
Der evangelische Martin-Kindergarten in der Sternstraße muss geschlossen werden – und zwar schneller als gedacht. Wasser das von unten immer wieder ins Gebäude dringt und der daraus resultierende, wiederkehrende Schimmel im Keller machen nun ein zügiges Handeln notwendig. Zum 31. Juli schließt die Einrichtung. Für die Betreuung der Kinder und die Weiterbeschäftigung der Mitarbeitenden ist gesorgt.
Somit endet in der westlichen Innenstadt ein Stück evangelische Geschichte
In einer Elternvollversammlung musste Christoph Müller, verantwortlicher Referatsleiter für die Kindertageseinrichtungen im Evangelischen Kirchenkreis Dortmund, nun die schlechte Nachricht überbringen: „Die Einrichtung muss zeitnah geschlossen werden, bevor der Schimmel in die Kita-Räume gelangt. Das ist für uns alle ein großer Schock.“
„Dass die Tage der evangelischen Kita in der Sternstraße mittelfristig gezählt sind, wussten wir. Das Raumangebot entspricht nicht mehr den aktuellen Anforderungen des Landesjugendamtes, besitzt allerdings nach über 100 Jahren des Betriebes vor Ort noch einen sogenannten Betriebsstandschutz. Doch nun sind wir gezwungen, schneller zu handeln – um die Gesundheit der Kinder und unserer Mitarbeitenden nicht zu gefährden“, so Müller weiter.
Müller und der Trägerverbund die Entscheidung nicht leicht gemacht
Das hatte sich Müller, der im Juni 2024 im Evangelischen Kirchenkreis Dortmund eingeführt wurde, anders vorgestellt. Er wusste natürlich, dass einige der 71 Einrichtungen des Trägerverbundes, in denen insgesamt etwa 6000 Kinder betreut werden, nicht auf dem neuesten Stand sind.
Für den Martin-Kindergarten in der Sternstraße war lange klar: Es muss Ersatz geschaffen werden, denn das Gebäude ist marode. „Wir wussten, dass die anstehenden Sanierungsmaßnahmen in der Sternstraße nicht wirtschaftlich darstellbar sind und wir die Kita auf lange Sicht möglicherweise schließen müssen.“
Seit einiger Zeit drückt sich immer wieder Wasser im Fußbodenbereich an die Oberfläche, der Boden müsste dringend ausgetauscht werden. Im laufenden Betrieb wäre dies unvorstellbar. Mehrere Fachfirmen stimmten überein, dass aktuell die Luftqualität im Kindergarten noch unbelastet ist, sich der Schimmel im Keller sich aber weiter ausbreiten wird. Darum muss jetzt vorausschauend gehandelt werden.
Kinder und Familien werden weiterbetreut – Mitarbeitende weiterbeschäftigt
„Zum Ende des Kindergartenjahres werden voraussichtlich 18 der insgesamt 55 Kinder eingeschult – für die restlichen 37 Kinder können wir Betreuungsplätze in anderen evangelischen Kitas anbieten“, verspricht Christoph Müller. Dazu soll es Einzelgespräche mit den Eltern geben, damit die übernehmende Kita bestmöglich die Lebenssituation der Familien berücksichtigt.

Auch für die insgesamt 12 Mitarbeitenden ist gesorgt: „Dank unseres Trägerverbundes müssen wir niemanden betriebsbedingt kündigen“, sieht Müller das Positive in dieser Situation: „Schon in diesem Monat können die Kolleg:innen in anderen Kitas hospitieren, um den möglichen neuen Arbeitsplatz kennenzulernen.“
Den Kindern soll beim Wechsel in die neue Kita natürlich auch geholfen werden, so der erfahrene Pädagoge: „Natürlich gehört Abschiednehmen dazu, es soll aber auch die Freude auf das Neue bestärkt werden, damit Kinder neugierig und offen bleiben können. Kinder sollen nicht in Angst aufwachsen.“
„Für den Fall, dass betroffene Familien nicht in eine evangelische Kita wechseln möchten, werden wir auch auf andere Träger zugehen“, verspricht Christoph Müller. „Wir lassen weder die Kinder noch ihre Familien allein in dieser schwierigen Situation.“
Kleine übersichtliche Kitas lassen sich nicht mehr auskömmlich betreiben
Die Vertreter:innen der St. Petri-Nicolai-Gemeinde, in deren Gebiet derzeit insgesamt vier evangelische Kitas betrieben werden, sind über die aktuelle Entwicklung informiert und suchen solidarisch zusammen mit dem Trägerverbund nach guten Lösungen für Groß und Klein.
„Die Menschen hier in der Gemeinde empfinden eine große Verbundenheit zu ihrem Martin-Kindergarten“, weiß Gemeindepfarrerin Miriam Helmert – sieht aber auch die wirtschaftlichen Zusammenhänge, die zu diesem Entschluss geführt haben: „Eltern wünschen sich natürlich kleine, übersichtliche Kitas – doch die lassen sich in heutigen Zeiten, mit den aktuellen politischen Vorgaben, nicht mehr auskömmlich betreiben.“
Gerade Träger, die ihre kleineren Kitas im Eigentum betreiben, haben neben der Eigenbeteiligung an der Finanzierung in Höhe von 10,3 Prozent das Problem, dass am Ende des Kita-Jahres kaum noch Geld übrig bleibt, um eine Rücklage aufzubauen und die Gebäude zu sanieren oder instand zu halten.
„Die Finanzierung des Kinderbildungsgesetzes ist gerade unter Betrachtung des Gebäudeerhalts und der Eigenbeteiligung der Träger dringend anzupassen“, mahnt Referatsleiter Christoph Müller nicht zum ersten Mal. Sonst würden Träger weiterhin gezwungen sein, aus wirtschaftlichen Gründen Betriebe einzustellen. „Es kann nicht sein, dass uns Kinder in der Gesellschaft so wenig wert sind.“