SERIE Kunst im öffentlichen Raum: Wer kümmert sich um Instandhaltung?

Einheitliches Konzept für Verkehrssicherheit und Pflege lässt seit einem Jahr auf sich warten

Der Nordstadt-Schriftzug – hier ein Foto aus 2013 – entstand im Rahmen der Internationalen Woche. Die Dortmunder Künstlerin Ulrike Fischer schuf die Holzbuchstaben 2011 und bemalte sie gemeinsam mit Bürger:innen. Jahrelang pflegte sie das Objekt – teilweise auf eigene Kosten. Anfang des Jahres wurde die Skulptur dann abgebaut. Das Material war morsch, das Objekt nicht mehr verkehrssicher. Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Etwa 900 Kunstwerke und Denkmäler im öffentlichen Raum hat die Stadt Dortmund erfasst und sie alle wollen gepflegt und gewartet werden. Zuständig sind dafür unterschiedliche Fachbereiche der Stadt und bereits 2023 ergab eine Anfrage: die Situation ist durchaus kritisch. Abgestimmte Prozesse, die Verkehrssicherheit und eine kostengünstige Instandhaltung gewährleisten, gibt es nicht. Ein neues, einheitliches Konzept sollte auf den Weg gebracht werden, doch auch ein Jahr später ist die Lage nahezu unverändert.

Nordstadt-Schriftzug fällt Witterung und Vandalismus zum Opfer

Im Januar 2024 war es endgültig soweit: Nach 13 Jahren wurde der bunte Holzschriftzug „Nordstadt“ an der Ecke Münsterstraße/Leopoldstraße abgebaut. „Das Holz war morsch und marode, hinzu kamen gravierende Vandalismusschäden“, erklärte eine Sprecherin der Stadt.

13 Jahre hat er gehalten – nun war das Holz des Schriftzugs Nordstadt morsch und das Objekt musste vollständig demontiert werden. Stadt Dortmund

Und weiter: „Die Standsicherheit war nicht mehr gewährleistet. Hinzu kam, dass Befestigungsstäbe durch den Vandalismus teilweise freigelegt worden waren und an den bis zu 30 Zentimeter langen Metallstangen hätten sich Menschen verletzen können.“ ___STEADY_PAYWALL___

Die neun Buchstaben aus Buchenholz wurden von der Dortmunder Künstlerin Ulrike Fischer gestaltet und 2011 mit Teilnehmer:innen der Internationale Woche bemalt. Wie es nach der Aufstellung weitergehen würde, blieb offen.

„Klar war, es sollte etwas sein, dass auch nach dem Fest in Erinnerung bleibt“, erinnert sich Fischer und findet das Objekt habe „tapfer durchgehalten.“ Der Standort, die Witterung – „das war ja nur Buchenholz.“

Alle zwei Jahre hat sie die Buchstaben inspiziert und die Farben erneuert – aus eigenem Antrieb und mit eigenen Mitteln. Hier und da gab es mal einen Zuschuss, aber meistens hat sie die Materialien selbst bezahlt.

Ein Scherz? „Nein, das kenn ich schon von einer Wandgestaltung, die ich im Spähenfelde gemacht habe“, erzählt sie und lacht: „Als ich da neu gestrichen habe, hat mir mal eine Passantin 20 Euro geschenkt, weil sie super fand, dass ich mich kümmere.“

Steht das Kunstwerk auf privatem Grund, ist die Stadt nicht zuständig

Das Künstler:innen ihre Werke selber pflegen ist ein Einzelfall – oder? Muss sich da nicht die Stadt kümmern? Gibt es nicht Verträge, die zum Beispiel Wartungsintervalle regeln? „Es ist bedauerlich, dass in der Vergangenheit die Praxis nicht üblich war, Verträge zwischen Künstler bzw. Schenker und Verwaltung zu formulieren, in denen die Pflichten und Rechte beider Parteien klar definiert wurden,“ erklärt Dr. Jacques Heinrich Toussaint, Leiter des Bereichs Kunst im öffentlichen Raum bei der Stadt Dortmund.

Dr. Jacques Heinrich Toussaint, Leiter Kunst im öffentlichen Raum und Mitarbeiter André Kölsch vor dem Kunstwerk „Chip“ auf dem Platz von Amiens Klaus Hartmann für nordstasdtadtblogger.de

Da die Aufstellung von Kunstwerken nicht von einer zentralen Stelle kontrolliert werde, komme es auch heute noch gelegentlich vor, dass Kunstwerke ohne Wissen seiner Dienststelle aufgestellt werden oder ohne dass Verträge formuliert werden, die die Betreuung der betreffenden Werke regeln, so Toussiant.

Außerdem: „Befindet sich ein Kunstwerk oder Denkmal in Privateigentum oder steht es auf Privatgrund, ist die Stadt zunächst nicht für die Instandhaltung zuständig, es sei denn, ein gültiger Vertrag sieht etwas anderes vor.“

Die Pflege von Kunstwerken und Denkmälern, die sich auf privatem Grund befinden, bereitet ohnehin große Probleme, da alle Rahmenverträge, die die Stadt z.B. für die Reinigung des öffentlichen Raums oder die Entfernung von Graffiti hat, hier nicht angewendet werden können. Allerdings stellt sich auch die Frage nach dem Einsatz der notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen.

Doch welche Kosten durch die Instandhaltung und Wartung von Kunstwerken und Denkmälern in Dortmund überhaupt entstehen ist unklar. Auf Anfrage von Nordstadtblogger heißt es von Seiten der Stadt: „Diese Frage kann nicht genau beantwortet werden, da die Verantwortlichkeiten für Instandhaltung und Wartung über unterschiedliche Fachbereiche verstreut sind.“ Und weiter: „Da Objekte nur bei offensichtlichem Bedarf gewartet werden, dürften die Kosten stark von Jahr zu Jahr schwanken.“

Unklare Zuständigkeiten erschweren Wartung und verhindern Kostentransparenz

Unklare Zuständigkeiten für Kunstwerke und Denkmäler im öffentlichen Raum, mangelnder Überblick und unterschiedliche Wartungs- und Pflegeintervalle – die Folge: mögliche Verkehrssicherheitsprobleme und keinerlei Kostentransparenz.

Kritikpunkte, die bereits im Januar 2023 in einer Stellungnahme auf Anfrage der Ruhr Nachrichten deutlich wurden. Toussaints Idee damals: ein Team aus Wissenschaft, Technik und Verwaltung, das sich abstimmt und die Tätigkeiten bündelt.

Prominenter Pflegefall: Schlafender Löwe im Westpark Foto: Alexander Völkel für die nordstadtblogger.de

Das Konzept liegt vor, sollte Anfang 2024 in den Kulturausschuss (vgl. Nordstadtblogger, 3. Februar 2024), aber getan hat sich offenbar noch nichts. Eine Sprecherin der Stadt bestätigt: „Im Jahr 2023 haben verwaltungsinterne Beratungen stattgefunden, doch nach wie vor kümmern sich aktuell unterschiedliche Fachbereiche um die Instandhaltung.“

Weiter heißt es: „Es werden aber Synergien zwischen den beteiligten Abteilungen strategisch genutzt, beispielsweise wird die Restaurierung von Kunstwerken im Rahmen von Stadtentwicklungsmaßnahmen angegangen oder Kunstwerke werden konservatorisch behandelt, wenn sie aufgrund von Bauarbeiten versetzt werden müssen.“

Und sie wagt einen Blick in die Zukunft: „Während zukünftig die Untere Denkmalbehörde weiterhin erste Ansprechpartnerin bei allen eingetragenen Denkmalen ist, soll die Koordination zu allen anderen Kunst-, Denk- und Mahnmalen, für die eine Anwendung des Denkmalschutzgesetz NRW nicht greift, durch eine zentrale Organisationseinheit betreut werden.“ Wann diese kommt und wie das dann konkret aussehen soll, bleibt wiederum offen.

Die Stadt tut sich also weiterhin schwer – aber, wie es Ulrike Fischer formuliert: „Die Stadt, die gibt es nicht, das ist doch eine Fiktion.“ Einzelne Abteilungen, ja die gäbe es und manche Menschen dort seien toll – zum Beispiel beim Tiefbauamt. Aber mehr will sie dazu nicht sagen. Nur vielleicht noch das: „Es kann doch nicht so schwer sein, wenn jeder zumindest ein bißchen macht?“ Ulrike Fischer jedenfalls packt weiter selbst an.


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