„Catcalling“ – noch nie gehört? Nicht schlimm, aber wir müssen darüber sprechen! Catcalling kommt aus dem Englischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Auspfeifen“. „Cat calls“ sind Ausrufe von hauptsächlich Männern, bezogen auf den weiblichen Körper. „Mit dem Arsch kannst du auch mal auf mir rumwackeln“ oder „Hey Blondie, ich mags, wie du dein Eis leckst“ – als Kompliment verstehen das wahrscheinlich die wenigsten Frauen. Das sagen auch Maren Willke und Jennifer Palitza und wollen im Rahmen ihrer Ausstellung zum Weltfrauentag 2021 auf das Thema aufmerksam machen. „Catcalling“ ist verbale sexuelle Belästigung, meist ausgehend von Männern gegenüber Frauen. „Früher hätte man gesagt, mich hat jemand angemacht“, erklärt Jennifer – oder eben „Catcalling“. Für einige Frauen beginnt das schon beim Hinterherpfeifen auf offener Straße, bei anzüglichen Blicken, verbalen Äußerungen oder Stöhnen.
Trotz Subjektivität müssen klare Grenzen für die Begrifflichkeit her
Alles, was einen als Frau auf den Körper oder das Geschlecht reduziert, da beginnt „Catcalling“ für Maren und Jennifer. Vieles ist subjektives Empfinden. Jeder hat seine eigenen Grenzen, ab wann er/sie sich unwohl fühlt. Das ist der Hauptpunkt, worum es beim „Catcalling“ geht und viele Männer haben das noch nicht verstanden. „Keine Frau denkt sich ‚geil, dass der mich jetzt hier sexistisch angemacht hat‘.“, sagt Maren.
Bei Frauen löst so ein Verhalten nicht unbedingt Freude aus. Einige von ihnen fühlen sich unwohl, belästigt oder eingeschüchtert. Das kann so weit gehen, dass Frauen ihren Kleidungsstil verändern, Straßen oder öffentliche Bereiche meiden oder in extremen Fällen sogar Panikattacken ausgelöst werden. In jedem Fall stellt dieses Verhalten eine Grenzüberschreitung dar.
Auch Maren hat schon Erfahrungen mit „Catcalling“ gemacht, erzählt sie. Einmal habe sie ein Mann auf der Straße sehr eindringlich gemustert. Bei Maren hat das Unwohlsein ausgelöst und das hat sie auch deutlich gemacht. Statt sich für sein Verhalten zu entschuldigen, wurde der Mann aggressiv – das macht Angst. Situationen wie diese erleben Frauen täglich. Das Problem dabei: nicht jede Frau ist so selbstbewusst wie Maren und traut sich ihr Unwohlsein auszudrücken. Viele nehmen es hin. Auch das Gesetz bietet Frauen dabei keinen Schutz.
Aufruf zum Schutz durch das Gesetz: andere Länder tun es schon, Deutschland soll nachziehen.
Zwar ist sexuelle Belästigung im Strafgesetzbuch unter dem Paragraf §184i abgedeckt, dabei geht es allerdings nur um körperliche Handlungen. Strafbar macht sich, wer eine „andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt […] besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.“ Verbale Belästigung schließt das nicht ein. In anderen Ländern wie Frankreich, Belgien, Niederlanden und Portugal ist verbale Belästigung längst strafbar.
Damit sich Frauen künftig auch in Deutschland wehren können, hat die Studentin Antoinia Quell im August 2020 eine Petition gegründet. 70.000 Menschen haben dafür unterschieben, dass verbale sexuelle Belästigung in das Strafgesetzbuch aufgenommen wird. Aktuell liegt die Petition dem Deutschen Bundestag vor. Auch Maren und Jennifer haben ihren Namen für die Aktion gesetzt.
Eine Ausstellung, die nicht nur Mut sondern auch Aufmerksam machen soll
Beide wollen ihren Beitrag dazu leisten und auf das Thema aufmerksam machen. Am 8. März, dem internationalen Weltfrauentag, starten sie ihre virtuelle Ausstellung. Neben verschiedenen Künstler*innen, die das Thema Catcalling aufgreifen, soll es auch eine interaktive Catcalling Karte geben.
Hinter jedem Katzenemoji steckt später eine Catcalling-Erfahrung, die von betroffenen Frauen eingesendet wurde. Damit wollen sie Frauen Mut machen und zeigen: „Ihr seid nicht allein.“, aber auch aufmerksam machen auf die vielen verschiedenen Formen, die Catcalling annehmen kann. Dabei auch Männer für das Thema zu sensibilisieren, ist Maren und Jennifer wichtig. Einen kleinen Vorgeschmack darauf findet ihr auf dem Bild rechts.
Bis zum 5. März sind Frauen noch aufgerufen, sich an der Aktion zu beteiligen. Über die Website https://weltfrauentag.speicher100.org gelangt man zu einem Formular, wo den beiden Aktivistinnen eigene Erfahrungen geschildert werden können. Das Ganze ist anonym und unkompliziert. Bisher haben sich schon einige Frauen beteiligt, allerdings „ist noch Luft nach oben“, sagen die beiden. Jede Frau, die sich an der Aktion beteiligt oder sie mit ihren Freunden teilt, hilft dabei, auf das Thema aufmerksam zu machen und zu sensibilisieren.
Wichtig ist den beiden aber, zu betonen, dass die Karte keine Übersichtsgrafik ist. Es gehe nicht darum, zu zeigen, wo etwas passiert, sondern darum, die Vielfalt zu zeigen. Die Einsendungen, die Maren und Jennifer erreichen, sind nicht repräsentativ für das gesamte Stadtbild. Sie dient dazu, das Problem sichtbar zu machen und den Betroffenen die Möglichkeit zu geben, darüber zu sprechen. „Ich glaub, ich kenne keine Freundin, die das nicht schon einmal, wenn nicht sogar mehrere Male in ihrem Leben erlebt hat“, erklärt Maren. Damit sich das für zukünftige Generationen ändert, setzen zwei junge Frauen in Dortmund ein Zeichen.
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Pressemitteilung zum feministischen Kampftag am 6. März 2021: „Who cares?“ – feminist revolution now!
Pressemitteilung zum feministischen Kampftag am 6. März 2021:
„Who cares?“ – feminist revolution now!
Das Feministische Kollektiv Dortmund ruft anlässlich des Internationalen
Frauentags (8. März) unter dem Thema „Corona und Care“ zur Demonstration
auf. Am Samstag, den 06.03.2021 um 14 Uhr an der Reinoldikirche, 44135
Dortmund, wollen wir gemeinsam unter strengen Hygieneauflagen und mit
ausreichend Abstand auf die Straße gehen, um auf weiterhin bestehende
Geschlechterungerechtigkeiten in der Gesellschaft aufmerksam zu machen.
Dieses Jahr ist die Lage wie nie zuvor: die Corona-Pandemie hat die
ungleiche und ungerechte Behandlung von Frauen¹ weiter verstärkt.
Insbesondere im Pflegesektor arbeiten mehrheitlich Frauen und diese sind
von schlechten Arbeitsbedingungen, ungerechter Bezahlung und fehlender
Anerkennung betroffen. Auch unbezahlte Arbeit, die täglich von Frauen
geleistet und nicht anerkannt wird, weil sie keinen ökonomischen Nutzen
hat, wollen wir sichtbar machen. Hierzu gehören Hausarbeit und
Sorgearbeit, ohne die eine Familie nicht funktionieren kann. Auch wenn
bereits vor Monaten im Zuge der Pandemie für alle Betroffenen
Verbesserungen versprochen wurden, zum Beispiel ausreichende finanzielle
Unterstützung, ist bis heute nur wenig passiert. Ein kurzer Applaus als
Dankeschön für die Menschen, die diese Gesellschaft zusammenhalten,
reicht uns lange nicht aus!
¹Fußnote: Wir sprechen in diesem Text von Frauen, da wir eine
mehrheitliche cis Frauengruppe sind und aktuelle Statistiken zu
Geschlechterungerechtigkeit (z.B. Gender Pay Gap) leider nur in binäre
Kategorien (weiblich und männlich) gedacht werden. Wir möchten aber
betonen, dass es mehr als zwei Geschlecher gibt und wir uns mit allen
trans, inter, nicht-binären und agender Personen solidarisieren!
Feministisches Kollektiv Dortmund
Mail: femkollektiv_do@riseup.net
Frauen*ThemenTage am Schauspiel Dortmund (PM Theater Dortmund)
Frauen*ThemenTage am Schauspiel Dortmund
Seit über hundert Jahren kämpfen Frauen* am 8. März für Gleichberechtigung der Geschlechter. Sie gehen auf die Straße, streiken, sind laut und sichtbar.
Als Einstimmung präsentiert das Schauspiel Dortmund am Wochenende vor dem Internationalen Frauen*tag ein digitales Programm, welches mit der Diskurs-Reihe „Du und Ich = Wir?“ am Samstag, 6. März, um 17 Uhr startet. Thematisch geht es um „Queere (Sorge-) Arbeit“ mit Francis Seeck und Valentina Schüler, um 18.30 Uhr „Mutter-Sein in weißen Institutionen“ mit Megha Kono-Patel und Karima Benbrahim und um 20 Uhr „Was ist bitteschön eine ‚Karriere-Frau‘?“ mit Julia Wissert und Lana Idriss. Ab 22 Uhr gibt es mit „Let’s shake it off“ eine gemeinsame Party im virtuellen Raum.
„Auf die Straße?!?“ heißt es am Sonntag, 7. März, mit einem Audio-Videoguide ab 11 Uhr. Anna Tenti hat das Format als Rückblick auf den Frauen*kampftag entwickelt und mit Andreas Niegl (Sound) und Meike Kurella (Video und Ausstattung) umgesetzt. Ensemblemitglied Antje Prust schenkt dem Projekt ihre Stimme.
Um 17 Uhr startet die Live-Stream-Lesung „Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen“ auf der großen Bühne. Sarah Jasinszczak hat drei Texte aus der Sammlung von Christine Brückner für die Lesung mit den Ensemblemitgliedern Linda Elsner, Lola Fuchs und Marlena Keil eingerichtet. Darin kommen Frauen* zu Wort, die in der Geschichte nicht gehört wurden oder durch große Männer untergegangen sind, wie zum Beispiel Desdemonas Monolog im Schlafgemach Othellos oder die fiktive Rede von Gudrun Ensslin in ihrer Gefängniszelle Stammheim an den Staat.
Zum Abschluss des Themen-Wochenendes präsentiert das Schauspiel ab 19 Uhr zwei Filme: „How To Be A Sister“ ist ein fünfminütiger Kurzfilm von Azeret Koua mit Sarah Yawa Quarshie und „Monsterhood Part II. Sennentuntschi, a cultural appropriation“ ist ein 25-minütiger Performance-Film von Latefa Wiersch.
Im Zentrum steht die Frage nach der Identität, nach einem Ich, das sich stets neu entwirft, Verbindungen löst und webt, in neue Häute schlüpft. Im Anschluss findet ein Nachgespräch zu beiden Filmen mit den Regisseurinnen statt.
Alle Veranstaltungen am 6. und 7. März finden digital und kostenfrei statt und sind bis einschließlich 8. März online verfügbar.
Weitere Infos und Links unter http://www.theaterdo.de und blog.schauspieldortmund.de.
Digitales Mädchenchorfestival #SidebySide – Chorakademie Dortmund veranstaltet digitalen Tag für junge Sänger*innen zum Weltfrauentag (PM)
Digitales Mädchenchorfestival #SidebySide – Chorakademie Dortmund veranstaltet digitalen Tag für junge Sänger*innen zum Weltfrauentag
Die Chorakademie am Konzerthaus Dortmund e.V. lässt sich von Corona keinen Strich durch die Rechnung machen. Das 2. Deutsche Mädchenchorfestival zum Weltfrauentag, welches eigentlich u.a. mit einem großen Begegnungskonzert im Konzerthaus Dortmund stattfinden sollte, wird in diesem Jahr nun als rein digitales Festival veranstaltet.
Das Mädchenchorfestival unter dem Motto #SidebySide möchte Mädchenchöre aus Nah und Fern zusammenbringen und lädt zu einer abwechslungsreichen und kostenlosen Online-Ausgabe des Festivals, welches nicht nur terminlich, sondern auch thematisch eng an den Weltfrauentag angebunden ist. Am Samstag, den 06. März 2021, präsentiert die Chorakademie eine bunte Mischung aus digitalen Workshops und Vorträgen zu chormusikalischen Themen, aber auch zu Themen rund ums „Frausein“.
Interaktive Workshopformate beispielsweise mit Kim Nazarian (New York Voices) und Franny Fuchs (HfM Würzburg) geben Impulse für das eigene Singen und die gemeinsame Chorarbeit. Professionelle Sängerinnen, Komponistinnen und Chorleiterinnen bieten Einblick in ihre Arbeit und beleuchten die Frage nach Ihrem Standing im Musikbusiness. Experten ihres Fachs zeigen einfache Tricks der Selbstverteidigung, Wege gegen Belästigung und Umgangsweisen mit den Ungleichheiten auf dem Jobmarkt. Die teilnehmenden Chöre bekommen eine Plattform, um sich und ihren Chor zu präsentieren und sich in Kleingruppen kennenzulernen und mit verschiedensten Fragen zu beschäftigen.
Auch wenn das gemeinsame Konzerterlebnis entfallen muss, werden viele Facetten einer lebendigen Chorarbeit und gelebten Gemeinschaft beleuchtet, was die Veranstaltung nicht nur für aktive Sängerinnen interessant macht, sondern auch für Chorleiter*innen, Gesangspädagog*innen, Komponist*innen und eigentlich alle jungen Mädchen und Frauen. Nähere Informationen zum Programm und Möglichkeit zur kostenfreien Registrierung unter: chorakademie.de/sidebyside2021