Von Thomas Engel
Es sei ein „historischer Augenblick“ – so etwas hätte es noch nie gegeben, betont Oberbürgermeister Ullrich Sierau. Gemeinsam mit einigen geladenen KollegInnen aus dem Verwaltungsvorstand der Stadt Essen hatte gerade die Dortmunder Verwaltungsspitze im Rathaus über gemeinsame Probleme beraten. Man habe Akzente in der regionalen Kooperation setzen wollen, so Sierau.
Gemeinsame Themen und Probleme, ähnliche Herausforderungen
Und das letzte Treffen dieser Art solle es auch nicht gewesen sein, sekundiert sein Kollege aus Essen, Oberbürgermeister Thomas Kufen von der CDU. Immerhin sei man „Vorreiter in der Region“. Zudem gäbe es viele gemeinsame Themen, einschließlich solcher, die von außen hereingereicht worden wären, wie beispielsweise die Luftreinheit. Daher sei es allemal sinnvoll, enger zusammenzuarbeiten.
Und Ullrich Sierau pflichtet ihm bei: „Wir sind strukturell mit ähnlichen Herausforderungen befasst.“ Es gäbe zwischen Essen und Dortmund eine Reihe von Verflechtungen. Man lebe quasi in einer „Symbiose“ mit der Nachbarstadt.
Einigkeit in Sachen Integration: (1) Warten auf zugesagte Gelder des Landes NRW
Essen wie Dortmund stünden vor ähnlichen Integrationsaufgaben, so Sierau. Einerseits gäbe es durch die Hochschulen und global agierende Wirtschaftsunternehmen in beiden Städten sowieso Menschen mit interkulturellen Fähigkeiten. Zugleich seien viele Flüchtlinge in beide Städte gekommen. Und bei einer bundespolitischen Entscheidung über den Familiennachzug würde das Problem neu definiert.
„Die Integrationspauschale muss durchgeleitet werden.“ Gemeint sei das Land NRW, näherhin zugesagte 26 bis 27 Millionen Euro, von denen bislang schlicht nichts vor Ort angekommen wäre.
Selbst die Bundeskanzlerin habe auf dem letzten Städtetag gesagt, es bedürfe höherer mathematischer Kenntnisse, um zu verstehen, wie die Länder das Geld weiterleiteten. Integration sei zwar teuer, pflichtet ihm der Essener Kollege bei; keine Integration irgendwann hingegen noch teurer.
(2) Forderung nach Kostenübernahme für Flüchtlingsunterkünfte durch den Bund
Das zweite für die beiden Städte wichtige Thema im Zusammenhang mit den Integrationskosten lautet: Die Kosten für die Unterkunft von Flüchtlingen müssen gedeckt werden. Diese Forderung richtet sich an den Bund. 151,7 Millionen Euro seien dies allein in Dortmund. Und auch hier gäbe es Einigkeit mit den Essener Partnern: „So einen Schulterschluss kann man sich nicht vorstellen“, so der Oberbürgermeister.
„Wir haben bewiesen, dass wir Integration können“, bemerkt Thomas Kufen. Aber jeder Euro, der durch sie an Kosten verursacht würde, stünde eben in Konkurrenz zu anderen Ausgaben. Integrationsfolgekosten bei anerkannten Flüchtlingen müssten eins-zu-eins im Haushalt abgebildet werden.
Bezüglich der Beschulung gäbe es in Essen beispielsweise 6.000 QuereinsteigerInnen. Einen entsprechend erhöhten Bedarf gäbe es an neuen Räumlichkeiten oder Schulgebäuden. Aber auch an neuem qualifizierten Lehrpersonal. Hier sei gleichfalls das Land NRW in der Pflicht. Ohne Rücksicht auf Parteifahnen wolle man hier initiativ werden.
Problemimmobilien in Essen wie in Dortmund: Städte wollen voneinander lernen
„Unsere Erfahrung ist: der Markt regelt es nicht“, fasst der Essener Oberbürgermeister die Ausgangslage knapp zusammen. Und dann ein deutlicher Hinweis in Richtung Wohneigentum: „Wir sind entsetzt darüber, dass es Vermieter gibt, die mit den Ärmsten der Armen Kasse machen.“
Zwar seien in Essen die Problemimmobilien breiter gestreut als in Dortmund, erläutert Ulrich Sierau, aber man könne in vielerlei Hinsicht voneinander lernen, beispielsweise, was den Umgang mit Banken anginge. Zumal es ein breites Spektrum an Instrumenten gäbe, in den Markt zu intervenieren und ihn dadurch zu stabilisieren.
Ausdrücklich würdigte Sierau, dass die Stadt Dortmund vom Bund wie vom Land NRW Gelder in Höhe von 2,5 Millionen Euro erhalten habe, mit denen Problemimmobilien gekauft werden könnten, um den kommunalen Versorgungsauftrag zu sichern.
Emscherumbau und Internationale Gartenausstellung 2027
Die Emscher sei ein Fluss, der verbindet (Sierau). Man habe sich gegenseitig informiert, wieweit der Umbau vorangeschritten sei. Jetzt käme es darauf an, einen Zeitplan mit den beteiligten Institutionen festzulegen. Insbesondere im Bereich der Folgeinvestitionen gäbe es einen beträchtlichen Möglichkeitsraum.
Die Internationale Gartenausstellung (IGA) soll im Jahre 2027 in der Metropole Ruhr stattfinden. Das hat der Verwaltungsrat der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft (DBG) entschieden. Sorge habe man aber, so der Dortmunder OB, dass der Plan nicht klappt.
Zwar ist Essen in diesem Jahr Grüne Hauptstadt Europas und gerne leitete man eine grüne Dekade bis zur Gartenausstellung ein, aber es bestünde die Sorge, dass es Schwierigkeiten bei der geplanten Ausrichtung der IGA im Ruhrgebiet geben könnte, so die beiden Oberbürgermeister. Zwar habe es schon viele Gespräche gegeben, aber seinerzeit sei nichts verschriftlicht worden, so dass es für die jetzige Landesregierung keine Aktenlage gäbe.
Solange aber kein schriftlich ausgearbeitetes Konzept vorläge, sei es natürlich schwierig, Finanzzusagen zu erhalten, prognostiziert Sierau und stellt daher fest: „Wir haben Sorge, dass die Chance vertan wird.“ Vom Regionalverbund Ruhr erwarte man nun, dass die Hausaufgaben gemacht würden, schlussfolgert Thomas Kufen. Und von der Landesregierung fordert er: „Butter bei die Fische.“
Ruhr-Konferenz – Olympische Spiele – Emissionsminderung als weitere Themen
NRW-Ministerpräsident Laschet möchte 2018 zu einer neuen Ruhr-Konferenz einladen. Auf ihr könnten alle regionalen Fragen und Probleme ausgerollt werden, bekräftigt Ullrich Sierau. Von der Bildung bis zur Digitalisierung.
Aber man müsse sich aufeinander verlassen können, so der OB, und wiederholt das Bekenntnis seines Essener Amtskollegen: Parteipolitische Grabenkriege seien zu vermeiden. Denn es ginge um die Region. Aus deren Stärken müsse sich ein regionaler Mehrwert ergeben.
Auch was eine Austragung der Olympischen Spiele 2032 oder 2036 in der Region Rhein-Ruhr betrifft, sind sich die beiden Oberbürgermeister einig: her damit! Zumal die Sport-Infrastruktur weitestgehend stünde, stellt der Dortmunder OB fest. Und man könne sich mit dem Thema auf der Ruhr-Konferenz befassen. Den Grund für das Scheitern der Olympia-Konzepte in Berlin, Hamburg und München in den vergangenen Jahren verortet Sierau in einer mangelnden Verankerung in den jeweiligen Stadt-Gesellschaften.
Bezüglich der Emissionsminderung in den Innenstädten wolle man sich im nächsten Jahr um Partizipation an den vom Bund zur Verfügung gestellten Fördergeldern in Höhe von einer Milliarde Euro bemühen. Diese böten Möglichkeiten, dass Thema „emissionsfreie Mobilität“ zu konkretisieren.
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CDU-Fraktion im RVR
Klares Signal von der Landesregierung zur Internationalen Gartenbauausstellung (IGA) 2027
„Ministerpräsident Armin Laschet hat im Namen der Landesregierung ein deutliches und positives Signal an den Regionalverband Ruhr zur IGA 2027 gesendet“, freut sich Roland Mitschke, CDU-Fraktionsvorsitzender im Ruhrparlament. „Die CDU im RVR begrüßt den Vorschlag aus Düsseldorf, weitere lösungsorientierte Gespräche auf Verwaltungsebene führen zu wollen“, so Mitschke weiter.
Aus einem Schreiben des Ministerpräsidenten geht eindeutig die Bereitschaft der Landesregierung hervor, die Region bei der Realisierung der Internationalen Gartenbauausstellung unterstützen zu wollen.
„Der Ministerpräsident macht aber auch deutlich, dass die Verwaltung des Regionalverbandes Ruhr ihre Hausaufgaben bisher nicht gänzlich erledigt hat“, warnt Roland Mitschke. „Eine pauschale Förderung eines solchen Großprojekts in Höhe von 200 Mio. € durch die Landesregierung wird es nicht geben können. Das war allerdings schon sehr früh klar, und hat mit der neuen Landesregierung nichts zu tun. Auch die alte Landesregierung hat schließlich zum ursprünglichen Konzept keine verbindliche Zusage gegeben“, erläutert Mitschke.
Die Verwaltung des RVR hat sehr lange gebraucht um eine belastbare Projektliste nach Düsseldorf zu schicken, aus der projektbezogene, konkrete Fördersummen hervorgehen. „Bisher beinhaltete die Liste auch Projekte, die unabhängig von der IGA 2027 von anderen Trägern (z.B. verschiedenen Städten) für Landesförderprogramme angemeldet werden. Dadurch sind Summen in die Diskussion gekommen, die nicht vermittelbar sind. Weniger kann eben im Ergebnis mehr sein“, so Roland Mitschke abschließend.