Intensivmedizin rettet Leben. Sie ermöglicht aber auch, dass die Organe von Verstorbenen anderen Menschen zur Verfügung gestellt werden können. Dazu wird vorher ein strenges Regelwerk angewendet. Auch darüber haben wir mit Prof. Dr. med. Richard Ellerkmann vom Klinikum Dortmund gesprochen.
Intensive Medizin, die der Rettung des Lebens dient
In Dortmund versterben jedes Jahr etwa 8000 Menschen, davon rund 1000 auf einer Intensivstation. „Wir verfügen hier über vergleichsweise viele Intensivbetten”, sagt Ellerkmann. „Dementsprechend haben wir viele intensivmedizinisch betreute Menschen.” Deren Vitalfunktionen werden durch spezielle Verfahren überwacht, wieder hergestellt und aufrechterhalten.
Während es in den ersten Intensivstationen der 1950er Jahre, den Poliomyelitis-Stationen, vor allem um den Einsatz der damals neuen Respiratoren zur künstlichen Beatmung ging, können heutzutage fast alle Funktionen aller lebenswichtigen Organe unterstützt oder vorübergehend ersetzt werden. ___STEADY_PAYWALL___
Hochspezialisiert und -technisiert geht es zum Beispiel auf kardiologischen Intensivstationen zu, in denen auch Begleiterkrankungen wirksam behandelt werden können. Neben der Langzeitbeatmung sind verschiedene Nierenersatztherapien möglich.
Kreislaufunterstützungssysteme gewährleisten auch nach komplexen kardiologischen Interventionen die Versorgung der Patienten.
Hirntoddiagnose mehrerer Mediziner:innen muss für die Feststellung des Todes vorliegen
Aber manch ein Menschenleben kann, aller ärztlichen Kunst zum Trotz, nicht gerettet werden. Und für die Spende lebenswichtiger Organe kommen nur solche Verstorbene in Betracht, die vorher intensivmedizinisch behandelt wurden. Technische Apparaturen ermöglichen es nämlich, dass Herzschlag und Atmung für eine gewisse Zeit noch über den Tod hinaus aufrechterhalten werden können.
Wenn sich auf der Intensivstation abzeichnet, dass ein Patient verstorben ist, wird die so genannte „Hirntoddiagnostik” durchgeführt. Aufgrund eines streng geregelten Verfahrens stellen erfahrene Mediziner:innen damit fest, ob ggf. der Tod eingetreten ist.
Solange nicht alle Funktionen des Gehirns irreversibel ausgefallen sind, kann (nach deutschem Recht) die Diagnose Tod nicht gestellt werden. „Der Hirntod wird definiert als Zustand der irreversibel erloschenen Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms. Dabei wird durch kontrollierte Beatmung die Herz- und Kreislauffunktion noch künstlich aufrechterhalten”, heißt es in den Richtlinien der Bundesärztekammer.
Einzel- und Gesamtfunktion des Gehirns müssen unwiederbringlich erloschen sein
Dabei hat die Forderung nach einem Ausfall der Gesamtfunktion des Gehirns eine zweifache Bedeutung, nämlich dass alle Einzelfunktionen unwiederbringlich erloschen sind, und ebenso auch die Gesamtfunktion des Hirns als Steuerungsorgan der Lebensvorgänge.
Dass dieser Zustand aufgrund verschiedener Ursachen eintreten kann, sahen wir im ersten Teil dieser Reihe bereits. Die Feststellung des Todes findet auf jeden Fall statt. Jede weitere Behandlung eines Verstorbenen wäre unethisch.
Im Blick auf die tägliche Praxis sagt Ellerkmann: „Es gibt Patienten in einem hohen Alter, für die die Prognose infaust ist. Dann kann nach Rücksprache mit den Angehörigen die intensivmedizinische Behandlung beendet werden, weil sie keinen Sinn mehr hat. Aber natürlich ist es immer besser, wenn es überhaupt erst gar nicht so weit kommen muss, dass es einem Patienten so schlecht geht.”
Wenn ein Mensch für eine Organspende infrage kommt
Zeichnet sich ab, dass ein Mensch für eine Organspende infrage kommt, nimmt die betreffende Klinik Kontakt zur DSO (Deutsche Stiftung Organtransplantation) auf, die deutschlandweit für die Koordination der Organspenden zuständig ist.
„Wenn man fragt, wie viele Patienten überhaupt für eine Organspende infrage kommen, kann man schauen, wie oft wir in Kontakt mit der DSO treten”, erläutert Richard Ellerkmann. „Das waren im vergangenen Jahr etwa 20 Kontaktaufnahmen. Wir sind das Thema zusammen mit dem Umfeld der Patienten und der DSO dann angegangen.”
Für einige der Verstorbenen ergab sich nach eingehender Untersuchung dennoch, dass sie aus medizinischen Gründen für eine Organspende nicht infrage kamen, beispielsweise wegen einer Krebserkrankung. In anderen Fällen widersprachen die Angehörigen einer Entnahme von Organen und Geweben. Schließlich konnten in Dortmund im Jahr 2023 immerhin insgesamt sechs Organspenden realisiert werden.
(Im dritten Teil dieser Reihe werden wir uns genauer mit der eigentlichen Organspende und den gesetzlichen Regelungen beschäftigen.)
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