Das Wohnen in Dortmund wird immer teurer – bezahlbare kleine und ganz große Wohnungen sind Mangelware

Anja Laubrock, Ludger Wilde, und Julia Meininghaus stellten den Wohnungsmarktbericht 2019 vor. Foto: Alex Völkel
Anja Laubrock, Ludger Wilde und Julia Meininghaus stellten den Wohnungsmarktbericht 2019 vor. Foto: Alex Völkel

Wohnen in Dortmund wird teurer: Die Mieten ziehen weiter deutlich an: Im vergangenen Jahr kosteten Mietwohnungen im Bestand pro Quadratmeter sieben Euro netto kalt – im Jahr zuvor waren es noch 6,62 Euro. „Das hatten wir in der Größenordnung noch nicht“, sagt Stadtrat Ludger Wilde mit Blick auf den aktuellen Wohnungsmarktbericht. 5,7 Prozent mehr in einem Jahr – seit 2014 haben sich die mittleren Wiedervermietungsmieten in Dortmund um rund 20 Prozent erhöht. Noch teurer sind Neubauwohnungen: Sie kosten im Durchschnitt sogar zehn Euro pro Quadratmeter – zumindest dieser Wert ist unverändert. Ansonsten sind die meisten Kennzahlen weiter angestiegen. 

Mieten, bauen und kaufen wird in Dortmund in nahezu allen Segmenten teurer

„Die angespannte Lage setzt sich weiter fort. Das fing vor fünf Jahren an. Da waren wir noch gelassen. Vor zehn Jahren hatten wir sogar noch größere Leerstände“, ruft sich Planungsdezernent Ludger Wilde in Erinnerung.

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Auch im Eigentumsmarkt gibt es eine Anspannung: In allen Segmenten steigen die Angebotspreise, so dass nun selbst die vor zehn Jahren noch utopisch wirkende 400.000 Euro Grenze (im Median) nahezu erreicht wird. 

Nicht nur die Preise für Neubauten sind durch gestiegene Herstellungskosten gestiegen. Auch der Preis für Bestandsimmobilien ist weiter angestiegen. Nur Reihenhäuser stagnieren auf hohem Niveau. Der Quadratmeterpreis für Neubau-Eigentumswohnungen ist binnen eines Jahres von 2680 auf 3000 Euro angestiegen. 

Auch die lange Zeit sehr konstanter bzw. nur moderat steigender Angebotspreise für Bestandseigentumswohnungen ist vorbei und die Preise sind im Median auf 1.500 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2018 geklettert. 

1649 Wohneinheiten wurden 2018 fertig gestellt – 12 Prozent mehr als 2017

Verstärkter Wohnungsbau könnte den Verknappungstendenzen entgegenwirken. Foto: Simon Bierwald
Verstärkter Wohnungsbau könnte der Verknappung entgegenwirken. Foto: Simon Bierwald

Doch resigniert hat man bei der Stadt Dortmund nicht: Gemeinsam mit verschiedenen Wohnungsmarkt-AkteurInnen wurde gegengesteuert. So zeigt nach eigener Aussage die vor drei Jahren gestartete Wohnungsbauinitiative Wirkung. Ziel ist, deutlich mehr zusätzlichen Wohnraum zu schaffen und so der Verknappung entgegen zu wirken. 

So hat sich die Zahl der Baufertigstellungen erhöht – im Vergleich zum Vorjahr deutlich um 12 Prozent auf insgesamt 1.649 Fertigstellungen. „Das ist ein ziemlicher Rekord. Vor wenigen Jahren lagen wir noch bei 700 bis 800. Das Ziel bleibt, auf 2000 zu kommen. Da arbeiten wir dran“, betont Wilde. 

„Die Perspektive sieht nicht schlecht aus. Die Baugenehmigungen in 2018 ermuntern uns. Sie liegen auf hohem Niveau und viele erteilte Genehmigungen sind noch nicht ausgeschöpft“, so der Stadtrat. Konkret gab es 1642 Baugenehmigungen. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 1,2 Prozent mehr. 

Dortmund hat beim Wohnungsneubau kein Flächenproblem 

In der Flächenentwicklung sieht er einen weiteren Baustein zur zeitnahen Schaffung von weiterem Wohnraum. Es gebe Potenzial für 9600 Wohneinheiten in bestehenden Bebauungsplänen, die rechtsverbindlich seien und die gleiche Zahl nochmals in Aufstellung befindlichen Plänen. 

„Wir sprechen daher nicht von einem Flächenproblem“, macht Wilde deutlich. Zudem gebe es Potenzial von rund 2100 Wohneinheiten im sogenannten „34er-Bereich“. Damit meint der Experte Baulücken und zu verdichtende Flächen in besiedelten Bereichen. 

„Da ist in der Regel kein Bebauungsplan nötig, sondern Bauvorhaben können in der Regel genehmigt werden.“ Konflikte mit der Nachbarschaft habe man zumeist durch eine offene Kommunikation mit der Nachbarschaft verhindern können – insbesondere bei der Bebauung von klassischen Baulücken. 

In jedem Stadtbezirk gibt es aktuelle mittelgroße Neubauprojekte

Die großen Baugebiete sind gefragt: Das Erdbeerfeld in Mengede läuft voll, in der Brechtener Heide gibt es noch bebaubare Flächen. In diesem Jahr geht es im Bereich Kronprinzenviertel nördlich der S-Bahn hinter dem Wasserturm mit 600 Wohneinheiten los – die ersten Bauanträge liegen vor. 

Perspektivisch gibt es zudem neue Bauland-Flächen in der Innenstadt: An der Sckellstraße mit 200 bis 300 Wohneinheiten, an der Deggingstraße (der ehemalige DSW21-Betriebshof) mit 300 bis 400 Wohneinheiten und auf dem Areal Westfalenhütte westlich der Stahlwerkstraße mit 400 bis 600 Wohneinheiten. 

In jedem Stadtbezirk gebe es auch mittelgroße Projekte mit 50 bis 100 Wohneinheiten, verdeutlicht Ludger Wilde. Sowohl für den Geschosswohnungsbau als auch für den Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern gibt es eine ungebrochen hohe Nachfrage. 

Strategiewechsel: Stadt gibt Geschosswohnungsbau den Vorzug vor Ein- und Zweifamilienhäusern

Doch die Stadt Dortmund setzt seit einigen Jahren vor allem auf Masse: „Wir können die Flächen und das Personal in der Planungsverwaltung nur ein Mal einsetzen. Daher setzen wir stärker auf Geschosswohnungsbau“, betont Wilde. 

Insbesondere im innerstädtischen Bereich setzen Stadt Dortmund und Investoren vor allem auf Geschosswohnungsbau, um der immer stärker steigenden Nachfrage Herr zu werden. 

Bauvorhaben wie am ehemaligen Ostbahnhof mit Ein- und Zweifamilienhäusern sei heute nicht mehr denkbar. Doch vor 15 Jahren, als die Planungen begonnen hätten, gab es keine Nachfrage für Geschosswohnungsbau. Das gäbe es heute nicht mehr, so Wilde. Denn die Wohnungen werden gebraucht, weil Dortmund weiter wächst. 

Leerstandsquote noch immer zu gering – kleine und ganz große Wohnungen fehlen

Die Leerstandsquote von Wohnungen, die sechs oder mehr Monate nicht vermietet sind, ist zwar von 1,8 auf zwei Prozent gestiegen. Doch von einer Entspannung ist deshalb nicht die Rede. Ein „gesunder Markt“ braucht rund vier Prozent Leerstand, um überhaupt Umzüge und Modernisierungen möglich zu machen.

Außerdem ist beispielsweise der Hannibal in Dorstfeld mit in der Statistik berücksichtigt, wo nach der Räumung zwangsweise mehr als 400 Wohnungen leer stehen. „Da hoffen wir, dass sich das auch noch mal zeitnah ändert. Demnächst kann ich dazu vielleicht mehr erzählen“, gibt sich Wilde zumindest in diesem Punkt hoffnungsfroh. Generell gebe es „noch keinen Hinweis, dass Entspannung angesagt ist“.

Vor allem bezahlbare kleine und ganz große Wohnungen für sechs und mehr Personen sind rar. Daher setzt die Stadt darauf, den geförderten Wohnungsbau zu forcieren. Sie konnte dafür im vergangenen Jahr insgesamt 28,8 Millionen Euro Fördermittel für Neubau- und Modernisierungsprojekte ausschütten. 274 Wohnungen wurden damit gefördert. Die Stadt Dortmund präferiert dabei vor allem die Förderung von Neubauten und nicht die Sanierung im Bestand.

Auf Neubauprojekte des Studierendenwerks wartet die Stadt bisher vergeblich

Insgesamt hätten im Jahr 2018 insgesamt 30 Millionen Euro ausgeschüttet werden können – in diesem Jahr sogar 35 Millionen Euro. Doch die Mittel können wohl nicht vollständig abgerufen werden, weil gerade für größere Vorhaben extrem lange Bearbeitungszeiten benötigt werden und zudem häufig keine Bauunternehmen gewonnen werden können.

„Wir geben ungern Globalbudget ans Land zurück. Aber die Rahmenbedingungen haben sich geändert. Wir fördern oft nicht mehr einzelne Objekte, sondern auch Projekte mit 300 bis 600 Wohneinheiten. Bis man da zu einer Zusage kommt, ist oft der Aufwand wesentlich höher“, erklärt Anja Laubrock, stellvertretende Leiterin des Amtes für Wohnen.

Auf einen Antragsteller wartet die Stadt allerdings seit Jahren vergeblich: Das Dortmunder Studierendenwerk. Der Bedarf nach bezahlbaren Studierendenwohnungen ist zwar riesig und nimmt weiter zu, doch Neubauten findet man eher bei privaten Investoren, die aber vor allem höherpreisige Microappartments realisieren wollen. 

„Man muss ihnen zu gute halten, dass sie sich um den Bestand kümmern und ihn in Schuss bringen. Aber Potenzialflächen und vor allem der Bedarf wären da, um auch in Eichlinghofen und Barop neu zu bauen“, macht Wilde deutlich. Doch bislang ist beim Studierendenwerk kein Umdenken zu erkennen.

Trotz aller Anstrengungen sinkt die Zahl der mietpreisgebundenen Wohnungen weiter

Dabei bräuchte es noch deutlich mehr öffentlich geförderten Wohnraum. Denn trotz aller Bemühungen sinkt die Zahl der preisgebundenen Wohnungen weiter – wenn auch nicht mehr so schnell. Im aktuellen Berichtszeitraum sind nur noch 21.900 Wohneinheiten mietpreisgebunden. Im Vorjahresbericht waren es noch 300 Einheiten mehr.

Daher überlegt die Stadt, auch selbst weiter in den geförderten Neubau zu investieren. Denkbar wäre das auch beim Vorhaben Niederste Feldweg in Wambel. „Wenn wir unsere Flächen Dritten an die Hand geben, geht das nur, wenn bestimmte wohnungspolitische Ziele umgesetzt werden. Wenn wir es selber machen, dann liegen wir da auch bei über 25 Prozent Anteil für geförderten Wohnungsbau“, so Wilde. Die Vergabe wird in Kürze in den politischen Gremien thematisiert. 

Hier gibt es den kompletten Bericht als PDF zum Download: Wohnungsmarktbericht_Dortmund_2019

 

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Reaktionen

  1. Netzwerk „arm_in_Arm“ (Pressemitteilung)

    Netzwerk „arm_in_Arm“ fordert Stadt zum Bau von bezahlbaren Wohnraum auf

    Angesichts nicht abgerufener Fördergelder für den sozialen Wohnungsbau in Millionenhöhe sieht das Netzwerk „arm_in_Arm“ die Stadt in der Pflicht, die angespannte Lage auf dem Dortmunder Wohnungsmarkt durch eigene Projekte zu entschärfen.

    „In Dortmund fehlt es an privaten Investoren für geförderten Wohnraum, deshalb muss die Stadt selbst aktiv werden. 250 bis 500 geförderte Wohnungen pro Jahr durch DOGEWO 21 oder die Dortmunder Stadtentwicklungsgesellschaft sollten möglich sein“, so das Netzwerk „arm_in_Arm“ in einer gemeinsamen Erklärung.

    Im Rahmen der gemeinsamen Aktivitäten des Bündnisses „Wir wollen wohnen“ im Frühjahr dieses Jahres wurde bemängelt, dass nach Berechnungen der Hans-Böckler-Stiftung rund 32.000 bezahlbare Wohnungen in Dortmund fehlen. Die Stadt setzt nach Ansicht des Netzwerkes zu sehr auf die Bautätigkeit privater Investoren, was sich nun rächt.

    Netzwerk „arm_in_Arm“: „Der kommunale Wohnungsbau hat eine Steuerungsfunktion für den Markt und ist wichtig, um der sozialen Spaltung und Steigerung des Armutsrisikos der Bürgerinnen und Bürger entgegenzuwirken. Es gehört zur öffentlichen Daseinsvorsorge, bezahlbaren Wohnraum anzubieten und dies muss jetzt mit konkreten Projekten, wie zum Beispiel geschehen an der Holtestraße in Lütgendortmund, auf den Weg gebracht werden.“

    Mitglieder des Netzwerk „arm in Arm“:

    Arbeitslosenzentrum e.V. (Koordination), DGB Dortmund-Hellweg, AWO Unterbezirk Dortmund, Der Paritätische Dortmund, Diakonisches Werk Dortmund und Lünen gGmbH, Caritas Dortmund, Evangelische Kirche in Dortmund – Lünen –Selm, Katholische Stadtkirche Dortmund, Jüdische Kultusgemeinde Dortmund K.d.ö.R., Deutsches Rotes Kreuz, Schuldnerberatung Dortmund, bodo e.V.; Gast-Haus. Ökumenische Wohnungslosen-Initiative e.V., ObdachlosenKaffee St. Reinoldi, Deutscher Kinderschutzbund Dortmund e.V., Frauenzentrum Huckarde 1980 e.V.; Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.; Deutscher Mieterbund

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