Dortmund konnte in den vergangenen Jahren vom Digital-Pakt und anderen Förderprogrammen profitieren – in Zeiten von Corona wurden mehr als 70.000 iPads für Schüler:innen und Lehrkräfte angeschafft. Aber auch Glasfaseranschlüsse, W-LAN und eine Vielzahl anderer Geräte wie 3D-Drucker konnte für die Schulen angeschafft werden. 4200 Klassen- und Fachräume wurden mit moderner Technik ausgestattet. Damit steht Dortmund gut da. Allerdings ist die Finanzierung der Nachfolgegeräte nicht in trockenen Tüchern – das Land bewegt sich bisher nicht.
Stadt fordert das Land zur Kostenübernahme für Ausstattung für Lehrkräfte auf
Eigentlich sah der Digitalpakt vor, 2026/27 die Geräte zu erneuern, da dann auch die Lizensierung der Software-Pakete abläuft. Die erforderlichen Mittel dafür sollen aus dem geplanten Digitalpakt II kommen. „Es ist aber noch nicht konkretisiert, wann der Digitalpakt II kommt. Wir haben uns schon beim Städtetag und beim Land für eine gesicherte Folgefinanzierung eingesetzt und eine Schulpauschale für den gesamten digitalen Betrieb vorgeschlagen“; berichtet die zuständige Dortmunder Dezernentin Monika Nienaber-Willaredt.
Dann müssten allerdings auch für die Lehrkräfte mit digitalen Endgeräte ausgestattet werden: „Das ist nicht unsere Aufgabe – sie sind Landesbedienstete. Das müsste der Dienstherr machen“, betont sie mit Blick auf laufende Rechtsgutachten. Deutlicher wird OB Thomas Westphal: „Für die 6500 Geräte für Lehrkräfte, da haben wir einen offenen Deckel und der ist nicht vom Land bezahlt worden. Wir sind nicht bereit, noch einen zweiten Deckel aufzumachen“, stellt Dortmunds OB klar. ___STEADY_PAYWALL___
„Sonst zahlen wir demnächst auch noch Einsatzfahrzeuge der Polizei, nur weil die auf Dortmunder Stadtgebiet fahren“, zog er eine Parallele. „Wir werden das auf keinen Fall ein zweites Mal tun, das war schon vor vier Jahren völliger Unsinn. Aber wir wollten das damals nicht auf dem Rücken der Lehrkräfte austragen. Jetzt hat das Land eigentlich Zeit, sich was zu überleben. Aber mal sehen – allein uns fehlt der Glaube“, so Westphal. Das gilt übrigens auch für den Service der mehr als 70.000 Endgeräte – auch hier gibt es keine ausreichende Refinanzierung.
Dortmunds Schulen liegen digital an der Spitze – WLAN ist fast überall angekommen
Diese und andere Themen sind Gegenstand von zwei Berichten zur Digitalisierung und Bildung. Sowohl der Bericht zur Umsetzung des Medienentwicklungsplans und des DigitalPakts 2023 als auch der dritte Jahresbericht zum Masterplan Digitale Bildung nehmen nun ihren Weg in die politischen Gremien. Die Kurzfassung: Im vergangenen Jahr hat die digitale Ausstattung der Dortmunder Schulen noch einmal einen großen Schritt nach vorn gemacht.
Mittlerweile stehen mehr als 70.000 mobile Geräte für den Unterricht in digital gestützten Lernwelten zur Verfügung. Diese Grundausstattung wurde noch ergänzt durch 3D-Drucker, Sensorikmodule oder Digitalmikroskope. „Damit nimmt Dortmund auch weiterhin deutschlandweit einen Spitzenplatz unter den Großstädten ein“, sagt Schuldezernentin Monika Nienaber-Willaredt.
Fast an allen Schulen ist inzwischen WLAN verfügbar. Ende 2023 besuchten über 95 Prozent der 82.000 Schüler*innen eine Schule mit einem flächendeckenden WLAN. Zudem wurden über 300 weitere Klassen- und Fachräume mit modernster Präsentationstechnologie ausgestattet, so dass nun über 4.200 Räume professionell ausgestattet sind. Darüber hinaus stehen allen Schulen Online-Lernpattformen mit Videokonferenzfunktion und vielfältigen kollaborativen Funktionen zur Verfügung.
Das Medienzentrum des Fachbereichs Schule und das Dortmunder Systemhaus unterstützen die Schulen und die Lehrkräfte durch professionellen Support und ein umfangreiches Fortbildungs- und Beratungsangebot, das ebenfalls erheblich ausgeweitet wurde.
Digitale Teilhabe für alle Dortmunder:innen als Ziel
Die digitale Ausstattung der Schulen ist jedoch nur ein Baustein im Masterplan Digitale Bildung, der 2020 vom Rat der Stadt Dortmund beschlossen wurde. Der Masterplan beschreibt, bündelt und vernetzt Strategien, um digitale Teilhabe und Bildung für Menschen jeden Alters in ganz Dortmund zu fördern und zu stärken.
Die Liste der Aktivitäten für das Jahr 2023 reicht von der frühkindlichen digitalen Bildung bei FABIDO über Aktivitäten des Jugendamts und in der schulischen Bildung hinein bis in die Kultureinrichtungen, sei es bei DORTMUND MUSIK, in der VHS oder der Stadt- und Landesbibliothek.
Teilweise haben die Masterplan-Projekte Schnittstellen zu anderen Strategien wie Smart City, „Bildungskommune“ oder zur geplanten MINT-Strategie. Ein gemeinsamer Fachtag und die Plattform „Vernetzte Bildung“ helfen den Beteiligten aus allen Bildungsbereichen dabei, sich auszutauschen und zu vernetzen.
Kooperationen: Mit Fördergeldern noch mehr erreichen
Um gemeinsam noch mehr zu erreichen, werden zusätzlich Fördergelder aktiviert. 2023 konnten das Jugendamt, das Regionale Bildungsbüro im Fachbereich Schule, der Verein schul.inn.do und die Masterplan-Koordination gemeinsam eine Förderung für das zweijährige Projekt „Chancen bilden in Dortmund-Scharnhorst“ bei der Telekom-Stiftung einwerben. Ergebnis: Die Jugendfreizeitstätte, die Stadtteilbibliothek und mehrere Schulen in Scharnhorst arbeiten nun in digitalen Projekten gemeinsam und kreativ zusammen.
Erfolg hatte die Akquise auch bei der Förderlinie „Pakt für Informatik 2.0“ des Landes NRW. Partner sind hier ein Team der FH Dortmund um Prof. Sabine Sachweh und die DigitalWerkstatt der GrünBau gGmbH. Dieses Projekt fördert außerschulische Angebote für Jugendliche, um Informatik-Kompetenzen zu fördern.
Auch in diesem Jahr wird sich der Masterplan Digitale Bildung gemeinsam mit vielen Akteur:innen weiterentwickeln. Konkret geplant sind 2024 ein weiterer Fachtag für pädagogisch Tätige und zusätzliche Elternangebote. Die Kooperation von Wissenschaft und Bildungspraxis soll ausgebaut werden. Ein Schwerpunkt liegt 2024 außerdem auf dem Umgang mit offenen und freien Bildungsmaterialien.
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Medienzentrum der Schulverwaltung verleiht Mini-Roboter und Co. an Lehrkräfte – Kostenlose Ausleihe von Zubehör für den Unterricht möglich (PM)
Für mehr Digitales und Kreatives an den Dortmunder Schulen: Ab sofort können Lehrer*innen für ihren Unterricht Hilfsmittel wie Roboter oder Mini-Computer über eine neue Plattform ausleihen. Via medienzentrum-dortmund.quickverleih.de können Interessierte Tools und Zubehör aus den Bereichen Robotik, Coding und Making reservieren. Hinter der Plattform steht das Medienzentrum des städtischen Fachbereichs Schule.
Lehrkräfte können sich auf der Seite nur mit einer dienstlichen E-Mail-Adresse anmelden. Die Ausleihe ist kostenlos, die Leihgegenstände müssen persönlich im Medienzentrum Dortmund abgeholt und zurückgegeben werden. Bei der Registrierung auf der Seite wird die Personalnummer abgefragt, diese Eingabe ist jedoch nicht notwendig.
Unterricht digitaler machen
Schon 2023 hat das Medienzentrum zahlreiche Tools an die Dortmunder Schulen ausgeliefert und somit eine solide Basis für digitale Technik im Unterricht geschaffen. Einige dieser Tools bietet das Medienzentrum ab sofort zusätzlich ebenfalls zur Ausleihe an. medienzentrum-dortmund.de
Offener Brief zum „offenen Deckel“ von Daniel Schlep (PM)
Sehr geehrter Herr Westphal,
als weitreichend aktiver Medienpädagoge/Medienhistoriker möchte ich mich bzw. muss ich mich zum Zitat „Wir haben da noch einen offenen Deckel“ äußern. Dies ist ein weiteres Beispiel dafür, welche Medienkompetenz EntscheidungsträgerInnen und FachberaterInnen in Deutschland (auch Länder/Bund) besitzen. Die Zeit zum Lernen läuft ab.
Im Jahr 2020 habe ich öffentlich meine „iPad-Frage“ gestellt, gewarnt und Wissen zu sinnvollen und sauberen Lösungen für eine gesunde Digitalisierung in Schulen und Gesellschaft angeboten. Leider hat die Politik/Verwaltung nicht zugehört und sich für den unreflektierten Weg entschieden.
Die von mir über Jahre prognostizierten Probleme sind nun Realität und die Symptome sichtbar:
Geldfragen, Elektroschrott, pädagogische/psychologische Probleme bzgl. Konzentration und Suchtverhalten – inzwischen auch mit Belegen aus der Wissenschaft (u.a. UNESCO, internationale WissenschaftlerInnen, etc.). Und es gibt mittlerweile eine immer größer werdende Zahl von Eltern, LehrerInnen und Schulleitungen, die starke Kritik an der unreflektierten Geräteflut äußern. Offizielle Stellen behaupten zur Selbstrettung, alles sei gut und alle seien zufrieden. Aus manchen Schulen berichten mir Eltern, dass sie sich stark unter Druck gesetzt fühlen bzgl. der Nutzung von digitalen Medien, obwohl angeblich alles auf Freiwilligkeit beruhe. Andere Familien nutzen die Geräte einfach gar nicht. Oft betonen Schulen inzwischen öffentlich, dass die digitalen Medien nur ein Zusatz seien und weiter wie gewohnt mit Stift und Papier unterrichtet werde. Ein Zusatz mit Ausgaben in Millionen- bzw. Milliardenhöhe inkl. unkontrollierbarer Abhängigkeit für die Zukunft?
Beim Stichwort „Zukunft“ kommen wir zurück zum Zitat.
Lieber Herr Westphal, liebe IT-Fachleute der Stadt:
Wir haben nicht „einen offenen Deckel“ – dies ist nur der Anfang.
Sämtliche Beteiligte im Spiel wirken wie (digital) berauschte Menschen in einer Kneipe, die mit den „offenen Deckeln“ ein Kartenhaus bauen.
Die Stadt brüstet sich mit über 70000 Geräten. Es geht hier nur noch darum, bzgl. der Zahlen Erster zu sein – wie bei Clicks und Likes im Netz. Passende Inhalte und Bildung finden wenig bis nicht statt. Lehrkräften fehlt fundiertes Medienwissen, um selbstbestimmt und rechtskonform arbeiten zu können. SchülerInnen spielen, shoppen und konsumieren mit den Geräten im Unterricht und daheim – häufig Inhalte, die nicht für ihr Alter freigegeben sind, oft auch angespornt durch die Lehrkräfte (Thema: Dienste und Altersfreigaben).
Und alle sprechen immer von Wirtschaft, aber Erwachsene wissen offenkundig nicht, wie man wirtschaftet. Ich wiederhole meine Frage aus 2023: Was sagen die Beschaffungsämter zu dieser unreflektierten Geräteflut? Weiter: Was bedeutet das alles ökonomisch/ökologisch für die Zukunft?
Herr Westphal, Sie sprechen von Geld – was ist mit dem Berg von Elektroschrott, der durch vollkommen falsch gewählte Hard- und Software entsteht und gleichzeitig mit den Geldproblemen immer weiter wachsen wird? Wurden Sie von Ihren FachberaterInnen über den höheren Preis des ersten Nachfolgemodells informiert? Wohin wird uns die klar nachweisbare Abhängigkeit führen?
Fragen über Fragen – und ich stelle sie seit Jahren.Doch niemand antwortet – da niemand antworten kann.
Wir brauchen keinen Digitalpakt 2.0 und wir haben auch nicht „einen offenen Deckel“. Die Stadt Dortmund hat im Rausch gekauft und möchte, dass andere (dauerhaft) die Zeche zahlen.
Hochachtungsvoll
Daniel Schlep
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„Für sinnvolle Entscheidungen benötigen wir aber Wissen. Dieses haben wir nicht. Dafür haben wir Geld – noch…“
Zitat aus: Daniel Schlep stellt die „iPad-Frage“ / Daniel Schlep / 2020
https://www.danielschlep.de/Daniel-Schlep-stellt-die-iPad-Frage.pdf
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„Geräte, Systeme, Programme, Dienste […] können mit Hilfe dieser Schablone abgepasst und eingeschätzt werden.“
Zitat aus: Medienschablone – Werkzeug für eine gesunde Digitalisierung / Daniel Schlep / 2023
https://www.danielschlep.de/Medienschablone.pdf