Von Swantje Neumann
David Dushman ermahnt eindringlich, dass man heute bei Problemen einen Kompromiss finden muss. „Krieg ist keine Lösung. Es wurde genug geschossen.“ Und Dushman weiß, wovon er redet. Er ist einer der letzten noch lebenden Soldaten der Roten Armee, die am 27.01.1945 das Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau befreiten. Noch heute kämpft er gegen das Vergessen.
92-jähriger Kriegsveteran als Mahner vor Krieg und Gewalt
Mit ihm kämpften heute nicht mehr seine Kameraden von der Roten Armee oder seine Schulfreunde. Denn die sind längst gestorben. Mit ihm kämpften heute die Anwesenden, die der Einladung zu einer sehr gut besuchten Gedenkveranstaltung ins Dortmunder Rathaus gefolgt waren.
Zum elften Mal gedachten die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Dortmund den Opfern des Nationalsozialismus im Rathaus. 71 Jahre sind vergangen, seit die Rote Armee das Vernichtungslager Auschwitz von den Nazis befreite.
Mehr als eine Millionen Menschen verloren dort – durch Vergasung, Prügel, Krankheit, Hunger, oder weil sie erschossen wurden – ihr Leben. Die meisten von ihnen waren Juden. Seit 2005 gilt der Tag der Befreiung dieses Vernichtungslagers international als Gedenktag.
Auschwitz-Fahrten als Mittel zur Sensibilisierung vor rechtem Gedankengut
Es herrschte Einigkeit, dass die Jugend von heute der Garant dafür ist, eine Wiederholung der Vergangenheit zu verhindern. Ein Mittel können Gedenkfahrten nach Auschwitz sein, um sie dort „praktisch gegen das rechte Gedankengut zu impfen“.
Dies passierte auch bei Max und Jörn. Die beiden nahmen an einer Gedenkfahrt teil und erzählten im Gespräch mit den Botschaftern der Erinnerung Lauren und Ibrahim von ihren Erfahrungen.
Die Zuhörerinnen und Zuhörer erfuhren, dass die Gruppe mit 1500 Teilnehmern sehr groß war. Dies führte zwar auch zu Reibereien – aber auch zu tollen Gespräche und Begegnungen.
Künftig sollen wieder mehr Demokraten als Neonazis bei Volkstrauertag erscheinen
Rabea und Nikolas, ebenfalls Botschafter der Erinnerung, befragten Bürgermeisterin Birgit Jörder. Auf die Frage, wie sie das vermehrte Aufkommen rechter Anwesender bei Gedenkfeiern wie beispielsweise beim Volkstrauertag auf dem Hauptfriedhof empfindet, machte die Bürgermeisterin klar, dass man das aushalten müsse.
Es dürfe nicht sein, dass man sich durch die Anwesenheit der rechten Gruppierungen diese Veranstaltungen nehmen lasse. Es muss auf die Einhaltung des Rechts geachtet werden.
Aber einschüchtern lasse sie sich nicht. Und sie hofft, dass künftig wieder viel mehr DemokratInnen als Neonazis bei der Gedenkfeier und anderen Anlässen seien.
Auschwitz-Birkenau – ein Ort des Grauens und ein Friedhof für die Ermordeten
Dr. Imke Hansen von der Universität Upsalla machte deutlich, warum gerade der 27. Januar, die Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenaus, der Tag des Erinnerns ist und nicht beispielsweise der Tag der sogenannten Wannsee-Konferenz, an dem die „Endlösung der Judenfrage“ geplant wurde.
Der Grund dafür ist die besondere Geschichte und die Bedeutung von Auschwitz-Birkenau. Ein Ort des Grauens, ein Friedhof für die Ermordeten. Und gleichzeitig ein Ort, der durch das Stellen immer neuer Fragen ein Vergessen unmöglich machen, da sie einen neuen Denkprozess anregen.
Auschwitz-Birkenau, ein Vernichtungslager in dem noch vor der Befreiung die Gefangenen planten eine Gedenkstelle für die Jugend einzurichten um die Schrecken ewig wach zu halten. Und dies ist auch gelungen.
Auschwitz steht wie kein anderer Ort für Verfolgung, Gewalt und Mord
„Ein Besuch der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau kann einen Menschen verändern – weil es wenige Orte gibt, an denen uns Gewalt so deutlich illustriert wird und so authentisch vor Augen steht“, betont Hansen.
„Ein Blick über Birkenau kann helfen, die ansonsten kaum vorstellbare räumliche Ausdehnung des Lagers zu erfassen. Das Bild von Tausenden mit Namen und Adressen versehenen Koffern kann helfen die europäische Dimension von Verfolgung, Deportation und Ermordung zu verstehen“, so die Referentin – eine gebürtige Dortmunderin.
Mehr Informationen:
- Jugendring, IBB, Auslandsgesellschaft NRW, Christlich-Jüdische, Schulreferat der Evangelischen Kirche in, der VHS sowie Mahn- und Gedenkstätte Steinwache organisierten die Veranstaltung.
- Schulchor und Solistenquartett des Mallinckrodt-Gymnasiums umrahmten die Feier musikalisch. Abgerundet wurde sie durch eine Vorführung der Tanzgruppe der Jüdischen Kultusgemeinde.