Die Zahl der Demonstrationen und Kundgebungen der extremen Rechte in NRW ist weiter angestiegen

Vor der JVA Dortmund fand die Neonazi-Kundgebung statt. Fotos: Alex Völkel
Vor der JVA Dortmund fand eine der zahlreichen Neonazi-Kundgebungen in NRW statt. Fotos: Alex Völkel

Im Jahr 2018 hat es in NRW im Schnitt fast jeden dritten Tag Kundgebungen oder Demonstrationen von extrem rechten Akteur_innen, sowie diffusen Mischszenen von sogenannten „Wutbürger_innen“ und PEGIDA ähnlichen Zusammenschlüssen – teils im Schulterschluss mit bekannten Neonazi-Kadern – gegeben. Das ist das Ergebnis eines eigenen Monitorings rechter und rassistischer Vorfälle, welches die Mobile Beratung NRW gemacht hat. Ein besonderes Augenmerk wurde zudem auf straßenpolitische Aktivitäten extrem rechter (Misch-) Szenen in NRW gelegt.

Dortmund bleibt ein Hotspot bei straßenpolitischen Aktivitäten

Die extreme Rechte in NRW trat im Jahr 2018 vorwiegend mit straßenpolitischen Aktivitäten in den Fokus. Die Stadt Dortmund bleibt hierbei ein Hotspot. Des Weiteren konnten im Rheinland wie in der Stadt Köln sowie im Ruhrgebiet in Duisburg und Essen vermehrt Aktivitäten organisierter Neonazistrukturen, sowie Agitationen rechter Mischszenen beobachtet werden.

Die Neonaziszene um die Kleinstpartei „Die Rechte“ Dortmund machte besonders mit Hilfe von lokalen und regionalen Netzwerken und Gruppierungen mit Kundgebungen, „Mahnwachen“, „Spaziergängen“ und Demonstrationen auf sich aufmerksam.

Deren Mitglieder waren bereits in den vergangenen Jahren im Kontext ähnlicher Aktionen etwa der „Hooligans gegen Salafisten“, PEGIDA NRW, der „Bürgerbewegung Pro NRW“ oder der „Identitären Bewegung“ in Erscheinung getreten.

Das Auftreten von Zusammenschlüssen schafft zumindest temporäre Angsträume

Reichsbürger sind bei der Polizei ein Thema - 141 wurden im Dortmunder Zuständigkeitsbereich entwaffnet.

Rassistisch-ethnisierende Narrative dienen hier als verbindende Deutungsmuster, um diffuse Mischszenen von unorganisierten „Wutbürger_innen“, Hooligans, Reichsbürger_innen und Akteur_innen aus der Neonaziszene zu einen. Derartige Mischszenen traten u.a. auch in Städten wie Köln, Duisburg oder Essen in Erscheinung. Dort versuchen Gruppierungen sich als „Bürgerwehr“ zu inszenieren.

Wie beispielsweise in Essen: Die sogenannten „Steeler Jungs“, die sich aus (rechten) Hooligans und Akteur_innen aus dem Rocker- und Türsteher-Milieu rekrutieren. Das Auftreten derartiger Zusammenschlüsse schaffte zumindest temporäre Angsträume.

Als Beispiel weiterer diffuser Mischszenen von unorganisierten „Wutbürger_innen“, Hooligans, Reichsbürger_innen und Akteur_innen der extremen Rechten beobachtete die Mobile Beratung NRW wiederholt Versammlungen der „Internationalen Kölschen Mitte“.

Versuchte Instrumentalisierung von Vorfällen sexualisierter Gewalt

Ein zentrales Agitationsfeld bilden die Versuche, allgemeine gesellschaftliche Probleme und Herausforderungen, etwa im Bereich sexualisierter Gewalt, konsequent zu ethnisieren und vor allem Migrant_innen, besonders Geflüchtete, als sexuell übergriffig und kriminell zu diskreditieren.

An die vordergründige Verallgemeinerung sowie die häufig verzerrte und emotionalisierende Darstellung einzelner Vorfälle knüpfen sich stark personalisierende Schuldzuweisungen an „die Regierung“ oder die Bundeskanzlerin, die durch ihre angebliche Grenzöffnung seit 2015 bewusst „Fremde“ ins Land geholt und somit das deutsche „Volk“ einer scheinbar unkalkulierbaren Bedrohung ausgesetzt habe.

Sogenannte „Wutbürger_innen“ prägen öffentliche (politische) Diskurse rassistisch

„In der Mobilen Beratung machen wir die Beobachtung, dass weit über die extreme Rechte hinaus einzelne Vorfälle sexueller Gewalt instrumentalisiert werden. Dabei wird die Schuld der Regierung oder der Bundeskanzlerin zugeschoben, die das deutsche Volk austauschen wolle. Wir müssen einerseits komplexe Migrationsprozesse erklärbar machen, andererseits rassistische Diffamierungen und menschenverachtende Aussagen klar zurückweisen“, so Michael Sturm der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus NRW.

Dieses Narrativ nutzten seit Frühjahr 2018 verschiedene extrem rechte Gruppierungen in NRW, um mit unterschiedlicher Resonanz zu öffentlichen Versammlungen zu mobilisieren. Nicht selten stellten sie dabei Bezüge zur extrem rechten, bundesweit wahrnehmbaren Kampagne „Kandel ist überall“ her, die darauf abzielte, ein Tötungsdelikt in der rheinland-pfälzischen Kleinstadt propagandistisch im Sinne des skizzierten ethnisierend-rassistischen Deutungsmusters auszunutzen.

Die Mobile Beratung NRW beobachtet diese straßenpolitischen Aktivitäten „extrem rechter Mischszenen“ mit Sorge und warnt vor der andauernden Verrohung des gesellschaftlichen Diskurses in diesem Land. Sogenannte „Wutbürger_innen“ gehen durch rassistisch geprägte öffentliche (politische) Diskurse, vermeintlich in rassistischen Denkmustern gestärkt, mit Holocaustleugner_innen, Neonazikadern, extrem rechten Hooligans und Reichbürger_innen auf die Straßen, um gemeinsam gegen Minderheiten zu hetzen.

Mehr Informationen:
Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus NRW
www.mobile-beratung-nrw.de

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