Etwa tausend Kinder und Erwachsene haben am Samstag in Dortmund bessere Radwege und eine gerechte Verteilung des Platzes in der Stadt gefordert. Von der Steinstraße zog der Demonstrationszug durch das Burgtor und über den Wall zum Dortmunder U. Dort wurde ein Zwischenstopp eingelegt und die große Kreuzung am Westentor wurde für 15 Minuten zu einem Spielplatz. Mit Kreide bemalten die Kinder die Fahrbahn mit Fahrrädern, Bäumen und Blumen.
Ungerechtigkeit: 35 Meter für Autos, einen Meter für Radverkehr
„Wir wollten zeigen, wie enorm viel Platz vom Autoverkehr verbraucht wird, der dann für andere Dinge fehlt“, erklärt Felix Fesca vom Team der Kidical Mass. Am Dortmunder U gebe es an einigen Stellen zehn Fahrstreifen für den Autoverkehr nebeneinander, die insgesamt 35 Meter breit seien. Der Radweg daneben sei dagegen nur einen kümmerlichen Meter schmal.
„Hier am Wall sind zwar Änderungen geplant, aber insgesamt ist der Platz in der Stadt sehr ungerecht verteilt“, findet Fesca. Auch städtebaulich sei der Flächenverbrauch des Autos schlimm. „Wir sind hier am Westentor, dem ehemaligen Stadttor“, sagt Fesca. Das sei der Eingang zur Innenstadt, die City begrüße dort die Besucher und präsentiere sich. „Und sie präsentiert sich nicht etwa von ihrer besten Seite, sondern mit einer monströsen Kreuzung“, wundert sich Fesca.
Den Kindern gefiel die Aktion sichtlich: Nach 15 Minuten war die Kreuzung fast vollständig bemalt. Die Fahrt ging dann weiter über Rheinische Straße und Möllerbrücke in den Tremoniapark, wo die Demonstration endete. Über Bäume, Blumen und Fahrräder auf der Kreuzung am U rollten zu diesem Zeitpunkt schon längst wieder die Autos.
Die Organisatoren wünschen sich aber nicht nur eine gerechtere Verteilung der Flächen in der Stadt. „Wir wollen eine Stadt, in der Kinder sicher Rad fahren können“, sagt Peter Fricke vom Team der Kidical Mass. Davon sei Dortmund noch sehr weit entfernt. An manchen Hauptstraßen gebe es gar keine Radwege, oder es gebe enge Hoppelradwege neben dem Gehweg, die wegen schlechter Sichtverhältnisse gefährlich seien. Und auf schmalen aufgemalten Streifen direkt neben den Autos auf der Fahrbahn fühlten sich viele Menschen auch nicht sicher.
Neuer Radweg auf der Steinstraße als Parkplatz für Linienbusse mit Betriebspause
Dortmund sollte sich viel stärker am Erfolgsmodell Niederlande orientieren, findet das Team der Kidical Mass. „Breite, gut ausgebaute Radwege an den Hauptstraßen und ruhige Nebenstraßen ohne Auto-Durchgangsverkehr machen das Radfahren dort so attraktiv, dass fast jeder das Rad nutzt“, sagt Fricke.
Für Kinder seien die Wege so sicher und angenehm, dass morgens große Gruppen von Schulkindern gemeinsam zur Schule führen, während in Deutschland der Transport per Elterntaxi immer mehr zunehme. „Die Niederlande zeigen, dass die Lösungen längst bekannt sind“, findet Fricke. Man müsse sie nur umsetzen.
Was für einen weiten Weg zur Fahrradfreundlichkeit Dortmund noch vor sich hat, konnten die Teilnehmenden der Kidical Mass bei der Anreise erfahren. „Auf der Steinstraße gibt es einen neu markierten Radfahrstreifen, den die Stadt vor einiger Zeit mit viel Trara eröffnet hat“, sagt Fricke. Auf diesem Streifen für den Radverkehr parken seit Monaten regelmäßig Linienbusse, weil die Fahrer*innen dort Betriebspause machen, sodass die Radfahrenden in den Autoverkehr ausweichen müssen. „Deutlicher kann die Stadt Dortmund eigentlich nicht zeigen, was sie von Radfahrenden hält“, findet Fricke.
Veranstalter der Kidical Mass ist die Fahrradgruppe Aufbruch Fahrrad Dortmund, die sich für besseren Radverkehr in Dortmund einsetzt. Die nächste Kidical Mass wird schon geplant und findet am 23. oder 24. September statt. Fotos von der letzten Kidical Mass und weitere Informationen gibt es unter kidicalmass-dortmund.de