Ein Leben in Kasachstan mit deutschen Bräuchen – 14 Dortmunderinnen aus Russland erzählen ihre Geschichte

„Oma, woher kommst du? Du singst so schön“ heißt das neue Buch. Fotos: Susanne Schulte

Von Susanne Schulte

Viktoria Waltz schafft es immer wieder, die Menschen zum Reden und ihre Geschichten zu Papier zu bringen. „Oma, woher kommst du? Du singst so schön“ heißt das Buch, das der Verein für internationale Freundschaften (ViF), deren Sprecherin Waltz ist, nun vorstellte.

Der Verein für internationale Freundschaften stellte ein weiteres Buch mit Biographien vor

Die 14 Frauen, deren Lebensläufe in dem Band zu lesen sind, kommen aus Sibirien und Kasachstan, der Ukraine und Novosibirsk, ihre Vorfahren aus Hessen und Holstein, aus Süddeutschland und Ostfriesland. Russlanddeutsche wurden und werden sie vereinfacht genannt. Seit den 1990er Jahren leben die Frauen mit ihren Familien in Dortmund.

Zur Buchpräsentation in die Vereinsräume an der Flurstraße sind sie alle gekommen: die Frauen, die erzählt haben, die Frauen, die nicht erzählen wollten, Vertreter*innen vom Dortmunder Stadtarchiv und Museum für Kunst und Kulturgeschichte, von der NRW-Stiftung, die das Geld für den Druck gab, Freunde des Vereins, die halfen bei der Korrektur und mit moralischer Unterstützung.

Viktoria Waltz, die das Projekt Spurensuche innerhalb des Vereins leitet, sagte in ihrer kurzen Ansprache, dass es mühselig ist, „den Migranten etwas aus der Nase zu ziehen“. Oft habe es geheißen: „Wir durften keine Fotos mitbringen.“ Nicht jede Frau habe sich getraut, etwas zu erzählen. 14 taten es dann doch.

Kein wissenschaftliches Werk, aber ein sehr schönes Geschichtsbuch mit vielen Dokumenten

Was entstanden ist, sei kein wissenschaftliches Werk, so Waltz. Aber es ist ein sehr schönes Geschichtsbuch geworden mit historischen Dokumenten wie dem Wortlaut des Manifestes der Zarin Katharina II. vom 22. Juli 1763, die Ausländer anwarb, in Russland zu siedeln.

Es gibt historische Karten und Begriffserklärungen, Rezepte und Lieder – und viele Fotos, die die Frauen aus ihren Familienalben beisteuerten – auch alten Fotos.

Im Mittelpunkt stehen die persönlichen Erinnerungen der Erzählerinnen von ihrer Kindheit bis zur Ausreise nach Deutschland: bewegende Lebensläufe, die von Glück und Leid, von Trennung und Vertreibung, vom Wiederfinden und Loslassen zeugen, von der Zerrissenheit zwischen den Kulturen. Und von der Zufriedenheit, wenn die ganze Familie heute zusammen ist.

Grußworte von Oberbürgermeister Ullrich Sierau und Integrationsminister Joachim Stamp

Was der Verein geschaffen hat, würdigt in einem Vorwort zum Buch auch Oberbürgermeister Ullrich Sierau sowie in einem Grußwort auch der Landesminister Joachim Stamp. Beide Beiträge freuen den Verein besonders, da „bislang keine positive Beachtung in der Politik“ zu spüren gewesen sei, so Waltz.

Das Buch „Oma, woher kommst du? Du singst so schön“ ist eine weitere Veröffentlichung von Biographien des ViF. Viktoria Waltz brachte schon Bergleute zum Reden, die als Auszubildende aus der Türkei nach Deutschland kamen, und später auch deren Frauen.

Dass der Titel des neuen Buches nicht willkürlich gewählt wurde, war während der Feier zu hören. Taisa Fischer packte sich das Akkordeon auf den Schoß, spielte die ersten Takte und die alle stimmten in die Lieder ein. Erst nach einigen Soloeinlagen von zwei Frauen und dem obligatorischen Gruppenfoto durften die Gäste ans selbstgemachte Büffet.

 

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