Mit den Beschlüssen des Bundeskabinetts zum Familienleistungsgesetz vom 24. Juni 2020 und zum Meldegesetz am 15. desselben Monats wird das digitale Angebot für Bürgern*innen zukünftig ausgebaut. Dies soll spürbare Erleichterungen im Kontakt mit der Kommunalverwaltung nach sich ziehen: idealtypisch bequemer, leichter, zeitsparender für Kund*innen, denn papierfreie Verwaltungsakte können schneller abgewickelt werden. Und das Schlange-Stehen erübrigt sich zumeist auch. Zudem wird das Perslonal entlastet. – Die Zukunft hier, sie erscheint in rosarot. Die ganze?
Digitale Schnittstellen zur Verwaltung ermöglichen das Abrufen und Verwenden persönlicher Daten
Laut Presseerklärung der Stadt Dortmund sieht es jedenfalls nicht schlecht aus. Los geht’s mit dem Familienleistungsgesetz. Hier werden die Rahmenbedingungen geschaffen, um Eltern zukünftig die zentralen Familienleistungen in einem gebündelten Online-Antrag anbieten zu können. Neben der Geburtsurkunde – mit förmlicher Namensfestlegung und Geburtsanzeige – können Familien auf Wunsch künftig Elterngeld und Kindergeld in einem Zuge beantragen. In einem weiteren Schritt soll auch noch der Kinderzuschlag dazukommen. ___STEADY_PAYWALL___
Die Weiterentwicklung des Meldegesetzes bringt darüber hinaus Erleichterungen des Zugangs von Bürger*innen zu ihren Meldedaten und deren weitere Nutzung mit sich. Die Datensätze können dann digital über ein Verwaltungsportal abgefragt, in elektronischer Form abgerufen und für verschiedene Zwecke genutzt werden. Ein weiteres Novum: Neben dem klassischen Gang zum Amt soll es erstmalig möglich sein, die Anmeldung nach einem Umzug in eine neue Stadt durchweg elektronisch durchzuführen.
Personal- und Organisationsdezernent Christian Uhr begrüßt ausdrücklich die beiden neuen Gesetze: „Die Gesetze bilden einen wesentlichen Meilenstein auf dem Weg zur Digitalisierung der Verwaltung. Hierüber lassen sich klassische Strukturen aufbrechen und Bürokratie abbauen. Den Bürgerinnen und Bürgern wird sich so zusätzlich eine komfortable und zeitsparende Möglichkeit bieten, Verwaltungsangelegenheiten abzuwickeln. Unabhängig davon besteht selbstverständlich weiterhin die Möglichkeit der persönlichen Kontaktaufnahme.“
Erleichterungen bei Anmeldung von Geburten: persönliches Vorsprechen beim Standesamt meist überflüssig
Mit Blick auf die potentiellen Erleichterungen für Familien wähnt sich die Dortmunder Stadtverwaltung schon jetzt gut aufgestellt. So lässt das Standesamt Dortmund die von den Krankenhäusern bzw. vom Geburtshaus erstellte Geburtsanzeige – neben der von den Eltern unterschriebenen Erklärung zur Bestimmung des Vor- und Familiennamens der Neugeborenen – mit den zur Beurkundung benötigten Unterlagen und sonstigen Nachweisen täglich abholen.
Die Beurkundung wird im Backoffice vorgenommen und die Eltern erhalten die Urkunden für das Kind sowie die Bescheinigungen für z.B. Kinder-und Elterngeld gegen Rechnung per Post. Damit wird es Eltern von neugeborenen Kindern erheblich erleichtert, die Geburt anzumelden, da sie in der Regel nicht mehr persönlich beim Standesamt vorsprechen müssen und ihnen Wege- und Wartezeiten erspart bleiben.
Die Inanspruchnahme des Services ist kostenlos, freiwillig und wird seit Jahren von mehr als 80 Prozent der Eltern, deren Kinder in Dortmund geboren wurden, genutzt. In 2019 kamen 5.442 Kinder in der Stadt zur Welt.
Bis Ende 2022: Mit aktivierter eID des Personalausweises Onlinezugang zu hunderten von Dienstleistungen
Neben alldem versucht die Verwaltung, ihre Leistungen nicht nur bürgerorientiert, sondern auch online anzubieten. So bieten die Bürgerdienste u. a. das Kfz-Wunschkennzeichen, Leistungen des Fundbüros und die Beantragung von Führungszeugnissen über das Internet an. Voraussetzung dafür ist eine aktivierte eID (elektronische Identität) des Personalausweises (wir berichteten). Kurz- und mittelfristig werden noch weitere Leistungen hinzukommen, wie bspw. die Beantragung von Personenstandsurkunden.
Mit dem Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG), das Bund, Länder und Kommunen bis Ende 2022 dazu verpflichtet, ca. 575 ihrer Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten, hat die Digitalisierung der Verwaltung einen weiteren Schub erhalten.
Zu Beginn des Jahres hatte die Stadtverwaltung bereits ihr Serviceportal umgestaltet und eine übersichtlichere Startseite für alle Nutzer*innen geschaffen. Aktuell beschäftigt sich eine eigens dafür eingerichtete Arbeitsgruppe in der Stadtverwaltung mit der Umsetzung der Anforderungen aus dem OZG und steht im engen Austausch mit den verschiedenen Fachbereichen.
Stadtrat Norbert Dahmen, verantwortlich für das Dezernat Recht, Ordnung, Bürgerdienste und Feuerwehr, bewertet die aktuellen Entwicklungen durchweg positiv: „Der Wunsch vom digitalen Gang zum Amt kann endlich Realität werden. Viele Behördengänge können dann bequem per Mausklick erledigt werden. Das erhöht nicht nur die Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen, sondern entlastet unsere Beschäftigten gleichermaßen.“
Digitalisierte Verwaltung: Einsparung von Personal, weniger Behördengänge und mehr Big Brother?
Damit deutet sich zunächst zweierlei an. Erstens: Über kurz oder lang wird es alternativ zu den meisten gewöhnlichen Behörden- und Ämtergängen, dem postalischen oder gewöhnlichen e-Mail-Schriftverkehr die Option geben, die eigenen Angelegenheiten mit einer verbürgten Identität (der eID) online zu erledigen. Digitalisierung und Vernetzung machen’s möglich. Verstaubte Aktenordner waren gestern, der bleistiftspitzende deutsche Beamte erst recht. Ab jetzt entstehen Freud oder Leid bei Anliegen von Bürger*innen gegenüber staatlichen Verwaltungen vor dem Computer.
Zweitens: Digitalisierung spart Personal. Das kann bei den Beschäftigten Ängste auslösen. Deshalb wird innerhalb der Dortmunder Stadtverwaltung stattdessen gerne von „Entlastung“ gesprochen. Diese Entlastung des Personals kann aber eigentlich nur auf eine Reduktion von Stellen hinauslaufen. Die wird es genauso sicher geben, wie neue Stellen mit adaptierten Tätigkeitsbeschreibungen hinzukommen werden. Was am Ende unterm Strich stehen wird, weiß niemand, weil keins in der Dynamik des Prozesses absehbar ist.
Unterbelichtet aber bleiben in der Diskussion auf lokaler Ebene um die Folgen digitalisierten Verwaltungshandelns, drittens, die Risiken bei der Übertragung von Daten sowie insbesondere deren Schutz: nicht nur vor kriminellen Machenschaften, sondern auch vor dem Interesse an verdachtsunabhängigen, großflächigen Routinezugriffen seitens interessierter Ermittlungsbehörden, Geheimdienste eingeschlossen. Solche Praktiken werden in besagten Kreisen immer beliebter – und immer legaler. Ermöglicht werden sie freilich vor allem durch Bundesgesetzgebung (etwa durch das „Gesetz zur Förderung des elektronischen Identitätsnachweises“ von 2017) und entziehen sich insofern kommunaler Mitwirkungsmöglichkeiten.
Weitere Informationen:
Gesetze:
- Gesetz über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis (Personalausweisgesetz – PauswG); Inkrafttreten der Neufassung am: 1.11.2019; hier:
- Paßgesetz von April 1986; Stand Juni 2019; hier:
Bundesministerium des Inneren (BMI): Infos zum elektronischen Personalausweis:
- Anwendungsmöglichkeiten der eID, aufgeführt beim Bundesministerium des Inneren; hier:
- Inhaber von Berechtigungszertifikaten für die Online-Ausweisfunktion; hier:
- Der Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion, Info-Broschüre des Bundesministeriums des Inneren; hier:
- Android-Smartphone als Kartenlesegerät verwenden; hier:
- Online-Funktion über NFC (Android) benutzen; hier:
- Online-Funktion über NFC (iOS/iPhone) benutzen; hier:
Kritische Darstellungen zum Thema:
- Kritik am nPA mit einer eID (Datenschutzbeauftragter); hier:
- Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen: Personalausweis und Datenschutz; hier:
- Fundamental rights implications of storing biometric data in identity documents and residence cards. Opinion of the European Union Agency for Fundamental Rights; hier:
- Stellungnahme des Chaos Computer Clubs zur eID; hier:
- Verfassungsbeschwerde gegen automatisierten Biometriezugriff: Übersicht; hier:
- Verfassungsbeschwerde vom 14. Juli 2018 im Wortlaut; hier:
- „Heute mal ohne Biometrie: Reisepass ,well done’“. Wie sich der RFID-Chip in Personalausweisen und Reisepässen deaktivieren lässt, ohne dass diese ihre Gültigkeit verlören; hier:
- Übersicht deutscher Sicherheits- und Überwachungsgesetze (1956-2017), ihres kritischen Inhalts und des Stimmverhaltens der Fraktionen im Deutschen Bundestag; hier:
Reaktionen
Kinderzuschlag (KiZ) steigt ab Januar: Mehr Geld für Familien mit kleinen Einkommen (PM)
Gute Nachrichten für Familien mit kleinen Einkommen: Ab dem 1. Januar 2022 steigt der Höchstbetrag für den Kinderzuschlag um vier Euro auf 209 Euro pro Kind und Monat. Familien, die bereits Kinderzuschlag beantragt haben oder diesen be- reits erhalten, müssen von sich aus nicht aktiv werden – der Auszahlungsbetrag wird ab Januar automatisch angepasst.
Kinderzuschlag erhalten Elternpaare und Alleinerziehende von der Familienkasse, wenn sie für das jeweilige Kind kindergeldberechtigt sind, es unter 25 Jahre alt und unverheiratet ist und wenn es im selben Haushalt lebt. Der Antrag auf Kinderzu- schlag kann direkt online ausgefüllt und die notwendigen Nachweise hochgeladen werden.
Gut zu wissen: Mit dem KiZ-Lotsen lässt sich unter http://www.kinderzuschlag.de in we- nigen Schritten prüfen, ob sich ein Antrag auf Kinderzuschlag lohnen könnte. Hier finden sich auch weitere Informationen zu den Anspruchsvoraussetzungen. Für die Beantwortung individueller Fragen zum Kinderzuschlag kann von zu Hause auch bequem und unkompliziert eine Videoberatung vereinbart werden.
Alle aktuellen Informationen hierzu sowie rund um Kindergeld und Kinderzuschlag finden Sie online unter http://www.familienkasse.de.