Von Thomas Engel
Mit einem klaren Votum gegen eine Fortführung der (nicht mehr ganz so) Großen Koalition mit CDU und CSU fahren die acht Dortmunder Delegierten zum SPD-Bundesparteitag. Nach intensiver und sachlicher Debatte haben mindestens 80 Prozent der Dortmunder GenossInnen im Dietrich-Keuning-Haus gegen Koalitionsverhandlungen votiert. Nur eine Minderheit hatte sich für die Gespräche ausgesprochen – und auch die waren nicht unbedingt überzeugt von einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der Union. Doch bei ihnen schwang die Hoffnung mit, Verbesserungen in den anvisierten Koalitionsverhandlungen zu erreichen und durch ein Mitgliedervotum – im Fall der Fälle – eine Koalition noch zu kippen.
Offenes Format ermöglichte den Mitgliedern Mitbestimmung
In der „Herzkammer der Sozialdemokratie“ hat die Parteiführung in Berlin schlechte Karten. Was wenig überrascht. Die Dortmunder SPD hatte schon immer ein erstaunliches Rückgrat, wenn es darum ging, eigene Positionen zu verteidigen – auch gegenüber den GenossInnen von weiter oben aus Land und Bund.
Aber dafür braucht es Geschlossenheit – und die impliziert Debatten, um die Verhältnisse in den eigenen Reihen zu klären. Daher passte die kurzfristig anberaumte und sehr gut besuchte SPD-Beiratssitzung in der Nordstadt.
Das Format des parteiöffentlichen Beirates entsprach den Umständen. Jedes Parteimitglied der SozialdemokratInnen konnte sich auf einer RednerInnenliste für eine einmalige dreiminütige Darstellung der eigenen Position melden. Das ist für die GenossInnen kein „Zwergenaufstand“, sondern ein Beispiel für demokratisches Verhalten.
Nadja Lüders kritisiert die Konzeptlosigkeit der Parteispitze
Dabei wurde insgesamt ziemlich deutlich: Hier macht es sich niemand leicht. Alle sind sich der Tragweite des zu bearbeitenden Problems bewusst. Und, so der Eindruck: für die allermeisten RednerInnen gibt es zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine wirklich gute Lösung mehr. Weshalb das so ist, war nur andeutungsweise Gegenstand der Debatte. Dafür bräuchte es stärker grundsatzorientierte Diskurse.
Denn es ging an diesem Abend ja in erster Linie darum, eine Entscheidung zu treffen. Bzw. darum, Gründe und Gegengründe für die ein oder andere Wahl sorgfältig zu wägen. Pikanterweise vor dem für viele GenossInnen nicht ganz von der Hand zu weisenden Hintergrund, dass hier die aktuell verfügbaren Optionen – pointiert ausgedrückt – vielleicht nur die zwischen Pest und Cholera sind.
„Das, was wir zu tun haben, hat auf keiner Seite am Ende Sieger“, fasst einleitend die Dortmunder SPD-Chefin, Nadja Lüders, die Ausgangslage in ihre Worte. Und meint damit offenbar nicht nur die Erwartung einer Fairplay-Attitüde oder die Hoffnung auf eine respektvolle Auseinandersetzung untereinander. Sondern eben auch jene dilemmatische Situation der Partei. Entstanden, weil sie keine Strategie gehabt habe, wenn Jamaika scheitert, so Lüders.
Den Dortmunder GenossInnen fehlen Leuchttürme im Sondierungspapier
Die GroKo-Gegner unter den GenossInnen legen bei unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen – aber mit bekannten Argumenten – die Finger in die Wunden des 28 Seiten umfassenden Sondierungspapiers. Es fehlt an sozialdemokratischen Leuchtturm- und Vorzeigeprojekten.
Es fehle eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, es gäbe keine Bürgerversicherung. Parität allein bei den Zahlungen zur Krankenkasse reiche nicht aus, sagt beispielsweise Inge Albrecht-Winterhoff. Zudem ginge es bei den hier beschlossenen Entlastungen für kleine Einkommen nicht wirklich um signifikante Beträge, so auch andere GenossInnen.
Die Mütterrente dürfe nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden, 8.000 neue Stellen in der Pflege seien viel zu wenig und beim Übergang von Teilzeit zu Vollzeit gäbe es eher Absichtserklärungen, bemängelt Albrecht-Winterhoff.
Peick kritisiert die Obergrenze als „Kniefall vor Rechtspopulisten“
Die de facto Obergrenze für Flüchtlinge ist für den stellvertretenden Dortmunder SPD-Chef Jens Peick ein „Kniefall vor Rechtspopulisten“.
Zum in dem Papier auf 1.000 Angehörige begrenzten Familiennachzug fragt sich der SPD-Landtagsabgeordnete Volkan Baran, ob die dort ebenfalls formulierte Erklärung, dass Kinderrechte im Grundgesetz festgehalten werden sollen, eigentlich „nur für deutsche Kinder“ gelte. Und fährt kurz darauf in diesem Sinne fort: Trotz vieler Worte zu Europa, gäbe es keinen Satz zum Umgang mit Staaten wie Ungarn. Wo Xenophobie zur Regierungspolitik geworden ist.
Von Seiten der Befürworter einer GroKo wird demgegenüber natürlich auf jene Inhalte verwiesen, welche von den VerhandlungsführerInnen der Partei in den Sondierungen durchgesetzt werden konnten: Festlegung des Rentenniveaus auf 48 Prozent, Rentenerhöhung, Parität beim Soli, Entlastung bei den Kita-Gebühren, Betreuung in Ganztagsschulen.
Unter kommunalen Gesichtspunkten bemerkt Detlef Raphael, Beigeordneter des Deutschen Städtetages, dass es vor Ort mehr Geld für Familien gäbe oder etwa die kommunale Mobilität besser gefördert werden könne.
GroKo-KritikerInnen sehen sich nicht als „unverantwortliche Verwirrte“
Ob diese Kontroverse um Einzelheiten allerdings das entscheidende Problem darstellt, muss nach den vorgetragenen Überlegungen von vielen GenossInnen bezweifelt werden.
– Da sind zum Einen die Gesamteinschätzungen zu den Ergebnissondierungen, andererseits die damit verbundenen Schlussfolgerungen sowie die Aussagen zur Lage der SPD in der politischen Gegenwart wie zu ihrem Potential, traditionelle Themen präsent und damit verbundene Kernforderungen aufrecht zu erhalten.
NoGroKo-RednerInnen wehren sich dagegen, als „unverantwortliche Verwirrte“ (Baran) abgestempelt zu werden. Seit Tagen würde man aus der SPD-Zentrale in Berlin mit ProGroKo per Mail „zugeschwallt“, so die JUSO-Vorsitzende Indra Paas. Seitens der Parteispitze hätte man sofort den Schulterschluss mit den Gewerkschaften gesucht, so Paas. Vermutlich habe man noch wie früher versucht, die Wohlfahrtsverbände mit ins Boot zu holen; diese seien aber gegen Koalitionsverhandlungen.
Dass es sich um das beste Sondierungspapier seit Willy Brandt handele, stößt hier allenfalls auf Heiterkeit. Zu offenkundig sind die darin enthaltenen Defizite nach sozialdemokratischer Leseart. Es sind Redewendungen zu hören wie: keine klare Kante, Verwaschung der Parteien, kein Neuanfang, kein Grund für eine GroKo.
Poschmann votiert für ein Ja und hofft auf Verbesserungen in den Gesprächen
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Poschmann baut hingegen darauf, dass bei den Sondierungsgesprächen nicht alles verhandelt worden sei – es, mit anderen Worten, noch Luft nach oben gibt. Daher sei sie dafür, in Koalitionsgespräche einzutreten. Auch Jan Gravert sieht das Sondierungspapier noch nicht als Koalitionsvertrag. Erst wenn die Verhandlungen darüber erfolglos blieben, könne man immer noch die Reißleine ziehen.
Dies ist eine typische Position der „ProGroKo“-BefürworterInnen an diesem Abend: Dass sie selbstverständlich nicht unbedingt für eine Große Koalition sind, sondern lediglich dafür, in Verhandlungen über sie mit den Unionsparteien einzutreten.
Allein, den meisten Dortmunder GenossInnen fehlt der Glaube. Da sie das Ergebnis der Sondierungen ähnlich einschätzen wie Dirk Tratzig, der darin nichts von „Jetzt ist Zeit für mehr Gerechtigkeit“ ausmachen kann, ist es für sie naiv anzunehmen, dass es nach den Koalitionsverhandlungen signifikant anders aussehen könnte. Zumal sich die Partei in einer schwächeren Position befände, als noch vor vier Jahren, wie etwa der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow bemerkt.
Schlechte Erfahrungen lassen GenossInnen vor Neuauflage zurückschrecken
Und es gibt Erfahrungen: Einige der anwesenden GenossInnen verweisen darauf, was nicht alles im letzten Koalitionsvertrag gestanden habe, aber während der letzten Legislaturperiode nicht umgesetzt worden sei; etwa bei der Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit.
Dies scheint auch Nadja Lüders im Sinn zu haben, wenn sie im Zusammenhang ihrer Ablehnung der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen den einfachen Satz sagt: „Ich traue den Versprechungen nicht.“ Das sieht auch Anna Spaenhoff vom JUSO-Landesvorstand so: Warum solle man Vertrauen zur Union haben, dass „es diesmal anders“ liefe, fragt sie rhetorisch.
Bei vielen GegnerInnen von Koalitionsverhandlungen sitzt der Stachel zweier GroKos tief. Es kursiert die Angst. Andreas Bach warnt vor Entwicklungen der Sozialdemokratie wie in Frankreich, Griechenland oder Italien. Ulrich Piechota von der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) eröffnet seinen Beitrag mit einem Zitat von Willy Brandt, das da sinngemäß lautet: Was es denn bitteschön nütze, die Macht zu gewinnen, wenn dabei die Identität als Sozialdemokraten verloren ginge.
Handwerkliche Fehler oder ein Mangel an Substanz in der Partei
Die ehemalige Bundestagsabgeordnete Ulla Burchardt wirft ein, es ließe sich nicht belegen, dass die SPD wegen der GroKo in einer solch miserablen Situation sei. Auch nach Rot-Grün in NRW habe man schließlich Stimmen verloren. Und nach der ersten Großen Koalition hat die SPD die Wahl mit Willy Brandt gewonnen.
Vielmehr habe sich die Sozialdemokratie selbst erhebliche handwerkliche Fehler erlaubt, etwa in der Öffentlichkeitsdarstellung. Seit 10 bis 15 Jahren sei zudem die Gestaltungsperspektive in der SPD unter die Räder gekommen. Jetzt sei es an der Zeit, zu regenerieren und dann zu regieren, so Burchardt.
Wie dies allerdings unter den Bedingungen einer GroKo zu bewerkstelligen wäre, verrät sie nicht. Dagegen melden deren GegnerInnen gewichtige Bedenken an. Das Stolpern von Situation zu Situation und letztlich in eine GroKo habe etwas zu tun mit mangelnder Substanz in der Partei, betont der oberste Dortmunder Wirtschaftsförderer Thomas Westphal. Und wo es diese nicht gäbe, könnten auch keine Leitideen entstehen. Keine Leuchtturmprojekte, keine „Visionen“, wie Ulrich Piechota bemängelte.
Umfallerpartei? Kein Image-, sondern ein Glaubwürdigkeitsproblem
Die SPD habe keine wirkliche Strategie für eine GroKo, sagt Fabian Erstfeld, Mitglied der Dortmunder Ratsfraktion. Auf Nachfragen, wie die aussehe, seien von der Parteispitze lediglich Phrasen zu vernehmen, etwa, dass man Präsenz zeigen wolle. Und so fort.
Alle rufen nach Erneuerung. Aber ist dies im Schatten der CDU/CSU wirklich realistisch? Marco Bülow geht noch weiter: Für eine Analyse, wann die SPD angefangen habe, zu verlieren, müsse auf die letzten 14 Jahre geschaut werden – mit Hartz IV, der Rente mit 67 oder der Erhöhung der Mehrwertsteuer, analysiert der Dortmunder Bundestagsabgeordnete.
Für ihn wie für andere seiner Genossen, die gegen eine GroKo sind, ist ein entscheidendes Problem der Partei ihre fehlende Glaubwürdigkeit. Wenn aus einem klaren „Nein!“ zu deren Fortsetzung einige Minuten nach der Wahl wenig später, nach dem Scheitern von Jamaika, peu á peu ein „Jein“ und schließlich im Grunde ein „Ja!“ wird. Auch, wenn sich dieses „Ja“ zunächst nur auf die Bereitschaft zu Verhandlungen bezieht.
Die SPD habe ihren Weg verloren, betont Susanne Valentin aus Gelsenkirchen, SPD-Ortsverein Berger Feld. Etwa 80 Prozent der GenossInnen dort, seien gegen eine GroKo. Es ginge entscheidend um die Glaubwürdigkeit der Partei.
Vorwurf der Verantwortungslosigkeit darf nicht zum Kampfbegriff werden
Es scheint, so manche KritikerInnen der Parteispitze hätten hier anfügen können: Das „Ja!“, das sich augenblicklich noch schüchtern hinter dem „Ja!“ zu Koalitionsverhandlungen mit der Union versteckt, ist im Grunde schon ein beschlossenes „Ja!“ zu einer GroKo – von wegen Ergebnisoffenheit. Die kann genauso wenig erwartet werden wie in den Sondierungsgesprächen.
Denn spätestens nach dem Schritt hin zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen ist ein „point of no return“ erreicht. Niemand wollte wirklich ernsthaft behaupten, die Partei könne dann noch Koalitionsverhandlungen á la Lindner abbrechen?
Und viele Aktive in der Dortmunder SPD wollen sich den Schuh nicht anziehen, sie handelten verantwortungslos, wenn sie in die Opposition gingen. Dafür seien sie schließlich nicht gewählt worden, heißt es von VertreterInnen einer GroKo.
Verantwortungslosigkeit, die der Partei auch von der CDU vorgeworfen würde, dürfe dagegen kein Kampfbegriff werden, auch nicht in der SPD, so Thomas Westphal. Und Marco Bülow geht noch einen Schritt weiter: In einer Demokratie habe die Opposition eine extrem hohe Verantwortung. Was spricht dagegen?
Neuwahlen als Damoklesschwert für SPD und die Unionsparteien
„Was ist, wenn wir ‚Nein‘ sagen?“, fragt Jürgen Hoppe und argumentiert mit Stimmenverlusten. Vielleicht sei man nach der nächsten Wahl nicht einmal mehr größte Oppositionspartei. – Angst vor Neuwahlen sei unangebracht, betont dagegen Christa Becker-Lettow, Geschäftsführerin des SPD-Unterbezirks. Selbst wenn das Ergebnis schlecht ausfiele, gäbe es dann eine Chance zur Erneuerung.
Doch an Neuwahlen bei einem Nein zur GroKo glauben offenbar viele nicht. Bei ihnen schwingt die kleine Hoffnung mit, dass es in diesem Fall für eine Minderheitsregierung doch noch Chancen gebe. Dies sei keine rein akademische Diskussion, sondern eine Option.
Denn Neuwahlen seien keineswegs ausgemacht. Nicht nur die SPD scheut sie, sondern auch viele in der Union: Die Bundeskanzlerin müsse befürchten, dann nicht mehr die Kandidatin zu sein. Insofern hoffen auch die SPD’ler durch ein Nein zur GroKo auf eine Stärkung des Parlaments – dann müssten Themen wieder diskutiert und Mehrheiten organisiert werden, verdeutlicht Marco Bülow.
Die acht Dortmunder Delegierten werden am Sonntag mit „Nein“ stimmen. Wie der Bundestagsparteitag insgesamt votieren wird, bleibt offen. Sollte es ein „Ja“ geben, geht die Diskussion in die nächste Runde.
UPDATE: Keine Enttäuschung bei Dortmunder Delegierten
Die Dortmunder Delegierten haben beim Sonderparteitag der SPD in Bonn trotz der kontroversen und teilweise auch versöhnlich stimmenden Töne seitens der GroKo-Befürworter geschlossen gegen die Aufnahme der Koalitionsverhandlungen gestimmt. Anders als bei manch Anderem gab es hier kein Umdenken. „Wir hatten ja sehr grundsätzliche Kritikpunkte“, machte der stellvertretende Dortmunder SPD-Unterbezirksvorsitzende Jens Peick im Gespräch mit Nordstadtblogger.de deutlich.
Als sehr angespannt habe die Dortmunder Delegation mit OB Ullrich Sierau an der Spitze den Parteitag erlebt. Die Entscheidung sei ja sehr knapp ausgefallen. Eine endgültige Bewertung des Parteitages will er noch nicht vornehmen. Dies wolle man gemeinsam mit der Basis diskutieren. Dies gelte auch für das Ergebnis der eigentlichen Koalitionsverhandlungen.
Sehr positiv bewertet wurde das Zusatzpapier: Denn nach der massiven Kritik der vergangenen Tage waren eine Härtefallregelung beim Familiennachzug für Flüchtlinge, eine Angleichung der Honorarordnung für gesetzlich und privat Versicherte sowie die Abschaffung von sachgrundlosen Befristungen beschlossen worden, die zusätzlich zu den Sondierungsergebnissen mit in die Verhandlungen genommen werden sollen.
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Marco Bülow (SPD-MdB)
Marco Bülow: SPD-Mitglieder müssen jetzt GroKo verhindern
Heute hat der Sonderparteitag der SPD in Bonn mit 56,4% (362 von 642 abgegebenen Stimmen) für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union gestimmt. Dazu erklärt der Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow:
”Bei diesem sehr knappen Ergebnis geht die Parteiführung nicht als Sieger aus dem Parteitag. Nur durch ein Ablenkungsmanöver konnten die Delegierten dazu gebracht werden, am Ende doch mit JA zu stimmen. Dabei dürfen wir uns keine falschen Hoffnungen machen, aus zwei Gründen:
Erstens: Wenn sich die Union überhaupt noch auf Nachforderungen einlässt, wird sie teure Gegengeschäfte verlangen. Unterm Strich wird es höchstens ein Nullsummenspiel werden.
Zweitens: Die eingebrachten Nachforderungen sind – sofern sie durchkommen – nichts weiter als Nebelkerzen. Es sind Versprechungen, die nicht eingehalten werden müssen. Die Union wird in einer Regierung mehr Minister*innen und die Kanzlerin stellen und kann damit wieder leicht Projekte blockieren.
Schon 2013 haben CDU/CSU versprochen und nicht geliefert: das Rückkehrrecht in Vollzeit, die Grundrente (solidarische Lebensleistungsrente), die Finanztransaktionssteuer. Auch die Angst vor einer Neuwahl darf uns nicht leiten – mit Angst hat man schon verloren. Wenn wir glaubwürdig deutlich machen, dass wir dieses Mal nicht Erfüllungsgehilfe der Union sind, haben wir auch eine Chance, bei einer Neuwahl zu bestehen. Ich bin überzeugt, dass die SPD Mehrheiten gewinnen kann, wenn wir endlich wieder ein soziales Profil entwickeln.”
Sabine Poschmann (SPD-MdB)
Sabine Poschmann: „Parteispitzen müssen Chance nutzen und nachlegen“
„Wir haben es uns alles andere als leicht gemacht“, kommentiert die Dortmunder SPD-Bundestagsabgeordnete Sabine Poschmann das Ergebnis des Parteitages. Die Diskussion der vergangenen Tage und Wochen hätte gezeigt, dass wir eine streitbare, basisdemokratische Partei sind. „Ich erwarte aber, dass unsere Parteispitze die Chance nutzt, in den nun anstehenden Koalitionsverhandlungen Härte zu zeigen und auf deutliche Nachbesserungen für die Menschen zu drängen“, sagt Poschmann. Die Verhandlungen seien kein Selbstläufer und die GroKo keineswegs besiegelt, erinnert die Dortmunderin an das noch ausstehende Votum der SPD-Parteimitglieder.
Denken
Mit welcher Unbeirrbarkeit Frau Poschmann aus ihrem Büro Phrasen durch die Welt schicken lässt, ist wirklich süß. Dass sie sich für die Menschen einsetzt, ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Bestimmt wird sie deswegen wiedergewählt werden. Bis die Menschen es irgendwann einmal geschnallt haben.
Xavier
Die SPD kapiert min. s. 1998/2003 nicht, wie viel Schaden sie in DO/Ruhrgeb./NRW/BRD etc.
angerichtet haben.
Dietmar Köster (SPD MdEP)
Der SPD-Europaabgeordnete Prof. Dr. Dietmar Köster, lehnt Koalitionsvertrag ab und wirbt für „NoGroko“
Enttäuscht zeigt sich der SPD-Europaabgeordnete, Prof. Dr. Dietmar Köster, über die Ergebnisse des Koalitionsvertrags: „Die drei Anforderungen an einen Koalitionsvertrags, die auf dem letzten Bundesparteitag in Bonn beschlossen wurden, zu denen die Zusammenführung von Flüchtlingsfamilien, das Ende der sachgrundlosen Befristung und der Einstieg in das Ende der Zwei-Klassen-Medizin gehört, sind nicht erfüllt. Die Konsequenz kann daher nur die Ablehnung des Koalitionsvertrags beim Mitgliederentscheid sein“, so Köster.
Bezogen auf den sich abzeichnenden Ressortzuschnitt in einer möglichen neuen Bundesregierung sieht Köster die erzielten Erfolge. Allerdings ist auch zu sehen, „dass die vorgesehene Ernennung von Horst Seehofer zum Bundesinnenminister eine Katastrophe ist. Es ist nicht lange her, dass er den ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orban, gegen dessen Regierung auf europäischer Ebene für seinen menschenverachtenden Umgang mit Geflüchteten Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wurden, als ‚Mustereuropäer‘ bezeichnet hat. So eine Denkweise darf die SPD keines Falls unterstützen. Z
udem ist zu befürchten, dass der designierte CSU-Innenminister seine grundgesetz- und menschenrechtswidrige Politik gegen Flüchtlinge auch gegen den Widerstand der SPD durchsetzen wird.“ Köster kritisiert zudem die Besetzung des Gesundheitsressorts durch die Union: „Die Einführung der Bürgerversicherung war für uns im Wahlkampf ein Kernanliegen.“
Der nun ausgehandelte Kompromiss zur Einsetzung einer Kommission, welche die Honorarordnung der MedizinerInnen-Vergütung prüfen soll, ist für Köster absolut unzureichend. „Die Unionsparteien scheinen sich mit Händen und Füßen gegen die Einführung einer Bürgerversicherung zu wehren. Mir fehlt die Phantasie, dass ausgerechnet eine designierte CDU-Gesundheitsministerin nun die eklatanten Gerechtigkeitslücken im Gesundheitssystem schließen soll. Die ungleiche Behandlung von Kassen- und Privatpatienten wird fortgesetzt. Gerade hier haben viele Bürgerinnen und Bürger sich mehr von der SPD erhofft“, so Köster.
Bis zum 2. März haben die SPD-Mitglieder nun die Möglichkeit ihr Votum zu einer erneuten großen Koalition abzugeben. Köster wird die Zeit nutzen, um bei zahlreichen Terminen an der Basis seine Position dazustellen und für ein ‚Nein‘ zu werben. „Gerade viele Genossinnen und Genossen in den Ortsvereinen haben sich mehr von der SPD erhofft. Viele Mitglieder befürchten in einer erneuten Großen Koalition ein ‚weiter so‘, in dem wir unseren im Wahlkampf artikulierten Gerechtigkeitsanspruch nicht nachkommen.“
Köster benennt hierfür konkrete Beispiele: „25 Prozent Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten mittlerweile im Niedriglohnsektor. Hier war die Erwartungshaltung an die SPD klar: Mit dem Ende der sachgrundlosen Befristung hätte man vielen Beschäftigten mehr Sicherheit geben können. Im Koalitionsvertrag wurde sich nun lediglich auf eine Begrenzung der zeitlichen befristeten Arbeitsverträge verständigt. Die Unsicherheit für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bleibt somit bestehen. Hier haben sich Mitglieder und die Wählerinnen und Wähler eindeutig mehr von der SPD versprochen“, so Köster.
Der Europaabgeordnete, der auch Mitglied im SPD-Landesvorstand ist, sieht das Rennen von Gegnerinnen und Gegner sowie von Befürworterinnen und Befürwortern einer Großen Koalition derzeit als offen an: „Gerade mit den noch unentschlossenen Mitgliedern will ich ins Gespräch kommen. Prognosen möchte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abgeben, jedoch glaube ich, dass das Rennen offen ist“, so Köster abschließend.
J. Smolinski
Die SPD kann man doch nicht mehr ernst nehmen.Man kann sich einfach nicht auf die Sozis verlassen. Heute hü Morgen hot, die Aussagen der Spezialdemokraten halten nicht einmal 24 Stunden. Und wie sie wichtige Entscheidungen in irgendwelchen Hinterzimmern ausklüngeln, Ist schon mehr wie unverschämt ( Demokratisch geht anders ) Schade um die SPD, die Schaufeln sich ihr Eis Grab.
Marco Bülow (SPD-MdB)
Koalitionsvertrag versagt beim Thema Lobbyismus und Transparenz
Im zwischen Union und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag finden sich keinerlei Regelungen zur Lobbytransparenz oder –kontrolle. Hierzu erklärt Marco Bülow:
”Dass es nach all den Lobby-Skandalen der letzten Jahre im Koalitionsvertrag nicht einen einzigen Punkt für mehr Lobbykontrolle oder wenigstens mehr Transparenz gibt, ist beschämend.
Für mich ist es in keiner Weise nachvollziehbar, dass es der SPD nicht gelungen ist wenigstens ein Lobbyregister durchzusetzen. Die Grünen hatten es geschafft das in den Jamaika-Verhandlungen gegen Union und FDP durchzusetzen. Zum zweiten Mal eine große Enttäuschung.
Auch bei anderen wichtigen Fragen ist der Vertrag ein Totalausfall: In einer großen Koalition wird es keine Reform der Parteienfinanzierung, keine komplette Offenlegung der Nebentätigkeiten und keine wirkungsvolle Karenzzeit geben.
Die Tabak- und die Rüstungslobby hingegen dürfen sich freuen. Das Tabakwerbeverbot, das bis kurz vor Ende der Verhandlungen im Vertrag stand, wurde kurz vor Schluss gestrichen. Und für den Rüstungsexportstopp für die am Jemen-Krieg beteiligten Länder wurde der sogenannte Vertrauensschutz festgeschrieben, was bedeutet dass bereits genehmigte Waffengeschäfte mit Staaten wie Saudi Arabien nun doch weitergehen.
Insgesamt zeigt der Koalitionsvertrag, dass es in einer großen Koalition keinerlei Ambitionen gibt beim Thema Lobbyismus und Transparenz endlich einen Schritt weiterzukommen und man im Gegenteil im Zweifel sogar vor Forderungen von mächtigen Wirtschaftsinteressen einknickt.”
Marco Bülow (SPD-MdB)
Marco Bülow lädt zur offenen Wahlkreiskonferenz zum Thema: Wieder Große Koalition?
Freitag: 16. Februar von 17-19 Uhr
Dortmund: Eugen-Krautscheid-Haus, Lange Str. 42
„Der Koalitionsvertrag liegt vor und die SPD-Mitglieder sollen nun entscheiden, ob es wieder eine GroKo gibt. Zu der inhaltlichen Entscheidung kommt eine Führungskrise und eine Personaldebatte, die leider einiges überlagert. Zudem entscheidet die SPD, ob sie sich erneuern will oder doch wieder alles so weiter wie bisher läuft.
Die SPD hat aber in den letzten Wochen bewiesen, dass sie eine lebendige Partei ist, dass gestritten und gerungen wird. Die Dortmunder SPD hat dabei eine gute Rolle gespielt und ihre Position auch auf den Parteitagen vertreten. Ich möchte diese schwierige Situation als Herausforderung sehen, als Chance für einen Aufbruch, für eine personelle, strukturelle und vor allem auch inhaltliche Neuaufstellung. Bei der offenen Wahlkreiskonferenz sollen deshalb alle Positionen zu Wort kommen und offen ausgesprochen werden.
Von 17 bis mindestens 18 Uhr soll es für alle Interessierten die Gelegenheit geben, an der Konferenz teilzunehmen und Fragen zu stellen. Danach sollten die SPD-Mitglieder noch die Möglichkeit haben, parteiintern ihre Position deutlich zu machen. Dazu sind besonders auch die Neumitglieder oder diejenigen, die es sich vorstellen können, eines zu werden, eingeladen.“