Die älteste Bürgerinitiative der Bundesrepublik feiert ihren 75. Geburtstag

Auch nach so vielen Jahren hat sich das Ziel der Auslandsgesellschaft nicht verändert

Am 28. März 1949 fand im Hörsaal der Kinderklinik die Gründungsversammlung der Auslandsgesellschaft.de statt. 75 Jahre später befinden sich Marc Frese, Hauptgeschäftsführer der Auslandsgesellschaft, Andrzey Irzykowski, Künstler der Skulptur (Preis für Völkerverständigung), Klaus Wegener, Präsident der Auslandsgesellschaft, Wolfram Kuschke, Vors. des Kuratoriums und Erich G. Fritz, Vizepräsident der Auslandsgesellschaft (v.l.).
Marc Frese, Hauptgeschäftsführer der Auslandsgesellschaft, Andrzey Irzykowski, Künstler der Skulptur (Preis für Völkerverständigung), Klaus Wegener, Präsident der Auslandsgesellschaft, Wolfram Kuschke, Vors. des Kuratoriums und Erich G. Fritz, Vizepräsident der Auslandsgesellschaft im Hörsaal der Kinderklinik (v.l.). Foto: Chimène Goudjinou

Am 28. März 1949 fand im Hörsaal der Kinderklinik die Gründungsversammlung der „Gesellschaft der Freunde des Auslandsinstituts“ – der heutigen Auslandsgesellschaft.de statt. Dabei waren damals der Oberstudiendirektor, der Präsident der IHK, ein Vertreter des DGB sowie sechs weitere Mitglieder anwesend, die die Gesellschaft mit dem Ziel der Völkerverständigung gegründet haben. Heute, 75 Jahre später spricht Klaus Wegener, Präsident der Auslandsgesellschaft darüber, wie sich die Gesellschaft über die Jahre verändert hat.

Die ursprüngliche Aufgabe der Auslandsgesellschaft: die Aussöhnung mit früheren Kriegsgegnern

Unterstützt von der britischen Militärregierung, der Stadt Dortmund, der Wirtschaft und der französischen Regierung konnte die Auslandsgesellschaft vor 75 Jahren mit ihrer Arbeit zur Völkerverständigung im Geiste von Humanität und Toleranz beginnen. Die damaligen Militärregierungen gaben der Gesellschaft von Anfang an eine wichtige Verbindungsstelle zwischen den Deutschen, die Sehnsucht hatten nach Frieden und der Verständigung zwischen den Völkern.

Vor genau 75 Jahren fand im Hörsaal der Kinderklinik die Gründungsversammlung der „Gesellschaft der Freunde des Auslandsinstituts“ – der heutigen Auslandsgesellschaft.de statt.
Vor genau 75 Jahren fand im Hörsaal der Kinderklinik die Gründungsversammlung der „Gesellschaft der Freunde des Auslandsinstituts“ – der heutigen Auslandsgesellschaft.de statt. Foto: Chimène Goudjinou

„Der Anlass für die Gründung war ganz klar die Aussöhnung mit den früheren Kriegsgegnern. Im wesentlichen erstmal Frankreich und Großbritannien“, sagt Klaus Wegener, Präsident der Auslandsgesellschaft.

Im Fokus der ideellen Arbeit der Auslandsgesellschaft stand damals: die Korrektur des Deutschlandbildes, Informationen über ausländische Kultur, Kunst und Wissenschaft sowie der Ausbau der kulturellen Beziehungen. Fritz Henßler als Dortmunder Oberbürgermeister und Wilhelm Hansmann als Oberstadtdirektor unterstützten die Institution Auslandsgesellschaft tatkräftig.

So wurde die Gesellschaft am 6. Mai 1949 beim Amtsgericht im Vereinsregister eingetragen und mit den Jahren immer größer. Es kamen andere Ländergesellschaften wie Italien dazu. Heute sind die USA, Israel und auch China dabei.

Der Ursprung der Städtepartnerschaften Dortmunds liegt in der Auslandsgesellschaft

Bereits 1950 reisten die ersten Jugendlichen aus Dortmund nach Frankreich. Und auch bereits 1950 finden die ersten deutsch-niederländischen Austauschkonzerte statt. Die stoßen auf eine so große Resonanz, dass ein Jahr später die erste Hollandwoche und 1953 die erste Schwedenwoche stattfindet. Sie sind die Vorläufer der Auslandskulturtage, die die Stadt später organisiert.

Städtepartnerschaften sollen dazu dienen, geistiges, kulturelles und wirtschaftliches Leben in grenzüberschreitendem Austausch zu vermitteln, zu erfahren und zu verstehen. Voraussetzung für jede Städtepartnerschaft ist deshalb, dass partizipierende Städte in eine Partnerschaft den festen Willen einbringen, zwischen ihren Bürgern den Geist der Solidarität zu pflegen, um so auf lokaler Ebene einen Beitrag zu Völkerverständigung, Freundschaft und internationalem Frieden zu leisten.
Viele der Städtepartnerschaften haben in der Auslandsgesellschaft ihren Ursprung. Sie sollen dazu dienen, geistiges, kulturelles und wirtschaftliches Leben in grenzüberschreitendem Austausch zu vermitteln, zu erfahren und zu verstehen. Visualisierung: Fachbereich Marketing + Kommunikation / Anja Vormbrock

Auch der Nelly-Sachs-Preis hat seinen Ursprung in der Auslandsgesellschaft. Es war der Skandinavienkreis, der den Preis anregte. So erhielt Nelly-Sachs den Preis im Dezember 1961, den die Stadt seitdem alle zwei Jahre vergibt. Auch die Städtepartnerschaften Dortmunds haben in der Auslandsgesellschaft ihren Ursprung.

Dazu zählen unter anderem Amiens in Frankreich, Leeds in Großbritannien und X´ian in China. Zudem erinnern sich viele Dortmunder:innen noch an die Ausstellung „Jenseits der Großen Mauer. Der erste Kaiser von China und seine Terrakotta-Armee“. Diese war eine Kooperation der Auslandsgesellschaft, der Stadt Dortmund und des Initiativkreises Ruhrgebiet.

Das Ziel der Auslandsgesellschaft hat sich auch nach 75 Jahren nicht verändert

Obwohl viel Zeit vergangen ist, ist die Ursprungsaufgabe der Gesellschaft geblieben. Heute stehen nach wie vor die Vermittlung der deutschen Sprache sowie Fremdsprachen, der internationale Austausch, Bildungs- und Kulturreisen sowie die Projekte und Veranstaltungen der politischen Bildung auf der Agenda der Auslandsgesellschaft.

Mit Blick auf die Zukunft sieht Klaus Wegener auch in 75 Jahren keine Veränderung der Ursprungsaufgabe der Auslandsgesellschaft.

Doch bedauert Wolfram Kuschke, Vorsitzender des Kuratoriums der Auslandsgesellschaft.de, dass angesichts der kriegerischen Auseinandersetzung das Ziel der Völkerverständigung gleich geblieben ist. Wegener sieht auch in weiteren 75 Jahren keine Veränderung des Ziels:

„Der Zweck wird leider auch in 75 Jahren immer noch aktuell und wichtig sein. Und es ist glaube ich unbestritten, dass Einrichtungen wie eine Auslandsgesellschaft wichtig bleiben werden für den Friedenserhalt und das Thema Völkerverständigung“.

Am 15. Mai 2024 erhält Jean-Claude Juncker den Preis für Völkerverständigung

Neben der Arbeit zur Völkerverständigung, zeichnet die Auslandsgesellschaft auch Menschen für ihre besonderen Verdienste aus. So verleiht die Gesellschaft im 75. Jahr ihres Bestehens, zum dritten Mal den Preis für Völkerverständigung. Der Preisträger in diesem Jubiläumsjahr ist Jean-Claude Juncker, ehemaliger Präsident der Europäischen Kommission.

Im Saal des Konzerthauses erhält Jean-Claude Juncker, ehemaliger Präsident der Europäischen Kommission am 15. Mai 2024 den Preis für Völkerverständigung. Foto: Daniel Sumesgutner

Am 15. Mai 2024 erhält er im Konzerthaus Dortmund den Preis für seine besonderen Verdienste um ein geeintes Europa in Frieden und Freiheit. Die Laudatio hält der ehemalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet. Vor Juncker wurde der Preis bereits 2003 und 2006 vergeben.

Damals hieß er noch „Preis für Toleranz und Völkerverständigung der Auslandsgesellschaft“. Erhalten haben ihn der ehemalige ungarische Außenminister Dr. Guyla Horn und stellvertretend für die Charta 77, der damalige tschechische Außenminister Alexandr Vondra sowie der Prager Weihbischof Vaclav Maly.

Stefan Albring schrieb 1947/48 in seinem Aufruf zur Gründung der „Gesellschaft der Freunde des Auslandsinstituts“: „Die letzte Chance für Europa ist die Sammlung aller seiner geistigen Kräfte. Dafür ist die erste Voraussetzung die Verständigung aller Träger des geistigen Europas“ – wie recht der Gründer der Auslandsgesellschaft hatte, das zeigt der 75-jährige Geburtstag der ältesten Bürgerinitiative der Bundesrepublik noch und gerade heute.


Aus der Jubiläumsmagazin der Auslandsgesellschaft:

Bilaterale Gesellschaften und Länderkreise als Kern des bürgerlichen Engagements

Bis heute ist das bürgerliche Engagement unter dem Dach der Auslandsgesellschaft ein wichtiger Stützpfeiler. 1949 machten engagierte Bürgerinnen und Bürger mit den Länderkreisen Belgien, Frankreich, Italien und den Niederlanden den Anfang. Heute wirken insgesamt 28 bilaterale Kreise und Gesellschaften in der Auslandsgesellschaft.

Wer sind die Ehrenamtlichen und welchen Platz haben sie im Verein?

Die Länderkreise haben eine Zeitreise durch 75 Jahre angeregt und organisiert. Zwei Mal pro Woche gibt es online Wissenswertes aus unterschiedlichsten Ländern.

Egal, ob sie nach einer Zeit Ausland ihren Lebensmittelpunkt wieder in der Nähe oder einen multikulturellen Hintergrund haben, sich einfach für einen bestimmten Kulturkreis interessieren oder reiche Kenntnisse über ein bestimmtes Land haben,

die Ehrenamtlichen in der Auslandsgesellschaft haben eins gemeinsam: Sie möchten dieses Wissen, Ihr Interesse und vor allem ihre Begeisterung mit anderen teilen und an sie weitergeben. Bei uns finden diese engagierten Menschen einen idealen Rahmen.

Hier können sie ihre Ideen einbringen und gestalten nach eigenen Interessen ein Großteil des Veranstaltungsprogramms des Hauses: Von fremdsprachigen Filmen und Gesprächskreisen über landeskundliche Vorträge und gesellschaftspolitische Diskussionsforen bis hin zu Konzerten und literarischen Abenden. Auch Studienfahrten und größere Projekte werden durch dieses ehrenamtliche Engagement möglich gemacht.

Auch Sie können mitmachen!

Mitglieder der Auslandsgesellschaft werben für Völkerverständigung und Toleranz. Fotos: Klaus Hartmann
Mitglieder der Auslandsgesellschaft werben zum 65. Geburtstag für Völkerverständigung und Toleranz. Fotos: Klaus Hartmann

Das persönliche Engagement im Rahmen unserer Kreise und Gesellschaften steht allen offen, die sich den Zielen der Verständigung und der Toleranz verpflichtet fühlen.

Sprechen Sie uns an! Am besten direkt bei: Claudia Steinbach, Leiterin des Auslandsinstituts steinbach@auslandsgesellschaft.de 0231 / 83800-19

Für das Jubiläumsjahr 2024 stellen die Ehrenamtlichen ein besonderes Programm zusammen. Die Veranstaltungsdaten und den genauen Programmablauf veröffentlichen wir zeitnah im Internet und in unseren Publikationen.


Anm.d.Red.: Haben Sie bis zum Ende gelesen? Nur zur Info: Die Nordstadtblogger arbeiten ehrenamtlich. Wir machen das gern, aber wir freuen uns auch über Unterstützung!

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