Von Susanne Schulte
Hat man die 55 überschritten, ändert sich einiges im Leben der Menschen. Die Kinder sind aus dem Haus, die Rente steht stattdessen davor, die Gesundheit lässt einen immer häufiger im Stich und manchmal auch der Partner oder die Partnerin.
Um Menschen dieser Altersgruppe den Anstoß zu geben, sich auf neue Bekanntschaften und Freundschaften einlassen ohne das Wohnquartier zu verlassen, bemühte sich der Verein Stadtteil-Schule in der Nordstadt vor drei Jahren darum, aus einem Projekt des Bundesinnenministeriums Geld zu bekommen.
„Ohne Notgroschen könnten wir uns nichts mehr leisten“
Das Konzept einer Begegnungsstätte für Senioren und Seniorinnen aller Nationalitäten überzeugte und die Stadtteil-Schule bekam den Zuschlag. Ende September sind die drei Jahre vorbei. Die Frauen – Männer ließen sich nur selten blicken – fürchten nun, dass mit dem Geldfluss auch die wöchentlichen Treffen enden. Denn Geld, alles selbst zu bezahlen, was so angeboten wurde, haben sie selbst kaum.
„Die sagen immer, Rentner sind reich, aber das stimmt nicht. Mein Mann hat über 45 Jahre am Hochofen gearbeitet. Aber sparen können wir nichts. Hätten wir nicht einen Notgroschen, könnten wir uns nichts mehr leisten“, sagt Inge Fiedler, 74 Jahre alt und regelmäßige Besucherin von KapiDo, wie das Seniorenprojekt heißt.
Ihre Nachbarin aus der Dreherstraße, Irene Gakopoulou, nickt. Sie ist Witwe und war Wirtin am Borsigplatz. Die beiden Frauen sind immer dabei, wenn genäht und gekocht wird, wenn ein Ausflug auf dem Programm steht oder ein Liedernachmittag. Sie hören Vorträge zur richtigen Ernährung, machen Gymnastik und häkeln. Das Geld vom Ministerium wurde in erster Linie für die Referentinnen ausgegeben.
Die Wohnungsunternehmen Vivawest, in dessen Siedlung an der Oesterholzstraße der Seniorentreff untergebracht ist, stellt die Räume auch anderen Gruppen kostenlos zur Verfügung. Zwei Euro für Lebensmittel, wenn gekocht werden soll, können die Frauen noch erübrigen, aber den Eintritt zu einer Ausstellung fällt einigen schon schwer zu bezahlen.
„Die Menschen verstehen sich, wenn sie es wollen“
Kissa Utzelmann ist gebürtige Algerierin und ehrenamtliche Betreuerin von KapiDo. Und nicht nur dort ist sie präsent. Sie wohnt in Wickede, ist aber fast jeden Tag in der Nordstadt anzutreffen. Hier sei ihr Wohnzimmer, sagt sie. Sie hilft im Keuninghaus und im Nachbarschaftstreff Spähenfelde, kennt die Begegnungsstätte an der Flurstraße.
Sie weiß, das Besondere an KapiDo an der Oesterholzstraße ist das Internationale. „Wir haben Frauen aus der Türkei, aus Marokko, aus Sri Lanka, aus Surinam, aus Griechenland und aus Deutschland.“ Obwohl die Letztgenannten nur zwei sind, wird Deutsch gesprochen. „Im Spähenfelde spricht man Türkisch, an der Flurstraße meist Russisch.“
Nicht dass alle Frauen, die immer donnerstags zur Oesterholzstraße 120 kommen, sich perfekt auf Deutsch unterhalten können, „aber Menschen verstehen sich, wenn sie wollen“, sagt Kissa Utzelmann. Deshalb ist es ihr und den anderen Frauen wichtig, „diesen Nachbarschaftstreff zu haben und zu behalten“.
Das sieht auch Amke Kramer von der Stadtteil-Schule so. Sie verspricht, dass der Verein gucken wird, dass es weitergeht. Dann können die Frauen sich auch wieder auf die Weihnachtszeit freuen. „Was haben wir da immer schön gebacken und gefeiert.“