Von Stella Roga
„Sie sind der lebende Beweis dafür, dass es gut investiertes Geld ist. Nicht nur, dass es Ihnen besser geht, Sie werden auch gebraucht. Sowohl auf dem Bau, in der Seniorenbegleitung als auch in der Küche“, betont Hubertus Heil. Im Restaurant „Dieckmanns“ im Dortmunder Süden suchte der Bundesminister für Arbeit und Soziales das Gespräch mit drei Menschen, die erfolgreich den Weg aus der Arbeitslosigkeit gemeistert haben. Dabei stand ihnen das Jobcenter zur Seite – finanziert durch ein Programm aus dem Ministerium von Hubertus Heil.
Minister Heil: „Ich bin dankbar für ihre Arbeit“
Das „Ungewöhnliche“ am Politiker-Besuch: Er kam zum Zuhören, nicht zum Reden. Die Erste, die Heil „in Beschlag“ nahm, war Monika Mizkiel. Sie arbeitet in der Altenbetreuung beim Frauenzentrum in Dortmund.
Aber auch Dirk Meyer als Bauhelfer bei KramerBau und Emmanuel Maddaloni, der als Beikoch bei Dieckmanns arbeitet, standen als Gesprächspartner zur Verfügung.
Während Maddaloni nach seiner überbetriebliche Ausbildung durch das Jobcenter gefördert und an Dieckmanns vermittelt wurde, dauerte das „Ankommen“ für andere länger. Die Langzeitarbeitslosen Monika Mizkiel und Dirk Meyer konnten durch das Coaching-Programm des Jobcenters dennoch erfolgreich in den 1. Arbeitsmarkt vermittelt werden.
Ihre Coaches Birgit Niggemann und Stanislav Gaus vom Jobcenter-Team „Wendepunkt“ waren wichtige Bezugspersonen. Durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit entstanden neue berufliche Perspektiven. Für beide gelang der Start in den 1. Arbeitsmarkt. „Das Coaching soll ein Miteinander sein“, beteuert Birgit Niggemann.
Neue Hoffnung nach jahrelanger Ablehnung
Durch ihre mehrjährige Erfahrung im Coaching kennt Birgit Niggemann eine Gemeinsamkeit bei den Langzeitarbeitslosen: Sie schlagen sich mit Zweifeln und Frustration herum.
„Das Selbstwertgefühl leidet darunter, wenn man jahrelang Absagen bekommt, oder gar keine Antwort“, berichtet Niggemann. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht beobachtet sie nun wie ihr Schützling Monika Mizkiel voller Energie den Bundesarbeitsminister begrüßt.
„Seitdem sie wieder arbeitet, ist ihr Selbstbewusstsein wieder da. Ein Unterschied wie Tag und Nacht, weil sie sich wieder gebraucht fühlt“, freut sich Niggemann.
Berufliche Zukunft mit Mitte 50: „Das ist wie ein Sechster im Lotto!“
Voller Freude bedankt sich Mizkiel persönlich bei Heil für die Chance auf einen Job, der sie bis zu ihrer Rente begleiten kann. „Das ist wie ein Sechster im Lotto!“, macht die 58-Jährige deutlich.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ist regelrecht stolz: „Sie haben mich schon freudestrahlend empfangen. Sie haben meinen Tag gerettet. Es tut wirklich gut, das zu hören“, gesteht der Gast aus Berlin.
„In meinem Job macht man Dinge und man hofft, dass es Leuten hilft. Es geht um das ganze Land. Personen zu treffen, denen es wirklich geholfen hat, ist schön“, so Heil, der den ehemals Langzeitarbeitslosen mit viel Empathie begegnet.
Der Weg zum richtigen Job ist holprig – aber gemeinsam ist er machbar
Dirk Meyer hat über die Soziale Teilhabe den Weg in eine unbefristete sozialversicherte Stelle als Bauhelfer im Hochbau-Betrieb von Andreas Kramer gemeistert. Keine Selbstverständlichkeit – denn der heute 56-Jährige war mehr als zehn Jahre arbeitslos. Über die soziale Teilhabe kam er in eine Anstellung bei einer Autoreinigung. Seine Arbeit machte Meyer gut, musste aber immer hinter dem Geld herlaufen.
Sein Jobcoach Stanislav Gaus zog für ihn die Reißleine. „Das Unternehmen war nicht seriös“, muss Gaus einräumen. Gemeinsam suchten sie einen anderen Betrieb. Auch die Hürden bei der Einstellung umschifften sie gemeinsam.
Denn mit seiner Sprachbehinderung und seiner Lese-Rechtschreib-Schwäche scheiterte Dirk Meyer früher schon an der Bewerbung – ansonsten war meist im Vorstellungsgespräch Schluss. „Die meisten haben abgeblockt. Ich konnte nicht zeigen, dass ich anpacken kann“, berichtet Dirk Meyer.
Damit haben sich die potenziellen Arbeitgeber selbst keinen Gefallen getan. Denn seine Qualitäten kann er nur in der Praxis unter Beweis stellen: Seine Stärke ist nicht das Reden – sondern „an der Schüppe“. Auch nach einem Jahrzehnt in Arbeitslosigkeit startete er gleich in einem 40-Stunden-Job. Mit Erfolg. Nun hat er eine Chance, bis zur Rente bei KramerBau zu arbeiten. Dort ist Meyer jedenfalls glücklich.
Vorurteile und Komplikationen – das Programm stützt auf Empathie
„Es wird oft so getan, als würden wir eine starre Masse am Arbeitsmarkt betreuen, daran störe ich mich. Bei guter Zusammenarbeit entstehen Erfolgsgeschichten“, erklärt der Dortmunder Jobcenter-Chef Marcus Weichert. Genau dafür war das Bundesteilhabechancengesetz gedacht.
Hinter dem sperrigen Begriff steht ein Konzept, welches denen helfen soll, die bereits seit mehr als sechs Jahren arbeitslos sind. Ein Vermittlerteam kümmert sich um sie und hilft bei der Suche nach einem passenden Arbeitsfeld.
Hierbei wird der Fokus auf die individuellen Fähigkeiten der Menschen gelegt. Nach erfolgreicher Vermittlung geht es aber weiter. Dann steht das Coaching im Vordergrund. Auch hier ist es besonders wichtig, auf den Menschen persönlich einzugehen: „Schließlich kann man nicht alle in eine Schublade stecken“, so Birgit Niggemann.
Berufliche Integration als Langstreckenlauf: Fünf Jahre Förderung
„Es ist kein preiswertes Instrument für das Jobcenter, aber ein sinnvolles“, betont Hubertus Heil. Die ersten zwei Jahre in Anstellung werden die Beschäftigten zu 100 Prozent vom Jobcenter finanziert. Danach sinkt die Förderung in den drei Folgejahren schrittweise auf 70 Prozent ab.
Das Ziel ist eine Übernahme und ein unbefristeter Arbeitsvertrag bei dem Arbeitgeber, wo sie fünf Jahre gefördert wurden. Besonders durch diese Lohnkostenzuschüsse wird die gesamte Prozedur auch für den Arbeitgeber attraktiver. Zudem haben die Geförderten genügend Zeit, falls nötig ihre Qualifikationen zu verbessern.
Der Bundesarbeitsminister spricht sein Lob an das Jobcenter aus: „Ich habe dem Jobcenter in den letzten Jahren viel zugemutet“, sagt er mit Blick auf die vielfältigen Aufgaben, die für das Jobcenter hinzukamen. Beispielhaft nennt er die Integration der Geflüchteten aus der Ukraine oder die Einführung des neuen Bürgergelds.
„Um so mehr schätze ich es, dass auch dieses Konzept der sozialen Teilhabe umgesetzt werden konnte und dass es auch das Richtige war, wie man an solchen Beispielen sieht“, erklärt Heil.
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