100.000 junge Menschen sind todkrank - zu wenige bekommen Hilfe

Familien in Not: Die Deutschen Kinderhospiz-Dienste fordern mehr Unterstützung der Politik

Studien belegen: Bedarf an Kinderhospizarbeit in Deutschland viel höher als gedacht. Foto: Moritz Janowsky

In Deutschland leben rund 100.000 junge Menschen mit lebensbedrohlichen und lebensverkürzenden Erkrankungen. Alle betroffenen Familien haben einen gesetzlichen Anspruch auf die Hilfe durch ein Kinderhospiz, doch viele nehmen das Hilfsangebot mangels Informationen nicht war. Zudem fehlen ausreichend Dienste und Kapazitäten daher appellieren die Deutschen Kinderhospiz Dienste dringend an die Politik, die finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen für die Kinderhospizarbeit in Deutschland zu verbessern.

Der Begleitungsbedarf für todkranke junge Menschen ist viel höher als angenommen

„Von über 100.000 betroffenen Kindern und Jugendlichen in Deutschland werden etwa 3.500 durch einen der 180 Kinder- und Jugendhospizdienste in Deutschland begleitet“, schätzt Thorsten Haase, Gründer und Geschäftsführer der Deutschen Kinderhospiz Dienste e. V. in Dortmund. „Bislang wurde in der Branche von 50.000 betroffenen Familien ausgegangen“, so Haase weiter, „aber das ist viel zu wenig!“

Den größten Teil der Versorgung lebensbedrohlich erkrankter Kinder schultern die Familien. Foto: Moritz Janowsky

Das Problem: Sie werden oft durch die bestehenden Angebote nicht erreicht. „Über 96.000 dieser Kinder und ihrer Familien leben in einem Dunkelfeld. In diesem Dunkelfeld zu leben, bedeutet, den Weg in soziale Isolation und fehlende Teilhabe zu gehen. Dieser Weg endet zu oft in völliger Verzweiflung.“

Auch Bundesministerin Lisa Paus (Die Grünen) geht von rund 100.000 betroffenen Familien aus. Anlässlich der Pressekonferenz zum Film „Hospizarbeit und Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche“, eines Gemeinschaftsprojektes mehrerer Branchenpartner im November 2023, sagte die Ministerin: „In Deutschland leben rund 100.000 junge Menschen mit lebensbedrohlichen und lebensverkürzenden Erkrankungen. Den größten Teil ihrer Versorgung schultern ihre Familien.“

Ambulante kinderhospizliche Angebote müssen ausgebaut und bekannter werden

„Viele Familien kennen ihre Rechte nicht und nehmen die Hilfsansprüche mangels Informationen nicht wahr“, erläutert Thorsten Haase. „Sie sind trotz gesichertem Anspruch mit der Bürokratie zusätzlich zur Care-Arbeit zuhause komplett überfordert.

Bild: Deutsche Kinderhospiz Dienste e. V.

Über die Kranken- und Pflegekassen finanzierte Leistungen werden häufig abgelehnt, sodass die Familien in den Widerspruch gehen müssen. Das zehrt an den Kräften und verringert die viel zu kurze Lebenszeit ihrer erkrankten Töchter und Söhne zusätzlich auf unerträgliche Weise.“

Das gesellschaftliche Bild, das von Hospizarbeit vermittelt wird, ist stark auf die letzte Lebensphase mit Sterben und Tod bezogen. Kinderhospizarbeit wird jedoch vorwiegend zur Entlastung und Unterstützung genutzt. „Wir merken, dass es bei den Familien einen großen Aufklärungsbedarf gibt und oft eine Hemmschwelle, die kostenfreien Angebote zu nutzen“, beschreibt Haase seine Erfahrungen in der ambulanten Arbeit.

Die Unterstützung durch die Politik ist dringend erforderlich 

Die gesetzliche Hilfe für Betroffene Familien besteht aus der Begleitung durch einen ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst, einem jährlichen vierwöchentlichen Entlastungsaufenthalt in einem stationären Kinder- und Jugendhospizdienst und jederzeit angemessener ärztlicher und pflegerischer Hilfe besteht. Haase: „Leider kann die bestehende Hilfestruktur diesen gesetzlichen Anspruch in Deutschland nicht erfüllen.“

Bild: Deutsche Kinderhospiz Dienste e. V.

Der Apel der Deutschen Kinderhospiz Dienste an die Politik: „Wir fordern die politischen Entscheidungsträger auf, dafür zu sorgen, dass Kinderhospizarbeit bedarfsgerecht und flächendeckend in Deutschland finanziert wird. Unterstützung der sterbenden Kinder und Jugendlichen sowie ihrer Familien darf nicht davon abhängen, wie geschickt ein Träger große Summen an Spenden einwerben kann oder wie reich die Eltern der betroffenen Kinder sind.“

Geschäftsführer Haase betont: „Wir fordern die Träger von Kinderhospizarbeit auf, sich an der Entwicklung von Methoden und Strukturen zu beteiligen, die die Familien im Dunkelfeld aktiv, angemessen und barrierearm erreichen und wir bitten die bürgerschaftlichen Netzwerke in Deutschland und alle Menschen guten Willens, sich hinter das Ziel zu stellen in einer gemeinsamen Anstrengung, hospizliche Hilfe für alle todkranken Kinder und Jugendlichen und deren Familien in Deutschland bis 2030 unbürokratisch zugänglich zu machen. Unser Motto lautet deshalb: Wir lassen kein Kind allein!“

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Reaktionen

  1. Deutsche Kinderhospiz Dienste suchen weitere 
Ehrenamtliche: Kompaktkurs startet am 22. Februar (PM)

    Die ambulante Kinderhospizarbeit der Deutschen Kinderhospiz Dienste ist ohne Ehrenamtliche nicht denkbar. Sie begleiten regelmäßig todkranke oder an einer akut lebensbedrohlichen Krankheit leidende Kinder und Jugendliche – oder auch deren gesunde Geschwisterkinder. Damit entlasten sie die betroffenen Familien nicht nur für Momente in ihrem herausfordernden Pflegealltag, sondern bringen häufig auch ein Stück Lebensfreude mit.

    Das Ehrenamt in der Kinderhospizarbeit ist ein anspruchsvolles Ehrenamt, bei dem es an der Tagesordnung ist, an den Tod, das Sterben, die Vergänglichkeit – auch die eigene – zu denken. Denn die erkrankten Kinder, die die Ehrenamtlichen meist in ihrem häuslichen Umfeld begleiten, verlieren oft über Jahre ihre Kraft oder auch – je nach Krankheit – Fähigkeiten, die sie einmal hatten. „Das auszuhalten, gelingt nur, wenn die Ehrenamtlichen gut auf ihre Aufgabe und die Begleitung der betroffenen Familien vorbereitet werden“, sagt Andrea Eickholt, Regionalleiterin für die ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienste der Deutschen Kinderhospiz Dienste im Ruhrgebiet.

    Vorbereitet werden die zukünftigen Ehrenamtlichen in sogenannten Befähigungskursen, die die Deutschen Kinderhospiz Dienste an ihren beiden Standorten in Dortmund und Bochum anbieten.

    Der nächste Befähigungskurs findet erstmals als Kompaktkurs an beiden Standorten statt. Die einzelnen Module werden den zukünftigen Ehrenamtlichen zum einen beim Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst an den Claudius-Höfen 2 in Bochum, zum anderen beim Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Dortmund, Dresdener Straße 15 (Hinterhof), in Dortmund vermittelt. Die Interessierten kommen in der Regel immer dienstags von 17 bis 20 Uhr zusammen sowie an ausgewählten Samstagen/Wochenenden (ganztags).

    Folgende Kursdaten sind geplant:

    Samstag, 22.02.25 (9.30 bis 17 Uhr) in Bochum: Kinderhospizarbeit in Deutschland – eine Einführung;
    Aufgaben für ehrenamtliche Mitarbeit in der Kinderhospizarbeit (2 Module)
    Sonntag, 23.02.25 (10 bis 13 Uhr) in Bochum: Umgang mit Leben, Tod, Trauer und Abschied – Ein Blick zurück (1 Modul)
    Dienstag, 4.03.25 in Bochum: Umgang mit Leben, Tod, Trauer und Abschied – Ein Blick nach vorne (1 Modul)
    Samstag, 15.03.25 (9.30 bis 17 Uhr) in Bochum: Kommunikation: Gespräche führen, die helfen (2 Module)
    Dienstag, 18.03.25 (18 bis 21 Uhr) in Dortmund: Krankheitsbilder (1 Modul)
    Dienstag, 25.03.25 in Dortmund: Rechtliche Aspekte (1 Modul)
    Samstag, 29.03.25 (9.30 bis 12.30 Uhr) in Bochum: Helfen und Hilfe annehmen (1 Modul)
    Dienstag, 1.04.25 in Dortmund: Geschwisterarbeit (1 Modul)
    Dienstag, 8.04.25 (17 bis 21 Uhr) in Dortmund: Unterstützung von Kindern mit körperlichen Einschränkungen; Pflege und Hygiene; Basale Stimulation (3 Module)
    Samstag, 12.04.25 (9.30 bis 17.30 Uhr) in Bochum: Achtsamkeit; Ehrenamtliche berichten aus ihrer Arbeit; Selbstsorge (3 Module)
    Dienstag, 15.04.25 in Bochum: Kindertrauer (1 Modul)
    Samstag, 26.04.25 (9 bis 16.30 Uhr) in Dortmund (DRK-Ausbildungszentrum, Schleefstraße 2d): Erste Hilfe am Kind (1 Modul)
    Dienstag, 29.04.25, in Dortmund: Elternabend (1 Modul)
    Dienstag, 6.05.25 in Bochum: Abschlussabend (1 Modul)

    Die Parkmöglichkeiten im Umfeld der Dienste in Dortmund und Bochum sind sehr eingeschränkt, weshalb die Deutschen Kinderhospiz Dienste den Interessierten empfehlen, den öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen. Die Teilnahme an den ersten drei Terminen (4 Module) ist verpflichtend. Von den restlichen Modulen dürfen maximal zwei verpasst werden, um das abschließende Zertifikat zu erhalten. Alle Teilnehmer werden gebeten, an jedem Kurstag eine eventuell notwendige Verlängerung einzuplanen, abhängig von der Teilnehmerzahl.

    Wer Interesse an der Kinderhospizarbeit in Dortmund und/oder Bochum hat und sich vorstellen kann, zukünftig mitzuarbeiten und vorab den notwendigen Befähigungskurs zu absolvieren, der meldet sich beim Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Dortmund unter Telefon 0231-53300880 oder schreibt eine E-Mail an kontakt@ambulanter-kinderhospizdienst-dortmund.de.

    Wer sich beim Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst Bochum anmelden möchte, kann das unter Telefon 0234-91283179 tun oder sein Interesse an der Teilnahme am Ehrenamtskurs mit einer E-Mail an kontakt@ambulanter-kinderhospizdienst-bochum.de bekunden.

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