Hatte die Novelle des NRW-Polizeigesetzes Ende vergangenen Jahres für heftige Proteste gesorgt, dürfte deshalb die nun anstehende Debatte um den Masterplan „Kommunale Sicherheit“ und dessen konzeptuelle Ausgestaltung im politischen Dortmund auf fruchtbarem Boden stattfinden. Den Reigen eröffnete jüngst die CDU-Fraktion, indem sie gleich mit einem in der Stadt besonders strittigen Schwerpunktthema aufwartete: mit ihrer Forderung nach Ausweitung der offenen Videobeobachtung und -überwachung in öffentlichen Räumen. Da wird ein Denken, das sich hauptsächlich in Sicherheitskategorien abspielt, auf ein anderes treffen, das sich eher um die Wahrung demokratischer Freiheiten sorgt – Spannung ist vorprogrammiert.
Das Sicherheitsgefühl von BürgerInnen – ein zentrales Thema für die Dortmunder CDU
Zufrieden zeigen sich die beiden Fachleute für Sicherheit in der CDU-Ratsfraktion mit dem für Dortmund anvisierten Masterplan „Kommunale Sicherheit“. Der geht gerade durch die politischen Gremien, bevor er auf der kommenden Ratssitzung im Februar verabschiedet werden soll. Doch es wären keine Christdemokraten, gäbe es speziell zu diesem Thema hier und da keine Nachbesserungsvorschläge.
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Denn „Sicherheit“ sei immerhin ein „Markenzeichen der CDU“, erklärt Friedrich-Wilhelm Weber, Fraktionssprecher im Ausschuss für Bürgerdienste, öffentliche Ordnung, Anregungen und Beschwerden (ABOAB). Zumal es nun darauf ankomme, den Masterplan mit Leben zu füllen.
Geht es um Sicherheit, spielen nicht nur Kriminalitätsraten eine Rolle, sondern für die BürgerInnen vor allem das individuelle Sicherheitsgefühl. Das zeige eine Umfrage in der Stadt, so Christiane Krause, Vorsitzende des ABOAB. Wenn das stimmt, dann widerstritten diesem Bedürfnis besonders die von einzelnen Personen wahrgenommenen Bedrohungen in ihrer Lebenswelt. Daher eignet sich ein Thema wie „Angsträume“ für die Union natürlich vorzüglich, um der verunsicherten Seele ihre Anwaltschaft zu versichern.
D’accord mit dem Masterplan – aber jetzt bedürfe es passender Konzepte zur Umsetzung
Im Masterplan wird dazu ausgeführt (vgl. S. 38-43, s.u.), dass jene mit Angst verbundenen Orte häufig – abgesehen von wenig Verkehren – die Eigenschaft hätten, unzureichend ausgeleuchtet zu sein – Straßen, Plätze, einsame Wege oder Unterführungen: wie etwa die von der Ortsmitte zum Busbahnhof in Huckarde, erläutert Christiane Krause. „Ein schrecklicher Tunnel, der fürchterlich dunkel ist, wo immer mal die Lichter kaputt sind.“ Oder der Piepenstock-Tunnel in Dortmund-Hörde, wo eine Drogenproblematik hinzukommt.
Eigentlich sei ihnen im Masterplan noch nichts aufgefallen, was die CDU nicht auch wolle, macht der Kollege Weber klar. Was allerdings – und nicht nur hier – in ihm fehle, ergänzt die Kollegin, dass sei „ein Handlungskonzept“: er stelle lediglich dar, wo BürgerInnen Unbehagen empfänden.
Was demgegenüber praktisch und als Antwort auf die Angst zu tun sei, dazu hat sich ihre Partei nun Gedanken gemacht und unter verschiedenen, ihr besonders wichtigen Aspekten einige Vorschläge erarbeitet – formuliert als Anträge zur Beschlussfassung im ABOAB. Die Absicht der CDU: die Verwaltung politisch zu beauftragen, in dieser oder jener sicherheitsrelevanten Angelegenheit konkret in ihrem Sinne tätig zu werden.
„Angsträumen“ fehlt es häufig an angemessener Beleuchtung – das soll nun sich ändern
Bezüglich der „Angsträume“ stellt sich die CDU zunächst konkret vor, eine Art Bestandsaufnahme hinsichtlich der jeweiligen Beleuchtungssituation durchzuführen. Dies soll in jedem Stadtbezirk geschehen – durch eine Begehung von BezirksvertreterInnen mit Fachleuten der DEW21 wie der SPIE SAG, um einen Beleuchtungsmängelplan zu erstellen.
Der wäre dann in das Erneuerungskonzept öffentlicher Beleuchtung einzuarbeiten, mit entsprechenden Priorisierungen freilich – danach, wie es sich mit dem Bedrohungsempfinden in den fraglichen Räumen verhält.
Wo es dann besonders hakt, das solle infolgedessen aus den Bezirken selbst, von und zusammen mit den Bürgerinnen kommen, so der CDU-Fraktionssprecher. Gleichsam „von unten aus“ organisiert, bestätigen die beiden SicherheitsexpertInnen auf Nachfrage.
Konfliktstoff: „Videobeobachtung“ und „Videoüberwachung“ in öffentlichen Räumen
Etwas heikler ist die Position der Dortmunder Christdemokraten zum Thema „Videobeobachtung“ und „Videoüberwachung“ in öffentlichen Räumen. Zur Erklärung: die „Beobachtung“ geschieht grundsätzlich zeitgleich; bei einer „Überwachung“ wird das Bildmaterial dagegen aufgezeichnet, ggf. später ausgewertet; hierbei ist eine parallele Beobachtung möglich, aber nicht zwingend.
Der politische Sprengstoff: Durch die signifikante Erweiterung der Ermächtigungsvoraussetzungen für den Einsatz der Videoüberwachung in der jüngst, im Dezember 2018 vom NRW-Landtag beschlossenen Novelle des Polizeigesetzes (PolG) besteht jenseits des Hausrechts nun im Prinzip die Möglichkeit flächendeckender Videoüberwachung.
So legt § 15a des PolG u.a. fest: „Zur Verhütung von Straftaten kann die Polizei einzelne öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung beobachten und die übertragenen Bilder aufzeichnen, wenn … tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass dort Straftaten von erheblicher Bedeutung verabredet, vorbereitet oder begangen werden und jeweils ein unverzügliches Eingreifen der Polizei möglich ist.“
Der Ausweitung von Befugnisse zur Videoüberwachung folgen Forderungen nach räumlicher Ausdehnung
Damit wird die Überwachungserlaubnis für alle Orte erteilt, bei denen es sich nicht um Räumlichkeiten handelt, die im weitesten Sinne – einschließlich öffentlicher Gebäude wie Schulen – unter den Wohnungsbegriff und damit unter das Hausrecht fallen. Und das lediglich auf Basis einer Annahme: nämlich dem Vorliegen von Klein- bzw. Straßenkriminalität, da ansonsten die Bedingung des schnellen Eingriffs nicht erfüllbar wäre.
Wenig überraschend: Das NRW-Gesetz entfachte die Ewig-Debatte, wie Sicherheit und Freiheit trefflich gegeneinander zu tarieren seien. Für zusätzlichen Konfliktstoff sorgte in Dortmund vor einigen Wochen die Initiative von Polizeipräsident Gregor Lange, die zugesprochenen Kompetenzen auch gleich auszunutzen. Sein Vorschlag: Ausweitung der Videobeobachtung von der Brückstraße auf die Münsterstraße.
Eine solche Praxis wäre bis zur Verabschiedung des neuen PolG unzulässig gewesen. Denn wegen der dort prävalenten Deliktarten – aus dem Bereich der Kleinkriminalität – sind lediglich Verdrängungseffekte zu erwarten, mit denen Straftaten nicht verhindert, sondern lediglich verschoben werden.
CDU-Fraktion spricht sich im Grundsatz für eine Ausweitung der Überwachungstechnik aus
Der nun für Dortmund entworfene Masterplan „Kommunale Sicherheit“ formuliert zu etwaigen Anwendungsperspektiven nach der jüngsten Novelle des Polizeigesetzes noch etwas weich, aber durchaus richtungsweisend:
„Eine mit Augenmaß betriebene Ausweitung der Videoüberwachung erscheint geeignet, die Sicherheit, zumindest das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen, in den Städten zu erhöhen. Insgesamt scheint die Akzeptanz von Videoüberwachung in der Bevölkerung und in der Politik im Lichte der einschlägigen Vorkommnisse gestiegen zu sein.“ (S. 55)
Einer solchen Forderung nach „Ausweitung der Videoüberwachung“ schließt sich die CDU-Fraktion im Grundsatz an; es geht in ihren Augen schließlich um die Sicherheit der BürgerInnen und ihr Empfinden in der Sache. Daher überrascht auch ihre Position zum Vorschlag zusätzlicher Videobeobachtung in der Münsterstraße wenig: „Wir unterstützen den Polizeipräsidenten in seinem Bemühen“, macht Weber klar.
Stärkerer Druck auf sog. Kontrolldelikte führt zwangsläufig zu erhöhten Trefferquoten
Zweifel an der Wirksamkeit beim Einsatz von Überwachungstechniken will der CDU-Sprecher nicht gelten lassen: „Wenn ich nichts beobachte, kann ich auch nicht sehen, was an Kriminalität dort stattfindet. Wenn ich etwas beobachte, taucht das eben in den Statistiken auf“, wendet er sich gegen das Argument der Grünen wie Linke/Piraten, das da in diesem Zusammenhang laute: die Kriminalität auf der Brückstraße sei doch gestiegen, seitdem es die Videobeobachtung gäbe.
Es ist nicht von der Hand zu weisen: Kontrolldelikte werden in der Breite über den Mechanismus einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung an die Oberfläche gespült. Die Frage ist halt immer, wohin geschaut wird: ob – pointiert ausgedrückt – auf Taschendiebe in der nächtlichen Innenstadt, etwaige Kleindealer mit Migrationshintergrund in der Nordstadt oder beispielsweise auf mögliche Steuerakrobaten oberhalb einer gewissen Einkommensgrenze.
Wie dem auch sei: offene Videoüberwachung ist für die Union ein Instrument, „Straftaten zu verhindern oder zumindest besser aufklären zu können“, heißt es in dem betreffenden Beschlussantrag. Sie setzt also mindestens auf vier erwünschte Wirkungen visueller Überwachungssysteme: ein Mehr an Abschreckung, Verhinderung oder Aufklärung von Straftaten sowie auf ein verbessertes Sicherheitsgefühl.
Dortmunder Schulen sollen besser gegen Einbruchdiebstahl geschützt werden
Worauf die Union deshalb verstärkt baut, ist eine erhöhte Bereitschaft zur Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung. Die sei gestiegen, sagt Christiane Krause – und dies gälte auch für die Parteien. So habe die SPD früher aufgeschrien, wenn nur das Wort Videoüberwachung oder -beobachtung gefallen sei; jetzt könne dort dagegen eine größere Zugänglichkeit beobachtet werden.
Als imminente Einsatzfelder potentiell expandierender Überwachungstechnik hat die CDU-Ratsfraktion Dortmunder Schulen ausgemacht. Denn die rückten immer wieder wegen ihrer zunehmend teuren Ausstattung in den Focus von Diebesbanden. Hier, etwa am Schulzentrum Kirchlinde, könne eine offene Videoüberwachung abschreckend wirken. Es solle sie eben dort geben, wo sie sich anbietet, erläutert Krause.
Ein offenkundiges Problem der Christdemokraten: auch im umstrittenen NRW-Polizeigesetz gibt es gewisse Einschränkungen für den Einsatz von offener Überwachungstechnik. Näherhin, wenn dafür „ein unverzügliches Eingreifen“ (§ 15a) der Sicherheitsbehörden Ermöglichungsbedingung sein soll. Denn daraus folgt zunächst, dass in jenen öffentlichen Räumen, wo dies nicht gewährleistet werden kann, es mit der Videoüberwachung schwierig werden dürfte.
Gesetzliche Regelungen zur Videoüberwachung gehen den Christdemokraten nicht weit genug
Insbesondere aber sieht die CDU ein anderes Rechtsproblem, das nichts mit der „Vereinfachung jetzt im Polizeigesetz“ zu tun habe, wie ihr ABOAB-Fraktionssprecher Weber betont. Zwar könne auch jetzt schon einiges gemacht werden, bestätigt Christiane Krause: Videoüberwachung auf einem Privatgelände, auf Schulhöfen, in den Schulen usw.
Das „Kuriose an der Geschichte“ sei, dass die aktuellen Möglichkeiten der Überwachung nur bis zur Grundstücksgrenze kämen. Was aber, wenn „Graffiti-Schmierereien“ stattfänden, auf dem Bürgersteig, auf dem Schulweg? Das könne nicht überwacht, nicht geahndet werden. Hier wolle die CDU mehr Kompetenzen für die Kommunen, diese „starren Grenzen“ müssten fallen.
Ein Dorn im Auge dürfte hier das Datenschutzgesetz (DSG) NRW sein. § 29b erklärt die Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche mit „optisch-elektronischen Einrichtungen“ nur zu dem Zweck einer Wahrnehmung des Hausrechts für zulässig. Solche öffentlichen Flächen unterliegen aber nicht dem Hausrecht der Kommunen selbst.
Um kommunale Befugnisse zu erhöhen: auf NRW-Landesregierung soll Druck ausgeübt werden
Darüber hinaus gibt es im DSG keine Vorschrift, die ihnen eine solche Überwachung erlaubt. Ausnahmeregelungen beziehen sich stets auf die Gefahrenabwehr, wobei die Barrieren bei zusätzlicher Aufzeichnung und Speicherung des Datenmaterials steigen.
In dieser Hinsicht sieht die Union offenbar Handlungsbedarf. Deswegen wolle man beispielsweise über den Städtetag Druck auf die Landesregierung ausüben: hier müssten zusätzliche gesetzliche Möglichkeiten geschaffen werden, fordert Christiane Krause. Aber, fügt Friedrich-Wilhelm Weber hinzu: da bremse augenblicklich die FDP.
Am wünschenswertesten wäre natürlich eine Videobeobachtung, bestätigt die ABOAB-Vorsitzende – dafür allerdings bräuchte es Personal in erheblichem Umfang. Bei einer Aufzeichnung hingegen – so, wie dies jetzt schon in Schulen und an öffentlichen Gebäuden geschehe – gäbe es freilich andere Möglichkeiten.
Analog zur Festlegung im Masterplan: „Überwachung“ soll „mit Augenmaß betrieben“ werden
Wichtig ist den beiden UnionspolitikerInnen: die Überwachung solle „mit Augenmaß betrieben werden“, schränken sie ihre forschen Pläne analog zur betreffenden Formulierung im Masterplan ein.
Dort heißt es zusammenfassend zur Videoüberwachung, dass stets „das verfassungsmäßig gewährleistete Recht der Bürgerinnen und Bürger auf informationelle Selbstbestimmung mit dem Interesse der jeweiligen öffentlichen Stelle, für ein bestmögliches Maß an Sicherheit zu sorgen, gegeneinander abzuwägen“ sei. Und weiter: „Eine generelle und flächendeckende Videoüberwachung im öffentlichen Raum wäre daher nicht verhältnismäßig, aber auch nicht zielführend.“ (S. 203)
Vielmehr verspräche „die Ausweitung einer anlassbezogenen und örtlich wie zeitlich begrenzten Nutzung von (möglicherweise auch mobiler) Videoüberwachungs- und Videobeobachtungstechnik weiterhin positive Auswirkungen“, so die Schlussfolgerung der dortigen Ausführungen.
CDU möchte die 2017 bei der Erarbeitung des Masterplans entstandenen „Quartierslabore“ verstetigen
Im Sommer 2017 – im Ausarbeitungsprozess der im Masterplan umrissenen Sicherheitsstrategie – entstanden in Dortmund vier „Quartierslabore“, durch die eine breitere Öffentlichkeit in deren Entwicklung miteinbezogen werden sollte.
Diese „Quartierslabore“ sollen nach dem Willen der CDU zu einer Institution werden, um die „Interaktion zwischen staatlichen Institutionen und der Zivilgesellschaft zum Thema Sicherheit“ zu fördern.
Ausgewählt wurden zu diesem Zweck vier kleinere Quartiere und nach dem Zufallsprinzip jeweils 1.000 BürgerInnen eingeladen: zu einer wie ein informeller Workshop organisierten zweieinhalbstündigen Veranstaltung, zu der sie sich bei Interesse hatten anmelden können.
So entstanden einzelne „Labore“ in (Anzahl der TeinehmerInnen): Bövinghausen (24), Brakel/Knappschaftskrankenhaus (17), Hörde/Phönixsee (19) und Borsigplatz-West (33).
Bei den Veranstaltungen ging es zentral um die Sicherheitsgefühle der AnwohnerInnen und deren Voraussetzungen bzw. Gefährdungen. Die Ergebnisse sind dokumentiert (s.u.).
Die CDU sieht in solchen Einrichtungen, die sie verstetigen möchte, „eine Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger, die Fragen, Anregungen und Gesprächsbedarf zum Thema ‚Sicherheit’ haben.“
Weitere Informationen:
- Masterplan Kommunale Sicherheit (weitergeleitet vom Verwaltungsvorstand in die politischen Gremien, 6. November 2018), hier:
- Beschlussvorschlag des Verwaltungsvorstandes zum Masterplan für die politischen Gremien, hier:
- Informationen zu den Dortmunder Quartierslaboren, hier:
- Ergebnisse der Evaluation der polizeilichen Videobeobachtung in Nordrhein-Westfalen gemäß § 15a PolG NRW (2018) vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. (2018), hier:
- Stellungnahme der Grundrechtsorganisation Digitalcourage zum Sechsten Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, hier: Weitere Stellungnahmen, hier:
- Wissenschaftliche Materialsammlung: Wirkt Videoüberwachung? – hier:
- Sechstes Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, verabschiedet im NRW-Landtag, Dezember 2018, hier:
- Kritischer Kommentar zu § 15a („Datenerhebung durch den offenen Einsatz optisch-technischer Mittel“) PolG NRW (Alfred Rodorf), hier:
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Reaktionen
Fraktion Linke & Piraten (Pressemitteilung)
Fraktion LINKE & PIRATEN kritisiert Haltung der CDU zur kommunalen Sicherheit
„Sind die Vertreter der CDU-Ratsfraktion beim Thema Sicherheit noch ernst zu nehmen?,“ fragt sich Thomas Zweier, Ratsmitglied der Fraktion DIE LINKE & PIRATEN sowie Mitglied im Bürgerdienste-Ausschuss.
Thomas Zweier irritiert eine Stellungnahme von Christiane Krause und Friedrich-Wilhelm Weber. In der Presse wird von den beiden CDU-Politikern behauptet, dass mehr Videobeobachtung ein Wunsch der Dortmunder Bürger sei und dieser deshalb in den ‚Masterplan Kommunale Sicherheit’ aufgenommen wurde. Dem widerspricht Thomas Zweier energisch.
„Bei der Auftaktveranstaltung zum ‚Masterplan Kommunale Sicherheit’ durften per Zufall ausgewählte Bürger Sicherheits-Themen benennen, die im Masterplan behandelt werden sollten. Das Thema Videobeobachtung/Videoüberwachung wurde nicht einmal genannt“, so Thomas Zweier, der an der Veranstaltung teilgenommen hat.
Thomas Zweier: „Das Überwachungsthema wurde vom Ordnungsamt unter der Leitung der damaligen Dezernentin Diane Jägers auf die Tagesordnung einer Projektgruppen-Sitzung gesetzt. Als Teilnehmer dieser Sitzung kann ich nur sagen, dass das Thema sehr kontrovers diskutiert wurde. Von einem Bürger-Wunsch nach Videoüberwachung kann absolut nicht die Rede sein.“
Linke & Piraten fordern stattdessen eine bessere Sozialpolitik. „Wer nicht am Hungertuch nagt und sich bei der Tafel um abgelaufene Lebensmittel bemühen muss, der ist auch für Kriminalität unempfänglicher“, meint Thomas Zweier.
Auch beim Thema Bürgerbeteiligung durch Quartierslabors setzt die Dortmunder CDU in den Augen von Thomas Zweier eine falsche Priorität. „Bei der Teilnahme an einem Quartierslabor in Brackel hatte ich den Eindruck, dass die eingeladenen Leute eher frustriert heimgegangen sind. Ursache war die Einsicht, dass sicherheitsrelevante Beschlüsse der örtlichen Bezirksvertretung – in diesem Fall ging es um bessere Beleuchtung von Angsträumen – seit Jahren von der Verwaltung nicht umgesetzt werden.“
Zweier ist deshalb überzeugt: „Die schnelle Umsetzung sicherheitsrelevanter Beschlüsse der Bezirksvertretungen bringt mehr für die Dortmunder als die Durchführung von Quartierslabors. Letztere halten die Verwaltung nur von sinnvoller Tätigkeit ab.“
Cornelia Wimmer
Was tun Sie, wenn Sie bemerken, dass Sie sich im Einzugsbereich einer Videokamera befinden? Genau: Sie weichen aus in einen – zumindest gefühlt – nicht einsehbaren Bereich. – Sie waren gerade im Begriff eine Straftat ztu begehen? Vielleicht ja, sehr unwahrscheinlich allerdings, – höchstwahrscheinlich nein.
Das Gefühl beobachtet zu werden ohne den Beobachter seinerseits in den Blick nehmen zu können, hat immer etwas Beklemmendes. In Huxleys „Schöner neuer Welt“ weicht das Paar dem anonymen Beobachter aus: Privat sein, allein sein, unter sich sein, unbeobachtet sein, ein Grundbedürfnis.
Die geplante Videobeobachtung soll angeblich das subjektive Sicherheitsgefühl stärken. Das wird sie nicht. Was das subjektive Sicherheitsgefühl – und wohl auch die statistisch feststellbare Sicherheit – steigert, sind bekannte Faktoren: Beleuchtung, Vermeidung von Angsträumen, belebte Straßen und Plätze.
Marcus Bäckerling/Nordstadt-CDU (Pressemitteilung)
Zum Pro und Contra Videoüberwachung von CDU und Linken steht eines sicher fest, dass die Menschen in der von Kriminalität getragenen Münsterstraße sehr wohl die Videoüberwachung wollen.
Die Polizeiarbeit allein hat nicht ausgereicht.
Die Videoüberwachung wäre deshalb auch eine gute Unterstützung für die Polizei.
Die CDU Innenstadt-Nord hat schon vor Jahren die Videoüberwachung für die Münsterstraße gefordert.
Dass es nun möglich ist, sollte nicht durch kleinlichen Streit zwischen den Parteien zerredet werden.
Die CDU Innenstadt-Nord überlegt, ob eine Umfrage in der Münsterstraße sinnvoll sein könnte.
David Grade
Hallo Herr Bäckerling,
ich bin Anwohner der Münsterstraße und würde sie gerne bei der Umfrage in der Münsterstraße unterstützen und rege an, auch die Anwohner von Nebenstraßen mit einzubeziehen. Ich bitte folgende Fragen einzufügen:
Eine Evaluation der Videüberwachung in der Brückstraße ergab, dass die Straßenkriminalität um über 3% gestiegen ist (Kontrolldelikte rausgerechnet). Wollen Sie in der Münsterstraße videoüberwacht werden oder lieber Kriminalität durch wirkungsvolle Mittel reduzieren?
Videoüberwachung führt dazu, dass Kriminalität in Seitenstraßen verdrängt wird. Wollen Sie in der Münsterstraße videoüberwacht werden oder lieber Kriminalität reduzieren statt verdrängen?
Wollen sie lieber einen Staat der Ihnen vertraut (und Kriminalität mit wirkungsvollen Mitteln reduziert) oder wollen Sie videoüberwacht werden?
In der Bezirksvertretung wiederhole ich gerne, wie Kriminalität wirkungsvoll reduziert werden kann. Wir wissen wie, sie wollen es nur nicht. Warum eigentlich nicht?
mit freundlichen Grüßen
David Grade
Sonja Lemke
Wenn die CDU sich schon um „subjektive Ängste“ kümmern will, was ist mit der Angst vor Totalüberwachung? Intelligente Gesichtsauswertung, die jeden unserer Schritte verfolgt, ist keine Zukunftsmusik; Namen können problemlos über das Internet herausgefunden werden.
Auch wenn das in der Münsterstraße (noch) nicht gemacht werden soll: Die Menschen haben Angst davor, denn überwacht zu werden ist immer grenzüberschreitend und niemand sieht was hinter den Kameras geschieht.
Will die CDU diese Angst etwa nicht ernst nehmen? Oder interessiert sie das „Empfinden in der Sache“ nur, wenn es in ihr Konzept passt?