Von Simone Melenk
Den Eisheiligen zum Trotz: Im Dortmunder RWE Tower explodieren gerade die Farben. Die 40. Ausstellung in dem ungewöhnlichen Raum, der seit 2008 mit einem spannenden Programm-Mix von junger Kunst und großen Namen überzeugt, zeigt den ganzen Sommer lang herausragende Arbeiten von Christian Rohlfs. Nach Emil Schumacher, dessen Arbeiten den Tower einst eröffnen, also wieder ein berühmter Name aus Hagen.
Blumen begeistern in der Dortmunder Ausstellung
Für die Schau hat sich das Osthaus Museum von ihren „Postkarten“, von ihrem „Best of“ getrennt, wie Dr. Birgit Schulte es formuliert, die Chefin des Rohlfs-Archivs, das mit 700 Werken die weltweit größte Sammlung des Künstlers besitzt.
Vor allem Christian Rohlfs‘ Blumen begeistern in der Dortmunder Ausstellung: Aquarelle und Wassertempera-Blätter, die selten gezeigt werden und die in all den Jahrzehnten nichts von ihrer Strahlkraft verloren haben. Was am robusten Material und der Rohlfs‘ eigenen Technik liegt. Aus der Not machte der Künstler, den Mäzen Ernst Osthaus 1901 aus Weimar nach Hagen geholte hatte, Anfang des 20. Jahrhunderts eine Tugend.
Christian Rohlfs hat aus der Not eine Tugend gemacht
In Kriegszeiten mangelte es an allem, auch an Mal-Utensilien war nur schwer dranzukommen. Christian Rohlfs, der zeitlebens nichts für Geld und Güter übrig hatte, sondern nur für seine Kunst lebte, entdeckte das preiswerte Papier. Er experimentierte mit Pigmenten und allen möglichen Bindemitteln, rührte mal Leim oder Honig, gerne auch cremige Seife in seine Farben. Manchmal zog Rohlfs seine fertigen Blätter am Ende noch durch die Badewanne, um das Motiv noch transparenter erscheinen zu lassen.
So entstanden Stillleben mit Obst, Landschaften und die berühmten Blumen-Porträts, die leicht und durchsichtig wirken, manchmal nur ein Hauch von Hyazinthe sein wollen oder die Ahnung von einer Anemone vermitteln. Seine Sonnenblumen verwelken im Verwischen, die Lotusblüten sind nurmehr ein Schatten an Stängeln.
30 Werke in Farbgruppen im RWE-Tower zu sehen
30 Bilder hängen im Tower, nicht chronologisch geordnet, sondern in Farbgruppen gehängt. Die älteste Arbeit stammt aus dem Jahre 1913, die meisten Werke entstanden zwischen 1918 und 1937 und wirken heute noch unglaublich modern. Die „Musik der Farben“ – ein Kunstkonzert, das lange nachklingt.
Die Ausstellung „Christian Rohlfs: Musik der Farben“, ist bis 1. August im RWE Tower, Freistuhl 7, in Dortmund zu sehen.
Hintergrund zum Osthaus Museum Hagen:
Das Osthaus Museum Hagen besitzt rund 700 Werke des Künstlers Christian Rohlfs (1849-1938), die weltweit größte Sammlung. Vom Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Hagen geholt und gefördert, lebte und arbeitete Rohlfs bis zu seinem Tod im Hagener Museum. Rund 200 Werke des Künstlers wurden von den Nazis einst als entartet beschlagnahmt. Sie sind damals alle gelistet und fotografiert worden. Einige davon blieben allerdings verschwunden. Die Suche nach ihnen geht weiter. Deshalb hat die Stadt Hagen auch eine Anfrage an die Staatsanwalt Augsburg gestellt, die die Sammlung des jetzt verstorbenen Cornelius Gurlitt vor dem Hintergrund möglicher Raubkunst begutachten lässt.