Von Alexander Völkel
Die hauptamtlichen SekretärInnen der IG Metall in den Geschäftsstellen Bochum/Herne und Dortmund machen sich für die Kooperation und später die Fusion stark (Unser Bericht dazu am Ende des Beitrags). Doch wie sehen das die Ehrenamtlichen? Wir haben bei Ehrenamtlichen in den Ortsvorständen gesprochen, wie sie den Kooperationsprozess sehen und wie sie sich beteiligt fühlen.
„Es hier nur schlechtere Alternativen als die Kooperation bzw. Fusion“
„Die Notwendigkeit vor Augen, gibt es hier nur schlechtere Alternativen als die Kooperation bzw. Fusion mit Dortmund“, findet Volker Naurath, Mitglied im Ortsvorstand in Bochum/Herne.
„Ich habe unsere Situation in Dortmund, die Mitgliederentwicklung, Finanzen und Rücklagen betrachtet. Und da wurde deutlich, dass wir das alleine nicht schaffen können und es sicherlich besser wäre, mit einer anderen Geschäftsstelle zu kooperieren“, verdeutlicht Konrad Ackermann.
„Wir haben das ausführlich im Ortsvorstand diskutiert. Danach gab es gemeinsame Ortsvorstandssitzungen mit den Kolleginnen und Kollegen aus Bochum, so dass sich jeder Einzelne im Prozess einbringen kann“, erklärt Ackermann – Dortmunder Ortsvorstandsmitglied und zugleich Mitglied der Tarifkommission der Metall- und Elektroindustrie.
Die Betriebsratsvorsitzende von ThyssenKruppSteel in Dortmund weiß, wie wichtig die Zusammenarbeit über Stadtgrenzen hinweg ist: „Wir sind absolut positiv damit umgegangen, weil dies ja nicht eine ungewollte Ehe ist, sondern wir bewusst die Fühler nach Kooperationspartnern ausgestreckt haben. Nach dem Motto Gemeinsam sind wir stärker“, betont Sabine Birkenfeld.
Es gibt eine insgesamt positive Grundhaltung bei den Ehrenamtlichen
„Ich bin der Meinung, dass man sich den Veränderungsprozessen stellen muss, um in der Zukunft bestehen zu können. Das werfen wir oft den Arbeitgebern in den Betrieben vor, wenn sie Trends verpassen oder sich dem Markt nicht anpassen“, findet Yunus Emre Yildirim.
„Wir müssen uns den Bedingungen anpassen. Nur so können wir die optimale Betreuung unserer Mitglieder gewährleisten“, betont der Gewerkschafter.
Eine Fusion ist für Peter Brauer kein Neuland: „Ich persönlich war bereits an der Kooperation und Fusion der Geschäftsstellen in Herne und Bochum beteiligt. Von daher stand ich dem Prozess von Anfang an positiv gegenüber.“ Bis dato fühlt sich der Betriebsratsvorsitzende aus Herne sehr gut durch die Hauptamtlichen informiert und beteiligt.
Nicht begeistert ist hingegen Renate Strauss. Sie ist Sprecherin des Arbeitskreises Senioren in Herne: „Die Fusion bedeutet für mich das Ende meiner gewerkschaftlichen Tätigkeit. Die Anfahrten zu den gemeinsamen Treffen sind zu teuer und dauern zu lange für Kolleginnen und Kollegen, die kein Auto und geringes Einkommen haben, so wie ich.“
Sie fürchtet, dass es künftig zu wenig Kontakt zur Geschäftsstelle geben könnte, um persönliche Gespräche zu führen und die Sitzungen vorzubereiten. „Medienabwicklung ist nicht alles“, findet die Seniorin. Ob sie sich im Diskussionsprozess mitgenommen fühlt? „Gute Frage, wenn mir jemand sagt: ,Du siehst mitgenommen aus’, dann geht es mir schlecht“, findet Strauss.
Vorteile für die Betriebsbetreuung – mehr Kompetenzen abrufbar
Was ändert sich für die Betriebsbetreuung? „Vorteile sehe ich für die Bochumer und Herner Mitglieder, da sie durch die Kooperation die Möglichkeit haben, einen Sekretär aufzusuchen oder fragen zu können, der Jurist ist. Das gab es in der Geschäftsstelle in Bochum/Herne bislang nicht“, verdeutlicht Stefan Schneider, Mitglied des Dortmunder Ortsvorstandes.
„Für die Dortmunder Betriebe wird sich nicht viel ändern. Deshalb wird es auch keine Nachteile für die Betriebsbetreuung geben“, ergänzt Konrad Ackermann. Im Gegenteil: In Bochum gibt es einen Jugendsekretär, den es in Dortmund nicht mehr gibt. „So profitiert jede Geschäftsstelle von dem zusätzlichen Angebot, so dass es auch hier keine Verschlechterung für die Beratung der Mitglieder geben dürfte.“
„Ich sehe den Vorteil, das wir die Betreuung auf mehr Schultern verteilen können. So dürfte es wesentlich leichter werden, das Bedürfnis der Betriebe nach verfügbarer Betreuung zu decken“, glaubt Sabine Birkenfeld. Durch die unterschiedlichsten Fachlichkeiten bei den Hauptamtlichen der Geschäftsstellen sei eine zielgerichtetere Betreuung möglich.
Es gilt, mögliche Vorbehalte bei den KollegInnen auszuräumen
„Durch eine Fusion sehe ich eine starke IG Metall vor Ort. Mit einer gut durchdachten Betriebsaufteilung in der Region an die jeweiligen Sekretäre wird es eine optimale Betriebsbetreuung geben“, glaubt Yunus Emre Yildirim.
„Die Organisation der Arbeit ist hier meiner Meinung nach das wichtigste. Davon können die Mitglieder profitieren.“
Darauf hofft auch Peter Brauer. Denn die Betriebsbetreuung und die Beratung der Mitglieder sieht er als Knackpunkt: „Hier gilt es auch noch Vorbehalte bei den Kollegen auszuräumen“, betont der Herner Betriebsrat.
Wie liefen denn die Diskussionen zwischen Ehrenamtlichen? Was war positiv, was weniger? „Persönlich finde ich den Kontakt mit den Ortsvorstands-Mitgliedern der neuen Geschäftsstelle mehr als positiv, da sich alle sehr gut in den Prozess der Kooperation einbringen. Das hat man nicht nur auf den zwei gemeinsamen Klausuren gesehen, sondern auch in der Bildung neuer Arbeitskreise“, sagt Stefan Schneider.
„Natürlich gab es Sorgen – wie immer bei solchen Themen. Liebgewonnene Dinge ändert man nicht gern und der Mensch ist ohnehin ein Gewöhnungstier“, weiß Sabine Birkenfeld. „Sorgen mache ich mir persönlich keine. Aus meiner Sicht hat die Kooperation mehr Vor- als mögliche Nachteile“, findet Stefan Schneider.
Lob der Ehrenamtlichen für den transparenten und offenen Kooperationsprozess
„Die größte Sorge war, dass die Geschäftsstellen vor Ort nicht erhalten werden können. Aber das ist ja nicht mehr der Fall“, sagt Konrad Ackermann.
„Positiv für die Kooperation ist, dass die Bevollmächtigten schon einen relativ detaillierten Aufgabenbereich für die einzelnen Gewerkschaftssekretäre erarbeitet haben, so dass die Kooperation der beiden Geschäftsstellen sehr gut vorbereitet und organisiert ist.
„Ich habe da gar nichts zu meckern, der Prozess war immer offen und bisher beispielhaft. Das könnte sogar als gutes Beispiel für fusionswütige Firmen dienen“, sagt der Betriebsrat lachend.
„Meiner Meinung nach müssen wir uns darüber Gedanken machen, wie eine optimale Betreuung der Mitglieder vor Ort aussehen kann. Es gibt viele Mitglieder, die ein persönliches Gespräch bevorzugen und Mitglieder, denen eine Auskunft per Telefon oder WhatsApp reicht. Da müssen wir in Zukunft die Balance finden, um die Ressourcen bzw. Mitgliedsbeiträge unserer Organisation zu schützen“, sagt Yunus Emre Yildirim.
Offenheit und Transparenz ist wichtig – Mitglieder mitnehmen
Was darf beim Diskussionsprozess auf keinen Fall vergessen werden? „Offenheit und Transparenz gegenüber den Mitgliedern“ ist für Stefan Schneider oberstes Gebot. Für Volker Naurath ist die Mitnahme der Mitglieder entscheidend. „Und das jeder ein Stückchen Selbstständigkeit behält“.
„Es muss darauf geachtet werden, die Arbeit der ehrenamtlichen Kolleginnen und Kollegen in Ausschüssen weiterhin regional so zu organisieren, das der zeitliche und organisatorische Aufwand für sie nicht noch größer wird als heute“, mahnt Sabine Birkenfeld.
Zudem müssten die Interessen aller Personengruppen der Geschäftsstellen berücksichtigt werden: „Wir dürfen keine Personengruppen im Stich lassen. Deswegen sind wir die IG Metall“, betont Yunus Emre Yildirim. Seniorin Renate Strauss rät zu reden, bevor Maßnahmen schmerzhaft werden. „Wir dürfen niemandem das Gefühl geben, dass er nicht mehr gebraucht wird.“
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