Von Gerd Wüsthoff
Transidente in Dortmund haben erstmals einen eignen CSD (Christopher Street Day) auf die Beine gestellt. Es handelt sich laut Natascha Zimmermann um den bundesweit ersten Trans* CSD überhaupt. Da ihre Anliegen sonst immer im allgemeinen LGBTQ-Trubel (LGBTQ steht für Lesbian Gay Bisexuell Trans Queer) etwas untergeht, haben die beiden Vereine „TransBekannt“ und „Lili Marlene“ die Chance des Ausfalls des regulären CSD in Dortmund genutzt, und einen eigenen Trans*CSD in der City organisiert.
Trans* CSD eine Diversity-Veranstaltung in der Mitte der Stadt Dortmund
„Das Thema Transident geht leider immer etwas bei den großen CSDs unter“, erklärt Natascha Zimmermann. „Wir sind in all unserer Vielfältigkeit ein Teil dieser Gesellschaft. Der Ausfall des allgemeinen CSD 2018 bot uns die Chance, den bundesweit ersten Trans* CSD zu organisieren“ sagt Zimmermann.
„Wir haben mit weit weniger Interesse an einer Beteiligung gerechnet, als wir nun hier am Europa-Brunnenhaben.“ Der Platz für diesen Trans* CSD könnte nicht besser gewählt worden sein.
Wer aus der U-Bahn-Station Reinoldikirche auf die Kleppingstraße kommt, blickt auf die bunte Vielfalt der TeilnehmerInnen und BesucherInnen. Einladend öffnet sich die Reihe der Informationsstände – sie ist weit einsehbar für die vorbeiströmenden BürgerInnen, die sich über den Westenhellweg ergießen.
Das Spektrum der teilnehmenden Organisationen, Vereinen und Parteien ist groß: „Die Dimension hat uns als Organisatoren überrascht“, gesteht Zimmermann stolz. Mandy Balczak und Zimmermann berichten aber auch von den vielfältigen Problemen, mit denen transidente Menschen leider immer noch zu kämpfen haben. „Dabei wird, meiner Meinung nach, der Begriff „Divers“, wie er zukünftig in den Personalausweis eingetragen werden soll, nicht zur Integration beitragen, sondern eher zur Diskriminierung“, glaubt Balczak.
Parteien, Organisationen und Gewerbetreibende mit transidentem Interesse und Hintergrund
Parteien – darunter Die Linke, SPD, Die Grünen und die FDP – haben Infostände aufgebaut und sind immer wieder in Diskussionen mit BesucherInnen des Trans* CSD. So auch Anja Butschkau, Landtagsabgeordnete der SPD aus Dortmund.
Daneben waren auch Unternehmen aus Essen und Gevelsberg anwesend – freemyskin, aus Essen, das Haarentfernung nicht nur für Transidente Menschen anbietet. „Trotz hormoneller Behandlungen sind bei vielen die nicht mehr erwünschten alten Haare immer wieder ein optisch und auch psychologisches Problem“, sagt Jutta Jasmin Bär, die Inhaberin von freemyskin.
„Aber auch im Alter enstehender Haarwuchs bei Damen oder Männern. Sie werden im Alter bei Männern nicht weniger, nur leider an anderen Stellen.“ Das Therapiezentrum Appelbaum richtet sich mit seinem Programm nicht nur an die Allgemeinheit, sondern auch an Transidente Menschen.
Informationsbedürfnis: Gefangen im falschen Körper – viele Eltern waren mit ihren Kindern auf dem CSD
Auffallend viele Paare und Eltern mit Kindern besuchten den Stand von Sunrise, einer Jugendbildungs- und Beratungseinrichtung für junge Lesben, Schwule (Gay), Bisexuelle und Trans*. „Das Problem der Geschlechtsidentität tritt weit früher auf, als landläufig angenommen“, berichtet eine Mitarbeiterin von Sunrise.
„Viele Kinder merken schon im sehr frühen Alter, auch vor der Pubertät, ob sie sich zum einen im falschen Geschlecht befinden oder ob sie sich eher vom eigenen Geschlecht angezogen fühlen.“ Heute sei viel einfacher, sich in der Schule zu Outen als noch vor Jahren, „selbst, wenn unter Jugendlichen das Wort ,schwul‘ für etwas benutzt wird, das als unangenehm gilt. Das ist nicht unbedingt homophob“, erläutert die Mitarbeiterin.
Neben Organisationen aus Dortmund waren auch Transidenten-Vereine und -Organisationen aus Nordrhein-Westfalen mit von der Partie. So waren aus Münster die Selbsthilfegruppe Transident – mit vier Beratungseinrichtungen, aus Erkrath bei Düsseldorf Gendertreff und Transpride aus Köln in Dortmund dabei.
Der Trans* CSD wurde mit Sponsoren und freiwilligen Helfern in Dortmund möglich
TransBekannt hat den Trans* CSD mit Hilfe von Sponsoren und vielen freiwilligen HelferInnen auf die Beine gestellt. Für etwaig auftretende Störungen stand „Kollektiv Sicherheit“ aus Duisburg als Securitybereit. „Bevor wir Kollektiv Sicherheit gebucht haben, haben wir deren Konzept gründlich studiert“, sagt Zimmerman. „Dort werden die Mitarbeiter sogar speziell auf Marken und Erkennungszeichen geschult, die gerne von Gleichgeschalteten verwendet werden.“
TransBekannt will es aber nicht bei der Organisation des Trans* CSD belassen. „Wir haben in der Zukunft noch vieles vor“, erläutert Balczak. „Wir planen eine Reihe weiterer Veranstaltungen, und haben ab September 2018 an jedem 3. Samstag einen Gruppenabend für Eltern mit transidenten Kindern, aber auch für solche mit Kindern, die schwul, lesbisch oder bi sind.“
Den Kaffeedurst der Trans*CSD-TeilnehmerInnen und Gäste stillte Christina Ernst mit ihrem Kaffeewagen, mit dem sie auch sonntags im Rombergpark zu finden ist. Einigen Dortmundern wird Ernst vielleicht auch durch die gastronomische Bewirtschaftung im Revierpark Wischlingen bekannt sein.
Weitere Infomationen:
- www.transbekannt.de/
- www.sunrise-dortmund.de
- Gendertreff, Erkrath, www.gendertreff.de
- www.lili-marlene-dortmund.de
- Lili Marlene ist aus der Burgunderstraße in Hörde in die Braunschweiger Straße in das KCR umgezogen
- Colourado – Koordinirungstelle für Lesben, Schwule und Transidente der Stadt Dortmund: www.sit.dortmund.de, www.diversitydortmund.de
- Jacqueline Vest, Transgender Gesprächskreis, Recklinghausen, www.trans-re.de
- www.transpridecologne.wordpress.com
- www.ts-selbsthilfegruppe-muenster.de
- www.freemyskin.de
- www.therapiezentrum-appelbaum.de
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