Die Wirtschaft in der Region sorgt sich vor den Folgen der US-Zoll- und Handelspolitik

Vorstellung vom Jahresbericht 2024 der IHK zu Dortmund

Stellten den IHK-Jahresbericht vor: IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann (r.) und IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber. Foto: Stephan Schütze für die IHK Dortmund

Regionale Wirtschaft ist aufs engste mit der Weltpolitik verknüpft. Darum werden die Entwicklungen in den USA auch in Dortmund sorgenvoll betrachtet. Mit welcher Stimmungslage begegnen Unternehmen der Region den diesbezüglichen Herausforderungen? Welche positiven und negativen Entwicklungen sind zu verzeichnen? Diese und weitere Fragen wurden beleuchtet, als die IHK zu Dortmund ihren Bericht für das Jahr 2024 vorgestellt hat.

Zur Stimmungslage in deutschen Unternehmen

Der Vorstellung vom Bericht der IHK zu Dortmund zum Jahr 2024 war begleitet von der Sorge um die Folgen der US-amerikanischen Politik. Die Zölle, aber auch die weitreichende Unberechenbarkeit werden auch für Deutschland Folgen haben, die in Gänze noch nicht abzusehen sind.

IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann, selbst erfolgreicher Unternehmer, berichtete, wie man sich im von ihm geführten Unternehmen damit bereits auseinandersetzt. Nur um abschätzen zu können, welche Folgen die Importzölle haben werden, würde man schon jetzt einige Mitarbeiter beschäftigen, die der produktiven Arbeit nicht mehr zur Verfügung stehen.

Ganz allgemein beklagte Dustmann, dass sich die deutsche Wirtschaft nach wie vor in einem Stimmungstief befindet. Die künftige Bundesregierung müsse durch ihr Handeln dringend dazu beitragen, dass sich das schnell ändert. „Die Wirtschaft“, so der IHK-Präsident, „muss in Zukunft schneller wachsen als die Schulden.“

Stabile Handelsbeziehungen sind für die Wettbewerbsfähigkeit dringend notwendig

Dazu, wie die Gesamtlage von Unternehmen im Kammerbezirk eingeschätzt wird, hat die IHK eine Umfrage durchgeführt, an der sich 350 der rund 60.000 Mitgliedsunternehmen – also rund 0,7 Prozent – beteiligten.

Heinz-Herbert Dustmann zitierte aus den Ergebnissen der Umfrage: „Jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) beurteilt die gegenwärtige Lage als schlecht. Dieser Wert hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich verschlechtert. […] Auch die zukünftigen Geschäftserwartungen werden eher verhalten eingeschätzt.“

Mit einem Anteil von 52 Prozent stellen Container nach wie vor die mit Abstand größte Gütergruppe. Der Tonnage-Umschlag ist um rund 8 Prozent (88.000 Tonnen) gestiegen.
Mit einem Anteil von 52 Prozent stellen Container nach wie vor die mit Abstand größte Gütergruppe. Der Tonnage-Umschlag ist um rund 8 Prozent (88.000 Tonnen) gestiegen. Foto: Dortmunder Hafen AG

Auch wurden die teilnehmenden Firmen danach gefragt, ob sie die künftige große Koalition als Bundesregierung begrüßen würden, was bei 37 Prozent der Fall war, während 31 Prozent sich eher skeptisch und nicht zufrieden zeigten.

Dustmann vertrat in seinem Redebeitrag die Vermutung, dass es für die deutsche Wirtschaft weiter bergab gehen wird.

Die allgemein mangelnde Nachfrage und mangelnde Aufträge würden durch die von den USA verhängten Zölle noch verstärkt: „Jetzt ist es wichtig, die genauen Auswirkungen zu analysieren und strategisch zu reagieren. Das ist Aufgabe der Bundesregierung und natürlich der EU. Stabile Handelsbeziehungen sind dringend notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze in der IHK-Region, in NRW und in Europa zu sichern.“

Berufliche Ausbildungen und Anerkennung individueller Lernwege

Auf einen ausgesprochen wichtigen Bereich lenkte IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber das Augenmerk, als er auf die Lage im Ausbildungsbereich zu sprechen kam. Die Zahl der neuen Ausbildungsverträge in der IHK-Region war mit 4.184 Verträgen gegenüber dem Vorjahr mit einem Minus von 4 Prozent erneut rückläufig. „Die IHKen in NRW haben vor diesem Hintergrund mit ‚Ausbildung.NRW‘ eine neue digitale Lehrstellenbörse gestartet, auf der sich Unternehmen

IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann (li.) vertrat in seinem Redebeitrag die Vermutung, dass es für die deutsche Wirtschaft weiter bergab gehen wird. Foto: Stephan Schütze für die IHK Dortmund

und Bewerber anmelden können“, sagte Schreiber und erläuterte: „Junge Menschen für die duale Ausbildung zu begeistern, ist auch das Ziel der 2023 gestarteten bundesweiten Ausbildungskampagne ‚Ausbildung macht mehr aus uns – Jetzt #Könnenlernen‘. Das Herzstück der Kampagne spielt sich durch geschulte Auszubildende auf jugendrelevanten Social-Media-Kanälen ab, die das ‚Lebensgefühl Ausbildung‘ in die Lebenswelten junger Menschen tragen.“

Bemerkenswert ist, dass viele (man spricht von Millionen) Menschen auch in Deutschland in Berufen tätig sind, für die sie nicht ausgebildet wurden. Das bedeutet, dass dafür notwendige Fach- und Basisqualifikationen in einem anderen Berufsfeld erworben wurden. Aufgrund des zu Beginn des Jahres in Kraft getretenen Bildungsvalidierungsgesetz erhalten berufserfahrene Personen ohne Berufsabschluss nun die Möglichkeit, sich ihre beruflichen Kompetenzen anerkennen zu lassen.

Feststellung und Bescheinigung sind neue hoheitliche Aufgaben der IHKen, die damit einen wirksamen Beitrag zur Personalnot der Unternehmen leisten. Vor allem aber wird mit dieser neuen Möglichkeit des Nachweises vorhandener Kompetenzen dem Rechnung getragen, dass aufgrund der zunehmenden Dynamisierung im Arbeitsmarkt viele Berufsbiografien nicht mehr geradlinig verlaufen.

Weitere Entwicklungen im Kammerbezirk

Hinsichtlich typisch regionaler Probleme wurde beispielsweise der Sanierungsrückstau bezüglich der Verkehrsinfrastruktur angesprochen. „Die Sauerlandlinie A45 gehört auch in unserem Kammerbezirk zu den Problemstellen. Dort sind allein 65 Brücken marode. Innerhalb Dortmunds ist die B 236 mit Knotenpunkt Wambel ein besonderer Problembereich. Die A1 weist den besten Brückenzustand auf. In Hamm stellen sich zwei Brücken über die Lippe im Gewerbegebiet Uentrop als besonderes Problem dar“, benannte Stefan Schreiber als Beispiele dafür.

Inzwischen hat auch das „IHK-Forum am Rombergpark“ seinen Betrieb aufgenommen. Foto: Stephan Schütze für die IHK

Aber auch ausgesprochen positive Entwicklungen sind im Kammerbezirk zu verzeichnen. Dazu Heinz-Herbert Dustmann: „Zu echten Landmarken sind die Neubauten von Materna auf Phoenix- West und der Continentale auf der Stadtkrone Ost geworden. Große Büroimmobilien sind immer auch ein klares Statement für den Standort und insofern freuen wir uns, dass namhafte IT-Dienstleister und Versicherungskonzerne sich hier so wohlfühlen und weiterwachsen.“

Die drastischen Veränderungen, die durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz für die Wirtschaft zu erwarten sind, hat die IHK ebenfalls im Blick. Als besondere Formate der darauf gerichteten Weiterbildung werden, neben allgemeinen Informationsveranstaltungen, Einführungs- und Praxisworkshops und besondere KI-Sprechstunden angeboten.

Inzwischen hat auch das „IHK-Forum am Rombergpark“ seinen Betrieb aufgenommen. „Das Team der IHK-Weiterbildung freut sich auf Besucherinnen und Besucher in unserem schönen Prüfungs-, Veranstaltungs- und Weiterbildungszentrum“, sagte Schreiber und wies zugleich darauf hin, dass als nächstes das alte IHK-Seminargebäude an der Märkischen Straße angerissen und durch einen Neubau ersetzt werden wird.

Hier gibt es den Bericht als PDF zum Download: IHK-Jahresbericht_2024

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Reaktionen

  1. Statement von IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann und IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber zum Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD (PM)

    „Vor dem Hintergrund der großen geopolitischen Unsicherheiten und angesichts des Handelskonflikts mit den USA ist es wichtig, dass sich die Spitzen von CDU/CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haben, der jetzt noch von den jeweiligen Parteien bestätigt werden muss. Unsere Wirtschaft braucht in diesen schwierigen Zeiten schnellstmöglich eine handlungsfähige Bundesregierung. Im Koalitionsvertrag finden sich viele gute Ansätze, große und wichtige Reformen sind allerdings noch nicht zu erkennen.

    Wichtig ist, dass der Bürokratieabbau noch viel umfassender wird und die zahlreichen Dokumentations- und Berichtspflichten – wie angekündigt – stark reduziert werden. Wir begrüßen die ersten Maßnahmen der Bürokratieentlastung, etwa, dass die Bonpflicht im Einzelhandel entfällt und der deutsche Alleingang beim Lieferkettengesetz der Vergangenheit angehören soll. Der geplante Ausbau der Infrastruktur mit beschleunigten Planungsverfahren ist ebenfalls eine Kernforderung unserer Unternehmen.

    Die zwischen den Parteien verabredete Senkung der Strompreise um mindestens fünf Cent pro kWh durch die Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß und die Reduzierung der Netzentgelte ist ein Schritt in die richtige Richtung. Dafür haben sich in unserer aktuellen Konjunkturumfrage 77 Prozent unserer befragten Unternehmen ausgesprochen. Auch der Industriestrompreis ist richtig, um die energieintensive Industrie wieder wettbewerbsfähiger zu machen.

    Für die ab Januar 2026 angekündigte Senkung der Umsatzsteuer für Speisen in der Gastronomie auf sieben Prozent (statt 19 Prozent) votierte in der Umfrage knapp die Hälfte der 350 befragten Betriebe. Ein Viertel war dagegen, der Rest unentschieden. Den Mindestlohn auf 15 Euro anzuheben hingegen lehnen knapp 60 Prozent der Unternehmen ab.
    Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Abschreibungen über drei Jahre von je 30 Prozent sollen für Investitionen der Unternehmen sorgen. Wir begrüßen diesen Plan. Leider kommt der Einstieg in die Unternehmenssteuerreform erst ab 2028 deutlich zu spät. Erst dann soll der Körperschaftssteuersatz auf 14 und 2029 auf 13 Prozent sinken. Erschwerend kommt hinzu, dass der Solidaritätszuschlag bleiben soll.

    In vielen Punkten des Vertrags finden sich Positionen der IHK-Organisation wieder. Insgesamt reicht das vorliegende Paket jedoch noch nicht aus, um eine echte wirtschaftspolitische Trendwende zu schaffen.

    Um das notwendige Aufbruchsignal zu senden, muss die Regierung noch vor der Sommerpause in wichtigen Feldern die Weichen stellen: Bürokratie entschlacken, Investitionen erleichtern, Energiekosten senken und Genehmigungs- und Planungsverfahren beschleunigen – hier müssen erste wirkungsvolle Schritte kommen. Nur wenn unsere Wirtschaft durch gute Politik wieder wettbewerbsfähig wird, können unsere Unternehmen die großen Herausforderungen bestehen.“

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