Serie „Dortmund Rechtsaußen“ (Teil 5 von 10):

Die Nibelungenkämpfer: Die Rolle des Kampfsports für den Rechtsextremismus

Parteifunktionär Alexander Deptolla ist Organisator des „Kampf der Nibelungen“. Foto: Alex Völkel
Parteifunktionär Alexander Deptolla ist Organisator des „Kampf der Nibelungen“. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Seit einigen Jahren propagieren militante Neonazis öffentlich die Vorbereitung auf den Tag X, jenen Tag, an dem die demokratischen Institutionen gestürzt werden sollen. Hierfür nehmen sie an Wehrsportübungen teil, horten Waffen und trainieren für den Straßenkampf. Dass Wehrhaftigkeit, Militanz und Gewalt seit jeher genuine Bestandteile rechtsextremer Ideologie sind, ist kein großes Geheimnis. Dennoch kann es erstaunen, mit welcher Professionalität und Akribie Neonazis aus ganz Europa in den letzten Jahren ein rechtsextremes Netzwerk an Gyms und Kampfsportevents aufgebaut haben. Federführend beteiligt an der neonazistischen Vernetzung im Kampfsport-Bereich ist Alexander Deptolla, ehemaliger Führungskader des mittlerweile verbotenen Nationalen Widerstandes Dortmund und hochrangiger Funktionär von Die Rechte.

Der Kampf der Nibelungen ist ein Markenzeichen

Thorsten Heise (NPD) beim „Trauermarsch“ für Siegfried Borchardt.
Thorsten Heise (NPD) im Oktober 2021 in Dortmund. Er organisiert das RechtsRock-Festival „Schild & Schwert“. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Der umtriebige Dortmunder Neonazi fungiert dabei als Hauptorganisator des Kampfes der Nibelungen (KdN), dem größtem Kampfsport-Event der rechtsextremen Szene in Westeuropa.

Kampfsport hat sich mittlerweile neben dem RechtsRock zu einer wichtigen Agitationsfläche des europäischen Neonazismus entwickelt, durch die neue Mitglieder rekrutiert und die Gemeinschaft der Szene beschworen wird. Zudem erfüllen solche Events eine wichtige Funktion hinsichtlich der Finanzierung der rechtsextremen Szene.

Das neonazistische Event startete 2013 als klandestin organisierte Veranstaltung unter dem Namen Ring der Nibelungen mit etwas über 100 Besucher_innen. Die einmal jährlich stattfindende Veranstaltung professionalisierte sich sukzessive mit dem kontinuierlichen Anstieg der Zuschauer_innenzahl. Im Jahr 2017, als das Label Kampf der Nibelungen beim Patent – und Markenamt registriert wurde, kamen bereits 500 Zuschauer_innen.

Der Huckarder Bezirksvertreter Jim Koal (mit KdN-Schriftzug auf der Brust) neben KdN-Organisator Alexander Deptolla auf dem Trauermarsch für „SS-Siggi“.
Der Huckarder „Die Rechte“-Bezirksvertreter Jim Koal (mit KdN-Schriftzug auf der Brust) neben KdN-Organisator Alexander Deptolla auf dem Trauermarsch für „SS-Siggi“. Foto: Alexander Völkel für Nordstadtblogger.de

Den vorläufigen Höhepunkt markierte das Jahr 2018, in dem zwei Turniere stattfanden, eines davon im Rahmen des RechtsRock-Festivals Schild & Schwert, als dessen Veranstalter der stellvertretende Bundesvorsitzende der NPD und rechtsextreme Multifunktionär Thorsten Heise auftritt. Das zweite Event war eine reine Kampfsportgala mit über 850 Teilnehmenden, die aus ganz Europa und sogar aus den USA angereist waren.

Die Veranstalter machten keinen Hehl daraus, worum es bei dem Event geht. So äußerte sich einer der Ringrichter im Dortmunder Neonazi-Magazin N.S. Heute, der KdN sei die einzige Kampfsport-Veranstaltung, bei der „nur weiße Menschen gegeneinander antreten“.

Nur dort würden noch „stolze Europäer“ antreten, „die ihre Wurzeln noch kennen und für ein weißes Europa der Vaterländer stehen, statt es zu einer multikulturellen Kloake verkommen zu lassen“. Neben Deptolla soll im KdN-Team Jim Koal aktiv sein, der nach dem Umzug von Michael Brück den Sitz in der Bezirksvertretung Huckarde für Die Rechte übernommen hat.

Internationale Vernetzung der Kampfgemeinschaft

Als Sponsor des KdN 2018 trat unter anderem die russische Firma White Rex um Denis „Nikitin“ Kapustin in Erscheinung. White Rex organisiert Kampfsportturniere in Europa und tritt als Bekleidungsmarke mit eigenem Online-Handel auf.

Als "kontaktfreudig und erlebnisorientiert" bezeichnet sich dieser Hooligan. Archivbild: Alex Völkel
Als „kontaktfreudig und erlebnisorientiert“ bezeichnet sich dieser Hooligan. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Kapustin schwebt allerdings darüber hinaus die Schaffung einer alle Lebensbereiche umfassenden neonazistischen Gegenkultur vor, wie er im Interview mit dem N.S. Heute offenbarte: „Wir werden in allen Bereichen des Alltags unsere Parallelstrukturen aufbauen: Gyms, Läden, Tourismus, Sportartikel usw. Und das wird international funktionieren! Dann ändern sich die Leute automatisch!“.

Das Angebot aus Sport, Freizeit und Bekleidung ist dabei nicht nur ein äußerst erfolgreiches Geschäftsmodell, sondern dient als politische Strategie zur Rekrutierung und Formierung von neonazistischen Kräften. Neben White Rex und dem KdN organisieren und sponsern noch eine Reihe weiterer Modelabels wie Pride France, Black Legion und Greifvogel Wear europaweit faschistische Kampfsportgalas.

Gemeinsam verstehen sie sich als Kampfgemeinschaft, die regen Kontakt zu in den letzten Jahren entstandenen neonazistischen Kampfsport-Gruppen wie Knockout 51 aus Thüringen, Baltik Korps aus Mecklenburg-Vorpommern und Wardon21 pflegen.

Gewalttätige Hooligans und Neonazis waren bei der "HoGeSa"-Aktion in Köln dabei. Foto: Marcus Arndt
Gewalttätige Hooligans und Neonazis waren bei der „HoGeSa“-Aktion in Köln dabei. Foto: Marcus Arndt

Insbesondere die Gruppe Wardon21 versucht dabei der rechtsextremen Kampfsportszene einen ideologischen Überbau zu geben, indem soldatische Männlichkeit, Drogen- und Alkoholverzicht (Straight Edge) und eine gesunde Lebensweise als neonazistisches Ideal propagiert werden. Nach dieser Auffassung kann eine „gesunde Volksgemeinschaft“ nur durch gesunde „Volksglieder“ entstehen, weswegen in diesen Kreisen ein die Natur fetischisierender Körperkult gepflegt wird.

Auf Kongressen wie dem Heureka 2018 und 2019 debattiert ein elitärer Kreis von Neonazis über militärische Erziehungsmethoden, Veganismus und die „dekadenten“ Folgen liberaler Gesellschaften.

Dabei erfolgt eine doppelte Abgrenzung gegenüber dem vermeintlich faulen, egoistischen Konsumsubjekt der Spätmoderne einerseits und dem bierseligen, grölenden Springerstiefel-Nazi andererseits. An deren Stelle soll ein „neuer Menschenschlag“ von elitären Herrenmenschen treten, die körperlich und geistig bereit sind, die moderne Gesellschaft und ihre Institutionen zu zerschlagen.

Verbindungen zum neonazistischen Musikszene

In Zeiten von Fitness-Boom und marktvermittelten Anreizen zur Selbstoptimierung sind Themen wie körperliche Ertüchtigung oder ein gesunder Lebensstil ohne Alkohol und Fleischkonsum in hohem Maße anschlussfähig an die Lebenswelt vieler junger Menschen. Deptolla und Konsorten versuchen in der Öffentlichkeit bewusst, den KdN als unpolitische Sportveranstaltung zu verkaufen, um auch Personen außerhalb der eigenen neonazistischen Kreise zu erreichen.

Kampf der Nibelungen Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Der Kampfsport kann auf diese Weise als niedrigschwelliger Einstieg fungieren, durch den Jugendliche und junge Erwachsene Schritt für Schritt an die rechtsextreme Szene herangeführt werden sollen. Die Strategie, zeitgemäße und populäre Kulturgüter für die eigene Rekrutierung zu nutzen, wurde im Wesentlichen aus dem RechtsRock übernommen, dessen Netzwerke die rasante Entwicklung des NS-Kampfsportes erst ermöglichten.

Die Verbindung zur NS-Musikszene war in organisationaler wie ideologischer Hinsicht wegweisend für die neonazistische Kampfsport-Szene. Für die Entwicklung der Orga-Struktur in Deutschland war vor allem Malte R. eine zentrale Figur. Malte R. ist bereits seit Mitte der 1990er Jahre in der RechtsRock-Szene aktiv. 2003 gründete er ein eigenes Label, in dem Tonträger und Merchandise derjenigen RechtsRocks-Bands vertrieben werden, die dem internationalen Netzwerk Hammerskin Nation (HSN) zugerechnet werden.

Er gilt als Europachef der Hammerskins und fungierte als einer der Hauptinitiatoren des Ringes der Nibelungen, der 2013 maßgeblich von HSN-Strukturen aus Südwestdeutschland organisiert wurde. Malte R. tritt bis heute als Ringrichter bei KdN-Veranstaltungen auf.

Alexander D. und der Rest der Nazi-Hools am Ballermann. Hitlergruß inklusive ©linksunten
Alexander D. und der Rest der Nazi-Hools am Ballermann. Hitlergruß inklusive ©linksunten Screenshot: LInksunten

Auch darüber hinaus pflegen Deptolla und er ein gutes Verhältnis, welches sich neben gemeinsamen Besuchen von Neonazi-Aufmärschen darin zeigte, dass sie beide zu einer Reisegruppe deutscher Hammerskins gehörten, die 2017 auf Mallorca durch neonazistische Parolen im Lokal ‚Bierkönig‘ für bundesweite Schlagzeilen sorgten.

Für die Vermittlung der Ideologie über den RechtsRock spielt das Genre NS-Hardcore eine übergeordnete Rolle. Bei dem Musikstil werden bestimmte Aspekte aus der Hardcore-Musikszene adaptiert und mit faschistischer Ideologie verbunden. Insbesondere die bereits erwähnte Straight Edge Ideologie findet dabei Berücksichtigung, indem sie in die Auffassung transformiert wird, dass sich eine starke und kampfbereite Volksgemeinschaft aus gesunden und wehrhaften Körpern zusammensetzen muss.

Für den KdN spielt die Band Terrorsphära eine besondere Rolle, die in ideologischer Hinsicht als musikalisches Aushängeschild fungiert und deren Bandmitglieder teilweise in der Organisation des KdN involviert sind. In ihren Liedern propagieren sie das Ideal eines willensstarken, germanischen Herrenmenschen, der sein Vaterland gegen äußere Bedrohungen und die Moderne verteidigt.

Intensive Verbindungen zum Hooligan-Milieu

Neben der Musikszene ist das Fußball-Hooligan-Milieu ein zentraler Rekrutierungspool für die rechtsextreme Kampfsportszene. Mehrere Dortmunder Hooligans haben bereits an NS-Kampfsportturnieren teilgenommen, u.a. an Fight Nights in Russland und in der Ukraine, die von White Rex bzw. Denis „Nikitin“ Kapustin organisiert wurden. Die Kontakte bestehen schon seit langem, Kapustin soll sogar zeitweise die Dortmunder Hooligans trainiert haben. Er selbst machte seine ersten Gewalterfahrungen in Kölner Hooligankreisen, die mit den Dortmunder Kameraden eine lange Freundschaft verbindet.

Christoph Drewer hat gegen Flüchtlinge und ihre Unterstützer gehetzt.
Nazi-Kader Christoph Drewer Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Auch bei dem KdN haben bereits Hooligans von verschiedenen Vereinen gekämpft, u.a. aus Bremen, Chemnitz, Cottbus, Rostock und Dortmund. Christoph Drewer, mehrjährig inhaftiertes Vorstandsmitglied von Die Rechte, trat etwa bei einem KdN als Kämpfer für die Hooligan-Gruppe Kaotic Chemnitz an.

Franz P., der im Dortmunder und Kölner Hooligan-Milieu aktiv ist, hat mehrfach bei KdN-Veranstaltungen als Kämpfer sowie als Trainer mitgewirkt und ist auch in die Organisationsstruktur der Veranstaltung eingebunden.

Beim KdN 2018 in Ostritz war zudem der Dortmunder Neonazi Sven K. (heute: S.) anwesend, gekleidet mit einem T-Shirt mit der Aufschrift Hooligans Dortmund, welches ausschließlich Mitglieder der Dortmunder Hooligan-Szene tragen dürfen. Sven K. hat 2005 den Punker Thomas Schulz getötet und ist auch nach seiner verbüßten Haftstrafe weiterhin durch politisch motivierte Gewalttaten aufgefallen.

Gemeinsam sind wir stark - Hooligan-Demo Dortmund
„Gemeinsam sind wir stark“ war das Motto einer Hooligan-Demo in Dortmund. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Wie sehr die Initiatoren des KdN um Hooligans als Kämpfer werben, wird daran deutlich, dass sie 2018 aktiv in deutschen Hooligankreisen nach Teilnehmenden suchten. Diese sollten in Teamfights gegeneinander antreten, bei denen mehrere Personen gleichzeitig kämpfen. Es kam allerdings nicht dazu, weil keine Gruppe sich die Blöße geben wollte, bei einem öffentlichen Turnier zu verlieren.

Dennoch ist die Affinität zur Hooligan-Kultur beim KdN unübersehbar: So pflegt Deptolla etwa intensive Kontakte zur Hooligan-Szene von Borussia Dortmund und mit Henrik Ostendorf ist zudem ein ehemaliges Mitglied der mittlerweile formal aufgelösten Neonazi-Hooligangruppe Standarte Bremen in die Organisation des KdN eingebunden.

Ostendorf ist Inhaber des Labels Sport Frei – Extremsport, welches als einer der Hauptsponsoren des Turniers auftritt. Er beteiligte sich an den bisherigen Veranstaltungen bereits als Redner, Trainer und zuletzt 2020 auch als Moderator.

Der Kampf der Nibelungen 2019 und 2020

An das blühende Geschäft mit dem Kampfsport wollte das Team um Deptolla 2019 eigentlich anknüpfen, doch eine Verbotsverfügung der Stadt Ostritz machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Ein Eilantrag gegen das Verbot wurde abgewiesen mit der Begründung, „das öffentliche Interesse an der Sicherung der freiheitlich demokratischen Grundordnung überwiege das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers“. Eine erste verheerende Niederlage nach jahrelangem Aufstieg der Rekrutierungs- und Finanzierungsquelle NS-Kampfsport.

Das Verbot führte zu enormen Geldeinbußen und zum Unmut der Ticket-Käufer_innen: Da schon Tage vor dem Event das Veranstaltungszelt, Essenstände und die komplette Infrastruktur aufgebaut wurden und das Orga-Team entsprechend in finanzielle Vorleistung gehen musste, sah man sich nicht in der Lage, die Ticketpreise zu erstatten. Man vertröstete das Publikum auf das nächste Jahr, die Tickets sollten ihre Gültigkeit behalten.

Das Thema Kampfsport und dazugehörige Events wie der „Kampf der Nibelungen“ spielen in der Szene eine große Rolle. Foto: Screenshot Facebook
Das Thema Kampfsport und dazugehörige Events wie der „Kampf der Nibelungen“ spielen in der Szene eine große Rolle. Foto: Screenshot Facebook

Doch auch 2020 lief es nicht wirklich besser. Die Klage zum Verbot wurde bis zum angesetzten Termin im Oktober noch nicht verhandelt und aufgrund der ansteigenden Corona-Infektionszahlen im Herbst letzten Jahres war die politische Genehmigung eines solchen Events ohnehin fraglich. Als Alternative sollte der KdN als Internet-Stream angeboten werden.

Dessen Vorbereitung lief allerdings auch nicht ohne Hindernisse ab: Eine Hundertschaft der Polizei löste im September den Dreh für den Video-Stream in Magdeburg auf. Am 10. Oktober wurde schließlich dennoch ein Live-Stream angeboten, bei dem einige Mitschnitte von Events der vergangenen Jahre sowie wenige aktuelle Kämpfe gegen eine Gebühr von 20 Euro verfolgt werden konnten. In dem ersten für den Stream neu produzierten Box-Kampf war ein Mitglied des Tremonia Kollektivs zu sehen, einer 2020 gegründeten Neonazi-Kameradschaft aus Dortmund.

Auch die Partei „Der III. Weg“ ruft zur Teilnahme am „Tag der deutschen Zukunft“ auf.

Im Verlauf des Abends waren weitere Neonazi-Kader aus Dortmund und von Wardon21 als Kämpfer, Trainer und Teil des KdN-Teams zu sehen, zudem war je ein Team aus Schweden und aus Bulgarien angereist. Den letzten Kampf bestritten Deptolla und ein Aktivist der Neonazi-Partei Der III. Weg.

Einen Tag später gab das KdN-Team auf seinen offiziellen Kanälen bekannt, sich bis zur Klärung der juristischen Fragen als Kampfsportevent zurück zu ziehen und sich auf den Ausbau der Kleidungsmarke konzentrieren zu wollen. Zu dieser Entscheidung hat vermutlich beigetragen, dass das Verbot der Gala 2019 laut dem Verfahrensantrag der KdN-Organisatoren zu einem Verlust von 20.000 Euro geführt haben soll.

Ausblick

Die rechtsextreme Vernetzung über den Kampfsport ist in den letzten Jahren vermehrt in den Blick von Journalist_innen, Präventionsakteuren und den staatlichen Sicherheitsbehörden geraten. Repressive Maßnahmen wie beim KdN 2019 sowie 2020 haben die Szene immens geschwächt und das bis dahin stetig wachsende Netzwerk nachhaltig beeinträchtigt.

Der NRW-Verfassungsschutz widmet sich speziell dem Thema Gewalt- und Erlebniswelten. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Die Rechtsextremismus-Prävention im Bereich Kampfsport steht zwar erst am Anfang, kann aber zumindest durch das Demokratie Leben!- Modellprojekt VOLLKONTAKT auf kompetente Beratung zurückgreifen. Zudem recherchieren Journalisten wie Robert Claus oder die Kampagne Runter von der Matte ausführlich zu rechtsextremen Kampfsport-Galas und Gyms sowie zu neonazistischen Fightern im Mainstream-Kampfsport und decken auf diese Weise die internationalen Verbindungen der Szene auf.

Doch trotz solcher positiven Entwicklungen in der letzten Zeit stellt der Kampfsport für die rechtsextreme Szene nach wie vor ein wichtiges Rekrutierungsfeld und einen bedeutenden Geschäftszweig dar. Auch wenn aktuell aufgrund der Corona-Pandemie und den staatlichen Repressionen vorerst keine größeren Turniere in Deutschland stattfinden, wirkt die Propaganda der Szene fort.

Einschlägige neonazistische Kampfsport-Gruppen haben auf ihren Plattformen teilweise tausende Follower, die regelmäßig Videos veröffentlichen, in denen ein rechtsextremer Lifestyle propagiert wird. Hinzu kommt, dass Merchandise der neonazistischen Kampfsportmarken sich in der extremen Rechten großer Beliebtheit erfreut, so ist z.B. das KdN-Shirt mit der Aufschrift Kein Sieger glaubt an den Zufall zu einem wahren Kassenschlager avanciert.

300 Menschen nahmen am Treffen der Gruppe "Hooligans gegen Salafisten" in Dortmund teil.
300 Menschen nahmen am Treffen der Gruppe „Hooligans gegen Salafisten“ in Dortmund teil. Foto: Alexander Völkel für nordstadtblogger.de

Zuletzt ist die Integrationskraft von Kampfsport-Galas nicht zu unterschätzen, die rechtsextreme Akteure über ideologische und organisationale Grenzen hinweg zu vereinigen vermag. Bei den KdNs treffen sich RechtsRock-Fans, Aktivist_innen der Identitären Bewegung, Skinheads, rechtsoffene Hooligans, Rocker und Akteure diverser Kameradschaften ebenso wie Parteimitglieder von Die Rechte, NPD oder dem III. Weg.

Während sonst häufig über die politische Ausrichtung der völkischen Weltanschauung gestritten und um Einflusssphären konkurriert wird, bietet der Kampfsport eine Plattform zum Austausch und zur politischen Vernetzung. Die Dortmunder Neonazi-Szene partizipiert an den neu entstandenen Netzwerken, konnte durch diese ihre Kontakte zu deutschen Neonazi-Größen intensivieren und nimmt durch den KdN eine Vorreiter-Rolle im Feld des NS-Kampfsports ein.


Mehr Informationen zur Broschüre:

  • Die Stadt Dortmund wurde in den letzten Jahrzehnten wiederholt mit rechtsextremen Gewalttaten konfrontiert, die zum Teil bis hin zum Mord führten. Daher ist neben der Beratungstätigkeit auch die Aufklärung über die Strukturen der rechtsextremen Szene notwendig und Teil des Schutzes prospektiver Opfer rechtsextremen Terrors.
  • Aus diesem Grund informiert die vorliegende Broschüre des Projekts „U-Turn – Wege aus dem Rechtsextremismus und der Gewalt“ , die wir auf nordstadtblogger.de als Serie veröffentlichen –  über Strukturen und aktuelle Entwicklungen des organisierten Neonazismus. 
  • Die Broschüre „Dortmund Rechtsaußen – eine Bestandsaufnahme“ kann kostenlos über info@u-turn-do.de bezogen werden.

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