
Die Stadt Dortmund soll ihren offiziellen X-Account (ehemals Twitter) stilllegen. Der Ausschuss für Personal, Organisation und Digitalisierung hat nach intensiver Diskussion mehrheitlich für den Rückzug gestimmt – das letzte Wort hat der Stadtrat am 13. Februar. Die Entscheidung fiel knapp aus – die CDU lehnte den Antrag ab, eine Enthaltung gab es ebenfalls. Die Verwaltung setzt künftig stärker auf alternative Plattformen wie Mastodon.
Die Kritik: X fördert rechtsextreme Inhalte, Desinformation und Hassrede
Der Grund für den Rückzug: Die aktuelle Entwicklung von X steht nicht mehr im Einklang mit den Werten der Stadt. Die Plattform fördere zunehmend rechtsextreme Inhalte, Desinformation und Hassrede. Das ist für Antragsteller:innen nicht mehr akzeptabel. Dortmund setzt stattdessen auf Mastodon und prüft weitere alternative Plattformen für die öffentliche Kommunikation. ___STEADY_PAYWALL___
Die Stadt folgt damit dem Beispiel vieler Organisationen, Hochschulen und Kommunen. Schon im Juni 2024 hatten 47 deutsche Organisationen – darunter Ärzte der Welt, Germanwatch und Terre des Hommes – ihre Accounts auf X gelöscht. Auch Verdi und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisieren die Plattform und zogen sich zurück. Mittlerweile haben auch zahlreiche Universitäten und Städte ihre X-Accounts abgeschaltet.
Pro und Contra: Die Argumente für und gegen den Rückzug
Die Antragsteller von SPD, Grünen, Linke+ und Die Partei sehen X nicht mehr als geeignete Plattform für eine demokratische Stadtverwaltung. Sie kritisieren die zunehmende Verbreitung von Hassrede und Desinformation sowie den Einfluss von Elon Musk, der Moderationsrichtlinien gelockert und eine problematische Diskussionskultur gefördert habe. „Wir wissen, wie Musk agiert und dass er rechte Parolen verbreitet. Es steht uns gut zu Gesicht, X zu verlassen. Das entspricht nicht mehr unserem Wertekontext“, sagt Wolfgang Gurowietz (Grüne).

Die CDU hingegen betont die strategische Bedeutung von X: „Es war eine hauchdünne Mehrheit in unserer Diskussion, die es besser findet, X weiterhin zu nutzen“, erklärte Uwe Waßmann (CDU). Er verwies darauf, dass die Plattform weiterhin hohe Reichweite habe, insbesondere in der politischen Kommunikation und Krisenkommunikation.
Die politische Entscheidung fiel unabhängig von der Kommunikationsabteilung der Stadt. Soeren Spoo, Bereichsleiter Kommunikation, hatte keine Rolle in der Abstimmung, sieht den Rückzug aber aus professioneller Sicht kritisch.
Kommunikationsleiter warnt vor Reichweitenverlust
Soeren Spoo begleitet die Diskussion um den X-Rückzug seit Monaten in seinem eigenen Team – und er hätte sich eine andere Entscheidung gewünscht: „Wir haben uns intern intensiv damit auseinandergesetzt, was auf X passiert. Die Moderation von Inhalten wurde abgeschafft, Desinformation nimmt zu, die Nutzerzahlen sinken. Gleichzeitig haben wir festgestellt, dass X für uns als Stadtverwaltung weiterhin eine enorme Reichweite hat – wir gehören unter den Kommunen zu den Top 5. Das macht den Ausstieg strategisch problematisch.“

Für Spoo wäre es daher eine Option gewesen, X als „Minimalpräsenz“ weiter zu nutzen – also nur noch für essenzielle Informationen und Krisenkommunikation. „Es gibt Themenbereiche, in denen X weiterhin wichtig ist: Politik, öffentliche Verwaltung, Wissenschaft, Technologie. Viele Politiker:innen sind längst zurückgekehrt. Es gibt schlichtweg keine alternative Microblogging-Plattform, die auch nur ansatzweise diese Reichweite hat.“
Die Entscheidung des Ausschusses hält Spoo für nachvollziehbar, aber er betont, dass sie primär aus politischen Gründen getroffen wurde – nicht aus strategischen oder kommunikativen: „Wir haben in meinen Augen die Verpflichtung, dort zu kommunizieren, wo die Menschen sind.“
Was bedeutet der Rückzug für die Stadt?
Die Verwaltung hat sich bereits mit Alternativen beschäftigt. Dortmund betreibt seit Längerem einen Mastodon-Account und ist zudem auf Threads aktiv. „Wir beschäftigen uns schon lange mit einem möglichen Ausstiegsszenario. Unser Ziel ist es, die Nutzer:innen bestmöglich mitzunehmen und eine reibungslose Übergangsstrategie zu entwickeln“, sagt Spoo.
Auf die Frage nach der weiteren Entwicklung von X äußert er sich skeptisch: „Ich habe nicht die Hoffnung, dass Elon Musk eine Kehrtwende macht. X wird weiterhin eine gewisse Relevanz haben, aber ich hoffe, dass sich das Prinzip eines offenen Microblogging-Dienstes anderswo etablieren kann.“
Nächste Schritte: Der Ratsbeschluss steht noch aus

Mit der Entscheidung im Ausschuss ist der Rückzug nun offiziell empfohlen. Die endgültige Abstimmung findet in der kommenden Ratssitzung statt. Parallel soll die Verwaltung prüfen, wie die digitale Kommunikation auf anderen Plattformen – darunter Facebook, Instagram, LinkedIn, Bluesky, YouTube und Mastodon – weiter ausgebaut wird.
Die Entscheidung markiert einen wichtigen Schritt für die Social-Media-Strategie der Stadt Dortmund. Sie zeigt, dass sich Kommunen zunehmend mit der Frage auseinandersetzen, auf welchen Plattformen sie präsent sein wollen – und welche Werte sie damit vertreten. Doch sie ist nicht unumstritten.
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Reaktionen
Verwaltung soll X verlassen: Dortmunder Rat bezieht klare Haltung gegen Desinformation (PM Grünen-Fraktion)
Die Dortmunder GRÜNEN haben gemeinsam mit SPD und Linke+ die Stadtverwaltung dazu auffordert, ihre Aktivitäten auf der Plattform X (ehemals Twitter) mit sofortiger Wirkung einzustellen. Diesen Beschluss hat der Digitalausschuss nun getroffen. In der nächsten Ratssitzung am 13.2.2025 beschließt der Stadtrat hierüber endgültig. Die Stadt soll sich damit der wachsenden Liste von Organisationen und Vereinen anschließen, darunter 60 deutsche Hochschulen und Gewerkschaften wie ver.di, die aufgrund der besorgniserregenden Entwicklungen bei X ähnliche Schritte unternommen haben.
Katrin Lögering, Fraktionssprecherin der GRÜNEN im Dortmunder Rat, erklärt: „Wir beobachten mit Sorge, wie X sich zu einem Ort entwickelt, an dem demokratische Werte zunehmend untergraben und Desinformation ohne Moderation ungefiltert verbreitet wird.” Das passe nicht zu einer Stadt, die für Respekt, Vielfalt und den Schutz demokratischer Werte stehe. „In Zeiten, in denen die gezielte Verbreitung von Falschinformationen die demokratische Meinungsbildung gefährdet, ist es unerlässlich, dass öffentliche Institutionen nicht länger auf Plattformen präsent sind, die diesen destruktiven Kräften Raum und Möglichkeiten bieten. Deshalb ist es uns wichtig, dass Dortmund an dieser Stelle mit gutem Beispiel vorangeht und ein starkes Signal für Transparenz und Wahrhaftigkeit setzt.”
Den Ausschlag für die Entscheidung gab ein kürzlich auf der Plattform geführtes Gespräch, in dem Plattformchef Elon Musk zuließ und förderte, dass historische Fakten verzerrt wurden und extremistisches Gedankengut unkommentiert stehen blieben.
Mit dem Beschluss zum Austritt soll Dortmund ein deutliches Zeichen für demokratische Werte und gegen die Verbreitung von Fake News und extremistischer Propaganda setzen.
Für die Dortmunder GRÜNEN ist es grundsätzlich wichtig, die digitale Kommunikationsstrategie der Stadt hinsichtlich ihrer ethischen und sozialen Verantwortlichkeiten immer wieder zu überdenken und auf den Prüfstand zu stellen. Die Notwendigkeit, die Bürgerinnen und Bürger über offizielle Kanäle korrekt und objektiv zu informieren, beinhalte auch die Verantwortung, sich für eine respektvolle und auf Fakten basierende Kommunikation in der digitalen Welt einzusetzen. „Vor diesem Hintergrund soll auch die Entwicklung weiterer, von der Stadt genutzter Social-Media-Plattformen und ihrer Algorithmen zukünftig kritisch beobachten werden.”
Die Stadt Dortmund verlässt die Plattform X – ehemals Twitter (PM)
Die Stadt Dortmund verlässt mit sofortiger Wirkung die Social Media-Plattform X (ehemals Twitter). Sie setzt damit den am Donnerstag (13. Februar) gefassten Ratsbeschluss um und wird sich künftig auf andere Kommunikationskanäle konzentrieren.
Die Stadt Dortmund hatte ihre Beiträge auf X in den vergangenen Monaten bereits reduziert. Der Grund: die abnehmende Reichweite und Umstrukturierung der Plattform. Für die direkte Kommunikation zu Themen wie Technologie und Wissenschaft nud für die Krisen-Kommunikation (zum Beispiel bei der Entschärfung von Blindgängern) wurde der Account mit über 110.000 Abonnent*innen aber weiterhin genutzt.
Transparente Information weiterhin gewährleitet
Der Aufgabe, verlässlich und transparent zu informieren, kommt die Stadt Dortmund weiterhin nach: Sie wird sich künftig verstärkt auf andere digitale und klassische Kommunikationskanäle konzentrieren. Dazu zählen unter anderem die offizielle Webseite der Stadt, aber auch soziale Netzwerke wie Facebook, Instagram und der dezentraler Mikroblogging-Dienst Mastodon. Diese Dienste bieten die Möglichkeit einer direkten Kommunikation, um aktuelle Informationen, Warnmeldungen oder wichtige Ankündigungen schnell zu verbreiten. Dies ist besonders in Krisensituationen wichtig.
Der Einsatz sozialer Medien ist darüber hinaus ein wichtiger Bestandteil der digitalen Transformation der Stadtverwaltung. Sie bieten die Möglichkeit, digitale Dienste bekannter zu machen, Verwaltungsprozesse einfacher zu erklären und direkt in einen interaktiven Austausch mit den Bürger*innen zu kommen.