Europa zum Anfassen: Den Lebenslauf aufpolieren und Auslandsluft schnuppern im Freiwilligendienst ESK

Tim Kossalowski, Sophie Finnen, Klaus Wegener und Dirk Schubert vor der Auslandsgesellschaft. Fotos (3): Gina Thiel

Von Gina Thiel

Im Ausland für einen guten Zweck arbeiten? Das kommt im Lebenslauf immer gut an und sorgt für ausreichend Gesprächsstoff und begeisterte Gesichter im Bewerbungsgespräch. Aber nicht nur die berufliche Erfahrung, sondern auch die persönliche Weiterentwicklung, kultureller Austausch und neue Sprachen kann man mit dem Freiwilligendienst erleben. Die Auslandsgesellschaft setzt sich seit 2003 dafür ein, dass junge Dortmunder*innen Erfahrungen im (europäischen) Ausland sammeln können – auch in diesem Jahr. Im Mai können endlich die lang ersehnten Austauschlinge aus dem Ausland nach Dortmund kommen, dafür sind drei Dortmunder*innen ins europäische Ausland geschickt worden. Bereuen tun sie den Austausch trotz erschwerter Bedingungen nicht – im Gegenteil.

Polen, Island, Ibiza – wo andere Urlaub machen, tauchen drei Dortmunder*innen in den ganz normalen Alltag ein

Sophie Finnen kurz vor ihrem Abflug nach Island.

Für Sophie Finnen ging es am Donnerstag (25. März) ab in den Flieger nach Island. Drei Monate wird sie sich für den Umweltschutz engagieren und in Island arbeiten und leben. Die Natur und Landschaft waren auch dass, was sie von Island im Vorfeld überzeugt hat, aber nicht nur das.

„Was ich gehört habe, sollen die Isländer auch super freundlich und hilfsbereit sein“. Deshalb freut sich Sophie schon sehr auf die Erfahrungen, die sie bald sammeln kann. Für sie ist gerade die richtige Zeit für eine Flucht aus Deutschland – hier wartet auf sie nur noch die Masterarbeit.

Mit 26 Jahren studiert sie aktuell International Development Studies und steht kurz vor dem Abschluss. Davor hat sie im Vereinigten Königreich Großbritannien und in den Niederlanden studiert. Jetzt möchte sie noch eine weitere Ecke Europas kennenlernen. Sie findet es schön, in den verschiedenen Ländern Europas zu wohnen. Da ist sie nicht allein, mit ihr zusammen beteiligen sich noch weitere Menschen aus Europa am Projekt. Ihre zukünftigen Mitbewohner*innen konnte sie im Vorfeld über Skype bereits kennenlernen. Das macht die Vorfreude nur noch größer.

Mark Kossakowski: „Es war eine Erfahrung, die man mal gemacht haben sollte.“

Mark Kossakowski zurück aus Tschechien.

Mark Kossakowski ist gerade von seinem Austausch aus Tschechien wieder zurück. Er war das erste Mal über längere Zeit im Ausland. Trotz der zwischenzeitlich schwierigen Pandemielage in Tschechien, hat er das Beste aus seinem Aufenthalt rausgeholt.

Besonders der Austausch mit den Menschen vor Ort und die Kultur waren für ihn ein echtes Abenteuer – nicht nur sprachlich. Mark ist in Dortmund aufgewachsen – einer Großstadt. In Tschechien lebte er in einem eher ländlichen Gebiet und sagt selbst, er habe sehr viel gelernt. Er hat sich vor Ort dem Projekt „be solidary“ angeschlossen und mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet.

Im Freizeitzentrum konnte er unter anderem den Minecraft-Server verwalten und Lego-Robotikprogramme vorbereiten. Seine Freizeit hat er genutzt und ist durchs Land gereist, soweit es unter Einhaltung der Sicherheitsregeln möglich war. Er resümiert seinen Aufenthalt und sagt: „Es war eine Erfahrung, die man mal gemacht haben sollte.“ Die tschechische Sprache zu lernen fiel Mark allerdings  nicht so leicht, aber „so ein Getränk an der Theke bestellen, das klappt schon“ – reicht ja auch!

Seit Januar arbeitet Shiva Heitmann auf Ibiza bei einer Segelschule

Shiva Heitmann auf dem Boot vor Ibiza. Foto: Shiva Heitmann

Shiva Heitmann ist aktuell auf Ibiza und berichtet via Telefon, wie es ihr vor Ort aktuell geht. Seit Januar arbeitet sie für insgesamt acht Monate bei einer Segelschule. Dort hilft sie Kindern und Jugendlichen, sich sportlich zu betätigen – im Wasser.

Für wenig Geld können die in der Segelschule Windsurfen, Segeln oder Kanufahren lernen. „Mir macht es hier super viel Spaß, das einzige Problem: Bevor ich hierher gekommen bin, konnte ich kein Wort spanisch“, berichtet sie. Sie lebt mit zwei anderen Freiwilligen aus Frankreich und Ungern zusammen in einer WG und geht nach der Arbeit öfter mal mit den gleichaltrigen Kolleg*innen raus.

Der kulturelle Austausch außerhalb der Arbeit ist auf Ibiza momentan schwierig. Auch hier ist das öffentliche Leben, trotz niedriger Inzidenzwerte weitestgehend runtergefahren. Restaurants schließen am frühen Abend, Veranstaltungen und Partys finden keine statt. Hoffnung auf Kontakt zu den Landsleuten hat sie aber trotzdem und auch ihre Arbeitskolleg*innen blicken voller Vorfreude auf die Sommermonate: „Die erzählen mir immer davon: im Sommer fahren wir an die Bucht und dann können wir da feiern und das macht einem dann schon Vorfreude“. Wer würde da nicht gern mit ihr tauschen wollen?

Ungarn und Belarus: die drei europäischen Austauschlinge werden schon sehnsüchtig erwartet.

Am 5. Mai sollen sie endlich ankommen, nach sechs Monaten Verzögerung – eine junge Frau aus Belarus und zwei junge Männer aus Ungarn. Wie die Pandemielage bis dahin in Deutschland aussehen werde, dass lasse sich jetzt noch nicht abschätzen, man hoffe aber auf das Beste, so Dirk Schubert, Projektleiter des Europäischen Solidaritätskorps.

Die Auslandsgesellschaft in der Nordstadt. Foto: Alex Völkel
Die Auslandsgesellschaft in der Nordstadt. Archivbild: Alex Völkel

Doch nicht nur die aktuelle Corona-Situation hat den Austausch diesmal so schwierig gemacht. In Belarus herrscht eine äußerst angespannte politische Lage mit teils bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Im Vorfeld hätten viele Gespräche mit der Deutschen Botschaft stattfinden müssen, um überhaupt ein Visum für den Aufenthalt zu bekommen.

Am Ende ist aber alles gut gegangen und die drei jungen Leute erwartet hier in Dortmund eine spannende Zeit. Man werde versuchen eine Mischung aus Homeoffice und Präsenzbetrieb im Büro für sie zu ermöglichen, so Schubert. Sie sollen aber in jedem Fall die Möglichkeit bekommen, viel Arbeitserfahrung sammeln zu können und ausreichend Eindrücke vom Leben in Deutschland zu erhalten „dafür ist der europäische Freiwilligendienst ja gedacht“, sagt Schubert.

Seit der Gründung 2003 hat das Projekt bereits 50 Menschen aus Dortmund in die verschiedensten Länder geschickt. Die Rückmeldungen sind sehr positiv. Neue Kulturen kennenlernen, neue Sprachen erlernen und gleichzeitig Arbeitserfahrung im Ausland sammeln: „Das ist Europa pur – Europa zum Anfassen“, freut sich Schubert. Kultureller Austausch ist in Zeiten wie diesen wichtiger denn je und das Beste daran?

Das Programm ist fast vollständig finanziert. Die Teilnehmer*innen müssen nur einen geringen Reisekostenanteil aufbringen, den Rest übernimmt die EU. Die Auslandsgesellschaft kümmert sich dabei um die Beschaffung der Fördermittel und noch mehr. Sie unterstützt die jungen Menschen, steht beratend zur Seite und hilft bei der Projektsuche und Antragsstellung.

Corona ist kein Hinderungsgrund, sondern gerade Anlass den Freiwilligendienst stattfinden zu lassen

Klaus Wegener, Präsident der Auslandsgesellschaft e.V.

Der Austausch zwischen verschiedenen Kulturen führt zu Weltoffenheit und Verständnis gegenüber anderen Menschen. Das ist nicht nur wichtig für Europa, sondern auch auf persönlicher Ebene. Bei einem zukünftigen Arbeitgeber sind Arbeitserfahrungen im Ausland immer gern gesehen.

Besonders weil das Eintauchen in andere Kulturen und Länder auch für die Persönlichkeitsentwicklung wichtig ist. Die Wichtigkeit des Europäischen Solidaritätskorps sieht auch Klaus Wegener, Präsident der Auslandgesellschaft e.V. „Der Europäische Freiwilligen Dienst, das ist eine Säule unseres Hauses und das möchte man natürlich aufrechterhalten“.

Dass junge Menschen trotz der Pandemie die Möglichkeit haben, im Ausland freiwillige Arbeit zu leisten und ihre Erfahrungen zu sammeln, ist wichtig. Gerade weil viele junge Menschen das Gefühl haben, dass sie Zeit verlieren oder gebremst werden. Über die Auslandsgesellschaft und den Freiwilligendienst haben sie die Möglichkeit, den Stillstand sinnvoll zu nutzen. Auch die andere Austauschseite, nämlich die jungen Menschen aus Europa, die nach Dortmund kommen, seien gut auf die Lage vorbereitet. Die Situation sei keine neue, denn Corona betreffe uns alle, so Wegener.

Wer jetzt Lust bekommen hat sich auch für eine Zeit freiwillig im Ausland zu engagieren, kann sich jetzt noch für den Herbst 2021 bewerben. Hier die Key-Facts dazu:

  • Alter: alle jungen Dortmunder*innen zwischen 18 und 30 Jahren
  • Zeitraum: bis zu einem Jahr
  • Kosten: geringer Anteil an Reisekosten
  • Projekte: Kinder- und Jugendarbeit, kulturelle und ökologische Projekte, Sportvereine, karitative Einrichtungen
  • Ansprechpartner: Auslandsgesellschaft e.V. Dirk Schubert

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