darüber wird erneut berichtet. Deshalb bleiben dann zahlreiche Themen auf der Strecke, die dringend öffentlich diskutiert werden müssten.

    Die Berichterstattung und politische Debatte wird so einseitig und verzerrend. Besonders einseitig agieren die politischen Talkshows. Dazu hatte ich ja bereits eine Untersuchung durchgeführt – die hier noch mal angehängt ist. Insbesondere eine Partei wird dadurch zum Scheinriesen gemacht – die AfD. Diese wird aber so gut wie nie zum Beispiel zu Bildung, Rente oder Pflege befragt.

    Wenn es fairer zugehen soll, muss die Debatte vielfältiger werden. Dies ist auch ein Gebot, wenn man eine weitere Spaltung der Gesellschaft verhindern will.“

    Talkshows: Einseitig und verzerrend

    „Im März habe ich über 200 politischen Talkshows der öffentlich-rechtlichen Medien untersucht und bewertet. Dabei konnte ich zeigen, dass die Themenauswahl stark einseitig und verzerrend ist.
    Auch im TV-Duell vor der Bundestagwahl ging es vor allem um das Thema Flüchtlinge und Migration, andere Themen spielten kaum eine Rolle.
    Alle Ergebnisse der Analyse „Talkshows: Einseitig und verzerrend“ finden Sie unter: http://www.marco-buelow.de/talkshows-einseitig-und-verzerrend.

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