SERIE Kunst im öffentlichen Raum: „Die Dunkelheit ist unsere Leinwand“

World of Lights will mit Winterleuchten ein Event zwischen Kunst- und Naturerlebnis bieten

Das „Winterleuchten“ setzt den Westfalenpark seit einigen Jahren immer wieder in ein zauberhaftes Licht. Das kommt gut an: Im Jahr 2023 zählten World of Lights 70.000 Besucher:innen. Foto: Henryk Brock

Wer über die Gestaltung des öffentlichen Raums nachdenkt, kommt am Thema Licht nicht vorbei. Straßenlaternen, beleuchtete Tunnel und Plätze vermitteln uns ein sicheres Gefühl – Werbung, Lichteffekte und Lichtkunst fordern unsere Aufmerksamkeit. Gerade zur Weihnachtszeit macht es überall Bling-Bling, Lichterketten und leuchtende Rentiere erobern Fenster und Balkone. Die einen lieben es, die anderen finden es kitschig, aber Fakt ist: Licht fasziniert. So besuchten zum Beispiel 70.000 Menschen 2023 das „Winterleuchten“ im Westfalenpark. Nordstadtblogger sprach mit Rouven Bönisch, Geschäftsführer von World of Lights, über Licht, Kunst, Energie und die Nacht.

Von Unna in die Welt: Über 80 Prozent der Objekte werden vor Ort gebaut

Foto: World of lights

Licht ist die Basis für das Geschäft von World of Lights (WOL), gegründet 2006 in Unna und seit dem auf Erfolgskurs. Die Barbarossahöhle in Thüringen, der Palmengarten in Frankfurt am Main, Winterleuchten in Rostock, Erfurt, Essen oder eben auch in Dortmund – in 20 Städten in Deutschland und dem angrenzenden europäischen Ausland haben sich die Licht-Events etabliert und im Jahr kommen laut WOL über 600.000 Besucher:innen.

Rouven Bönisch ist Geschäftsführer und seit zweieinhalb Jahren dabei. Er kommt aus dem Veranstaltungsmanagement und ist in das Thema Licht „reingewachsen.“ Sind WOL eigentlich Lichtkünstler? „Ich spreche bei unserer Arbeit immer von künstlerischen Aspekten“, sagt er bescheiden, „wir verstehen uns als Handwerker.“.___STEADY_PAYWALL___

Es ist ein langjährig bestehendes Team, dass großflächige Illuminationen in Parks, Höhlen und Innenstädten realisiert. 15 Mitarbeiter:innen sind es aktuell und alle können ihre Ideen einbringen. Es gibt Schlosser, Elektriker und auch eigene Werkstätten, denn „wir machen alles selbst“, erklärt Bönisch. 80 bis 90 Prozent der Objekte werden in Unna gebaut und das unterscheide WOL auch von anderen Anbietern und – so Bönisch: „billigem Zeug aus China.“

„Es geht nicht um uns, sondern um ein tolles Erlebnis für alle.“

Lichtkunst vor dem Dortmunder U: Die Skulpturen des Frankfurter Bildhauer-Duos Winter/Hoerbelt gibt es dort seit 2018. Nordstadtblogger-Redaktion | Nordstadtblogger

Im Gegensatz zu ausgewiesenen Lichtkunstwerken im öffentlichen Raum – wie zum Beispiel den  „Dortmunder Rosen“ auf dem Vorplatz des U – wird beim Winterleuchten nie beschildert, vom wem die Inszenierung ist.  „Wer welche Idee hatte, spielt am Ende keine Rolle“, denkt Bönisch, „es geht ja nicht um uns, sondern darum ein tolles Erlebnis für alle zu kreieren.“

Kitschig soll es aber auf keinen Fall sein, denn „wir wollen schon auch Dinge zum nachdenken machen“, erläutert er und verweist auf die aktuelle Park-Installation „1000 Wörter“, die dann auch in Zusammenarbeit mit einer Künstlerin entstand und je nach Perspektive immer neuen Sinn ergibt. Der Mix ist ihm wichtig und die Möglichkeit für viele Menschen einen Zugang zu bieten.

Acht Euro kostet der Eintritt, vier Euro für Kinder und das sei für so eine Veranstaltung günstig. „Das ist uns wichtig. Das haben wir uns selbst zum Ziel gesetzt und das geht auch nur weil wir viel selbst machen“, so Bönisch.

Denkmäler, Kunstwerke, Brunnen, Fassadengestaltung, Gedenktafeln – die Gestaltung des öffentlichen Raums ist vielfältig. Wer bestimmt eigentlich, was angeschafft wird? Was kostet der Unterhalt? Wer kümmert sich darum? Und ist überhaupt noch Platz für Neues? Nordstadtblogger fragt nach.

Ein Spaziergang, den viele als sehr entschleunigend erleben

Lichtkünstler Wolfgang Flammersfeld vor einer seiner Installationen, dem Lichtventilator.
WOL-Gründer Wolfgang Flammersfeld vor dem Lichtventilator, 2018 Archiv Nordstadtblogger

850 Scheinwerfer und acht Kilometer Kabel sorgen aktuell im Westfalenpark für das Lichterlebnis. Wie gestaltet sich diese Arbeit im öffentlichen Raum? „Der Park ist für mich kein öffentlicher Raum, sonst könnten wir das alles nicht machen,“ sagt Bönisch, „wir brauchen den Zaun und eine gewisse Infrastruktur.“

Die technischen Voraussetzungen sind dennoch schwierig, die Arbeiten immer Wind und Wetter ausgesetzt. Für ihn ist das auch ein wichtiger Unterschied zur Lichtkunst, wie sie in Museen präsentiert wird. „Im Museum kann ich bestimmen. Ich kann den Raum manipulieren. Wir arbeiten mit den Natur und den Gegebenheiten. Wir brauchen die Botanik und ihre Strukturen, damit wir etwas anstrahlen oder auch verstecken können“, beschreibt er den Prozess.

Herausfordernd sei das, aber auch schön, denn „manchmal ist es im Museum ja auch eher beengt und bei uns kann man herumlaufen, etwas entdecken. Es geht ja auch um den Spaziergang, und den erleben viele als sehr entschleunigend.“

„Eine Gastrobude mit Fritteuse braucht mehr Strom am Tag, als wir für den Abend im Park“

Lichtkunst, aber auch Handwerk – ein öffentlicher Park, aber auch Naturraum. Wie steht es bei der Arbeit von WOL um den Naturschutz? Wie sieht Bönisch das Thema Lichterverschmutzung? „Wenn wir Hochsaison haben, im Winter, sind die Aktivitäten von Vögeln und Insekten sehr reduziert.“ Auf Flächen, die unter Naturschutz stehen, arbeite WOL nicht und der Westfalenpark sei ja an sich schon gestaltet und auf Besucher:innen angelegt.

Licht im öffentlichen Raum: Wann ist es sinnvoll? Wann sollte man auch mal abschalten? Foto: Oskar Schlechter

Bönisch findet beim Thema Lichtverschmutzung seien einmalige Veranstaltungen für einen begrenzten Zeitraum nicht das Problem: „Wir beleuchten ja auch nur vier bis fünf Stunden und auch nur Teile des Parks.“ Auf Dauer seien es eher Gewerbe und auch Privathaushalte, die dauerhaft und unkontrolliert Licht abgeben und den sensiblen Tag-Nachtrhythmus von Vögeln und Insekten gefährden.

Dem Vorwurf der Energieverschwendung hält er entgegen: „Eine Gastrobude mit Fritteuse auf dem Weihnachtsmarkt braucht mehr Strom am Tag, als wir für einen ganzen Abend im Westfalenpark.“ Die Lichtinstallationen von WOL basieren alle auf LEDs und moderner Technik mit geringem Energieverbrauch.

Und Nachhaltigkeit spiele bei den WOL-Events schon aus Prinzip eine große Rolle: „Alles kann bei uns wiederverwendet werden, wir können unsere Sachen reparieren und wir haben ja auch verschiedene Orte, da können die Arbeiten auch mal rotieren.“

Sein Lieblingswerk in diesem Jahr ist übrigens das Schiff: sieben Meter hoch, sechs Meter lang und ausgestattet mit 2.500 steuerbaren LEDs. Spektakulär ist es geworden und naja, es war auch ein bisschen seine Idee. Mal sehen, wie es beim Publikum ankommt: „Schauen Sie sich das mal an“, empfiehlt Bönisch am Ende des Gesprächs – dann muss er wieder in den Park. Irgendetwas stimmt nicht mit der zwei Meter großen Leucht-Ente am Kaiserhain und wenn es dunkel wird, soll sie doch mit den Kindern wieder um die Wette strahlen.

Alles Infos und Tickets auf der Website von World of Lights.


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