„Auf Augenhöhe“ mit Obdachlosen: Gelungenes Kunstprojekt mit „bodo“-VerkäuferInnen in der Innenstadt von Dortmund

Ein temporäres Wohnzimmer - ohne Wände - in der City: Fotos: Sebastian Sellhorst
Ein temporäres Wohnzimmer – ohne Wände – in der City als Ort des Austauschs. Fotos: Sebastian Sellhorst

Wohin lädt man Gäste ein, wenn man kein eigenes Wohnzimmer hat? Yoana Todorova studiert Kommunikationsdesign an der FH Dortmund und hat diese Frage heute künstlerisch beantwortet: Mitten in der Dortmunder Innenstadt hat sie ein Wohnzimmer aufgebaut ‑ aber eines ohne Wände. Den ganzen Nachmittag über haben VerkäuferInnen des Straßenmagazins „bodo“ PassantInnen eingeladen, ihre Gäste zu sein. „Auf Augenhöhe“ heißt das Projekt.

Austausch und Begegnung: Eine Aktion gegen Vorurteile gegenüber Obdachlosen

Das Team hat ein temporäres Wohnzimmer - ohne Wände - im öffentlichen Raum errichtet.
Das Team von Yoana Todorova hat ein temporäres Wohnzimmer im öffentlichen Raum errichtet.

Eine Tür, die man hinter sich schließen kann, Kaffeekanne und Milchkännchen, ein Sofa, um es sich gemütlich zu machen ‑ das haben viele wohnungs- und obdachlose Menschen nicht.

Das ist Thema des Projekts von Yoana Todorova, Kommunikationsdesign-Studentin an der FH Dortmund: „Es gibt das vermeintlich Offensichtliche, die Armut, das Betteln, das draußen schlafen. Und dann gibt es so viele Vorurteile. Aber Obdachlose sind unterschätzt. Die Leute haben ein Geheimnis.“

Mit einem Team aus zwei Kameraleuten, einer Fotografin, einem Sounddesigner und zwei Studentinnen der Sozialen Arbeit hat sie heute ein temporäres Wohnzimmer im öffentlichen Raum errichtet; und zwar eines für Adolf, Chris, Jessica, Marcus, Metin, Sefa und Stefan, allesamt VerkäuferInnen des sozialen Straßenmagazins „bodo“.

„Ein Wohnzimmer in der Fußgängerzone ist gleichzeitig eine Wohnung und keine Wohnung. Es gibt einen Teppich, Sessel, sogar Zimmerpflanzen ‑ aber keine Wände. Es ist ein Schwebezustand“, erklärt sie ihre Idee.

Verkehrte Verhältnisse: Wohnungslose laden in ihr Wohnzimmer ein

Adolf, Chris, Jessica, Marcus, Metin, Sefa und Stefan, allesamt VerkäuferInnen des sozialen Straßenmagazins „bodo“, hatten Gäste.
Adolf, Chris, Jessica, Marcus, Metin, Sefa und Stefan, allesamt VerkäuferInnen des sozialen Straßenmagazins „bodo“, hatten Gäste.

Die „bodo“-Verkäufer blieben nicht allein: Sie haben Gäste zu sich eingeladen, PassantInnen, die sich Zeit nahmen, Gäste zu sein, zu plaudern, mit ihren Gastgebern ins Gespräch zu kommen.

„Ich mag die Idee, die Verhältnisse umzukehren. Wohnungslose laden in ihr Wohnzimmer ein. Die Gäste dürfen Fragen stellen, man lernt sich kennen“, sagt Yoana Todorova.

Die angehende Kommunikationsdesignerin ist zum Studium aus Bulgarien nach Dortmund gezogen. Nun macht sie ihren Bachelor, und davor ein großes mehrteiliges Kunstprojekt.

Auf die Straßeninstallation folgt im Herbst eine Ausstellung von Film- und Fotocollagen in der Galerie „Fachhochschule vor Ort“ an der Brunnenstraße in der Nordstadt.

Reaktionen

  1. bodo e.V. (Pressemitteilung)

    „Auf Augenhöhe“ – Kunstprojekt mit bodo-VerkäuferInnen ‑ Ausstellung in der Nordstadtgalerie

    Wohin lädt man Gäste ein, wenn man keine eigene Wohnung hat? Yoana Todorova hat diese Frage im April künstlerisch beantwortet: Mitten in der Innenstadt von Dortmund baute sie ein Wohnzimmer auf, mit Sofa, Sesseln, Tisch und Kaffee. Einen ganzen Nachmittag lang luden dort „bodo“-VerkäuferInnen die Vorbeikommenden zu Gesprächen „Auf Augenhöhe“. Jetzt folgt dem Projekt eine Ausstellung.

    „Ein Wohnzimmer in der Fußgängerzone ist gleichzeitig eine Wohnung und keine Wohnung. Es gibt einen Teppich, Sessel, sogar Zimmerpflanzen ‑ aber keine Wände. Es ist ein Schwebezustand“, hatte Yoana Todorova, Kommunikationsdesign-Studentin an der FH Dortmund, ihre Idee im April erklärt.

    Am Fuße der Reinoldikirche hatte sie ein temporäres Wohnzimmer errichtet, und dort hatten mehrere „bodo“-VerkäuferInnen PassantInnen eingeladen, ihre Gäste zu sein, zu plaudern, miteinander ins Gespräch zu kommen. Mit verblüffendem Erfolg: Es kamen tolle Begegnungen und wunderbare Gespräche unter völlig Fremden zustande.

    Die Installation im Frühjahr war Teil eines mehrteiligen Kunstprojektes: Aus dem Projekt und in Workshops mit den „bodo“-VerkäuferInnen sind ein Buch sowie Film- und Fotocollagen entstanden, die vom 8. bis zum 10. November in einer Ausstellung in der „Nordstadtgalerie“ der FH Dortmund gezeigt werden. Die Ausstellung wird am Freitag, 8. November, um 19 Uhr eröffnet und ist bis zum 10. November in der Nordstadtgalerie, Bornstraße 142, zu sehen (Samstag und Sonntag ist jeweils von 11 bis 16 Uhr geöffnet).

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