Gesundheitlicher Strukturwandel in den vergangenen drei Jahrzehnten

Der Emscher-Umbau als Gesundheitsprojekt: Vom „Köttelbecken“ zum nachhaltigen Gewässer

Mäandernd kann der Suderwicher Bach (rechts) nun in die ebenfalls renaturierte Emscher (links) münden – hier im Natur- und Wasser-Erlebnis-Park „Emscherland“ in Castrop-Rauxel/Recklinghausen. Foto: Rupert Oberhäuser

Ein weiteres zentrales Thema der Emschergenossenschaft ist, neben dem Abwasser auch die Gesundheit der Menschen in der Emscher-Region. Dies war auch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einer der Gründe für die technische Emscher-Regulierung. Schlechte Gewässerqualität hatten Ausbrüche von Krankheiten zur Folge. Auch weiterhin möchte die Emschergenossenschaft eine nachhaltig Grundlagen für ein gesundes Leben entlang der Emscher, durch Projekte, Kooperationen und der Gestaltung von Naherholungsorten, schaffen.

Der erste Umbau zeigte Wirkung doch die offene Abwasserentsorgung hatte Schwächen

Die früheren „Köttelbecken“ – kanalisierte Bäche und Flüsse, durch die das Abwasser der Region floss, stehen aus heutiger Sicht wohl kaum für Gesundheit. Dennoch steckte hinter dem ersten technischen Umbau der Emscher und ihrer Nebenflüsse auch ein gesundheitlicher Aspekt. Durch zunehmende Industrialisierung und Verstädterung der Emscher-Region, nahmen die in den Fluss geleiteten Abwässer zu und verschlechterten so die Gewässerqualität.

Die Emscher in Dortmund im Jahr 1912: Überschwemmungen führten zur Verbreitung von Krankheiten wie Typhus und Cholera. Foto: Archiv EGLV

„Aufgrund der kohleabbaubedingten Bergsenkungen in der Region konnten keine unterirdischen Abwasserkanäle gebaut werden, sodass die Gewässer zu unregulierten Schmutzwasserläufen degradiert wurden.“

„Hinzu kam die Unkontrollierbarkeit der damals noch nicht eingedeichten Emscher, deren schmutzige Fracht vor allem bei Hochwasser Krankheiten wie Typhus und Cholera verbreitete. Epidemien waren die Folge – die Idee einer Emscher-Regulierung nahm Form an“, sagt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft.

Der erste Umbau der Emscher bestand aus Kanalisierung, so gewann die Region neben einer geregelten Abwasserentsorgung zusätzlich einen Schutz vor Hochwasser. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigte sich, dass eine offene Abwasserentsorgung weiterhin für eine hohe Umweltbelastung und Minderung der Lebensqualität der Menschen sorgte.

Einstige „Meide-Räume“ werden zu Naherholungsgebieten umgestaltet

Ende der 1980er-Jahre eröffneten sich durch Abklingen der Bergsenkungen neue Möglichkeiten der Abwasserentsorgung. Der Bau unterirdischer Abwasserkanäle und moderner Großkläranlagen wird 1991 beschlossen. So ist eines der modernsten Abwassersysteme Europas entstanden.

Um den Abwassertransport durch die Gewässer zu regulieren, wurden die Flüsse und Bäche begradigt, tief eingedeicht und mit Betonsohlschalen verkleidet. Foto: Archiv EGLV

Seit Ende 2021 fließt kein ungereinigtes Abwasser mehr in der Emscher. Neben der schrittweisen Renaturierung der Gewässer wurden früher verschlossene Betriebswege geöffnet und zu Rad- und Fußwegen ausgebaut, vorher gemiedene Areale wurden zu Naherholungsorten umgestaltet.

Zur Gesundheit der gesamten Emscher-Region tragen heute der Emschwer-Weg, Freizeitareale wie der Natur- und Wasser-Erlebnis-Park in Castrop-Rauxel/Recklinghausen oder die Emscher-Höfe in Holzwickede, Castrop-Rauxel/Dortmund, Bottrop und Dinslaken.

„Hier können die Menschen mittlerweile entlang der Gewässer an die frische Luft gehen und sich an der wiederkehrenden Natur und dem neuen blaugrünen Leben erfreuen. Besonders an unseren vier Emscher-Höfen gibt es zahlreiche Angebote, die zur nachhaltigen Erhaltung der Gesundheit beitragen“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.

„Bewegungsinseln“ sind nur eines der gesundheitsförderlichen Angebote an der Emscher

Der etwa 100 Kilometer lange Emscher-Weg bietet Radfahrenden, Jogger:innen oder Spazierenden die Möglichkeit eine sportliche Pause einzulegen und dabei mit gezielten Übungen ihre Muskeln zu stärken. Diese „Bewegungsinseln“ sind im Rahmen der Kooperation „Gesund an der Emscher!“ zwischen der Emschergenossenschaft und der Knappschaft entstanden. 

Am „Blauen Klassenzimmer“ direkt an der Emscher in Dortmund können Kinder das Gewässer genau unter die Lupe nehmen.
Am „Blauen Klassenzimmer“ direkt an der Emscher in Dortmund können Kinder das Gewässer genau unter die Lupe nehmen. Foto: Rupert Oberhäuser für die Emschergenossenschaft

Durch die Zusammenarbeit sind weitere gesundheitsförderliche Angebote entstanden:

Das blauen Klassenzimmer am Hochwasserrückhaltebecken Emscher-Auen an der Stadtgrenze von Castrop-Rauxel und Dortmund-Mengede, sowie Workshops im Gesundheits- und Ernährungsgarten in Dortmund-Barop und  auch Glücksradtouren durch die Emscher-Region. 

„Die zweifache Umgestaltung des Emscher-Systems – vom Fluss zum Schmutzwasserlauf und zurück zum Fluss – ist also nicht rein wasserwirtschaftlich zu betrachten. Sowohl die technische Emscher-Regulierung im frühen 20. Jahrhundert als auch der ökologische Emscher-Umbau in den vergangenen drei Jahrzehnten sind als Initiatoren eines gesundheitlichen Strukturwandels zu würdigen“, sagt Uli Paetzel.

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